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CRUISER Dezember 2024

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Message SEIT 1986 DAS ÄLTESTE QUEERE MAGAZIN DER SCHWEIZ – DEZEMBER 2024 CHF 8.10KUNST, KULTUR & LEBENSSTIL FÜR DIE LGBT*-COMMUNITYcruiser4 Weihnachten Verschiedene Blickwinkel auf das Fest8 Jesus (m/w/d) War Jesus wirklich ein Mann?13 Daddy – cool? Wenn Liebe Generationen überwindetcruiser

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RUBRIKENTITELRUBRIKENUNTERTITELIhre kompetente Stellenvermittlung im GesundheitswesenDanya Care GmbH vermittelt qualifizierte Arbeitskräfte: professionell, zuverlässig, schnell und exakt auf die Vakanz abgestimmt.Auch für Arbeitgeber*innen sind wir Vermittlungs- Spezialisten!Suchen Sie qualiziertes Pegefachpersonal für Ihr Team? Wir helfen Ihnen, die richtige Person für Ihre Vakanz zu nden.Sie sind eine ausgebildete Fachkraft im Pege- oder Medizinalbereich mit guten Arbeitszeugnissen; Sie geben uns Auskunft über Ihre Erwartungen an die neue Stelle, Ihre Qualikationen, Fähigkeiten, Aus- und Weiter- bildungen und persönliche Daten.Wir entwickeln basierend auf Ihren Angaben ein Bewerber*innenprol und formulieren Ihre Erwartungen bezüglich der gewünschten Arbeitsstelle.Wir prüfen aufgrund der Anfragen unserer Mandanten und in fachspezischen Netzwerken passende Stellenangebote.Für Stellensuchende ist unsere Dienstleistung kostenlos!Für eine erfolgreiche Stellenvermittlung!Kontaktieren Sie uns – es lohnt sich für Arbeit- gebende und Arbeitnehmende!Danya CareDanya Care GmbH, Buckhauserstrasse 36, 8048 Zürich info@danyacare.ch, www.danyacare.chCRUISER_Oktober_2024_alt.indd 20CRUISER_Oktober_2024_alt.indd 20 23.09.24 15:4623.09.24 15:46

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4 WEIHNACHTEN 2024 EINE QUEERE WEIHNACHTS- GESCHICHTE 8 KULTUR CHRISTUS, EIN MANN?13 GESELLSCHAFT DADDY-ARCHETYP 20 SERIE HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR24 KOLUMNE MARIANNE WEISSBERG26 THEATER-TIPP DIVERS ALTERN27 KONZERT-TIPP KYLIE IN ZÜRICH28 EVENT-TIPP ROCKY HORROR SHOW29 KULTUR BUCHTIPP30 KOLUMNE MICHI RÜEGG32 SATIRE X-MAS-SHOPPING- RATGEBER34 RATGEBER DR. GAYCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000) Herausgeber & Verleger medienHay GmbHInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl Bildredaktion Haymo Empl Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber*innen.Art Direktion Lili WagnerAutor*innen Haymo Empl, Birgit Kawohl, Moel Maphy, Michi Rüegg, Marianne Weissberg Korrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30Druck werk zwei Print+Medien Konstanz GmbHREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chHaftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.ch Der nächste Cruiser erscheint am 3. Januar 2025Unsere Kolumnist*innen widerspiegeln nicht die Meinung der Redaktion. Sie sind in der Themenwahl, politischer /religiöser Gesinnung sowie der Wortwahl im Rahmen der Gesetzgebung frei. Wir vom Cruiser setzen auf eine grösst mögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinandersetzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum sprachliche Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor*innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden ent spre chend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die ent- sprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz».Cruiser wurde als einzige LGBT*-Publikation als «kulturell relevant» eingestuft und wird daher in der Schweize rischen Nationalbibliothek, der ZB Zürich sowie in der deutschen Nationalbibliothek archi viert. Cruiser ist zudem via SMD (schweizerische Mediendatenbank) allen Medienschaffenden zugänglich.Weihnachtspulli und Weihnachtsdeko: Das Fest kann für Fynn und Luc kommen. Die beiden freuen sich am meisten auf die Ruhe und ... das Fondue. IMPRESSUM EDITORIALLiebe Leser*innen Selbst die Hartgesottenen unter uns können sich spätestens jetzt dem heranziehen-den Weihnachtsspektakel nicht mehr entziehen. Seien es Lebkuchen und Zimtsterne oder Glühwein und Weihnachtsmärkte, das «Fest des Herrn» beherrscht wie jedes Jahr den Dezember. Aber was, wenn der «Herr» gar kein Herr war, sondern eine Dame oder gar genderfluid? Eine absurde Idee? Nicht so ganz, wie ab Seite 8 nach- zulesen ist. Und dann ist Weihnachten das Fest der Familien und da vor allem der Kinder, auch wenn dieser schon längst erwachsen sind. Dies lässt uns zu einem Phänomen kommen, das Haymo Empl ab Seite 13 untersucht: die Daddy-Beziehung unter Schwulen. Viele sehen darin einen Stricher – oft mit Migrationsgeschichte – und einen wohlbetuchten weissen Mann. Dass das Ganze definitiv nicht so ist und weitreichende Funktionen hat, die über Sex hinausgehen, wird meist übersehen.Ausserdem darf in einem Weihnachtsheft natürlich nicht eine anrührende Weih-nachtsgeschichte fehlen, so ein bisschen geht die Zeit im Dezember doch jedem*r ans Gemüt. Wir wünschen jedenfalls all unseren Leser*innen eine schöne Zeit (ob mit oder ohne Jesus) und alles Gute für das Jahr 2025, wir stossen mit euch darauf an, dass es toll wird. Im Januar sind wir wieder wie gewohnt mit spannenden Themen für euch da.Herzlich;Birgit Kawohl, stv. Chefredaktorin

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4CRUISER DEZEMBER 2024WEIHNACHTEN 2024EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTE4Bilder © Adobe Stock4CRUISER DEZEMBER 2020WEIHNACHTEN 2020EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEVON HAYMO EMPLDie Berge waren verschneit, das kleine Dorf Schwändi im Glarnerland fest-lich für die Weihnachtstage ge-schmückt. Der Blick vom Dorfplatz beim Schulhaus ins obere Linthal mit dem mäch-tigen Tödi, die schneebedeckten Bäume, die festlichen Lichterketten, die die Häuser und Höfe schmückten: Es war ein 24. De-Eine Weihnachtsgeschichte für alle.Das braune Huhnspürte, dass es anders ist zember, wie es ihn lange nicht mehr gege-ben hatte. Der rote Ball der Sonne verab-schiedete sich hinter den letzten Wipfeln und bevor die Dunkelheit sich ausbreitete und die Lichterkraft der Kerzen ihren magi-schen Zauber verbreiten konnten, herrschte auf dem kleinen Hof der Familie Leutzinger im Hühnerstall grosse Aufregung.Einst war die Familie von Netstal nach Schwändi gekommen, viele Generationen ist es schon her. Nun bewohnten Mutter Heidi und Vater Ruedi das grosse, weisse Haus in der Nähe des pittoresken Schulge-bäudes. Wie bei allen alten Glarner Bauern-höfen üblich, vergeudete man kein Land rund um das Haus, dieses wurde im gros-www.bodyesthetic.ch16 Jahre Erfahrung in Zürich, jetzt neu auch in LuzernBody EstheticBEZH 044 381 20 20 / LU 044 381 20 18 Bodyesthetic.ch+41 76 403 26 39 @bodyesthetic.chAlle Behandlungen unter ärztlicher LeitungNatürliche Hautstraffungmit Radio Frequenzz.B. Augen 89.–Kryolipolyse – Fett weg mit KälteInklusive Lymphdrainage1 Zone 199.–FaltenbehandlungBotulinumtoxin ab 180.– pro Zone Hyaluronsäure Filler z.B. Lippen 400.–Dauerhafte Haarentfernung SHRz.B. Bikini 69.– bis 99.–Achseln 69.–In dieser Geschichte geht es um ein Huhn, das anders ist. Es ist weder besonders hübsch, noch besonders klug. Alle aber haben eines unterschätzt: seine Bauernschläue.

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5WEIHNACHTEN 2024EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEANZEIGE5 CRUISER SommER 2017sliPPerySubjeCtSVoN MARTIN MüHLHEIMC oming-out-Filme gibt es mittlerweile viele, und entsprechend unterschied-lich kommen sie daher: leichtfüssig- komisch wie der britische Klassiker Beautiful ing (1996), eher nachdenklich wie das brasilianische Kleinod Seashore (2015), bisweilen auch zutiefst tragisch – so im israelischen Drama Du sollst nicht lieben (2009), das in der ultraorthodoxen Gemein-de in Jerusalem spielt.Angesichts solcher Unterschiede er-staunt es umso mehr, mit welcher Regel- mässigkeit uns Coming-out-Filme Jungs oder Männer zeigen, die – alleine, zu zweit oder in Gruppen – schwimmen gehen. Nun könnte man das natürlich als Zufall oder Neben-sächlichkeit abtun. Bei genauerem Nachden-ken zeigt sich allerdings, dass sich gleich mehrere Gründe für diese erstaunliche Häu-gkeit nden lassen.Nackte Haut ohne allzu viel SexEine erste, nur scheinbar oberächliche Er-klärung ist, dass (halb)entblösste Körper sich nicht bloss auf der Leinwand, sondern auch auf Filmpostern und DVD-Covern äus- serst gut machen. Schwimmszenen bieten ein perfektes Alibi für das Zeigen von nack-ter Haut: Sex sells, wie es so schön heisst.Warum «Alibi»? Weil man – gerade bei Filmen mit jungen Protagonisten – aufpas-sen muss: «Sex sells» mag zwar zutreen, aber allzu explizite Sexszenen können schnell mal zu hohen Altersfreigaben füh-ren. Dies wiederum möchten Filmemacher in der Regel vermeiden: Filme, die erst ab 18 freigegeben sind, lassen sich nämlich weni-ger einfach vermarkten. Auf Amazon.de zum Beispiel werden Filme mit Altersfreiga-be 18 nur an nachweislich volljährige Perso-nen verkau – und gerade für Coming- out-Filme, die sich auch an ein junges Publi-kum richten, ist dies sicher kein wünschens-werter Eekt.Schwimmszenen bieten hier eine per-fekte Kompromisslösung: Man kann nackte Haut lmisch ansprechend inszenieren, da-bei aber allzu heisse Techtelmechtel tugend-ha vermeiden (beispielsweise, indem der Wasserspiegel immer über der Gürtellinie bleibt, wie im niederländischen Film Jon-gens, 2014). Um das Rezept knapp zusam-menzufassen: Man nehme eine grosszügige Portion feuchter Erotik, eine vorsichtige Pri-se Sex – und um Himmels Willen kein Körn-chen Porno. Eingetaucht ins TrieblebenMan täte den lesBischwulen Filmemache-rInnen aber unrecht, wenn man ihre erzäh-lerischen Entscheidungen allein auf nan-zielles Kalkül reduzieren wollte. Es gibt nämlich auch ästhetisch-symbolische Grün-de, die Schwimmszenen für das Genre inter-essant machen. Da wäre zunächst die Funktion des Wassers als Symbol für das Unbewusste. Dieses Unbewusste, so weiss man spätestens seit Sigmund Freud, hat viel mit der Triebna-tur des Menschen zu tun – und so erstaunt es nicht, dass Hauptguren auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität sozusagen symbo-lisch in die Tiefen des Unbewussten eintau-chen müssen, um ihr gleichgeschlechtliches Begehren zu entdecken. Figuren in der SchwebeDarüber hinaus hat die Filmwissenschale-rin Franziska Heller in ihrem Buch über die Filmästhetik des Fluiden (2010) gezeigt, dass schwimmende Figuren immer wieder als «schwebende Körper» inszeniert werden: o in Zeitlupe und seltsam herausgelöst aus dem sonst zielstrebig voranschreitenden Erzählprozess. Dieser Schwebezustand wie-derum ist eine wunderbare visuelle Meta-pher für die Phase kurz vor dem Coming-out: Man ist nicht mehr der oder die Alte, aber auch noch nicht ganz in der neuen Identität angekommen. Ein Film macht das Schweben sogar explizit zum ema: In Kinder Gottes aus dem Jahr 2010 zeigt Romeo dem neuro-tisch-verklemmten Johnny, wie befreiend das «Floating» im Meer sein kann.Neben der Inszenierung von Schwebe-zuständen und dem Wasser als Symbol für das Unbewusste ist drittens das Motiv von ➔ Filme, die ersT ab 18 FreiGeGeben sind, lassen sicH nämlicH WeniGer einFacH VermarKTen.ANZEIGE«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach .rz_TP_Leonhards_Apotheke_210x93.3_Cruiser_4c_280317.indd 1 28.03.2017 10:07:375CRUISER DEZEMBER 2020WEIHNACHTEN 2020EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEDas braune Huhnspürte, dass es anders ist sen Stil ausserhalb bewirtschaftet. Aber man hatte um das Haus immer Platz für ei-nen Hühnerstall und einen kleinen Gemü-segarten. Vater Ruedi hatte das Land ver-kauft, die Arbeit als Bauer war anstrengend und brachte wenig ein, daher hatte er sich als junger Mann bereits entschieden, in der kantonalen Verwaltung zu arbeiten. Unten, in Glarus. Geblieben war das Haus, welches er mit seinen drei Kindern Balz, Jöri und Grittli und seiner Frau Heidi liebevoll in Schuss hielt, und einige Hühner, die im Stall lebten. Das einfache Zuhause der Hühner war zweckmässig und nicht besonders schön, es gab einige Dorfbewohner, die sich ob dem simplen Bretterverschlag störten. Der Fa-milie Leutzinger war das egal, es war schliesslich ihr Land und sie konnten dar-auf tun und lassen, was sie wollten und wie es ihnen beliebte. Den Hühnern war es ebenfalls egal, wie der Stall aussah: Sie pick-ten auf der kleinen Wiese rund um den Stall zwischen Gemüse und Wildblumen Körner und Würmer und solange der Stall sie tro-cken hielt und vor dem Fuchs beschützte, ANZEIGEwww.bodyesthetic.ch16 Jahre Erfahrung in Zürich, jetzt neu auch in LuzernBody EstheticBEZH 044 381 20 20 / LU 044 381 20 18 Bodyesthetic.ch+41 76 403 26 39 @bodyesthetic.chAlle Behandlungen unter ärztlicher LeitungNatürliche Hautstraffungmit Radio Frequenzz.B. Augen 89.–Kryolipolyse – Fett weg mit KälteInklusive Lymphdrainage1 Zone 199.–FaltenbehandlungBotulinumtoxin ab 180.– pro Zone Hyaluronsäure Filler z.B. Lippen 400.–Dauerhafte Haarentfernung SHRz.B. Bikini 69.– bis 99.–Achseln 69.–Queer zu sein, ist letztendlich eine Chance. Manchmal dauert es einfach ein bisschen, bis man dies herausfindet.hatten sie Zeit, sich um wichtigere Dinge zu kümmern. Beispielsweise die Hackordnung neu zu arrangieren oder darauf zu achten, dass der Nachwuchs nicht übermütig wur-de. Die einen Hühner drangsalierten, die anderen erduldeten und manche zogen es vor, sich bei einem Streit so schnell es ging aus dem Staube zu machen. Die Leutzingers hatten 15 Hühner: Grosse Hühner und kleine Hühner. Weisse, crèmefarbene, solche mit üppigem Feder-kleid und solche mit dürftigem. Und ein einziges braunes Huhn.Jedes Jahr an Heiligabend spürten die Hühner, dass etwas Besonderes stattnden würde. Bereits in den Tagen zuvor schaute ➔ Queer zu sein, ist letztendlich eine Chance. Manchmal dauert es einfach ein bisschen, bis man dies herausfindet.

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66CRUISER DEZEMBER 2024WEIHNACHTEN 2024EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTE6CRUISER DEZEMBER 2020Heidi Leutzinger öfters im Stall vorbei, sam-melte die Eier ein und schaute, dass es im-mer genügend Stroh, Wasser und Körner gab. Vater Leutzinger schmückte sogar das Zuhause der Hühner rund um die Bretter mit blinkenden Lichterketten und auf dem Dach des Stalls wurde ein leuchtendes Ren-tier platziert. Für die Hühner war die Weih-nachtszeit trotz des Schnees und der Kälte angenehm, denn nie sonst kamen sogar auch die Kinder mit so vielen feinen Kör-nern zu ihnen in den Stall.Die älteren Hühner berichteten je-weils schon viele Wochen vor dem grossen Fest dem Nachwuchs, dass an Heiligabend die ganze Familie zusammensitzen würde, drüben im Haus in der warmen Stube. Sie erzählten sich, dass die Familie Leutzinger Lieder singen würde, dass es Geschenke gab und dass man sogar einen geschmückten Tannenbaum aufstellen würde. Und dass Onkel und Tanten bei der Familie Leutzin-ger mit vielen Geschenken vorbeischauen würden. Die drei Kinder seien an diesem Abend besonders brav, erzählten sich die Hühner. Und wenn es ganz dunkel sei, dann würden die Augen der Kinder strahlen, weil sie Geschenke bekämen.Woher die Hühner das wussten? Wann immer es möglich war, schauten sie beim Körnerpicken in die Stube. Immer so, dass Mutter Leutzinger davon nichts mitbekam, denn würden sie eines der Hühner auf dem Fenstersims entdecken, würde sie es mit viel Schimpf und grossem Gezeter vertrei-ben. Aber oft war Heidi Leutzinger so sehr in die Vorbereitungen für diesen grossen Abend vertieft, dass sie nicht merkte, wenn dann und wann eines der Hühner in die gute Stube hineinschaute. Am Abend dann, wenn sich alle Hühner im Stall versammelt hatten und es kurz vor Bettruhe war, erzähl-ten sich die Hühner gegenseitig, was sie ge-sehen hatten. Und sie freuten sich: Denn je-des Jahr durfte während der Feierlichkeiten eines der Hühner Gast sein. Wer ausgewählt wurde, wussten die Hühner nicht. Aber alle gaben sich Mühe und frassen artig ihre Kör-ner und versuchten, etwas weniger zu strei-ten als sonst üblich. Sogar der Güggel ver-hielt sich friedlich und schikanierte die Hühner weniger als an anderen Tagen.Wer würde es dieses Jahr sein? Es ging nicht nur darum, an jenem Abend dabei zu sein – die Hühner wussten, dass die Auser-wählte danach an einen Ort kam, an wel-chem immer Sommer war und es immer viel zu essen gab und man nie Angst um sei-nen Schlafplatz haben musste. Die Hühner wussten das, weil auch diese Geschichte in der Abendrunde erzählt wurde. Heute war es wieder soweit, eines der Hühner würde ausgewählt werden und in der guten Stube an den Feierlichkeiten teil-nehmen. Jedes Huhn war sich sicher, dass es dieses Jahr ausgewählt werden würde. Nur das braune Huhn nicht. Es verzog sich wie immer in die Ecke des Hühnerstalls und war traurig.Das braune Huhn war anders als die anderen. Und es realisierte sehr schnell, dass es in der Hackordnung im Hühnerstall wenig Chancen hatte.WEIHNACHTEN 2020EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEDie Leutzingers hatten 15 Hüh-ner: Grosse Hühner und kleine Hühner. Weisse, crèmefarbene, solche mit üppigem Federkleid und solche mit dürftigem. Und ein einziges braunes Huhn.Heute war es wieder soweit, eines der Hühner würde aus- gewählt werden und in der guten Stube an den Feierlichkeiten teilnehmen. Jedes Huhn war sich sicher, dass es dieses Jahr aus-gewählt werden würde. Nur das braune Huhn nicht.Media © links: Adobe Stock / rechts: Haymo Empl

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7WEIHNACHTEN 2024EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTECRUISER DEZEMBER 20247«Du wirst sowieso nicht gewählt, du bist ein braunes Huhn, dich wollen sie nicht», sagten die anderen Hühner.«Deine Federn glänzen viel zu fest, das ist nicht schön!»«Dein Hals ist länger als unser Hals, das schickt sich nicht!»«Deine Augen sind viel zu dunkel, das hat man nicht!»«Geh weg, du bist anders, du gehörst nicht zu uns. Und sie haben dich noch nie ausgewählt, oder? Denn wenn sie sich ge-wählt hätten, dann wärst du auf der grünen Wiese, wo es immer Futter gibt und es nie-mals Winter ist», sagte das besonders weisse Huhn, welches das ganze Jahr hindurch eissig Körner gegessen hatte. Manchmal war das ganz weisse Huhn gegenüber dem braunen Huhn auch richtig gemein gewe-sen: Es hatte absichtlich die Körner des braunen Huhns verscharrt, damit es diese nicht nden konnte und daher weniger prächtig aussah. Und wenn das braune Huhn schlief, hatte das weisse Huhn wach-gelegen und heimlich an den Federn des Schwändi oberhalb von Schwanden im Kanton Glarus gibt es wirklich. Und so sieht es derzeit dort aus.WEIHNACHTEN 2020EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEANZEIGEbraunen Huhns gezwickt. Ganz langsam, so dass es nichts spürte und so, dass die Feder am nächsten Tag ausel. Dies tat das weisse Huhn bei den anderen auch, aber das brau-ne Huhn musste am meisten unter den Ge-meinheiten des prächtigen Huhns leiden. Sogar der Güggel wies das braune Huhn zu-recht: «Deine Federn sind nicht schön. Sie passen nicht zu uns. Sie passen nicht an die-sen Ort», sagte der Güggel. Dies machte das braune Huhn traurig, aber weil es immer schon Aussenseiter gewesen war, hatte es sich mit seiner Situation abgefunden. Wenn es sich recht erinnern konnte, war es sogar schon hier gewesen, als noch ein anderer Güggel der Chef war. Damals war es noch ganz klein gewesen. Es war also das Huhn, das schon am längsten hier lebte und nie von der Familie Leutzinger eingeladen wor-den war. So würde es auch dieses Jahr sein.Das braune Huhn aber hatte eine Idee: Würde es wieder nicht gewählt werden, wür-de es sich ans Küchenfenster schleichen. Mit seinen dunklen Federn würde Mutter Leut-zinger es nicht bemerken und es könnte ➔ 8CRUISER DEZEMBER 2020DAS BRAUNE HUHNDie Geschichte von Haymo Empl stammt aus der Anthologie «Wenn Engel Sternschnuppen küssen, dann ist Weihnachten». Paulus Verlag 2020.Preis ca. CHF 29.80 ISBN 978-3-7228-0100-1232 Seiten, Hardcover. Überall im Buchhandel erhältlich oder direkt hier: www.benziger.chAbdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.WEIHNACHTEN 2020EINE QUEERE WEIHNACHTSGESCHICHTEwenigstens zuschauen, wie sich das ausge-wählte Huhn in der warmen Stube am Kü-chentisch zusammen mit der Familie am Heiligabend über das Christkind erfreute. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit war es denn so weit. Vater und Mutter Leutzinger kamen mit der Taschenlampe in den Stall: Normalerweise war um diese Zeit bereits Bettzeit für die Hühner, denn der Güggel führte ein eisernes Aufsteh-Regime: Bei Sonnenaufgang musste man aus den Federn kriechen. Aber heute durften sie etwas län-ger aufbleiben und alle warteten gespannt, wer gewählt werden würde. Die Familie ent-schied sich tatsächlich für das schneeweisse Huhn mit den schönen Federn und dem stattlichen Äusseren. Sie nahmen es auf den Arm, das Huhn schaute triumphierend in die Runde, um sich dann mit einem verach-tenden «Siehst du! Ich habe es dir ja gesagt, keiner will dich», vom braunen Huhn zu ver-abschieden. Wenig später gingen die Hüh-ner schliesslich schlafen, erst als kein Laut mehr zu hören war, schlich sich das braune Huhn zum Küchenfenster. Es sah das weisse Huhn, es hatte nichts Prächtiges mehr an sich. Das braune Huhn hörte, wie Vater Leutzinger zu Mutter Leutzinger sagte: «Das wird aber ein toller Weihnachtsvogel!» «Ich habe ihn mit viel Liebe zubereitet. Unsere Familie wird grosse Freude an diesem fei-nen Poulet haben. Reichst du mir mal die Rosmarin-Zweige?»«Hier, Schatz.»«Es geht nichts über unsere Weihnachts-Huhn-Tradition», sagte Vater Leutzinger.«Fleisch vom eigenen Hof! Das hat heute auch hier oben in Schwändi niemand mehr».Das Huhn hatte genug gesehen. Manch-mal war es eben doch gut, anders zu sein. Wenn es sich recht erinnern konnte, war es sogar schon hier gewesen, als noch ein anderer Güggel der Chef war. Damals war es noch ganz klein gewe-sen. Es war also das Huhn, das schon am längsten hier lebte und nie von der Familie Leutzin-ger eingeladen worden war.Unser Huhn in der Geschichte hätte gerne über Superkräfte verfügt. Aber die hatte es nicht. Dafür verfügte es über eine gesunde Portion Neugierde.«Du wirst sowieso nicht gewählt, du bist ein braunes Huhn, dich wollen sie nicht», sagten die anderen Hühner.«Deine Federn glänzen viel zu fest, dasist nicht schön!» «Dein Hals ist länger als unser Hals, das schickt sich nicht!»«Deine Augen sind viel zu dunkel, das hat man nicht!» «Geh weg, du bist anders, du gehörst nicht zu uns. Und sie haben dich noch nie ausgewählt, oder? Denn wenn sie sich ge-wählt hätten, dann wärst du auf der grünenWiese, wo es immer Futter gibt und es niemals Winter ist», sagte das besonders weisse Huhn, welches das ganze Jahr hin-durch eissig Körner gegessen hatte. Manchmal war das ganz weisse Huhn ge-genüber dem braunen Huhn auch richtig ge-mein gewesen: Es hatte absichtlich die Kör-ner des braunen Huhns verscharrt, damit es diese nicht nden konnte und daher weni-ger prächtig aussah. Und wenn das braune Huhn schlief, hatte das weisse Huhn wach-gelegen und heimlich an den Federn des braunen Huhns gezwickt. Ganz langsam, so dass es nichts spürte und so, dass die Feder am nächsten Tag ausel. Dies tat das weisse Huhn bei den anderen auch, aber das brau-ne Huhn musste am meisten unter den Ge-meinheiten des prächtigen Huhns leiden. Sogar der Güggel wies das braune Huhn zu-recht: «Deine Federn sind nicht schön. Sie passen nicht zu uns. Sie passen nicht an die-sen Ort», sagte der Güggel. Dies machte das braune Huhn traurig, aber weil es immer schon Aussenseiter gewesen war, hatte es sich mit seiner Situation abgefunden. Wenn es sich recht erinnern konnte, war es sogar schon hier gewesen, als noch ein anderer Güggel der Chef war. Damals war es noch ganz klein gewesen. Es war also das Huhn, das schon am längsten hier lebte und nie von der Familie Leutzinger eingeladen worden war. So würde es auch dieses Jahr sein. Das braune Huhn aber hatte eine Idee: Würde es wieder nicht gewählt werden, würde es sich ans Küchenfenster schleichen. Mit seinen dunklen Federn würde Mutter Leutzinger es nicht bemerken und es könnte wenigstens zuschauen, wie sich das ausgewählte Huhn in der warmen Stube am Küchentisch zu-sammen mit der Familie am Heiligabend über das Christkind erfreute. Kurz nach Ein-bruch der Dunkelheit war es denn so weit. Vater und Mutter Leutzinger kamen mit der Taschenlampe in den Stall: Normalerweise war um diese Zeit bereits Bettzeit für die Hühner, denn der Güggel führte ein eisernes Aufsteh-Regime: Bei Sonnenaufgang musste man aus den Federn kriechen. Aber heute durften sie etwas länger aufbleiben und alle warteten gespannt, wer gewählt werden würde. Die Familie entschied sich tatsäch-lich für das schneeweisse Huhn mit den schönen Federn und dem stattlichen Äusse-ren. Sie nahmen es auf den Arm, das Huhn schaute triumphierend in die Runde, um sich dann mit einem verachtenden «Siehst du! Ich habe es dir ja gesagt, keiner will dich», vom braunen Huhn zu verabschie-den. Wenig später gingen die Hühner schliesslich schlafen, erst als kein Laut mehr zu hören war, schlich sich das braune Huhn zum Küchenfenster. Es sah das weisse Huhn, es hatte nichts Prächtiges mehr an sich. Das braune Huhn hörte, wie Vater Leutzinger zu Mutter Leutzinger sagte: «Das wird aber ein toller Weihnachtsvogel!» «Ich habe ihn mit viel Liebe zubereitet. Unsere Familie wird grosse Freude an diesem fei-nen Poulet haben. Reichst du mir mal die Rosmarin-Zweige?»«Hier, Schatz.»«Es geht nichts über unsere Weih-nachts-Huhn-Tradition», sagte Vater Leut-zinger.«Fleisch vom eigenen Hof! Das hat heu-te auch hier oben in Schwändi niemand mehr».Das Huhn hatte genug gesehen. Manchmal war es eben doch gut, anders zu sein. Wenn es sich recht erinnern konnte, war es sogar schon hier gewesen, als noch ein anderer Güggel der Chef war. Damals war es noch ganz klein gewesen. Es war also das Huhn, das schon am längsten hier lebte und nie von der Familie Leutzinger ein-geladen worden war.Schwändi oberhalb von Schwanden im Kanton Glarus gibt es wirklich. Und so sieht es an einem typsichen Dezembertag aus.

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88CRUISER DEZEMBER 2024KULTURCHRISTUS, EIN MANN?Auch für Gottes Sohn gilt: Wann ist ein Mann ein Mann?Männlich – weiblich – divers: heutzutage kein Problem. Aber wie ist das mit histori-schen Figuren? Und dann noch im religiösen Kontext? Konkret: War Jesus ein Mann?VON BIRGIT KAWOHLJetzt, um die Weihnachtszeit, schal-lern aus diversen akustischen Quellen hübsche oder auch weniger hübsche Weihnachtslieder. Egal ob es George Micha-el ist, der sich an «Last Christmas» erinnert, oder Chris Rea, der über Weihnachten nach Hause fährt, irgendwie lassen diese Lieder die wenigsten von uns kalt und auch sonst überkommt viele eine ruhige Stimmung – ausser man ist gerade auf der verzweifelten Suche nach dem Hemd, das man beim Fa-milientreen anziehen möchte.Neben den kommerziellen Auswüch-sen ist für einige – auch wenn es vielleicht nicht mehr ganz so viele sind – mit Weih-nachten immer noch der Ursprung des Fes-tes verbunden: die Geburt Jesus und damit vielleicht sogar der Besuch eines Gottes-dienstes. Und da hängt er dann, das Sinn-bild der christlichen Religion gekreuzigt und gemartert mit Dornenkranz und Len-denschurz. Für die Christen ist Jesus Chris-tus der Stellvertreter Gottes auf Erden, von dem man sich, im Unterschied zu Gott Für die Christen ist Jesus Christus der Stellvertreter Gottes auf Erden, von dem man sich, im Unterschied zu Gott selbst, durchaus ein Bild macht. Aber ist es wirklich so klar, dass dieser Mensch ein Mann war?Die Christus-Darstellungen sind oftmals relativ androgyn und lassen so jede Menge Spielraum in Bezug auf das Geschlecht.Media © Image generated using AI technology by OpenAI

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9KULTURCHRISTUS, EIN MANN?Kann die Liebe den Hass und das Morden über-winden? Und sind Frauen die besseren Men-schen? Damit – aber nicht nur – beschäftigt sich «Emilia Pérez» auf sehr beeindruckende Weise. ANZEIGETantramassage für Männerwww.eros-tantrico.chNeu in Zürich:CRISTIANOselbst, durchaus ein Bild macht. Aber ist es wirklich so klar, dass dieser Mensch ein Mann war? Die queer-feministische eolo-gie zweifelt diese ese schon seit Längerem an und auch Frauen, die für mehr Einuss des weiblichen Geschlechts in der Kirche kämpfen, halten die Option, dass Jesus viel-leicht als Mädchen geboren wurde oder gar non-binär war, für sehr charmant. Nun mag man einwenden, dass es doch eigentlich vollkommen egal ist, ob Christus ein Mann war oder nicht. Das stimmt aber nicht, denn die Kirche als Verkünder von Re-ligion bestimmt mit ihrer Sicht und Interpre-tation des Lebens Christi mehr als wir viel-leicht meinen unseren Alltag. Oensichtlich ist es im Bereich des Islam, wenn Frauen ge-zwungen werden, eine Burka zu tragen oder – wie jüngst in Afghanistan befohlen – auf der Strasse nicht mehr sprechen dürfen. Aber auch in christlich geprägten Weltteilen hängt die Stellung der Frau oder auch der Umgang mit Queers immer noch stark von dem ab, was von den Kanzeln gepredigt oder von Papst Franziskus verkündet wird. Viele frühe Religionen und ein ChristentumDass die Frage nach dem Geschlecht Christi überhaupt relevant wurde, hängt daher auch eng mit dem Aufkommen der Frauenbewe-gung im 20. Jahrhundert und der Kritik am ewigen Patriarchat zusammen – davor gin-gen die allermeisten Gläubigen relativ frag-los davon aus, dass Gottes Kind männlich sei - und die sich Anselm Schubert, Professor für Neuere Kirchengeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg, ebenfalls gestellt hat. Das Ganze hat ihn so umgetrieben, dass er dazu ein Buch geschrieben hat, dass der his-torischen Entwicklung auf den Grund geht. In seiner Monograe «Jesus Christus (m/w/d)» untersucht er Ansätze und Strö-mungen von den Anfängen in der Antike bis in die heutige Zeit und liefert dabei viele spannende Details und Gedanken, die viel-leicht einige von uns ihr Christus-Bild re- vidieren lässt.Für diejenigen unter uns, die entwe-der gar nicht christlich sozialisiert sind oder dies zwar sind, aber mit Kirche und Religion seit jeher nichts am Hut haben, ein kurzer historischer Abriss, wie es überhaupt zur Entstehung des Christentums kam, denn das ist für die weitere Entwicklung und vor allem auch auf die Sicht von Christus nicht ganz unwichtig.Wir benden uns in der Antike. Der eu-ropäische Raum wird primär von zwei gros- sen Kulturen beherrscht, die ihren Namen nach ihren Hauptstädten tragen: Athen und Rom. In beiden herrscht in Bezug auf die hö-heren Wesen relative Einheit, denn beide vertreten polytheistische Religionen, will heissen, dass es viele Götter und Götti*nnen (und auch Halbgötter und -götti*nnen) gibt, jede*r mit einem eigenen Zuständigkeits-bereich, quasi wie in der modernen Politik. Auch wenn diese unterschiedliche Namen haben, lässt sich in der anderen Kultur für jeden Posten ein Äquivalent nden: der grie-chische Zeus heisst bei den Römern Jupiter, der römische Gott Neptun wird in Griechen-land Poseidon genannt. Dann aber nimmt zu Beginn unserer Zeitrechnung eine Art Sekte Aufschwung, die einen monotheistischen Ansatz verfolgt. Diese Bewegung wächst mit der Zeit und die jeweiligen weltlichen Herrscher reagieren unterschiedlich auf sie, während Kaiser Konstantin (270/288 – 337) das Christentum zu Staatsreligion macht, startet Kaiser Julian (331/332 – 363) noch einen, wenn letztend-lich gescheiterten Versuch, das Christen-tum zu verbieten. Dass sich die neue Religi-on durchsetzen kann, gelingt auch deshalb, weil die Christen clever einige Säulen der alten Religionen und Kulte nutzen. So fei-ern wir heute zum Beispiel Weihnachten, «die Geburt des Herrn», um die Zeit der heidnischen Sonnenwende. Schwierig wur-de es dahingehend, dass es in den polythe-istischen Religionen immer weibliche Göt-tinnen sowie männliche Götter gab. Das kann ein einzelner Heilsbringer natürlich nicht leisten. Daher mag es naheliegen, dass Christus als androgyne Person ange-legt ist. ➔Die Lehre von den Vier Säften, die den Menschen angeblich ausmachen und bestimmen. Hieran abzulesen ist – so dachte man jedenfalls früher – auch, ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hat.Dass die Frage nach dem Geschlecht Christi überhaupt relevant wurde, hängt daher auch eng mit dem Aufkommen der Frauenbewegung im 20. Jahr- hundert und der Kritik am ewigen Patriarchat zusammen.

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sie hart und vernünftig, was sie wiederum zu Führern und Herrschern werden lässt, eigentlich das, was wir heute – oft belächelt – als «echten Mann» bezeichnen. Diese Gefühlskontrolle hat gemäss der damaligen eorie auch zur Folge, dass Männer den aktiven Part beim Sex über-nehmen. Zugleich galt Sperma als wichtiges Lebenselexier, das nicht verschwendet wer-den durfte. Kommt uns das bekannt vor? Wenn man sich in christlichen oder musli-mischen Kreisen umschaut, so weit entfernt sind die Religionen nämlich nicht vonein-ander, ganz sicher: Sex dient ausschliesslich der Fortpanzung, Männer «nehmen» sich beim Sex die Frau und falls es zu homosexu-ellem Sex kommt, ist es (fast) okay, solange man die aktive Rolle übernimmt.Aber wie verhält sich das mit Jesus Christus? Ist er wirklich so ein knallharter Mann? Hadert er nicht häug, ist er am Ende nicht sogar vollkommen verzweifelt? Dies ist CRUISER DEZEMBER 2024Der Zusammenhang von Geschlecht und den vier KörpersäftenAn dieser Stelle mag ein Hinweis eingescho-ben werden, der besonders für die Nicht-eologen unter uns hilfreich sein mag: Die Bezeichnung Jesus wird – wie es Schubert in seinem Buch schlüssig erläutert - für die his-torische Person verwendet, während Chris-tus der geglaubte Gottessohn ist, also eher eine imaginäre Figur. Wenn hier die beiden Begrie vielleicht nicht immer ganz trenn-scharf und theologisch korrekt verwendet werden, mag dies nachgesehen werden.Wie Schubert im Verlauf seines Buches quasi minutiös dokumentiert, wandelt sich die Sicht auf das Geschlecht Christus immer wieder. Dies hängt von äusseren Faktoren, aber auch von medizinischen Ansätzen und philosophischen Einüssen ab.So galt in der Antike weitgehend die Lehre von den vier Körpersäften (z. B. Hip-pokrates oder Galen), die in kalte und war-Andererseits hatte man in der Antike die Vorstellung von der Existenz nur eines menschlichen Geschlechts, wobei die Frau sozusagen die B-Ware war bzw. die noch nicht fertige, unvoll-kommene Fassung.Sollte Jesus genderfluid gewesen sein, bietet er natürlich viel grössere Identifikationsmöglichkeiten für die queere Community als als Mann.me Säfte eingeteilt waren. Ob nun ein Junge oder ein Mädchen geboren wird, hängt von der Körperwärme während der Schwanger-schaft ab, mehr Wärme führt zur Geburt ei-nes Jungen, weniger ergo zu der eines Mäd-chens. Männer haben, und das aufgrund der ihnen eigenen Hitze und Trockenheit, ihre Gefühle unter Kontrolle, dadurch sind Media © Image generated using AI technology by OpenAI / Adobe Stock

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11ANZEIGEEine neue katastrophale Komödie der Shake Companyab 16. Januar 2025 THEATER IM SEEFELD Zürich www.shakecompany.chTickets:KULTURCHRISTUS, EIN MANN?Es gab aber auch die Theorie, dass Christus androgyn sei, da er die Vereinigung des Sohn Got-tes (=männlich) mit der Weisheit (= weiblich) darstelle. sicherlich eine Seite, die zumindest für And-rogynität spricht. Andererseits hatte man in der Antike die Vorstellung von der Existenz nur eines menschlichen Geschlechts, wobei die Frau sozusagen die B-Ware war bzw. die noch nicht fertige, unvollkommene Fas-sung. (Wie man sich das rein biologisch vor-gestellt hat, mag dahingestellt sein.)Jesus, ein Mann mit weiblichen Zügen?In Christus jedenfalls kommt es mehrfach zu Verschmelzungen: So geht man in der Antike davon aus, Christus sei mit göttli-cher Allmacht ausgestattet, die er in einem menschlichen Körper durch die Welt trage. Dabei stand die menschliche Natur für Männlichkeit, denn der Mann, so Augusti-nus, sei das «ehrenwertere Geschlecht» (Schubert, S. 59). Es gab aber auch die eorie, dass Christus androgyn sei, da er die Vereini-gung des Sohn Gottes (=männlich) mit der Weisheit (= weiblich) darstelle. Interessant ist hier, dass man die Weisheit als weiblich denierte. Davon könnten heute viele Men-schen etwas lernen, die Frauen als eher dumme Geschöpfe beurteilen.Auch die frühen Darstellungen sind sich der Männlichkeit Christi gar nicht so sicher, denn häug wird er mit weiblichen Zügen als Ernährer dargestellt. Die langen Haare – siehe auch das Cover des Buches – sind uns sicherlich allen geläug.Als Beleg für die unumstössliche Männlichkeit Jesus’ wird spätestens seit dem Mittelalter immer wieder die in der Bibel genannte Beschneidung am 8. Tag nach der Geburt angeführt. Überhaupt ➔ Huldrych Zwingli (1484-1531) war, neben Jean Calvin, der für die Schweiz massgebliche Reforma-tor und in einigen Belangen nicht weniger konser-vativ als seine katholischen Kollegen.

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12KULTURCHRISTUS, EIN MANN?LITERATURTIPPAnselm Schubert: Christus (m/w/d). Eine Geschlechtergeschichte. Verlag C. H. Beck 2024.Preis CHF 46.90ISBN 978-3-406-82237-7habe man im Mittelalter, so Schubert, Chris-tus immer wieder «als Frau verstanden […], als gebärende und nährende Mutter, aus de-ren Brüsten die Menschen Milch, Weisheit oder Erlösung saugen und aus deren Uterus fromme Gläubige wiedergeboren» werden (Schubert, S. 104).Dazu passt auch die ese, dass die Wunden, die man am am Kreuze hängenden Jesus erkennen kann, als Sinnbild für die Va-gina stehen, «durch die Christus empfängt und gebiert» (Schubert, S. 113). Wird damit die Weiblichkeit zum Ausdruck gebracht, die man sich sonst nicht auszusprechen traut? Und haben die Männer eine verehrte Figur nur für sich beansprucht, weil sie nei-disch waren?Trennung von göttlicher und menschlicher Natur ChristiIn der Frühen Neuzeit wird das ema zu-mindest bei Zwingli beharrlich totge-schwiegen. Grund dafür ist die strikte Tren-nung des Reformators zwischen göttlicher und menschlicher Natur Christi. Vielleicht war ihm die Vorstellung von Christus als Frau aber auch einfach unheimlich, denn wie wir wissen, waren die Reformatoren bei allem Fortschritt doch ganz tief im (konser-vativen) Denken ihrer Zeit verwurzelt. Da wollte man doch nicht an allem rühren, So kennen ihn die meisten: Der gemarterte Jesus am Kreuz. Was, wenn dort eine Frau hängen würde?Vielleicht war ihm die Vorstel-lung von Christus als Frau aber auch einfach unheimlich ...wenn man schon die Kirchenspaltung vor-antrieb.Was sicherlich alle Zeiten und Epo-chen in der Frage nach dem Geschlecht Christus vereint, ist die Zwiespältigkeit, mit der dieser auftritt und agiert. Neben dem klaren Attribut, eine Führergur gewesen zu sein, stehen solche seiner «weichen» Sei-te, auf der sich Verzweiung, aber auch so etwas wie Fürsorge zeigen. Schlussendlich ist es dann wohl so, dass Jesus – wenn man dessen Existenz als gegeben annimmt - ein Mensch wie alle an-deren war, dessen Charakter aus vielen Fa-cetten bestand und der nicht eine Klischee- gur war, zu der er später häug gemacht wurde. Er war das, was wir in der Literatur einen gebrochenen Charakter nennen, je-mand, der Höhen und Tiefen durchmachte, der manchmal, aber eben nicht immer cool war. Und so darf man sicherlich fordern, dass die Jesus-am-Kreuze-Darstellungen ruhig einen Modernisierungsschub erfahren dür-fen, mit dem deutlich wird, dass es eigentlich völlig unerheblich ist, ob wir Christus als männlich, weiblich oder divers ansehen. Jesus mit der Regenbogenflagge – ein Symbol für Vielfalt und Inklusion, das historische Überlegun-gen mit einer modernen, queeren Perspektive ver-bindet und die provokative Frage stellt, ob Jesus eine Frau gewesen sein könnte.Media © Image generated using AI technology by OpenAI / Adobe Stock

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Geborgenheit: Die Wiederentdeckung der Daddy-Beziehung In unsicheren Zeiten erlebt der Daddy-Archetyp in der queeren Community eine Renaissance.GESELLSCHAFTDADDY-ARCHETYP 13VON HAYMO EMPLIn der Weihnachtszeit, die für viele von Nähe und Zugehörigkeit geprägt ist, wer-fen wir einen Blick auf eine besondere Beziehungsdynamik, die genau diese Werte widerspiegelt: den Daddy-Archetyp. Was einst missverstanden und kritisch beäugt wurde, entwickelt sich heute zu einem Mo-dell für tiefgehende, unterstützende Verbin-dungen – geprägt von Schutz, Fürsorge und persönlichem Wachstum. Vorhang auf für den «Daddy».Unsere Gesellschaft, die so oft von üchtigen Begegnungen und oberächli-chen Verbindungen bestimmt zu sein scheint, erlebt gegenwärtig eine bemerkens-werte Entwicklung. In der queeren Commu-nity vollzieht sich ein Comeback, das viele überrascht: Der Daddy-Archetyp, lange Zeit mit skeptischen Blicken bedacht und oft missverstanden, gewinnt neue Bedeutung und Tiefe. Diese Entwicklung spiegelt einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel wider und geht weit über einen blossen Trend hinaus.Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Soziologische Studien zeigen, dass sich die Akzeptanz von Beziehungen mit ➔ CRUISER DEZEMBER 2024Alter Mann - junger Mann: Erfahrung, Offenheit und Faszination. Das alles kann in einer Daddy-Beziehung enthalten sein.

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14grösserem Altersunterschied in der queeren Community in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat. Was zunächst als statistische Beobachtung erscheint, oen-bart bei näherem Hinsehen eine tiefgreifen-de gesellschaftliche Transformation. In ei-ner Welt wachsender Unsicherheiten suchen Menschen zunehmend nach Beziehungsfor-men, die sowohl emotionale Tiefe als auch persönliches Wachstum ermöglichen.Vom Papi zum DaddyDie Wurzeln dieser Entwicklung reichen tief in die Geschichte der queeren Community zurück. In den 1950er- und 60er-Jahren, als Homosexualität noch weitgehend tabuisiert und in vielen Ländern strafbar war, entwi-ckelte sich eine besondere Form der genera-tionenübergreifenden Solidarität. Ältere, etablierte schwule Männer übernahmen oft eine Schutzfunktion für jüngere Communi-ty-Mitglieder. Sie boten nicht nur praktische Unterstützung und sichere Räume, sondern auch emotionalen Halt und Orientierung in einer feindseligen Gesellschaft. Diese nicht sexualisierte Konstellation war üblich und oft wurden die älteren Männer dann auch «Papi» genannt. Diese frühe Phase prägte das Ver-ständnis des Daddy-Archetyps nachhaltig. Es ging nie nur um romantische oder sexuel-le Beziehungen, sondern immer auch um Mentoring, Schutz und die Weitergabe von Lebenserfahrung. Die Tradition der Fürsor-ge und Verantwortung sollte sich in den fol-genden Jahrzehnten als überlebenswichtig erweisen, besonders während der AIDS-Kri-se der 1980er-Jahre. In dieser Zeit der exis-tenziellen Bedrohung übernahmen ältere schwule Männer eine zentrale Rolle in der Bewältigung der Krise. Sie teilten nicht nur praktisches Wissen über Gesundheit und Prävention, sondern wurden zu echten Le-bensbegleitern. Sie standen jüngeren Män-nern bei, pegten Kranke und trauerten um Verstorbene.Diese historischen Erfahrungen prä-gen bis heute das psychologische Funda-ment von Daddy-Beziehungen. Was ober-ächlich betrachtet manchmal als simples Machtgefälle erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als komple-xe und heilsame Beziehungsdynamik. Der Daddy verkörpert dabei eine Form von Männlichkeit, die sich wohltuend von toxi-schen Mustern unterscheidet. Seine Autori-tät basiert nicht auf Dominanz und Kontrol-le, sondern auf emotionaler Intelligenz, authentischer Fürsorge und gelebter Ver-antwortung.Besonders Menschen mit schwierigen Bindungserfahrungen nden in dieser Be-ziehungsform oft die Möglichkeit, neue und korrigierende emotionale Erfahrungen zu machen. Die spezische Kombination von emotionaler Verfügbarkeit und lebenserfah-rener Stabilität schat einen sicheren Raum für Entwicklung und Heilung. Der jüngere Partner kann in diesem Rahmen neue Bin-dungserfahrungen machen und alte Verlet-zungen heilen, während der Daddy selbst durch diese Dynamik wächst und lernt, ei-gene starre Muster aufzugeben.Die Art, wie solche Beziehungen heute entstehen und gelebt werden, hat sich durch die Digitalisierung grundlegend gewandelt. Dating-Apps und soziale Medien haben nicht nur den Zugang zu potenziellen Part-nern revolutioniert, sondern auch zur Ent-stehung einer eigenen «Daddy-Kultur» bei-getragen. Interessanterweise führt die leichtere Zugänglichkeit dabei nicht zu einer Verachung. Im Gegenteil: Die Möglichkeit, gezielter nach bestimmten Beziehungsfor-men zu suchen, scheint das Bewusstsein für die emotionale Tiefe solcher Verbindungen sogar zu schärfen.Der Daddy & die konservative FamilieDie Anziehungskraft des Daddy-Archetyps überwindet dabei kulturelle Grenzen. In Gesellschaften, die traditionell grossen Wert auf Altersweisheit und generationen-CRUISER DEZEMBER 2024GESELLSCHAFTDADDY-ARCHETYP Die Unterstützung geht nicht immer nur vom Daddy aus. Im Alter kommt es früher oder später zu einem Rollentausch.Media © Image generated using AI technology by OpenAI

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15GESELLSCHAFTDADDY-ARCHETYP 1515CRUISER DEZEMBER 2024Der Daddy zeigt ihnen Perspek- tiven auf, die über die Grenzen des Herkunftslandes hinaus- gehen, und ermöglicht ihnen, in einer neuen, offeneren Welt Fuss zu fassen. übergreifende Beziehungen legen, ndet das Konzept oft besonderen Anklang. Für viele junge Männer, die aufgrund von konservativen oder problematischen Familienverhältnissen iehen oder sich ab-kapseln müssen, ist die Beziehung zu einem Daddy auch ein Weg, sich aus den Fesseln ihrer Vergangenheit zu befreien. Der Daddy zeigt ihnen Perspektiven auf, die über die Grenzen des Herkunftslandes hinausge-hen, und ermöglicht ihnen, in einer neuen, oeneren Welt Fuss zu fassen. Diese Art von Beziehung kann ein Aufbruch in eine selbstbestimmte Zukunft sein, die ohne den emotionalen Rückhalt eines erfahrenen Partners kaum möglich wäre.In vielen Kulturen des Nahen Ostens wird das Alter mit Respekt, Weisheit und so-zialem Status verbunden. Die familiären und gesellschaftlichen Strukturen in dieser Region sind traditionell stark hierarchisch aufgebaut, wobei älteren Personen eine be-sondere Wertschätzung entgegengebracht wird. Ältere Männer werden nicht nur als reif und erfahren angesehen, sondern ihnen wird oft eine Führungsrolle zugeschrieben, die mit Autorität, Verlässlichkeit und Integ-rität verbunden ist. Besonders der Begri «Sheik» ist hier sinnbildlich – er steht für ei-nen älteren Mann, der durch seine Lebens-erfahrung und sein Wissen eine Autoritäts-person darstellt, oft auch als spiritueller oder familiärer Führer. Der Sheik verkörpert Schutz, Ehre und Orientierung und dient in der Gemeinschaft als Vorbild und Mentor.In einer Daddy-Beziehung zwischen einem älteren westlichen Mann und einem jungen Mann aus dem Nahen Osten spielt diese kulturelle Prägung auf Alter und Res-pekt eine zentrale Rolle. Für den jungen Partner, der in einem Umfeld aufgewachsen ist, in dem Ältere als weise und respektable Autorität angesehen werden, bietet der Dad-dy eine bekannte Struktur.Der Daddy als moderner Sheik – Führung und Schutz in einer unsicheren WeltIm Kontext solcher Beziehungen fungiert der Daddy oft als eine Art moderner Sheik: Er gibt dem jungen Mann Orientierung, hilft ihm, sich in der westlichen Gesell-schaft zurechtzunden, und bietet einen sicheren Raum, in dem er seine Identität frei von den Erwartungen und Zwängen seines familiären Hintergrundes ausleben kann. Der Daddy stellt eine Art Brücke dar, die dem jungen Partner ermöglicht, ein Leben ausserhalb der strengen Regeln und Erwar-tungen seiner Herkunftsfamilie zu führen, ohne dabei ganz auf die Struktur und Ver-lässlichkeit verzichten zu müssen, die ihm kulturell vertraut ist.Viele junge Männer aus dem Nahen Os-ten, die aus religiösen oder instabilen Fami-lienverhältnissen stammen, empnden die Beziehung zu einem Daddy als Zuuchtsort. Besonders für junge Männer, die aus «kaputten» oder dysfunktionalen Familien-strukturen kommen, in denen emotionale Vernachlässigung oder instabile Verhältnis-se vorherrschen, ist die Beziehung zu einem Daddy eine Art Rettungsanker. Der Daddy wird zur festen Bezugsperson, die ihnen den Rückhalt gibt, den sie im familiären Umfeld vermissen.In einem solchen Kontext übernimmt der Daddy Funktionen, die weit über die ei-ner romantischen Beziehung hinausgehen: Er ist eine Stütze, eine Vertrauensperson und zugleich eine Art Lehrer. Der Daddy vermit-telt Lebenserfahrung und praktisches Wis-sen, das dem jungen Partner hilft, sich in einer für ihn neuen und herausfordernden Welt zurechtzunden. Diese Art von Struk-tur schat für den jungen Mann eine ge-wohnte Hierarchie, in der er sich nicht nur sicher, sondern auch geführt fühlt – wie es der Sheik in einer traditionellen Gemein-schaft tun würde.Während im Nahen Osten die Familie oft das Zentrum des sozialen Lebens dar-stellt, werden homosexuelle Beziehungen in vielen dieser Kulturen nicht akzeptiert, was für junge Männer eine grosse Belastung sein kann. Das Bedürfnis nach Liebe und Akzeptanz kollidiert mit dem sozialen Druck und der Angst vor Ausgrenzung und familiärem Zerfall. Diese Beziehungen bieten jungen Männern eine Art emotionales Zuhause, das sie in ihrer eigenen Kultur oft nicht n-den können. Der Daddy wird zum Anker Er ist eine Stütze, eine Ver- trauensperson und zugleich eine Art Lehrer.Der Klischee-Daddy im LGBT*-Kontext: Reife, Charisma und Fürsorglichkeit vereinen sich in einer Figur, die Erfahrung, Sicherheit und Anziehung ausstrahlt – ein Symbol für Stärke und Geborgenheit in der Community.

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CRUISER DEZEMBER 2024und bildet einen Zuuchtsort, an dem sich der junge Mann frei entfalten kann. Die symbolische Rolle des Daddys als eine Art moderner Sheik oder Respektsperson macht es möglich, dass der junge Mann sich auch fernab seiner Heimat in einer vertrauten Hi-erarchie aufgehoben fühlt. Die Beziehung zu einem Daddy bietet somit nicht nur Sta-bilität, sondern auch die Freiheit, seine Identität in einem sicheren Rahmen zu er-kunden und anzunehmen – eine Möglich-keit, die ihm im familiären Umfeld oft ver-wehrt bleibt.Diese Daddy-Beziehungen bieten so-mit jungen Männern aus dem Nahen Osten nicht nur eine Quelle emotionaler Stabilität, sondern auch einen Raum zur Selbstn-dung, frei von den Zwängen traditioneller Strukturen. Sie ermöglichen ein Leben zwi-schen zwei Welten, in dem Respekt, Schutz und persönliche Freiheit miteinander ver-bunden sind.Und wie ist das im Bett?Mit der Zeit entwickelt sich auch die körper-liche Intimität in bemerkenswerter Weise. Die anfängliche Phase ist oft von einer star-ken erotischen Dynamik geprägt, in der die Erfahrung und Selbstsicherheit des älteren Partners auf die Entdeckungsfreude und Energie des jüngeren trit. Was als klassi-sches Mentor-Schüler-Verhältnis beginnen mag, entwickelt sich zu einem subtilen Wechselspiel von Geben und Nehmen. Die Partner entwickeln eine tiefe Kenntnis der gegenseitigen Bedürfnisse und Vorlieben, die zu einer besonderen Form der Intimität führt.Bemerkenswert ist dabei die oft sehr oene Kommunikation über sexuelle Wün-sche und Grenzen. Der Altersunterschied macht es gewissermassen erforderlich, ex-pliziter über Bedürfnisse zu sprechen - eine Notwendigkeit, die sich als Segen erweist. Diese entwickelte Fähigkeit zur sexuellen Kommunikation trägt wesentlich zu der überdurchschnittlich hohen Zufriedenheit bei, die Studien in diesen Beziehungen im-mer wieder feststellen.Mit der Reifung der Beziehung zeigt sich ein weiterer, oft übersehener Aspekt: der positive Einuss auf das gesundheitliche Wohlbenden beider Partner. Die Lebenser-fahrung des älteren Partners, besonders in der queeren Community, wo viele die AIDS-Krise miterlebt haben, führt zu einem ge-schärften Gesundheitsbewusstsein. Dieses wird nicht durch Belehrungen weitergege-ben, sondern durch gelebtes Beispiel. Jünge-re Partner entwickeln so oft ein feineres Ge-spür für ihren Körper und die Bedeutung vorausschauender Gesundheitsfürsorge.Die emotionale Stabilität dieser Bezie-hungen wirkt dabei wie ein schützender Rahmen in einer oft hektischen Welt. Die verlässliche Präsenz des älteren Partners bietet einen sicheren Hafen, der nachweis-lich die psychische Widerstandskraft stärkt. Viele jüngere Partner berichten von einem wachsenden Selbstvertrauen und einer grös- seren emotionalen Ausgeglichenheit, die sie der bedingungslosen Akzeptanz durch ih-ren Daddy verdanken.Und was, wenn der Papi «alt» wird?Eine besondere Herausforderung tritt ein, wenn der ältere Partner pegebedürftig wird. Dieser Moment erfordert eine grundle-gende Neuausrichtung der Beziehungs- dynamik. Der Rollenwechsel vom umsorg-ten zum umsorgenden Partner stellt beide vor erhebliche emotionale und praktische Herausforderungen. Doch gerade in dieser Phase zeigt sich oft die wahre Stärke von Daddy-Beziehungen: ihre Fähigkeit zur Transformation und gegenseitigen Fürsorge. Der Altersunterschied, der anfangs vielleicht als Hürde erschien, wird zur Quelle gegen-seitiger Inspiration und Unterstützung.Diese Beziehungen sehen sich aller-dings auch mit gesellschaftlichen Vorurtei-len konfrontiert. Besonders in heteronor-mativen Kontexten werden sie oft auf nanzielle oder sexuelle Aspekte reduziert. Noch deutlicher zeigen sich diese Vorurteile bei interkulturellen Daddy-Beziehungen, wo verschiedene Formen der Diskriminie-rung zusammentreen können. Die For-schung zeichnet jedoch ein anderes Bild: Sie zeigt komplexe Beziehungsgefüge, die von gegenseitiger Förderung und Unterstüt-zung geprägt sind und weit über materielle Aspekte hinausgehen.Die verlässliche Präsenz des älte-ren Partners bietet einen sicheren Hafen, der nachweislich die psy-chische Widerstandskraft stärkt. Eine «Daddy»-Beziehung voller Vertrauen und Lachen: Ein Ausdruck von Verbundenheit und gegenseitigem Lernen, der für die Partner fruchtbar ist, aber oft vom Umfeld missverstanden wird.Media © Image generated using AI technology by OpenAI

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18CRUISER DEZEMBER 2024Media © Adobe StockCENTERFOLDFROHE FESTTAGE!wünscht dir frohe Festtage! WIr sehen uns 2025!cruiser

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Media © ShutterstockCRUISER DEZEMBER 2024Die monumentalen Skulpturen des «Tors aller Nationen» symbolisierte die Vielfalt und Macht des Reiches und beeindruckt bis heute.

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VON MOEL MAPHYDie altpersische Residenzstadt Perse-polis war eine der Hauptstädte des antiken Perserreichs unter den Achä-meniden und wurde 520 v. Chr. von Dareios I. im Süden des heutigen Irans in der Region Persis gegründet. Der Name «Persepolis» stammt aus dem Griechischen und bedeutet «Stadt der Perser». Soweit also die allseits be-liebte Wikipedia-Enzyklopädie. Guckt man sich die Ruinen an, sieht man eigentlich nicht viel mehr als Steine (wobei man ja von einer Ruine auch nichts anderes erwartet). Damals muss die Stätte aber ziemlich fantas-tisch ausgesehen haben. Denn Persepolis bestand aus über 14 Gebäuden und diese sind unter anderem von König Darius und 21SERIEHOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATURDer Schöne und das Biest Darius III war der stolze Perserkönig und baute sich mit Persepolis eine eigene Stadt. Zudem war er ein ausnehmend hübscher König. ANZEIGE11.03.2025 – X-TRA ZürichTickets: ticketcorner.ch | Info: gadget.chRZ_F39_Gadget_Loreen_Cruiser_Magazin_210x140.indd 1RZ_F39_Gadget_Loreen_Cruiser_Magazin_210x140.indd 1 04.11.24 17:0904.11.24 17:09seinen Nachfolgern Darius II und III errichtet worden. Die Geschichtsbücher wissen wei-ter, dass die die Palaststadt 330 v. Chr. durch Alexander den Grossen zerstört wurde. Nur, warum er das getan hat … darüber munkelt man noch heute und es gibt verschiedene Er-klärungsversuche. Im Iran scheint aber ziemlich klar, was der Grund war. ➔

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Darius III war ein äusserst attraktiver KönigDarius III war – so viel weiss man – ein äus- serst gut aussehender König. Alexander we-niger. Dafür enorm mächtig und – auch das ist bekannt – mehr oder weniger oen schwul. Im heutigen Iran geht die abge-kürzte Version der ganzen (wirklich epi-schen Geschichte) rund um Persepolis in etwa so: Darius III und Alexander waren für kurze Zeit ein Paar, Darius III hatte zudem denitiv die tolleren Outts und den besse-ren Look als Alexander. Darius III verliess hübscher König, sondern auch ein netter. Denn: Auf den Tontäfelchen steht klar ge-schrieben, dass Persepolis nicht durch Skla-ven erbaut worden ist. Viele der Inschriften enthalten nämlich Notizen über Essensrati-onen und Vergütungen der Arbeiter, welche aus dem ganzen Land extra für dieses Rie-senprojekt nach Persepolis bestellt worden waren. Und bestimmt durfte der eine oder andere Arbeiter auch in Darius III Gemach (oder Gemächte?) übernachten.Darius III war nicht nur ein Herrscher mit Stil, sondern auch einer, der oenbar Wert auf Menschlichkeit legte – zumindest gemäss den Tontäfelchen. Diese verraten, dass Persepolis nicht von Sklaven gebaut wurde, sondern von Arbeitern, die fair ent-lohnt und mit Essensrationen versorgt wur-den. Altpersische Buchhaltung par excel-lence. Es scheint fast, als hätte Darius mit diesem gigantischen Projekt nicht nur ein Auf den Tontäfelchen steht klar geschrieben, dass Persepolis nicht durch Sklaven erbaut wor-den ist. Persepolis war die zeremonielle Hauptstadt des Achämenidenreiches Reiches und gehört zum UNESCO-Welterbe.Alexander, dieser war sauer und fackelte Persepolis aus Rache kurzerhand ab. Darius III war auch ein netter KönigWikipedia stellt fest: «Ein Gutes hat der Brand bewirkt: Durch das Feuer wurden etwa 30’000 Tontafeln gehärtet und blieben über 2500 Jahre bestens erhalten. So kön-nen heutige Archäologen viele Details nachlesen, bis hin zur Buchhaltung der Stadtverwaltung. Von der Liebesbeziehung steht allerdings nichts auf diesen Täfel-chen.» Immerhin. Darius war nicht nur ein Media © WikipediaANZEIGESchreinerstrasse 44 | 8004 Zürich | Telefon 044 291 39 90 | www.haargenau.chDeine fabelhafte LGBT*-friendly Hairstylistin freut sich auf deinen Besuch.

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23HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATURMehr oder weniger versteckt findet sich das Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, der Politik, in antiken Sagen und traditionellen Märchen – in der Literatur ganz allgemein – immer wieder. «Cruiser» greift einzelne Beispie-le heraus, würzt sie mit etwas Fantasie, stellt sie in zeitgenössische Zusammenhänge und wünscht bei der Lektüre viel Spass – und hie und da auch neue oder zumindest aufgefrischte Erkenntnisse. Für diese Folge düsten wir in den Iran und guckten mal, wie das mit Persepolis war.architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein Modell für Organisation und Fair-ness hinterlassen.Glanz, Liebe und verletzter StolzDoch Persepolis war weit mehr als nur ein Bauprojekt. Die Palaststadt war ein Symbol für die Macht und den Reichtum des Perser-reichs. Die Reliefs zeigen Tribute aus den entlegensten Winkeln des Reichs und las-sen die kulturelle Vielfalt und den Prunk erahnen, die diesen Ort einst prägten. Dari-us selbst, bekannt für seine Eleganz und sei-nen Sinn für Mode, soll dabei stets makellos aufgetreten sein. Das wiederum könnte Ale-xander den Grossen gewurmt haben – ein Mann, der zwar mächtig war, aber im Stil-vergleich mit Darius vermutlich keine Chance hatte.Die iranischen Legenden malen ein dramatisches Bild: Darius und Alexander sollen eine Aäre gehabt haben. Als Darius Alexander verliess, sei dieser aus verletztem Stolz so wütend gewesen, dass er Persepolis niederbrannte. Ob aus verschmähter Liebe, verletztem Ego oder strategischen Gründen – die Zerstörung bleibt eines der grossen Mysterien der Geschichte.Eine Ruine voller GeschichtenHeute ist Persepolis ein Ruinenfeld, das His-toriker wie Besucher aus aller Welt faszi-niert. Die verbliebenen Reliefs, Säulen und sogar die Tontäfelchen erzählen von einer Blütezeit, in der Kunst, Kultur und Macht auf beeindruckende Weise verschmolzen. Und während die Historiker über die Details streiten, bleibt eines klar: Persepolis ist nicht nur ein Monument der Vergangenheit, son-dern auch ein Sinnbild für die Höhen und Tiefen menschlicher Ambitionen – mit einer Prise Drama, das uns bis heute begeistert. ANZEIGETHE ROOMNEXT DOORNach dem Roman „Was fehlt Dir“ von Sigrid NunezEIN FILM VON ALMODÓVAR★ ★ ★ ★EVENING STANDARD★ ★ ★ ★THE GUARDIAN★ ★ ★ ★BBC NEWS ONLINE★ ★ ★ ★DAILY MAIL★ ★ ★ ★THE TIMES„WUNDERSCHÖN“ THE GUARDIAN„UMWERFEND“ BBC CULTURE„ZUTIEFST BEWEGEND“ THE TIMESWith financing from:

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24KOLUMNEMARIANNE WEISSBERGCRUISER DEZEMBER 2024Autorin Marianne Weissberg zelebriert Weihnukka und das total entspannt. Diese Feiertage ächt auch?Endlich fluides Feiern: Happy Weihnukka!VON MARIANNE WEISSBERG Endlich wieder Frau Weissbergs weise Worte zu den Festlichkeiten, heuer mit einem bösen Schlusswort. Doch erst mal wird’s idyllisch: Es ist wie alle Jahre wieder Weihnachtszeit. Und jedesmal bin ich verblüt, dass meine christlichen Be-kannten in einen Adventstaumel fallen, der sie nicht etwa erfreut, sondern völlig fertig macht. Ich selbst muss in der schönsten Zeit des Jahres nicht total hysterisch werden, ich feiere in aller Ruhe das achttägige, jüdische Lichterfest Chanukka. Das ist zeitlich mo-bil, dieses Jahr fällt es oh Wunder genau in die Weihnachtszeit. Chanukka, wasndas? Okay, ein wenig Wissen muss sein, ich bin schliesslich Historikerin. Chanukka, das Lichterfest, hat folgenden Hintergrund: 165 v. Christus lehnte sich ein gutaussehender Jude, namens Judas Makkabäus, gegen die damalige Herrschaft Griechenlands auf. Das noch vorhandene, geweihte Öl konnte den Tempel, wo man sich verschanzt hatte, unmöglich länger als einen Tag lang er-leuchten. Wunderbarerweise reichte das bizli ÖL acht Tage lang und so sass man nicht im Dunkeln (zumal noch ohne Net- ix!). Wer‘s glaubt, wird selig oder feiert eben fröhlich Chanukka, zündet die Kerzen am Chanukka-Leuchter an – jeden Tag eine neue, bis nach einer Woche der Leuchter komplett die Kinderaugen erleuchtet – und verteilt Geschenke an die liebe Familie, sprich Mischpoche. So geschah es auch in meinen Kinderta-gen, da rannten meine Eltern im Dezember durch die Stadt, um Stotiere und Feuerwehr-autos zu kaufen. Wir Kinder wurden derweil zur Heimarbeit zu Gunsten von Tanten und Onkels verdonnert. In grässlicher Erinnerung sind mir jene zig Kleiderbügel, die im Akkord in türkisfarbene Filzverkleidungen gehüllt und mit wunden Fingerbeeren zugestichelt werden mussten. Auch sollten wir schon sommers Schmetterlinge jagen, sie mit Äther umbrin-gen, sie pressen und hübsch hinter Glas-rähmchen legen. Jetzt wissen Sie, wer die Schmetterlinge ausgerottet hat. Die Jüd*in-nen, sprich die Weissberg-Family! Tante Gustl und die EnteDas Schönste an unserer Chanukka-Feier war natürlich das Essen, es duftete schon Tage zuvor durchs ganze Haus, knoblauchig nach der damit eingeriebenen Gans, süss-lich nach Rotkraut und Apfelmus, zwieblig nach Zibbeles (gehackter Leber), die Hüh-nersuppendämpfe waberten aus der Küche. Veganismus? Total unbekannt! Wir Kinder schlichen uns in die Küche, um irgendwo unsere Finger hineinzubohren oder gleich einen ganzen Mazzeknödel zu mopsen und Völlerei geht bei Frau Weissberg immer. Diese hier for Kids only.«Wir Kinder schlichen uns in die Küche, um irgendwo unsere Finger hineinzubohren oder gleich einen ganzen Mazze- knödel zu mopsen und wurden schimpfend verjagt.»Media © zVg

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25SERIEHOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATURKOLUMNEMARIANNE WEISSBERGCRUISER DEZEMBER 2024wurden schimpfend verjagt. Am Chanukka-Abend sangen wir vielstimmig falsch das Chanukka-Lied. Die erste Strophe ging eini-germassen, weil meine Eltern zeredderte Kopien des Textes verteilten. Dann war nie-mand mehr zu halten, denn nun wurde ge-tafelt, Höhepunkt war jedes Jahr unsere Lieblingstante Gustl, die jauchzend den To-ches, also das fettige Gänsehinterteil, ver-speiste, während wir ihr ehrfürchtig zusa-hen. Einmal entammte der hölzerne Flambiertisch, auf dem mein Vater jedes Jahr eine Kupferpfanne mit viel zu viel Schnaps in Brand setzte. Wir trugen die lo-dernde Bescherung in den Garten. Leider reichte es nicht zum Rufen der Feuerwehr. Wobei, das hätten wir womöglich unterlas-sen, denn wir waren überassimiliert, nie-mand sollte wissen, dass wir ojwei, jüdisch, waren. So feierten meine Eltern während meiner ersten Kinderjahre bloss Weihnach-ten, bis wir den Fake aufdeckten und droh-te, sie sofort zu kreuzigen, falls nicht sofort Chanukka eingeführt würde. Doch wenn die Kindertage vorbei sind, der eigene Nachwuchs ügge gewor-den ist, wird man Chanukka sowieso etwas wehmütig ad acta legen. Und schielt zuneh-mend neidisch auf Weihnachten, überlegt, wie man sich auch als Ungläubige diskret einklinken könnte. Immerhin hatte man ja reichlich Zeit, zu beobachten, wie sich die Anderen durch ihre schönste Zeit des Jahres managen. Stichwort Präsente! Wer zu Weih-nachten was wem schenkt, ist oenbar eine elementare Frage. Etwa in der Familie mei-nes Goj-Friends, den ich nicht zuletzt ver-liess, weil die Weihnachtsfeste so steif ablie-fen, die Kinder statt Bücher Barbies bekamen und das Essen grottenschlecht war. Solche Geschmacksverstauchung kann eine inter-religiöse Beziehung sehr schnell zerstören. Überlebenswichtig ist oenbar auch, wer an Weihnachten wohin eingeladen wird und wer nicht. Nun schreibt man depressive Ten-denzen ja stets unseren Leuten, zu. Das ist richtig, doch an Weihnachten sind die Ande-ren diesbezüglich nicht zu toppen. Sie sind deprimiert, wenn sie wo eingeladen werden, weil sie nicht dorthin gehen wollen, und wenn sie nicht eingeladen wurden, leiden sie noch viel mehr und geniessen das nicht einmal. Sie fürchten sich auch vor Familien-krächen am Heiligen Abend. Mutter heult, Vater droht, die Kinder kreischenSolch langweiligen Devisen gibt es bei uns nicht. Man wäre gerne auch mal solo, weil die Mischpoche, die immer und in alles dreinredet, eine nervige Angelegenheit ist. Und an jüdischen Festen gilt Streit und Ge-schrei und Tränen als NORMAL, vor allem bezüglich des Essens: Warum ist die Gans so zäh? Omama droht den Metzger zu ermor-den. Wieso machte die Mamme die Mazze-knödel so hart wie Golfbälle? Mutter heult, Vater droht, die Kinder kreischen, die ledi-gen Tanten nörgeln, Kuppelversuche, den seltsamerweise noch ledigen (gegenüber der schrecklichen Familie ungeouteten schwu-len) Neen an die extra eingeladene hoch-blonde Schickse zu bringen, schlagen pein-lich ins Leere, aber all das ist kein Drama, niemand MUSS ja andere lieben. Wär ja schön meschugge! Natürlich werde ich auch dieses Jahr von den Anderen dauernd mitfühlend ge-fragt, was ich denn an Weihnachten so ma-che? Früher ging das bei meinen Schul-freundinnen so. Die: Was machst du an Weihnachten? Ich: Wir feiern dänk Chanuk-ka. Sie: Ja schon, aber was macht ihr also an Weihnachten? Ich gab klein bei und spielte in den Krippenspielen stolz den Engel im weissen, gestärkten Nachthemd und mit Watteügeln, durfte genau wie meine Freundinnen falsch blocköten, also war ich irgendwie auch dabei. Oder doch nicht? Denn beim Hauptpersonal an der Krippe durfte ich nie mitmischen. Soo gemein. Dar-unter leide ich immer noch. Fertig mit Jam-mern, denn gottlob sind wir ja alle mittler-weile klüger und exibler geworden, nicht nur in Geschlechterbelangen, und in Ameri-ka, in denen sich die Ethnien längst gemixt haben, feiert man schon lange ungeniert re-ligionsuides Chrismukka. So haben ja alle etwas davon: Tanne & Leuchter. Doppelte Geschenkeberge. Dramatik & Depressio-nen. Gans & Turkey. In diesem Sinne wün-sche ich: Ihnen allen ein fröhliches Weih-nukka – und natürlich ein gesundes 2025!STOPP: Das war der herzige Teil. Aber jetzt mal Tacheles! Ich feiere dieses Jahr kein fröhliches, jüdisches Chanukka während Is-rael im Namen pervers-patriarchaler Religi-onsthesen Völkermord an den Menschen rundherum begeht. Das ist nicht mein Land! Ausserdem zünd ich keine Oh-du-liebes-Je-sulein-Christbaumkerzli an, wenn in den USA der irre Fundi-Bible-Belt längst legal Amok läuft und alle verfolgt, die noch ein paar Hirnzellen haben. Leider kann ich nicht auf den Islam ausweichen, siehe Afghanis-tan & Co. Und äh, der creepy Dalai Lama als Ausweich-Anbetungsobjekt, nein danke. Also wird’s diesmal zähneknirschend sehr unfestlich im Hause Weissberg. Seufz. (Also gut, Völlerei geht immer ...) So turbulent sieht Weihnukka bei Frau Weissberg aus. MARIANNE WEISSBERGwohnt in Zürich, ist Buchautorin und Kolumnis-tin. Besuchen Sie sie auf ihrer geschmackvollen Website: www.marianneweissberg.ch «Sie sind deprimiert, wenn sie wo eingeladen werden, weil sie nicht dorthin gehen wollen, und wenn sie nicht eingeladen wurden, leiden sie noch viel mehr und geniessen das nicht einmal.»

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26THEATER-TIPPDIVERS ALTERNCRUISER DEZEMBER 2024«CARING COMMUNITIES» Die Premiere dieses aussergewöhnlichen Projekts findet am 17. Dezember 2024 im Kulturmarkt Zürich statt. Bis zum 21. Dezember haben Interessierte die Möglichkeit, täglich um 20 Uhr Teil dieser besonderen Community-Erfahrung zu werden.VON MOEL MAPHYWas entsteht, wenn sich zwei innova-tive Zürcher Organisationen zu-sammentun, um über das Altern nachzudenken? Eine aussergewöhnliche eaterproduktion, die weit mehr ist als nur eine Auührung. Das Senior Lab Zürich und queerAltern Zürich präsentieren unter der visionären Regie von Ron Rosenberg ihr Werk «Caring Communities oder wie wir ge-meinsam grasen» – eine berührende Explo-ration dessen, was es bedeutet, gemeinsam zu altern und füreinander da zu sein.In einer Zeit, in der der Klimawandel die Zukunft prägt und traditionelle Famili-enstrukturen sich auösen, stellen sich be-sonders queere Menschen die Frage: Wie wollen und können wir im Alter leben? Die Antwort, die diese Produktion vorschlägt, ist ebenso einfach wie revolutionär: gemein-sam, wie eine Herde auf einer blühenden Wiese. Diese naturverbundene Metapher des «gemeinsamen Grasens» wird zum Leit-motiv einer Performance, die tief in die Her-zen ihrer Zuschauer*innen dringt.Wenn Diversität auf Nachhaltigkeit trifftSechzehn Senior*innen laden ein, Teil ihrer persönlichen Reise zu werden. Mit einer be-eindruckenden Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, Leichtigkeit und Tiefgang teilen sie ihre intimsten Gedanken über das Älterwerden. Sie sprechen über Ängste und Honungen, über Hürden und unerwartete Freuden. Dabei entsteht ein facettenreiches Bild dessen, was eine «Caring Community» – eine sorgende Gemeinschaft – sein kann: ein Ort, an dem Diversität nicht nur akzep-tiert, sondern als Bereicherung gefeiert wird.Die Produktion greift dabei auf etwas zurück, das in der queeren Community seit jeher gelebt wird: die Kunst, alternative Fa-milienstrukturen und Unterstützungsnetz-werke aufzubauen. Diese jahrzehntelange Erfahrung wird nun auf die Herausforderun-gen des Alterns übertragen und neu inter-pretiert. Das Resultat ist ein bewegendes Plä-doyer für ein Miteinander, das niemanden zurücklässt und die Natur als Vorbild für ge-sellschaftlichen Zusammenhalt begreift.«Caring Communities» ist dabei mehr als nur eater – es ist ein lebendiges Experi-ment, eine Einladung zum Mitdenken und Mitfühlen. «Caring Communities» – Diverses Altern im (Klima)wandel der ZeitEin neues Theaterstück erkundet, wie Menschen mit unterschiedlichem Back-ground in Zeiten der Klimakrise selbstbestimmt altern können.Senior*innen des Senior Lab Zürich und queerAltern Zürich zeigen in «Caring Communities», wie Diversität und Zusammenhalt das Älterwerden bereichern.Media © zVg

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Kylie Minogue bringt ihre spektakuläre «Tension Tour» am 6. Juli 2025 ins Zürcher Hallenstadion – ein Konzert, das man auf keinen Fall verpassen sollte. Kylie Minogue live in Zürich: Die Pop-Queen kehrt zurück!CRUISER DEZEMBER 2024EMPFEHLUNG VON TEAM CRUISERDie Spannung steigt, und das nicht nur bei Kylie Minogue-Fans! Die australische Pop-Ikone hat mit ihrer brandneuen «Tension Tour» eine Rückkehr auf die grossen Bühnen ange-kündigt, und Zürich steht auf dem Tourplan: Am 6. Juli 2025 wird Kylie das Hallenstadion mit ihren grössten Hits und neuen Songs aus ihrem aktuellen Bestseller-Hit-Album «Tension II» zum Beben brin-gen. Der Vorverkauf läuft bereits, also sichert euch besser schnell die Tickets!Nach ihren Stationen in Australien, Asien und Nordamerika wird Kylie im Sommer 2025 durch Europa touren – und Zürich wird Teil dieser spektakulären Pop-Odyssee sein. Für die Fans ein echtes Highlight: Das ist Kylies grösste Tour seit über zehn Jahren, und sie kommt in Begleitung neuer Tracks, die sie selbst als ihre bisher ener-getischsten beschreibt. In ihrer typischen unverblümten Art kündigt sie an: «Macht euch bereit für eure Nahaufnahme, denn ich werde ‹Licht, Kamera, Action› rufen ... und es wird eine Menge ‹Padaming› geben!» Die Message ist klar: Diese Tour wird vor Kylie-Vibes und ma-gischen Momenten nur so sprühen.Und das nicht nur musikalisch – Kylies neues Album «Tension II» zeigt einmal mehr, warum sie unangefochten auf dem ron der Danceoor-Hymnen sitzt. Mit Songs wie «Lights Camera Action» und «Edge of Saturday Night» bietet das Album genau das, was Kylie-Fans lieben: Tracks, die direkt unter die Haut gehen und zum Tanzen ein-laden. Kylie hat sich 2024 den Global Icon Award bei den BRITs ge-schnappt, einen Grammy für den Smash-Hit «Padam Padam» ge-wonnen und Headliner-Performances hingelegt, die von Kritikern als «glorreiche Feier der Pop-Perfektion» gefeiert wurden. Mit einer halben Milliarde Streams und weltweit über 500.000 verkauften Ein-heiten ihres Albums «Tension» hat sie erneut bewiesen, warum ihr Platz auf dem Pop-ron nicht angetastet wird.Für alle, die Kylie in Bestform erleben möchten, ist das Kon-zert im Hallenstadion die Gelegenheit des Jahres. Also, liebe Crui-ser Leser*innen: Lasst euch diesen Abend nicht entgehen und seid bereit, wenn Kylie die Bühne rockt und Zürich in eine einzige, pul-sierende Tanzäche verwandelt. Tickets gibt es noch, trotzdem soll-te man sich beeilen – dieser Abend verspricht, unvergesslich zu werden. KYLIE MINOGUE – TENSION TOUR 2025Show-Datum: Sonntag, 6. Juli 2025, 20 UhrOrt: Hallenstadion ZürichTickets auf www.ticketcorner.ch KONZERT-TIPPKYLIE IN ZÜRICH!27

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28EVENT-TIPPROCKY HORROR SHOW CRUISER DEZEMBER 2024The Rocky Horror Show kehrt ins Theater St. Gallen zurück – ein Abend voller Kult, Rock und interaktivem Bühnenspass – mit Starbesetzung.St. Gallen wird zur Bühne für TheRocky Horror Show EMPFEHLUNG VON TEAM CRUISERIn einer stürmischen Novembernacht sucht das brave und frisch verlobte Paar Brad und Janet nach einer Autopanne Unterschlupf in einem düsteren Schloss. Der unheimliche Diener Ri-Ra und das seltsame Hausmädchen Magenta önen ihnen die Tür. Der ex-zentrische und freizügig gekleidete Herr des Hauses, der Ausserirdi-sche Dr. Frank N. Furter, ist hocherfreut über den Besuch und führt die beiden in sein Labor. Dort stellt er ihnen seine neueste «Kreati-on» vor, Rocky, ein von ihm nach eigenen Idealvorstellungen aus der Retorte erschaenes Menschenwesen. Das Chaos nimmt seinen Lauf und die schillernden Bewohner*innen des Schlosses begleiten Janet und Brad auf einen einzigartigen, genussvollen und atem- beraubenden Trip des Grauens. Spannend: «Unser» Michi von der Heide spielt den unheimlichen Diener Ri-Ra und singt ergo auch den Hit «Time Wrap» (und viele andere Knaller-Songs).Uraufgeführt 1973 im Londoner West End, gehört e Rocky Horror Show zu den Erfolgsmusicals schlechthin. Als Antwort auf überkommene Moralvorstellungen der 1960er Jahre gründet sein Kultstatus nicht nur auf eingängigen Rock’n’Roll-Songs wie «Time Warp» oder «Sweet Transvestite», sondern auch auf der traditionel-len Interaktion zwischen Publikum und Bühne. Nun kehrt e Ro-cky Horror Show nach längerer Abwesenheit zurück ans eater St. Gallen – und auch dieses Mal ist das Publikum eingeladen, mitzu-machen. Konfetti, Wasserspritzpistolen und was es sonst noch dafür braucht, erhalten die Besucher*innen an der eaterkasse.Alle sind eingeladen, sich der Party anzuschliessen. Ob in Strapsen, Anzug und Krawatte oder einfach leger im T-Shirt: Es darf mitgejubelt, gejohlt und gebuht werden! THE ROCKY HORROR SHOWMusical von Richard O’BrienNoch bis am 16. Februar 2025 im Theater St.Gallen Tickets auf www.konzertundtheater.ch

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29KULTURBUCHTIPPCRUISER DEZEMBER 2024VON BIRGIT KAWOHLWir schreiben das Jahr 1994, AIDS ist noch nicht besiegt, die Oenheit gegenüber Schwulen hält sich in Grenzen und Grindr ist auch noch keine Option. In dieser Zeit lebt der 43-jährige Professor für Kunstgeschichte Don Lamb im Peterhouse College in Cambridge. Seine Unterrichtsverpichtungen sind ihm eine elende Picht, den sein ganzes Denken gilt seinem grossen Projekt: Er schreibt an einer wissenschaftlichen Arbeit über die ver-schiedenen Erscheinungsformen des Him-mels (in all seiner Bläue) in den Fresken des Renaissance-Malers Giovanni Battista Tie-polo. Man gewinnt beim Lesen trotzt seines für einen Professor noch jungen Alters schnell den Eindruck eines verschrobenen Akademikers von ihm. Sein beschauliches und gleichförmiges Leben in Cambridge wird allerdings durch eine – in seinen Augen – verabscheuungswürdige Kunstinstallation mit dem Titel «LOTTERBETT» gewaltig er-schüttert und man kann mit Fug und Recht sagen, dass diese Installation der Anfang vom Ende seines (akademischen) Lebens ist. Lamb löst mit unvorsichtigen in der Öentlichkeit geäusserten Kritikpunkten einen Skandal aus, der ihn dazu zwingt, sei-ne Idylle, seine Heimat und seine Komfort-zone zu verlassen. Zum Glück kann er sich auf seinen langjährigen Freund Val verlas-sen, der ihn seinerzeit als jungen Studenten entdeckt und gefördert hat. Nun verschat ihm Val eine neue Stelle in London, lässt ihn dort ihn seinem Haus wohnen und bietet Don damit einen Neubeginn.Nur dass Don zu diesem Zeitpunkt ei-gentlich alles andere als eine Veränderung seines Lebens will. Er hat sich eingerichtet in seiner Arbeit, aber auch in seinen fehlen-den sozialen Kompetenzen und erst recht in seinem überhaupt nicht vorhandenen Sex- und Liebesleben. Man könnte sogar sagen, er leugnet seine Sexualität, denn Don ist schwul und das war 1994 längst noch kein Fall für ein schulterzuckendes «So what?», noch wurden Schwule mindestens skep-tisch beäugelt, wenn nicht sogar ausge-grenzt und gemobbt. Er hat seine Sexualität über all die Jahre so konsequent verleugnet, dass ihm diese auch in seinem Umfeld nicht aufgefallen ist.Nach einem weiteren Skandal muss Don allerdings der Realität ins Auge sehen und lässt sich auf eine – wie er es selbst nennt - «notwendige Rekalibrierung» ein. Ein Önen der Augen, dass eklatante Folgen hat, wie James Cahill in seinem Ro-man brillant beschreibt. Man ist als Leser*in von Anfang an von Don vereinnahmt, auch wenn diese Vereinnahmung nicht immer positiv ist. Wie oft möchte man einschreiten, «Halt!» brüllen und Don in die reale Welt bugsieren, deren Kenntnis dem Intellektuel-len so fremd ist. Andererseits hat man das Gefühl, einem Kind auf den rechten Weg helfen zu müssen, so ungeschickt und zu-gleich liebenswert agiert dieser Mann mitt-leren Alters. BUCHTIPPJames Cahill: Tiepolo Blau. Albino Verlag 2024.Preis CHF 41.90ISBN 987-3-86300-378-4Er hat seine Sexualität über all die Jahre so konsequent ver-leugnet, dass ihm diese auch in seinem Umfeld nicht aufge- fallen ist.Ein alternder Professor in Cambridge, der seit Jahren behütet unter den Fittichen seines Doktorvaters lebt, bis sich seine Welt plötzlich zu drehen beginnt.Jahre der SelbstverleugnungBuchtippDezemberEin Roman, der sich für die Tage un-term Weihnachtsbaum oder unter Südsee-palmen bestens eignet.

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3030KOLUMNEMICHI RÜEGGCRUISER DEZEMBER 202410CRUISER DEZEMBER 2019KOLUMNEMICHI RÜEGGDoch lieber Festtage als FisttageMichi Rüegg hat ein Weihnachtstrauma. Doch er hat eine Methode gefunden, mithilfe welcher er die Festtage ohne Nervenzusammenbruch übersteht.VON MICHI RÜEGGMeine Oma sei mal eine gute Köchin gewesen, hiess es. Tatsächlich konnte man ihr handwerklich grundsätzlich nichts vorwerfen. Aber Oma war zur Königin des Unterwürzens empor-gestiegen. So etwas wie Salz suchte man in ihren Speisen vergeblich. Und der Rest des Gewürzschranks war ob ihrer Unlust zum Abschmecken nach und nach verkümmert. Grund für die Absenz von Salz war meine Tante, die Diabetes hatte. Und Salz war Gift für jemanden, der daran erkrankt sei, wurde uns eingebläut. Und so würgten wir den Karto elstock halt ohne Salz herun-ter. Meine Mutter kompensierte jeweils das sonntägliche Abendessen bei Oma, indem sie den Rest der Woche zu viel Aromat an ihre Salatsauce machte. Damals ass man den Salat noch am Ende einer Mahlzeit. Wa-rum, kann niemand schlüssig sagen. Ir-gendwann wendete sich das Blatt und der Salat kam am Anfang. Das war verträgli-cher, wenn auch nicht spannender. Es war ja nur Salat. Ausser vielleicht an Weihnachten, dann war er etwas üppiger.Das war jeweils einer der schlimmeren Abende bei Oma: Heiligabend. Jede Familie pfl e gt ihren partikularen Stil beim Christ-baumschmücken. Mein eigener hatte sich über die Jahre ein gutes Stück von demjeni-gen meiner Eltern weiterentwickelt. Als ich, damals in einer nicht länger bestehenden Partnerschaft mit einem leicht exaltierten Mann desselben Sternzeichens (Widder), meinen ersten eigenen Baum aufstellte, ent-schieden wir uns für Silber und Gold als Grundfarben. Danach hatten wir jedes Jahr eine zusätzliche Gastfarbe. Respektive ein-mal, weil danach die Beziehung zu Ende war. Seit eine Bengalkatze bei mir in der Wohnung lebt, liegt der Christbaum-schmuck im Keller. Bengalkatzen und Kris-tallkugeln vertragen sich nicht besonders gut, wobei meine Katze felsenfest, wenn auch nicht sonderlich glaubhaft, behauptet, es sei dies die Schuld der Kristallkugeln.Jedenfalls gehen gewisse Dinge am Weihnachtsbaum gar nicht. Zum Beispiel Äpfel. Wer konnte auf die dumme Idee kom-men, Fallobst von Rosengewächsen an Nadelbäume zu hängen? Das ist so krank wie diese Typen, die Ziegenhörner auf ausgestopfte Eichhörnchen kleben. Was ebenfalls nicht geht, ist selbst gemachter Baumschmuck aus Stroh und dergleichen. Und grauenvoll sind diese Christbaum-kugeln, die aussehen, als hätte jemand ein Stück davon abgebissen. So eine Art Todes-stern, mit dem grossen Parabolspiegel für die Laserbündel. Omas liiieben EngelshaarWas auch nicht geht, sind diese silbernen Fäden, die man Engelshaar nennt. Nur schon dieser Name. Da stellt man sich doch gleich vor, wie sich ein paar fette Engel im Himmel die Beine epilieren. Und die Haare fallen auf die Erde hernieder, wo die Leute sie an Bäume hängen. Ein weiteres Problem des Engelshaars ist seine optische Nähe zur Trauerweide. Nein, Engelshaar an Weih-nachtsbäumen sieht fast immer Kacke aus. Im Gegensatz zu dezent angebrachtem La-metta von guter Qualität. Früher war mehr Lametta, wissen wir schon seit Loriot.Wir – die Bildredaktion – sagen jetzt einfach mal: Der mit dem Rauschebart ist Michi Rüegg. Michi scheint auf jeden Fall zu wissen, wie man Weihnachten feiert.«Was auch nicht geht, sind diese silbernen Fäden, die man Engelshaar nennt. Da stellt man sich doch gleich vor, wie sich ein paar fette Engel im Himmel die Beine epilieren.»Michis Weg aus dem FesttagswahnsinnMedia © Adobe Stock

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CRUISER DEZEMBER 202411KOLUMNEMICHI RÜEGGUnd der heisst: Ich habe ein leichtes bis mittleres Familienweihnachtstrauma. Ich verbinde das eigentliche Fest nicht mit hollywoodesk glitzernden Kindheitserin-nerungen. Sondern mit Abenden, an denen ich mich am liebsten in Luft aufgelöst hätte. Was nicht ging, denn die Luft war schon sti-ckig genug – Oma litt unter mittelschweren Darmproblemen. Ich hätte mich lediglich vom Esstisch erheben und auf die Couch setzen können. Aber die war das Reich der missratenen Promenandenmischung, die Oma und Opa einst im Tierheim gefunden hatten. Oma hatte ein gutes Händchen für psychisch labile Hunde. Und Zita, wie das Vieh hiess, stand ihrer Vorgängerin Nora in diesem Punkt in nichts nach. Sie dachte, alle Sofakissen wären ihre Kinder und ver-teidigte diese Zähnefl etschend gegen Ein-dringlinge. Seht ihr, liebe Leser*innen. Da ist so viel Unverarbeitetes, ich komme einfach nicht davon los.Jingle Bells oder Jingle Balls?Trotzdem gehen die Festtage irgendwie nicht ohne Fest. Denn einfach Fisttage draus zu machen, «Jingle Bells» in «Jingle Balls» umzuwandeln und das Elektrosti-mulationsgerät aus dem Schrank zu holen, deckt mein Bedürfnis nach Weihnachten irgendwie nicht. Also habe ich versucht, al-ternative Rituale zu fi nden.Und ich fand sie. Indem ich nach dem Grundsatz lebe: Ich liebe es, Weihnachten mit der Familie zu verbringen, solange es nicht meine eigene ist. Seit ich diese Regel anwende, ist Weih-nachten wieder ein Fest der Liebe gewor-den. Einige Jahre war ich jeweils bei den Schwiegereltern eines guten Freundes zu Besuch. Die hatten ein Ferienhaus in einem Bündner Skigebiet. Das war super, wenn’s mir im Haus stank, holte ich die Skier her-aus und ging auf den Berg. Und wenn nach dem Fondue Chinoise am Weihnachts-abend die Bescherung anstand, kriegte ich jeweils auch irgendwas in Papier Eingewi-ckeltes. Doch meine Anwesenheit war das eigentliche Geschenk. Für die Gastgeber. Ich war wie eine Art heimatloser Jesus, der aus der Kälte kam und dem sie nun einen Platz an ihrem Tisch überliessen. Dadurch konnten sie sich nützlich und gut fühlen. Und ich kriegte eine warme Mahlzeit und reichlich Alkohol. Als sich mein Bekannter von seiner Frau und ihrer Familie scheiden liess, war leider Schluss mit Weihnachten in den Ber-gen. Ich überbrückte diese Zeit mit einer weiteren Beziehung und Festtagen bei mei-nen Schwiegereltern an der ungarischen Grenze. Das war ziemlich exotisch, denn früher war da Krieg und die hatten damals nicht viel. Darum konsumieren sie heute umso mehr, vor allem Obstbrände. Als die-ses Set Schwiegereltern Geschichte war, gab’s Neue und die sind auch ganz nett. Auch wenn mir lieber ist, wenn ich die Mahlzeit für alle koche. Kulinarisch ist bei denen nicht so. Und auch der Baum sieht ge-legentlich etwas grenzwertig aus.Aber hey, ich erlebe Weihnachten und es ist nicht die eigene Familie. Was mehr könnte man sich für die Festtage wünschen? Und lieben kann ich ganz viele Leute, doch, doch. Dafür braucht es keine Blutverwandt-schaft. Eine warme Mahlzeit, ein ge-schmückter Besen, nette Leute, die man nicht allzu gut kennt, ordentlich Salz am Karto elstock, ein paar nutzlose, in Papier gewickelte Geschenke unter dem Baum und reichlich Alkohol. So muss Weihnachten. Und Lametta, etwas mehr Lametta. Michis Grosi hatte ein gutes Händchen für psychisch labile Hunde. Sein Trauma diesbezüglich ist noch nicht therapiert worden.Jedenfalls hatte Oma einen Narren an diesem Scheiss-Engelshaar gefressen. Aber das allein war nicht das Problem.Die eigentliche Schwierigkeit lag im Baum. Denn anstelle einer kräftigen Nord-manntanne gab’s jeweils einen Besen aus eigenem Anbau. Opa hatte in einem Anfall geistiger Umnachtung – als zum vierten Mal eine Eisenbahngesellschaft in den USA Plei-te ging, von der er ein paar Aktien gekauft hatte – einen Teil seines Ersparten in ein Waldstück gesteckt. Der Wald lag etwa fünf-zehn Autominuten von daheim in der Nähe einer geplanten Autobahnstrecke. Dafür hätten eigentlich die privaten Waldbesitzer enteignet werden sollen. Hätte man doch…Dorthin, in seinen kleinen Wald, zog es im Dezember jeweils Opa mit einer rosti-gen Säge im Gepäck. Und wenn er eine be-sonders jämmerliche Tanne gefunden hat-te, erlöste er sie von ihrem Schicksal und dem lebensnotwendigen Wurzelstock und schleppte sie nach Hause. So jämmerlich diese Dinger auch aussahen, sie waren praktisch immer länger als das Wohnzim-mer hoch war. Daher schnitt Opa die Spitze ab oder liess sie sich entlang der Decke bie-gen. Wer nun meint, die unter dem Baum liegenden Geschenke hätten die Stimmung gehoben, irrt. Opa hätte einen sowieso ver-gessen, Oma hingegen nicht. Sie wollte, dass alle Kinder gleich behandelt werden, was ihr insofern nicht gelang, als dass die Kinder der Diabetikerin etwas mehr galten. Aber ich will hier nicht alte Wunden aufreis-sen, sondern bei Gelegenheit zum Punkt kommen.MICHI RÜEGGMichi Rüegg ist Journalist, Theaterautor, Moderator und wirklich sehr, sehr langjähriger Cruiser-Kolumnist. Er ist mittlerweile einiges über 40 und lebt in einem zweistelligen Zürcher Kreis mit einer dominanten Katze.«Ich liebe es, Weihnachten mit der Familie zu verbringen, solan-ge es nicht meine eigene ist.»KOLUMNEMICHI RÜEGGMichis Weg aus dem Festtagswahnsinn31

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32SATIREX-MAS-SHOPPING-RATGEBER3232VON HAYMO EMPLLet’s shop! Tout Zürich und auch ein bisschen die Restschweiz ist jetzt ein-kaufsmässig unterwegs, und daher beginnt das Zusammenramisieren von Ge-schenken am besten mit einer Stärkung. Da niemand Lust hat, im Januar Hefte wie «Glamour» oder «Annabelle» wegen Diät-Tipps zu kaufen oder gar zweifelhafte Rat-geber in den anderen Gay-Gratis-Magazi-nen, die so herumliegen zu lesen, verköstigt man sich linienbewusst am Salatbuet im Restaurant. Dort stehen sie dann, die Frau-en und Männer und… Kinder. Und alle ha-ben ihre eigene Herangehensweise an das Problem des Tellerschichtens. Frau schöpft. Das dauert, und alle hinter ihr warten, weil sie ihren Teller hübsch bunt mit einzelnen Blättern arrangiert. Dann, endlich, der Nächste ist an der Reihe. Ein Mann. Auch nicht besser. Männer schaufeln nämlich so ziemlich alles auf den Teller, was die Schüs-seln hergeben und merken dabei zu spät, dass es keinen Platz mehr hat. Entspre-chend schöpfen sie dann vom Teller wieder zurück. Das dauert. Und damit haben wir auch grad schon mal wunderbar alles Kli-schees zementiert und werden im Januar eine «Leserbriefspalte» im Cruiser haben. Item, jetzt ist Dezember und es muss schnell gehen. Denn: Jetzt kommt Frau Kutschnick. Sie ist Rentnerin und hätte alle Zeit der Welt, um nicht just dann ans Buet zu schreiten, wenn das alle Berufstätigen aus volkswirt-schaftlichen Gründen tun müssen. Frau Kutschnick will vom Mann, der fürs Auül-len der Buetschüsseln verantwortlich ist, so einiges über die exakte Herkunft der ein-zelnen Salate wissen und ob’s in den Dres-sings Palmöl hat. Auch das dauert. Die an-deren Wartenden resignieren und ziehen ab. Und zwar zum Christmas-Shopping.Das Problem mit den RolltreppenAlso ab in eine Buchhandlung! Jede Menge Menschen begeben sich ja jeweils einmal pro Jahr in eine solche Institution – an Weih-nachten. Damit sich der Fluss der Kaufwilli-gen nicht durch unkoordiniertes Treppen-steigen staut, gibt’s in manchen Buchläden Rolltreppen. Zu solch einer gelangen Sie na-türlich erst, wenn Sie den Haupteingang pas-siert haben. Das ist schwierig. Denn immer stehen direkt in der Mitte entweder Mutter mit Tochter («Sollen wir nicht doch lieber ein Parfüm kaufen?») oder zwei Schwuletten («Nein, du hast bestimmt nicht zugenom-men, glaub mir!») und versperren den Weg. Ja, wir wissen: Leserbriefe im Januar.Aber keine Bange, es ist Christmas-Shopping-Zeit, und alle Tricks sind erlaubt. Vorsicht jedoch bei Ausrufen wie: «Es brennt» oder «Ein Arzt, ein Arzt». Die funkti-onieren in Zürich längst nicht mehr und so-gar in Bern schöpft man mittlerweile leisen Verdacht ob des Wahrheitsgehalts solcher Ausrufe. Kreativität ist also angesagt, und wenn Sie diesbezüglich gut genug waren, stehen Sie nun vor der Rolltreppe in der Buchhandlung. Klar, dass dort dann aber alle immer genau so stehen, dass man nicht durchkommt, und oben angekommen, knallt man ziemlich sicher auf die Mutter mit Tochter («Ich glaube wir müssen in den 3. Stock, oder?») oder andere zwei Schwulet-ten («Nein, du hast bestimmt nicht zuge-nommen, glaub mir!»), die sich dort wegver-sperrend aufhalten. Wenn Sie die Kollision ohne anschliessende Ausschreitungen über-Klar, dass dort dann aber alle immer genau so stehen, dass man nicht durchkommt ...Media © Andreas EmplCRUISER DEZEMBER 2024Fröhliches Schlangestehen!Jetzt ist es wieder so weit: Die Christmas-Shopping-Saison ist da – und mit der Offline-Einkauferei kommt auch das endlose Anstehen, das die Nerven strapaziert.

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CRUISER DEZEMBER 2024SATIREX-MAS-SHOPPING-RATGEBER33Damit dieses Jahr weniger des sonst schon spärlich geworde-nen Offline-Verkaufspersonals als sonst erwürgt wird, haben wir uns etwas ausgedacht.lebt haben, können Sie sich nun endlich ein Buch schnappen.Dann - stehen Sie einmal mehr in der Schlange, diesmal an der Kasse. Endlich sind Sie dran, und Sie bezahlen mit Karte. Und ratsch und … nichts! Weil wahlweise: ist die Karte verschmutzt, die Telefonleitung überlastet oder die Bedienung mit der Be-Zur Vorbereitung auf hektische Offline-Shop-ping-Tage: Jeden Tag mindestens eine Stunde auf dieses Bild gucken, das entspannt. dienung der Elektronik überfordert. Hinter Ihnen wird gehüstelt und gemurmelt.Damit dieses Jahr weniger des sonst schon spärlich gewordenen Oine-Ver-kaufspersonals als sonst erwürgt wird, ha-ben wir uns etwas ausgedacht. Wir helfen! Wir lassen Sie nicht im Stich! Starren Sie obenstehendes Bild zweimal täglich fünf Minuten lang an und stellen Sie sich vor, wie schön das wäre, wenn die Rolltreppe so aus-sehen würde. Tun Sie das zwei Wochen lang – und Sie sind vorbereitet für entspanntes Christmas-Shopping. Viel Glück. Dieser Artikel ist in ausführlicher Version auch im «Tagesanzeiger» erschienen.

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34CRUISER SOMMER 2024RUBRIKENTITELRUBRIKENUNTERTITEL34Ich habe gelesen, dass HIV über die Schleimhäute übertragbar ist. Wenn also das Sperma mei-nes Sexpartners auf die Schleim-haut (Vorhaut) meines Penis landet, ist das ein HIV-Risiko? Florian (22)Hallo Florian Was du gelesen hast ist richtig. Ein HIV-Risi-ko besteht, wenn beim Sex über die Anal- oder Vaginalschleimhaut sowie über die Pe-nisschleimhaut (Vorhaut, Harnröhrenein- gang) HIV-Viren in den Körper gelangen. Aber nicht alle Schleimhäute sind gleich ro-bust. Die Analschleimhaut ist sehr empnd-lich und das HIV-Risiko bei ungeschütztem Analsex entsprechend sehr hoch (mit oder ohne Sperma). Dagegen birgt Oralsex prak-tisch kein HIV-Risiko, weil die Mund-schleimhaut sehr stabil ist. Die Schleimhaut am Penis kann HIV aufnehmen. Zu einer Ri-sikoeinschätzung gehören aber immer ver-schiedene Faktoren wie Dauer, Intensität, Zustand der Schleimhäute und die Menge der infektiösen Flüssigkeit (hier Sperma). Ein zufälliger Spritzer Sperma auf den Schwanz ist eher unbedenklich. Auf das bewusste Ein-schmieren des Penis mit Sperma oder dieses als Gleitmittel zu benutzen, solltest du aber verzichten. Welche Schutzmöglichkeiten es gibt, was du über andere sexuell übertragba-ren Infektionen (STI) wissen musst und wie du generell dein Risiko beim Sex reduzieren kannst, ndest du hier: drgay.ch/safer-sexAlles Gute, Dr. Gay drgay.ch drgay_official @drgay_officialBei Dr. Gay ndest du alles rund um das Leben in der Community: Sexualität, Beziehungen, Drogen und mehr. Dr. Gay ist ein Angebot der Aids-Hilfe Schweiz und fördert die Gesundheit von schwulen, bi & queeren Männern, sowie trans Personen durch Präventionsarbeit mit der Community.Mehr Infos zum Thema «Reden wir über uns» gibt es hier:Ich bin 56, schwul und immer geil auf Sex. Manchmal mache ich mir Gedanken, ob das in meinem Alter noch normal ist. Bin ich sexsüchtig? Anton (56) Hallo Anton «Normal» ist, was für dich stimmt. Wenn du mit 56 viel Lust auf Sex hast und es dir Spass macht, ist das eine tolle Sache. Denn Sex ist etwas Gutes und soll Spass machen. Die lo-gische Schlussfolgerung wäre also, dass viel Sex viel Spass macht. Anders ist es, wenn du keinen Spass (mehr) daran hast und Sex ein Zwang, Laster oder eine Sucht ist. Sexuell sehr aktiv oder sexsüchtig? Das ist nicht immer leicht zu erkennen. Wie oft du Sex hast, ist nicht so wichtig. Auch wenn du viel Sex hast, ist das alleine kein Hinweis auf eine Sexsucht. Krankhaft oder zwang-haft wird es dann, wenn du dein sexuelles Verhalten nicht mehr im Gri hast und darunter leidest, aber trotzdem weiter-machst, obwohl es oensichtlich negative Folgen hat, wie zum Beispiel das Vernach-lässigen von Job, Hobbies, anderen Interes-sen, Freundschaften, Beziehung etc. Wie das bei dir aussieht, kannst nur du selbst einschätzen. Ein grosser und oft schwieri-ger Schritt ist die Selbsterkenntnis. Auf suchtberatung-ags.ch ndest du unter «Angebot» einen Selbsttest, der dir bei der Einschätzung helfen kann. Dieser dient al-lerdings nur als Richtung. Wenn du unsi-cher bist, lass dich in einer Beratungsstelle persönlich beraten. Die schwulen Gesund-heitszentren «Checkpoint» haben zum Teil entsprechende Angebote im Programm oder können dir diese vermitteln. Adres-sen und Kontaktdaten ndest du auf drgay.ch unter «Deine Kontakte». Alles Gute, Dr. Gay34RATGEBERDR. GAYCRUISER DEZEMBER 2024

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35RUBRIKENTITELRUBRIKENUNTERTITEL drgay.ch drgay_official @drgay_officialMehr Infos zum Thema «Reden wir über uns» gibt es hier:finestsake.chSie suchen das perfekte Geschenk mit Wow-Effekt? Wiewäre es mit edlem japanischen Sake? Unsere exklusive Auswahl, sorgfältig zusammengestelltvon einem der wenigen Meistersommeliers der Schweiz, bietet Ihnen echte Raritäten – einzigartig in Europa und ein Highlight für jeden Geniesser.MMaatttthhiieeuu ZZeellllwweeggeerrMaster Sake Sommelier SSA079 365 6261 – matthieu@finestsake.chmaster-sake-sommelier.ch

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MERCI À VOUS ! CUSTOMERS, FRIENDS, OF PINK BEACH, THANKS TO YOU WE OPEN OUR DOORS EVERY DAY FOR YOUR GREATEST PLEASUREMERCI À VOUS ! CUSTOMERS, FRIENDS, OF PINK BEACH, THANKS TO YOU WE OPEN OUR DOORS EVERY DAY FOR YOUR GREATEST PLEASURESaturday 11 & Sunday 12 January 2025 Remember our Special Monthly Events:NON-STOP OPENEvery WeekendB-SUNDAY NAKEDEvery Sunday at Bunker from 15h Naked PartyPINK MONDAYEvery Monday less than 30 only 5.-YOUNGSTER DAYSEvery Thursday & Friday less than 30 only 10.-GRIZZLY NIGHTFirst Friday for Bears & FriendsNO LIMIT NIGHTSecond Friday Naked PartyLUSTNACHTSecond Saturday Sex Club NightEXTREM ANDERSThird Friday, Special Rates from 18h, Bunker Naked PartyBLACK FRIDAYLast Friday Special Discounts from 18hX-PERIENCE NIGHTEvery last Saturday the Super Naked EventBSM NIGHTThe Fetish Event at the Bunker RAINBOW INN SO MUCH NICER THAN A HOTEL! I N F O & B O O KI N G : W W W . R A I N B O W I N N . C HOPEN DURING THE HOLIDAYSMuch more than a simple sauna!Saturday and sunday showcase and surprises from 2 pmWith our Gay Stars: Catherine d’Oex, LaDiva Live, Lara Fullcamp and others ...Happy Pink with us!3366ansansça va êtreça va être t taa FFête !ête !SPECIAL BIRTHDAY PROGRAM