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CRUISER im Oktober 2023

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SEIT 1986 DAS ÄLTESTE QUEERE MAGAZIN DER SCHWEIZ – OKTOBER 2023 CHF 8.10cruiserKUNST, KULTUR & LEBENSSTIL FÜR DIE LGBT*-COMMUNITY4 Männlichkeit Wann ist ein Mann ein Mann?12 Walter Pfeiffer Fotografie zwischen High-Fashion und Kunst16 Wahlen 2023 Wer ist gut für Queers?

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GLAUBE NICHT JEDES MÄRCHEN VON RECHTSWIR HABEN DIE FACTSMONA GAMIE, DRAGQUEENAM 22. OKTOBER SIND WAHLENVOTEPINK.CH4 GESELLSCHAFT MÄNNLICHKEIT10 KOLUMNE MICHI RÜEGG12 KULTUR AUSSTELLUNG IN LUZERN15 KULTUR BUCHTIPP16 POLITIK STÄNDERATSWAHLEN18 GESELLSCHAFT EIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHEN20 KULTUR ZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERN24 KULTUR PINKPANORAMA28 KULTUR INTERVIEW MIT DONAT BLUM28 KULTUR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH34 RATGEBER DR. GAY EDITORIALLiebe Leser*innen Uns steht ein spannender Herbst bevor: Die aktuellen Wahlen sind wichtig und wir vom Cruiser hoffen, dass möglichst viele an die Urne gehen. Damit die Orientierung im Kandidat*innen- und Parteiendschungel etwas einfacher wird, drucken wir auf Seite 16 in Zusammenarbeit mit PinkCross eine Über sicht ab. Apropos Dschungel: Ich schreibe diese Zeilen hier aus Austra-lien; ich bin beruflich in Down Under und stelle erstaunt fest, dass wir in der Schweiz in vielen (queeren) Dingen wesentlich rückständiger sind als die Aussies. Unisextoiletten sind seit Jahren Standard, die Polizei ist un- glaublich divers (und liebt es, für Insta-Selfies zu posieren – wie man unten sieht), selbst die Minenarbeiter in Broken Hill (das liegt im Nirgendwo) trugen am legendären Broken Heel Drag Festival Regenbogen-Schuhbändel und ich bin fast sicher, ich habe ein Gay-Känguru-Paar im Outback erspäht. Flankiert von einem lesbischen Emu. Also: Geht wählen! Es muss nun auch in Helvetien endlich vorwärtsgehen und das gelingt uns nur, wenn wir die entsprechenden Politpersonen im Parlament haben. Mehr dazu auch auf votepink.ch.Selbstverständlich haben wir auch in dieser Ausgabe einen bunten Herbst-strauss aus Kultur, Gesellschaft und Unterhaltung. Cruiser at it’s best! Überzeugt euch selbst und lest los!Herzlich; Haymo Empl ChefredaktorCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000) Herausgeber & Verleger medienHay GmbHInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl Bildredaktion Haymo Empl, Astrid Affolter. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber*innen.Art Direktion Astrid AffolterAgenturen SDA, KeystoneAutor*innen Vinicio Albani, Haymo Empl, Haymo Empl Sen., Roman Heggli, Valeria Heintges, Birgit Kawohl, Michi Rüegg, Manuela SpeckerKorrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30Druck werk zwei Print+Medien Konstanz GmbHREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chHaftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.ch Der nächste Cruiser erscheint am 30. Oktober 2023Unsere Kolumnist*innen widerspiegeln nicht die Meinung der Redaktion. Sie sind in der Themenwahl, politischer /religiöser Gesinnung sowie der Wortwahl im Rahmen der Gesetzgebung frei. Wir vom Cruiser setzen auf eine grösst mögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinandersetzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum sprachliche Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor*innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden ent spre chend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die ent- sprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz».Cruiser wurde als einzige LGBT*-Publikation als «kulturell relevant» eingestuft und wird daher in der Schweize rischen Nationalbibliothek, der ZB Zürich sowie in der deutschen Nationalbibliothek archi viert. Cruiser ist zudem via SMD (schweizerische Mediendatenbank) allen Medienschaffenden zugänglich.ANZEIGECovermodel Joëls Energie und Power wirken an-steckend. Grund genug, ihn auf unsere Titelseite zu hieven. IMPRESSUM

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GLAUBE NICHT JEDES MÄRCHEN VON RECHTSWIR HABEN DIE FACTSMONA GAMIE, DRAGQUEENAM 22. OKTOBER SIND WAHLENVOTEPINK.CH4 GESELLSCHAFT MÄNNLICHKEIT10 KOLUMNE MICHI RÜEGG12 KULTUR AUSSTELLUNG IN LUZERN15 KULTUR BUCHTIPP16 POLITIK STÄNDERATSWAHLEN18 GESELLSCHAFT EIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHEN20 KULTUR ZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERN24 KULTUR PINKPANORAMA28 KULTUR INTERVIEW MIT DONAT BLUM28 KULTUR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH34 RATGEBER DR. GAY EDITORIALLiebe Leser*innen Uns steht ein spannender Herbst bevor: Die aktuellen Wahlen sind wichtig und wir vom Cruiser hoffen, dass möglichst viele an die Urne gehen. Damit die Orientierung im Kandidat*innen- und Parteiendschungel etwas einfacher wird, drucken wir auf Seite 16 in Zusammenarbeit mit PinkCross eine Über sicht ab. Apropos Dschungel: Ich schreibe diese Zeilen hier aus Austra-lien; ich bin beruflich in Down Under und stelle erstaunt fest, dass wir in der Schweiz in vielen (queeren) Dingen wesentlich rückständiger sind als die Aussies. Unisextoiletten sind seit Jahren Standard, die Polizei ist un- glaublich divers (und liebt es, für Insta-Selfies zu posieren – wie man unten sieht), selbst die Minenarbeiter in Broken Hill (das liegt im Nirgendwo) trugen am legendären Broken Heel Drag Festival Regenbogen-Schuhbändel und ich bin fast sicher, ich habe ein Gay-Känguru-Paar im Outback erspäht. Flankiert von einem lesbischen Emu. Also: Geht wählen! Es muss nun auch in Helvetien endlich vorwärtsgehen und das gelingt uns nur, wenn wir die entsprechenden Politpersonen im Parlament haben. Mehr dazu auch auf votepink.ch.Selbstverständlich haben wir auch in dieser Ausgabe einen bunten Herbst-strauss aus Kultur, Gesellschaft und Unterhaltung. Cruiser at it’s best! Überzeugt euch selbst und lest los!Herzlich; Haymo Empl ChefredaktorCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000) Herausgeber & Verleger medienHay GmbHInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl Bildredaktion Haymo Empl, Astrid Affolter. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber*innen.Art Direktion Astrid AffolterAgenturen SDA, KeystoneAutor*innen Vinicio Albani, Haymo Empl, Haymo Empl Sen., Roman Heggli, Valeria Heintges, Birgit Kawohl, Michi Rüegg, Manuela SpeckerKorrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30Druck werk zwei Print+Medien Konstanz GmbHREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chHaftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.ch Der nächste Cruiser erscheint am 30. Oktober 2023Unsere Kolumnist*innen widerspiegeln nicht die Meinung der Redaktion. Sie sind in der Themenwahl, politischer /religiöser Gesinnung sowie der Wortwahl im Rahmen der Gesetzgebung frei. Wir vom Cruiser setzen auf eine grösst mögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinandersetzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum sprachliche Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor*innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden ent spre chend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die ent- sprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz».Cruiser wurde als einzige LGBT*-Publikation als «kulturell relevant» eingestuft und wird daher in der Schweize rischen Nationalbibliothek, der ZB Zürich sowie in der deutschen Nationalbibliothek archi viert. Cruiser ist zudem via SMD (schweizerische Mediendatenbank) allen Medienschaffenden zugänglich.ANZEIGECovermodel Joëls Energie und Power wirken an-steckend. Grund genug, ihn auf unsere Titelseite zu hieven. IMPRESSUM

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4 5CRUISER OKTOBER 2023VON BIRGIT KAWOHLAls der kanadische Premier Justin Tru-deau im Sommer kurz nach Erschei-nen des umwerfend erfolgreichen Barbie-Films mit seinem Sohn ins Kino ging, trugen die beiden pinkfarbene Pullo-ver. Okay, mag man denken, ist vielleicht nicht gerade meine Farbe, aber so what? Trudeau, der sich auf Twitter als «Team Bar-bie» outete (dabei ging es um den Kampf der Filme «Oppenheimer» gegen «Barbie» und wer von beiden das Rennen um den grös-seren Erfolg machen würde), wurde dafür GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITWann ist ein Mann ein Mann?Verbandschefs, die Fussballerinnen auf den Mund küssen, Staatschefs, die in Mädchenfilme gehen… die Männlichkeit steht auf dem Prüfstand.extrem angefeindet, man unterstellte ihm Homosexualität (wäre das denn schlimm?) und twitterte, dass man es nun als folge-richtig ansehe, dass ihn seine Frau verlas-sen habe. (Das Ehepaar Trudeau hatte jüngst seine einvernehmliche Trennung ➔ Sucht man in der Bilddatenbank nach «Mann», wird unter anderem dieses Exemplar hier vorgeschlagen. Ist dieses Bild des «Alpha-Mannes» immer noch zeitgemäss?Nach der erfolgreichen ersten Staffel des neuen Kapitels der bahnbrechenden Serie «Sex And The City» rund um Carrie und ihre Freundinnen wird es auch in der zweiten Staf-fel von «And Just Like That…» wieder span-nend, romantisch und natürlich gewohnt heiss. Alle drei müssen ihr Leben neu ordnen und dabei stossen Sie auf die ein oder andere aufregende Herausforderung.Die erste Staffel von «And Just Like That…» hat das Leben von Carrie, Miranda und Char-lotte völlig durcheinandergewirbelt. Nachdem Carrie zuerst den Tod ihres geliebten Mr. Big verkraften musste, kam es am Ende der Staf-fel zu einem Kuss mit Franklyn, dem Produzen-ten ihres Podcasts. Miranda hat in der ersten Staffel ihre Ehe mit Steve beendet, weil sie sich unsterblich in Stand-up-Comedian Che verliebt hatte, und Charlotte musste begrei-fen, dass ihre Töchter erwachsen werden und sie damit aufhören muss, diese zu bemuttern. Themen, die alle drei Freundinnen auch in der zweiten Staffel noch beschäftigen werden. Zudem führen die neuen Episoden von «And Just Like That…» eine alte Liebe zurück in Car-ries Leben: ihren ehemaligen Verlobten Aidan. Carrie und Aidan waren in Staffel 3 und 4 von «Sex And The City» ein Paar. Doch schluss-endlich entschied sich Carrie damals für Mr. Big. Es wird also spannend. Ist Carrie schon bereit, sich der Liebe wieder zu öffnen – oder wird es vielleicht doch nur ein harmloser Flirt zwischen ihr und Aidan? Und was passiert mit Franklyn? Und auch Carries Freundinnen Miranda und Charlotte werden viel erleben und Carrie bei ihren Entscheidungen zur Seite stehen.Die zweite Staffel von «And Just Like That…» ist ab 22. Juni exklusiv auf Sky Show zu sehen. Die erste Staffel sowie alle Staffeln von «Sex and the City» sind ebenfalls auf Sky Show ver-fügbar. …sind Carrie, Miranda, Charlotte und eine neue alte Liebe wieder zurück.Sky Show zeigt exklusiv herausragende Se-rien sowie die grossen Blockbuster-Filme. Neben bei Kritiker*innen und Zuschauer*in-nen gleichermassen beliebten Serien wie «Sex And The City», «Game of Thrones» und «Euphoria» gibt es exklusiv die neuesten sowie Langzeit beliebten HBO-Produktio-nen wie «I May Destroy You», «Looking» und «Six Feet Under» zu sehen. Darüber hinaus präsentiert Sky Show spannende Serien von Showtime wie z. B. «The L Word: Generation Q» oder «Billions». Von Starzplay wie «Gas-lit» oder «Tokyo Vice» und von Sky Originals wie «Das Boot», «Babylon Berlin», «A Disco-very of Witches» oder «Gangs of London».Komplette Staffel 2 verfügbar, exklusiv aufsky.ch© Home Box Office, Inc. All rights reserved«And Just Like That…»Jetzt anschauenauf Sky ShowANZEIGE

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4 5CRUISER OKTOBER 2023VON BIRGIT KAWOHLAls der kanadische Premier Justin Tru-deau im Sommer kurz nach Erschei-nen des umwerfend erfolgreichen Barbie-Films mit seinem Sohn ins Kino ging, trugen die beiden pinkfarbene Pullo-ver. Okay, mag man denken, ist vielleicht nicht gerade meine Farbe, aber so what? Trudeau, der sich auf Twitter als «Team Bar-bie» outete (dabei ging es um den Kampf der Filme «Oppenheimer» gegen «Barbie» und wer von beiden das Rennen um den grös-seren Erfolg machen würde), wurde dafür GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITWann ist ein Mann ein Mann?Verbandschefs, die Fussballerinnen auf den Mund küssen, Staatschefs, die in Mädchenfilme gehen… die Männlichkeit steht auf dem Prüfstand.extrem angefeindet, man unterstellte ihm Homosexualität (wäre das denn schlimm?) und twitterte, dass man es nun als folge-richtig ansehe, dass ihn seine Frau verlas-sen habe. (Das Ehepaar Trudeau hatte jüngst seine einvernehmliche Trennung ➔ Sucht man in der Bilddatenbank nach «Mann», wird unter anderem dieses Exemplar hier vorgeschlagen. Ist dieses Bild des «Alpha-Mannes» immer noch zeitgemäss?Nach der erfolgreichen ersten Staffel des neuen Kapitels der bahnbrechenden Serie «Sex And The City» rund um Carrie und ihre Freundinnen wird es auch in der zweiten Staf-fel von «And Just Like That…» wieder span-nend, romantisch und natürlich gewohnt heiss. Alle drei müssen ihr Leben neu ordnen und dabei stossen Sie auf die ein oder andere aufregende Herausforderung.Die erste Staffel von «And Just Like That…» hat das Leben von Carrie, Miranda und Char-lotte völlig durcheinandergewirbelt. Nachdem Carrie zuerst den Tod ihres geliebten Mr. Big verkraften musste, kam es am Ende der Staf-fel zu einem Kuss mit Franklyn, dem Produzen-ten ihres Podcasts. Miranda hat in der ersten Staffel ihre Ehe mit Steve beendet, weil sie sich unsterblich in Stand-up-Comedian Che verliebt hatte, und Charlotte musste begrei-fen, dass ihre Töchter erwachsen werden und sie damit aufhören muss, diese zu bemuttern. Themen, die alle drei Freundinnen auch in der zweiten Staffel noch beschäftigen werden. Zudem führen die neuen Episoden von «And Just Like That…» eine alte Liebe zurück in Car-ries Leben: ihren ehemaligen Verlobten Aidan. Carrie und Aidan waren in Staffel 3 und 4 von «Sex And The City» ein Paar. Doch schluss-endlich entschied sich Carrie damals für Mr. Big. Es wird also spannend. Ist Carrie schon bereit, sich der Liebe wieder zu öffnen – oder wird es vielleicht doch nur ein harmloser Flirt zwischen ihr und Aidan? Und was passiert mit Franklyn? Und auch Carries Freundinnen Miranda und Charlotte werden viel erleben und Carrie bei ihren Entscheidungen zur Seite stehen.Die zweite Staffel von «And Just Like That…» ist ab 22. Juni exklusiv auf Sky Show zu sehen. Die erste Staffel sowie alle Staffeln von «Sex and the City» sind ebenfalls auf Sky Show ver-fügbar. …sind Carrie, Miranda, Charlotte und eine neue alte Liebe wieder zurück.Sky Show zeigt exklusiv herausragende Se-rien sowie die grossen Blockbuster-Filme. Neben bei Kritiker*innen und Zuschauer*in-nen gleichermassen beliebten Serien wie «Sex And The City», «Game of Thrones» und «Euphoria» gibt es exklusiv die neuesten sowie Langzeit beliebten HBO-Produktio-nen wie «I May Destroy You», «Looking» und «Six Feet Under» zu sehen. Darüber hinaus präsentiert Sky Show spannende Serien von Showtime wie z. B. «The L Word: Generation Q» oder «Billions». Von Starzplay wie «Gas-lit» oder «Tokyo Vice» und von Sky Originals wie «Das Boot», «Babylon Berlin», «A Disco-very of Witches» oder «Gangs of London».Komplette Staffel 2 verfügbar, exklusiv aufsky.ch© Home Box Office, Inc. All rights reserved«And Just Like That…»Jetzt anschauenauf Sky ShowANZEIGE

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7CRUISER OKTOBER 202376GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITCRUISER OKTOBER 2023verkündet.) Da kann man sich schon fra-gen, warum die Welt Männer nur als männ-lich ansieht, wenn sie sich den naturwis-senschaftlichen Film rund um den Ernder der Atombombe Oppenheimer ansehen – gekleidet hoentlich in einen tadellosen Zweireiher – und rosafarbene Pullover tra-gende Männer als Unterwanderer der Männ-lichkeit gelten. Wann also ist ein Mann ein Mann?Seit 40 Jahren ein Dauerbrenner«Männer nehm ’n den Arm / Männer geben Geborgenheit / Männer weinen heimlich / Männer brauchen viel Zärtlichkeit...» Das Lied «Männer» von Herbert Grönemeyer schlug in den 80er-Jahren des letzten Jahr-hunderts ein wie eine Bombe, stellte der Sänger den Mann doch erstmals dieren-zierter dar, nämlich nicht nur als Krieger und Trinker, sondern auch als ein sensibles Wesen. Er schrieb ihm (vermeintlich) männliche als auch weibliche Attribute zu (Geld und Muskeln contra Verletzlichkeit) und beurteilte das dabei auch noch positiv, weil eben alles zusammen «den Mann» ausmacht. Pfui Teufel, dachten sich da nicht wenige, für die das Mannsein vor al-lem mit Stärke (nach innen und aussen) einherging und wohl auch immer noch einhergeht. Seither sind fast vierzig Jahre vergan-gen, vieles hat sich getan, so dürfen Männer mittlerweile Männer heiraten, sie dürfen sogar gemeinsam Kinder grossziehen, aber Schwäche zeigen – das ist immer noch so eine Sache. Nicht umsonst erhielten Kurt Krömer und Torsten Sträter im vergangenen Jahr für «Chez Krömer» den renommierten und daher sehr begehrten deutschen Grim-me-Preis, mit dem jeweils als besonders hochwertig bewertete Fernsehsendungen ausgezeichnet werden. In der gemeinsamen Folge der Unterhaltungssendung unterhiel-ten sich die beiden Comedians ehrlich über ihre Depressionen und lösten damit nahezu ein Erdbeben an positiven und erleichterten Reaktionen aus. Wer weint, ist ein WeicheiDass sie nach aussen vor allem Stärke zei -gen – immer noch gelten weinende Männer als absolute Ausnahme und daher oft als «Pussys» oder «Weicheier» –, macht Männer zu ungeheuer verletzlichen Wesen. Nicht um sonst liegt die Lebenserwartung von Männern immer noch mehrere Jahre unter der von Frauen (in der Schweiz stehen hier 85,7 Jahre 81,6 Jahren gegenüber). Dies liegt zum einen an dem immer noch ungesünde-ren Lebenswandel (es wird mehr geraucht und getrunken) als auch an den schneller ein- gegangenen Risiken (Autorennen, Extrem-sportarten), zum anderen aber auch an dem weniger gezeigten Interesse an Vorsorgeun-tersuchungen oder dem Wahrnehmen von körperlichen Signalen (und z. B. einem dar-aus resultierenden Arztbesuch).Zudem werden Männer häuger Opfer von Gewaltverbrechen (und begehen diese auch weitaus öfter als Frauen). Dies mag erstaunen, tauchen in den Medien häug Berichte über geschädigte Frauen auf. Dies stimmt für den Bereich der häuslichen Ge-walt, von der gemäss dem Bundesamt für Statistik zu 70 % Frauen betroen sind. Al-lerdings kann man davon ausgehen, dass hier die Dunkelzier bei den Männern hö-her liegt als bei den Frauen, welcher Mann will schon zugeben, dass er von (s)einer Frau geschlagen wurde? Für den nicht-häuslichen Bereich sehen die Zahlen sowie-so anders aus, da hier Kriminalstatistiken von mehr als 80 % Gewalt durch und gegen Männer ausgehen (s. den zwar nicht ganz aktuellen, aber sicherlich immer noch gülti-gen Forschungsbericht von Michael Meuser «Gewalt im Geschlechterverhältnis»). Was ist überhaupt Männlichkeit?Männer sehen auch weitaus häuger als Frau-en Suizid als einzig mögliche Lösung, so gibt statista.com für das Jahr 2020 für Männer eine Selbstmordrate von 13.7 pro 100 000 Einwohner*innen an, während im gleichen Zeitraum der Wert bei den Frauen bei 5.4 lag. Ein beachtlicher Unterschied, der sicherlich auch mit dem Verständnis des Begries der Männlichkeit und den damit verbundenen Erwartungen zusammenhängt. Ein Unter-schied, der immer wieder von Beispielen in den Medien untermauert wird, so nahmen sich unter anderem Kurt Cobain (1994), Alex-ander McQueen (2010), Robin Williams (2014), Chester Bennington (2017) und jüngst erst der erst 25-jährige Schauspieler Angus Cloud das Leben, weil sie es für eine «plausible Option» hielten, wie Torsten Sträter die Selbstmordge-danken eines Depressiven erklärt.Aber was ist Männlichkeit eigentlich? Eine gute Frage, die lange nicht objektiv ge-stellt wurde Während es schon seit Länge-rem den Bereich der Frauenforschung gibt, in dem dann «der» Mann häug als Negativ-Schablone auftaucht, sind die Beiträge zur Männerforschung deutlich geringer. Der So-ziologe Michael Kimmel sieht dahinter eine männliche Strategie, denn wenn nichts un-tersucht werde, könne man quasi weiterhin unter dem Radar iegen und so Kritik entge-hen sowie Veränderungen verhindern. Trotzdem nden sich natürlich De-nitionen des Begries: Gemäss Wikipedia beschreibt Männlichkeit die Summe der Eigenschaften, die für den Mann als cha-rakteristisch gelten. Auf socialnet.de guckt man da schon etwas dierenzierter hin: «Männlichkeit bezeichnet als soziale Kate-gorie die geschlechterrollenspezizierende Eigenschaftszuschreibung von Jungen*, jungen Männern* und Männern* oder all-gemeiner ausgedrückt von Personen mit als männlich gelesenem Gender.» Sichtweisen zum Thema «Männlichkeit*en»Oh ha, möchte man da subito ausrufen, das ist ja ganz schön heftig. Alleine der Mons-terneologismus geschlechterrollenspezi-zierend lässt die konservative Anti-Gender-stern-Fraktion sicher kräftig die Augen rollen und danach verschliessen. Zu kom-plex scheint das ema für einige, andere nden es völlig übertrieben, denn bisher haben zwei Geschlechter doch auch genügt und überhaupt, wie war das damals mit Adam und Eva? Das waren ja schliesslich nicht Adam* und Eva*. Siehste! So einfach kann man es sich natürlich machen, andererseits kann man sich aber auch mal genauer mit dem ema Männ-lichkeit*en auseinandersetzen und – wenn vielleicht auch nicht unbedingt etwas ver-ändern – zumindest etwas anstossen bzw. einige Augen etwas önen.Das dachten sich auch die Herausge-ber* Valentin Moritz und Donat Blum des im Juli erschienenen Debattenbuches über Männlichkeit*en (so im Vorwort nachzule-sen). Hierzu versammelten sie Autor*innen aus der Schweiz, Österreich und Deutsch-land und gaben ihnen Raum, ihre Sicht von Männlichkeit zu präsentieren. Herausge-kommen sind dabei spannende Beiträge u. a. von der genderuiden non-binären Person Kim de l’Horizon (Schweizer Buchpreis und Deutscher Buchpreis 2023), Hermes Phett-berg, Diner Güçyeter – um nur ein paar Na-men zu nennen. Die beiden Herausgeber* beteiligen sich ebenfalls mit je einem Text und das Nachwort stammt von niemand an-derem als Mithu M. Sanyal («Identitti»). Diese befasst sich u.a. mit dem Begri der «toxischen Männlichkeit» und füllt sie aus einem meist wenig beachteten Blickwin-ANZEIGECRUISER SOMMER 2 017➔«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach .Pink, rosa, hellblau – das ist die Welt von Barbie, die jahrzehntelang das typische Mädchenspielzeug war. Mit dem Film dürfen sich nun aber auch Männer und alle anderen für Barbie interessieren. Der Film bricht auf erstaunlich kreative Weise mit Klischees.Während sich Frauen gemäss Statistik schnell Hilfe suchen, verkriechen sich Männer häufig irgendwo, wenn es ihnen schlecht geht.Man kann davon ausgehen, dass bei häuslicher Gewalt die Dunkelziffer bei den Männern höher liegt als bei den Frauen, welcher Mann will schon zuge-ben, dass er von (s)einer Frau geschlagen wurde?Man kann sich schon fragen, warum die Welt Männer nur als männlich ansieht, wenn sie sich den naturwissenschaftlichen Film rund um den Erfinder der Atombombe Oppenheimer an-sieht und rosafarbene Pullover tragende Männer als Unterwan-derer der Männlichkeit gelten.kel, nämlich dem, dass vor allem Männer die Opfer dieses toxischen Verhaltens sind, wäh-rend der Begri in den Medien meist eine weibliche Perspektive beschreibt, in er Frau-en von Männern unterdrückt oder verletzt werden. Viel häuger aber, sind es die Män-ner, die zum Beispiel unter den Erwartungen ihrer Väter leiden und gleichzeitig aber auf keinen Fall so werden wollen wie diese (Frie-demann Karig in «Gigolo»), oder – wie es Do-nat Blum in «In der Mitte die Burg, die eine Festung war» beschreibt – unter denen der Altersgenossen. ➔

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7CRUISER OKTOBER 202376GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITCRUISER OKTOBER 2023verkündet.) Da kann man sich schon fra-gen, warum die Welt Männer nur als männ-lich ansieht, wenn sie sich den naturwis-senschaftlichen Film rund um den Ernder der Atombombe Oppenheimer ansehen – gekleidet hoentlich in einen tadellosen Zweireiher – und rosafarbene Pullover tra-gende Männer als Unterwanderer der Männ-lichkeit gelten. Wann also ist ein Mann ein Mann?Seit 40 Jahren ein Dauerbrenner«Männer nehm ’n den Arm / Männer geben Geborgenheit / Männer weinen heimlich / Männer brauchen viel Zärtlichkeit...» Das Lied «Männer» von Herbert Grönemeyer schlug in den 80er-Jahren des letzten Jahr-hunderts ein wie eine Bombe, stellte der Sänger den Mann doch erstmals dieren-zierter dar, nämlich nicht nur als Krieger und Trinker, sondern auch als ein sensibles Wesen. Er schrieb ihm (vermeintlich) männliche als auch weibliche Attribute zu (Geld und Muskeln contra Verletzlichkeit) und beurteilte das dabei auch noch positiv, weil eben alles zusammen «den Mann» ausmacht. Pfui Teufel, dachten sich da nicht wenige, für die das Mannsein vor al-lem mit Stärke (nach innen und aussen) einherging und wohl auch immer noch einhergeht. Seither sind fast vierzig Jahre vergan-gen, vieles hat sich getan, so dürfen Männer mittlerweile Männer heiraten, sie dürfen sogar gemeinsam Kinder grossziehen, aber Schwäche zeigen – das ist immer noch so eine Sache. Nicht umsonst erhielten Kurt Krömer und Torsten Sträter im vergangenen Jahr für «Chez Krömer» den renommierten und daher sehr begehrten deutschen Grim-me-Preis, mit dem jeweils als besonders hochwertig bewertete Fernsehsendungen ausgezeichnet werden. In der gemeinsamen Folge der Unterhaltungssendung unterhiel-ten sich die beiden Comedians ehrlich über ihre Depressionen und lösten damit nahezu ein Erdbeben an positiven und erleichterten Reaktionen aus. Wer weint, ist ein WeicheiDass sie nach aussen vor allem Stärke zei -gen – immer noch gelten weinende Männer als absolute Ausnahme und daher oft als «Pussys» oder «Weicheier» –, macht Männer zu ungeheuer verletzlichen Wesen. Nicht um sonst liegt die Lebenserwartung von Männern immer noch mehrere Jahre unter der von Frauen (in der Schweiz stehen hier 85,7 Jahre 81,6 Jahren gegenüber). Dies liegt zum einen an dem immer noch ungesünde-ren Lebenswandel (es wird mehr geraucht und getrunken) als auch an den schneller ein- gegangenen Risiken (Autorennen, Extrem-sportarten), zum anderen aber auch an dem weniger gezeigten Interesse an Vorsorgeun-tersuchungen oder dem Wahrnehmen von körperlichen Signalen (und z. B. einem dar-aus resultierenden Arztbesuch).Zudem werden Männer häuger Opfer von Gewaltverbrechen (und begehen diese auch weitaus öfter als Frauen). Dies mag erstaunen, tauchen in den Medien häug Berichte über geschädigte Frauen auf. Dies stimmt für den Bereich der häuslichen Ge-walt, von der gemäss dem Bundesamt für Statistik zu 70 % Frauen betroen sind. Al-lerdings kann man davon ausgehen, dass hier die Dunkelzier bei den Männern hö-her liegt als bei den Frauen, welcher Mann will schon zugeben, dass er von (s)einer Frau geschlagen wurde? Für den nicht-häuslichen Bereich sehen die Zahlen sowie-so anders aus, da hier Kriminalstatistiken von mehr als 80 % Gewalt durch und gegen Männer ausgehen (s. den zwar nicht ganz aktuellen, aber sicherlich immer noch gülti-gen Forschungsbericht von Michael Meuser «Gewalt im Geschlechterverhältnis»). Was ist überhaupt Männlichkeit?Männer sehen auch weitaus häuger als Frau-en Suizid als einzig mögliche Lösung, so gibt statista.com für das Jahr 2020 für Männer eine Selbstmordrate von 13.7 pro 100 000 Einwohner*innen an, während im gleichen Zeitraum der Wert bei den Frauen bei 5.4 lag. Ein beachtlicher Unterschied, der sicherlich auch mit dem Verständnis des Begries der Männlichkeit und den damit verbundenen Erwartungen zusammenhängt. Ein Unter-schied, der immer wieder von Beispielen in den Medien untermauert wird, so nahmen sich unter anderem Kurt Cobain (1994), Alex-ander McQueen (2010), Robin Williams (2014), Chester Bennington (2017) und jüngst erst der erst 25-jährige Schauspieler Angus Cloud das Leben, weil sie es für eine «plausible Option» hielten, wie Torsten Sträter die Selbstmordge-danken eines Depressiven erklärt.Aber was ist Männlichkeit eigentlich? Eine gute Frage, die lange nicht objektiv ge-stellt wurde Während es schon seit Länge-rem den Bereich der Frauenforschung gibt, in dem dann «der» Mann häug als Negativ-Schablone auftaucht, sind die Beiträge zur Männerforschung deutlich geringer. Der So-ziologe Michael Kimmel sieht dahinter eine männliche Strategie, denn wenn nichts un-tersucht werde, könne man quasi weiterhin unter dem Radar iegen und so Kritik entge-hen sowie Veränderungen verhindern. Trotzdem nden sich natürlich De-nitionen des Begries: Gemäss Wikipedia beschreibt Männlichkeit die Summe der Eigenschaften, die für den Mann als cha-rakteristisch gelten. Auf socialnet.de guckt man da schon etwas dierenzierter hin: «Männlichkeit bezeichnet als soziale Kate-gorie die geschlechterrollenspezizierende Eigenschaftszuschreibung von Jungen*, jungen Männern* und Männern* oder all-gemeiner ausgedrückt von Personen mit als männlich gelesenem Gender.» Sichtweisen zum Thema «Männlichkeit*en»Oh ha, möchte man da subito ausrufen, das ist ja ganz schön heftig. Alleine der Mons-terneologismus geschlechterrollenspezi-zierend lässt die konservative Anti-Gender-stern-Fraktion sicher kräftig die Augen rollen und danach verschliessen. Zu kom-plex scheint das ema für einige, andere nden es völlig übertrieben, denn bisher haben zwei Geschlechter doch auch genügt und überhaupt, wie war das damals mit Adam und Eva? Das waren ja schliesslich nicht Adam* und Eva*. Siehste! So einfach kann man es sich natürlich machen, andererseits kann man sich aber auch mal genauer mit dem ema Männ-lichkeit*en auseinandersetzen und – wenn vielleicht auch nicht unbedingt etwas ver-ändern – zumindest etwas anstossen bzw. einige Augen etwas önen.Das dachten sich auch die Herausge-ber* Valentin Moritz und Donat Blum des im Juli erschienenen Debattenbuches über Männlichkeit*en (so im Vorwort nachzule-sen). Hierzu versammelten sie Autor*innen aus der Schweiz, Österreich und Deutsch-land und gaben ihnen Raum, ihre Sicht von Männlichkeit zu präsentieren. Herausge-kommen sind dabei spannende Beiträge u. a. von der genderuiden non-binären Person Kim de l’Horizon (Schweizer Buchpreis und Deutscher Buchpreis 2023), Hermes Phett-berg, Diner Güçyeter – um nur ein paar Na-men zu nennen. Die beiden Herausgeber* beteiligen sich ebenfalls mit je einem Text und das Nachwort stammt von niemand an-derem als Mithu M. Sanyal («Identitti»). Diese befasst sich u.a. mit dem Begri der «toxischen Männlichkeit» und füllt sie aus einem meist wenig beachteten Blickwin-ANZEIGECRUISER SOMMER 2 017➔«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach .Pink, rosa, hellblau – das ist die Welt von Barbie, die jahrzehntelang das typische Mädchenspielzeug war. Mit dem Film dürfen sich nun aber auch Männer und alle anderen für Barbie interessieren. Der Film bricht auf erstaunlich kreative Weise mit Klischees.Während sich Frauen gemäss Statistik schnell Hilfe suchen, verkriechen sich Männer häufig irgendwo, wenn es ihnen schlecht geht.Man kann davon ausgehen, dass bei häuslicher Gewalt die Dunkelziffer bei den Männern höher liegt als bei den Frauen, welcher Mann will schon zuge-ben, dass er von (s)einer Frau geschlagen wurde?Man kann sich schon fragen, warum die Welt Männer nur als männlich ansieht, wenn sie sich den naturwissenschaftlichen Film rund um den Erfinder der Atombombe Oppenheimer an-sieht und rosafarbene Pullover tragende Männer als Unterwan-derer der Männlichkeit gelten.kel, nämlich dem, dass vor allem Männer die Opfer dieses toxischen Verhaltens sind, wäh-rend der Begri in den Medien meist eine weibliche Perspektive beschreibt, in er Frau-en von Männern unterdrückt oder verletzt werden. Viel häuger aber, sind es die Män-ner, die zum Beispiel unter den Erwartungen ihrer Väter leiden und gleichzeitig aber auf keinen Fall so werden wollen wie diese (Frie-demann Karig in «Gigolo»), oder – wie es Do-nat Blum in «In der Mitte die Burg, die eine Festung war» beschreibt – unter denen der Altersgenossen. ➔

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8 9CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGeschlechterregeln sind für Männer oft eine EinbahnstrasseHier kommen auch für bestimmte Alters-stufen typische Freizeitbeschäftigungen zur Sprache, die es Jungs oftmals erschwe-ren, eine freie Entscheidung über das eigene Füllen des Begries der Männlichkeit zu treen. Dazu gehören mit Sicherheit die im-mer noch beliebten Treen von Jugend-gruppen, z. B. die Pfadi- oder Cevi-Jugend. Hier werden «typische» Jungs-Dinge getan («Überleben» in der freien Natur, Kämpfe etc.). Früh wird vermittelt, dass Männlich-keit immer auch Wettbewerb ist. Und zwar ein Wettbewerb, dem man sich nicht ein-fach und schon gar nicht straos entziehen kann. Sollte man dies als Junge versuchen oder sollte man nicht so funktionieren, wie es gewünscht ist, weil man vielleicht Heim-weh hat oder Angst einen Fluss zu durch-queren, wird man zunächst ausgelacht und schliesslich ausgegrenzt. Mit solch einem «Mädchen» will «Mann» nichts zu tun ha-ben. Schnell lernt der Junge dort, dass man die Zähne besser zusammenbeisst und kei-ne Schwäche zeigt. Ein Verhalten, das von klein auf antrainiert wird und dass dann im Erwachsenenalter nicht mehr einfach abge-legt werden kann.Mit der Pubertät wird dann auch deut-lich, dass das Mann-Sein gerade in Bezug auf Sexualität strengen Regeln zu folgen hat. Selbstverständlich ist, dass Männer hetero-sexuell sind (warum ist es Fussballern so schwierig, sich als homosexuell zu outen, für Fussballerinnen hingegen ist dies über-haupt kein ema). Nur deswegen funktio-niert sexistische Werbung überhaupt, weil Medienschaende geifernde Männer im-mer noch als verkaufsfördernd wahrneh-men. Oder weswegen gibt es sonst immer noch für diverse Produkte – bei einer kur-zen Recherche wurden sowohl Beispiele aus der Nahrungsmittelindustrie, bei Haus-haltsprodukten als auch im Dienstleis-tungs- und Handwerksgewerbe gefunden – nackte oder zumindest sehr spärlich bekleidete Frauen als Lockvogel? Gleichzei-tig vermittelt diese Sicht aber allen Män-nern auch, dass der Sexualtrieb männlich ist und man diesem Diktum zu folgen hat, also begehren und jagen – natürlich Frauen (s. Jayrôme C. Robinet «Krieger oder Lo-ser»). Dazu gehört nicht nur, dass man Frau-en zur Not auch mit Gewalt oder unter Dro-gen gefügig macht (Diskussion um das Verhalten des Sängers Till Lindemann), sondern auch der käuiche Sex (Grönemey-er in «Männer»). Sich hier auszuklinken hat weitreichende (negative) Folgen: Ausla-chen, Ausgrenzen, Fertigmachen. Da kann man sich schon fragen, was ist einfacher auszuhalten, die Lüge oder die Folgen der Ehrlichkeit. Toleranz macht allen das Leben leichterLetzten Endes ist es wohl wie in dem oben genannten Beispiel mit den Depressionen: Hat man sich erst einmal geönet und geou-tet (in welcher Beziehung auch immer), wird es einfacher. In vielen Fällen ndet man Leidensgenoss*innen und Gleichge-sinnte, die einen Schutzwall aus Hilfe und Verständnis bilden. Deswegen sollte sich auch kein Mann davor scheuen, sich seiner eigenen Männlichkeit zu stellen und das Leben zu führen, das seinem Ich guttut. Gleichzeitig sollten wir alle uns aber auch selbst immer wieder hinterfragen, denn wie es die von Mithu M. Sanyal zitierte Publizis-ANZEIGEDann hocken sie halt mit rosa-farbenen Hoodies in Kinos und schauen sich einen Film einer menschgewordenen Plastik-puppe an. Wenn das die Alterna-tive dazu ist, dass sie die Welt in Schutt und Asche legen, nur zu Männer!LITERATURTIPPValentin Moritz, Donat Blum (Hgg.): Oh Boy. Männlichkeit*en heute. Kanon Verlag 2023.Preis CHF 31.90 ISBN 978-3-98568-066-5Queere Männer werden oft für ihr «falsches» Männlichkeitsbild angefeindet. Dagegen hilft nur Selbstbewusstsein und Unterstützung von aussen.SPLISTE 2Wir ergreifen ParteiFÜR ALLE MENSCHEN UND ALLE WEGE DER LIEBE.PRISKA SEILER GRAFpriskaseilergraf.chJEAN-DANIEL STRUBjdstrub.chMICHÈLE DÜNKI-BÄTTIGmichele-duenki-baettig.chMARCO DENOTHmarcodenoth.chtin Antje Schrupp so treend formuliert: «Wir überschätzen unsere Fähigkeit, Men-schen gleich zu behandeln.» Was auch be-deutet, dass wir teilweise Toleranzen gegen-über unserem eigenen Verhalten einfordern, es aber mit der eigenen Toleranz anderen gegenüber nicht weit her ist. Wenn wir uns das aber zum Ziel neh-men, könnten wir es vielleicht schaen, dass Männer zu gesünderen Wesen werden, dass sie Warnsignale ihres Körpers früh ge-nug wahr- und ernstnehmen, dass sie statt Gewalt Toleranz walten lassen und dass so viele Menschen sie selbst sein können, ohne irgendwelchen Normen entsprechen zu müssen. Und dann hocken sie halt mit rosa-farbenen Hoodies in Kinos und schauen sich einen Film einer menschgewordenen Plastikpuppe an. Wenn das die Alternative dazu ist, dass sie die Welt in Schutt und Asche legen, nur zu Männer!Zum Erscheinen des Buches «Oh Boy» im Kanon Verlag hatten wir die Gelegenheit, mit einem der Herausgeber, Donat Blum, ein Interview zu führen. Dieses ndet ihr auf Seite 28.

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8 9CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023GESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGESELLSCHAFTMÄNNLICHKEITGeschlechterregeln sind für Männer oft eine EinbahnstrasseHier kommen auch für bestimmte Alters-stufen typische Freizeitbeschäftigungen zur Sprache, die es Jungs oftmals erschwe-ren, eine freie Entscheidung über das eigene Füllen des Begries der Männlichkeit zu treen. Dazu gehören mit Sicherheit die im-mer noch beliebten Treen von Jugend-gruppen, z. B. die Pfadi- oder Cevi-Jugend. Hier werden «typische» Jungs-Dinge getan («Überleben» in der freien Natur, Kämpfe etc.). Früh wird vermittelt, dass Männlich-keit immer auch Wettbewerb ist. Und zwar ein Wettbewerb, dem man sich nicht ein-fach und schon gar nicht straos entziehen kann. Sollte man dies als Junge versuchen oder sollte man nicht so funktionieren, wie es gewünscht ist, weil man vielleicht Heim-weh hat oder Angst einen Fluss zu durch-queren, wird man zunächst ausgelacht und schliesslich ausgegrenzt. Mit solch einem «Mädchen» will «Mann» nichts zu tun ha-ben. Schnell lernt der Junge dort, dass man die Zähne besser zusammenbeisst und kei-ne Schwäche zeigt. Ein Verhalten, das von klein auf antrainiert wird und dass dann im Erwachsenenalter nicht mehr einfach abge-legt werden kann.Mit der Pubertät wird dann auch deut-lich, dass das Mann-Sein gerade in Bezug auf Sexualität strengen Regeln zu folgen hat. Selbstverständlich ist, dass Männer hetero-sexuell sind (warum ist es Fussballern so schwierig, sich als homosexuell zu outen, für Fussballerinnen hingegen ist dies über-haupt kein ema). Nur deswegen funktio-niert sexistische Werbung überhaupt, weil Medienschaende geifernde Männer im-mer noch als verkaufsfördernd wahrneh-men. Oder weswegen gibt es sonst immer noch für diverse Produkte – bei einer kur-zen Recherche wurden sowohl Beispiele aus der Nahrungsmittelindustrie, bei Haus-haltsprodukten als auch im Dienstleis-tungs- und Handwerksgewerbe gefunden – nackte oder zumindest sehr spärlich bekleidete Frauen als Lockvogel? Gleichzei-tig vermittelt diese Sicht aber allen Män-nern auch, dass der Sexualtrieb männlich ist und man diesem Diktum zu folgen hat, also begehren und jagen – natürlich Frauen (s. Jayrôme C. Robinet «Krieger oder Lo-ser»). Dazu gehört nicht nur, dass man Frau-en zur Not auch mit Gewalt oder unter Dro-gen gefügig macht (Diskussion um das Verhalten des Sängers Till Lindemann), sondern auch der käuiche Sex (Grönemey-er in «Männer»). Sich hier auszuklinken hat weitreichende (negative) Folgen: Ausla-chen, Ausgrenzen, Fertigmachen. Da kann man sich schon fragen, was ist einfacher auszuhalten, die Lüge oder die Folgen der Ehrlichkeit. Toleranz macht allen das Leben leichterLetzten Endes ist es wohl wie in dem oben genannten Beispiel mit den Depressionen: Hat man sich erst einmal geönet und geou-tet (in welcher Beziehung auch immer), wird es einfacher. In vielen Fällen ndet man Leidensgenoss*innen und Gleichge-sinnte, die einen Schutzwall aus Hilfe und Verständnis bilden. Deswegen sollte sich auch kein Mann davor scheuen, sich seiner eigenen Männlichkeit zu stellen und das Leben zu führen, das seinem Ich guttut. Gleichzeitig sollten wir alle uns aber auch selbst immer wieder hinterfragen, denn wie es die von Mithu M. Sanyal zitierte Publizis-ANZEIGEDann hocken sie halt mit rosa-farbenen Hoodies in Kinos und schauen sich einen Film einer menschgewordenen Plastik-puppe an. Wenn das die Alterna-tive dazu ist, dass sie die Welt in Schutt und Asche legen, nur zu Männer!LITERATURTIPPValentin Moritz, Donat Blum (Hgg.): Oh Boy. Männlichkeit*en heute. Kanon Verlag 2023.Preis CHF 31.90 ISBN 978-3-98568-066-5Queere Männer werden oft für ihr «falsches» Männlichkeitsbild angefeindet. Dagegen hilft nur Selbstbewusstsein und Unterstützung von aussen.SPLISTE 2Wir ergreifen ParteiFÜR ALLE MENSCHEN UND ALLE WEGE DER LIEBE.PRISKA SEILER GRAFpriskaseilergraf.chJEAN-DANIEL STRUBjdstrub.chMICHÈLE DÜNKI-BÄTTIGmichele-duenki-baettig.chMARCO DENOTHmarcodenoth.chtin Antje Schrupp so treend formuliert: «Wir überschätzen unsere Fähigkeit, Men-schen gleich zu behandeln.» Was auch be-deutet, dass wir teilweise Toleranzen gegen-über unserem eigenen Verhalten einfordern, es aber mit der eigenen Toleranz anderen gegenüber nicht weit her ist. Wenn wir uns das aber zum Ziel neh-men, könnten wir es vielleicht schaen, dass Männer zu gesünderen Wesen werden, dass sie Warnsignale ihres Körpers früh ge-nug wahr- und ernstnehmen, dass sie statt Gewalt Toleranz walten lassen und dass so viele Menschen sie selbst sein können, ohne irgendwelchen Normen entsprechen zu müssen. Und dann hocken sie halt mit rosa-farbenen Hoodies in Kinos und schauen sich einen Film einer menschgewordenen Plastikpuppe an. Wenn das die Alternative dazu ist, dass sie die Welt in Schutt und Asche legen, nur zu Männer!Zum Erscheinen des Buches «Oh Boy» im Kanon Verlag hatten wir die Gelegenheit, mit einem der Herausgeber, Donat Blum, ein Interview zu führen. Dieses ndet ihr auf Seite 28.

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10CRUISER OKTOBER 2023ANZEIGEMichi Rüegg trauert dem Sommer nach und plädiert fürs Nacktbaden (und gegen FKK-Herumlungernde).VON MICHI RÜEGGDiese Woche trieb ich mich an der ligurischen Küste herum zwecks Spätsommerferien. Auf Empfehlung hin besuchten einer meiner Reisepartner und ich einen Gay-FKK-Strand in der Nähe von Portono. Um dorthin zu gelangen, muss man ganz am Ende des Dorfes parkie-ren. Dann klettert man auf die bröckelige Mauer einer verlassenen Villa und hangelt sich einem rostigen Gitter dieser Mauer ent-lang bis zum Wasser. Von dort balanciert man knapp hundert Meter weit auf der Mauer bis zu Gebüschen, durch die hin-durch man zum ersten Teil des steinigen Strandes gelangt. Dort hat’s ein paar Her-ren, am Wochenende oenbar gelegentlich auch Heteros. Man klettert über Felsbro-cken noch weiter bis zu einem Felsvor-sprung, an dem ein Seil herunterhängt. Mit-hilfe des Seils erklimmt man eine stillgelegtes Eisenbahntrasse und betritt einen in die Jahre gekommenen dunklen Tunnel. Hat man das Ende des Tunnels er-reicht, kann man über diverse felsige Platt-formen mühevoll zum Wasser hinunterklet-tern und sich am Arsch der Welt ein ruhiges Plätzchen suchen.Mit anderen Worten: Der Ort ist ziem-lich abgeschieden und wird entsprechend nur von einigen wenigen Connaisseurs fre-quentiert. Interessanterweise tragen man-che der Herren hier noch immer eine Bade-hose. Und das irritiert sehr.Ich nde Nacktbaden die einzige wirk-lich vernünftige Form des Badens. Nasse Höschen sind das Letzte. Es gibt keinen rati-onalen Grund, weshalb man für den Gang ins Wasser ein Stück Sto um die Lenden tragen sollte. Nur unsere grässliche Scham-kultur hat uns das eingetrichtert.Doch Militanz liegt mir fern, ich ak-zeptiere bereitwillig, dass man in Hallen-bädern, Badis und so ziemlich jeder Natur-badestelle an jedem See und jedem Fluss in der Schweiz eine Hose zu tragen hat. Was mich hingegen nervt: Sucht man einen der wirklich raren Plätze auf, an denen dies nicht als Picht angesehen wird, sind in der Regel die Naturisten nicht unter sich.Die Zürcher Werdinsel ist so ein Plätz-chen – wobei, nicht die gesamte Werdinsel und auch nicht die Hälfte der Werdinsel: Nein, ein kleiner Bereich ganz am Ende ist als FKK-Zone ausgeschildert. Trotzdem zieht es die Textilliebhaber in Scharen dorthin (und regelmässig auch bewanete Beamte der Stadtpolizei, die sich oenbar sehr davor fürchtet, nackte Menschen könnten schwere Straftaten begehen). Manchmal sieht man im Nacktbereich der Werdinsel ganze Gruppen in Badehosen, die es sich nicht nehmen lassen, Naturisten blöd anzuschauen. In der Stadt Zürich gibt es gefühlte 800 Badeplätze und gerade mal zwei davon gelten als FKK-Bereiche. Was macht sie für Menschen in Badehosen dermassen attrak-tiv? Gut, da sind die Spanner. Aber die tra-gen meist Jeans und T-Shirts und tun so, als würden sie bloss sehr langsam spazieren. Der Rest sind Menschen, die sich entweder als Angezogene gerne unter Nackten auf-halten. Oder aber den Wunsch hegen, durch ihre Präsenz den Ort zu entweihen. Die Geschichte von Nacktstränden verläuft häug nach einem ähnlichen Mus-ter: Naturist*innen nden ein wunderschö-nes und schwer zu erreichendes Plätzchen, wo man sie in Ruhe lässt. Mit der Zeit ent-decken auch Textilbadende den Ort und be-ginnen, ihn zu frequentieren. Irgendwann ziehen dann die Nudist*innen frustriert eine Bucht weiter. Und später folgen einmal mehr die Badehosen. Siehe Mykonos: Wo man früher nackig war, sieht man heute nur noch grosse Stofetzen.Und sitzt man irgendwo bei Tisch, hört man Sätze wie: «Ui nein, ich nde Nackt baden schrecklich. So etwas möchte doch niemand sehen!» Ich habe nie ver-standen, weshalb Menschen eine solche Furcht vor Körpern haben. Vielleicht ent-stammt sie der tief empfundenen Unzufrie-denheit über die eigene Ausstattung. Oder dem seltsamen Gedanken, dass Scham eine grossartige zivilisatorische Eigenschaft ist. Dabei hat jedes Himbeerjoghurt mehr Kul-tur als diese Leute.Einen Lichtblick gibt es jedoch. Immer wieder gesellen sich auch jüngere Queers zu uns Nacktbader*innen. Der Sinn für die letzte grosse Freiheit scheint trotz textiler Übergrigkeit noch nicht ganz im Keim er-stickt zu sein. Es besteht also eine gewisse Honung. Weg mit dem nassen Stoff am FudiKOLUMNEMICHI RÜEGGManchmal sieht man im Nackt-bereich der Werdinsel ganze Gruppen in Badehosen, die es sich nicht nehmen lassen, Naturisten blöd anzuschauen.

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10CRUISER OKTOBER 2023ANZEIGEMichi Rüegg trauert dem Sommer nach und plädiert fürs Nacktbaden (und gegen FKK-Herumlungernde).VON MICHI RÜEGGDiese Woche trieb ich mich an der ligurischen Küste herum zwecks Spätsommerferien. Auf Empfehlung hin besuchten einer meiner Reisepartner und ich einen Gay-FKK-Strand in der Nähe von Portono. Um dorthin zu gelangen, muss man ganz am Ende des Dorfes parkie-ren. Dann klettert man auf die bröckelige Mauer einer verlassenen Villa und hangelt sich einem rostigen Gitter dieser Mauer ent-lang bis zum Wasser. Von dort balanciert man knapp hundert Meter weit auf der Mauer bis zu Gebüschen, durch die hin-durch man zum ersten Teil des steinigen Strandes gelangt. Dort hat’s ein paar Her-ren, am Wochenende oenbar gelegentlich auch Heteros. Man klettert über Felsbro-cken noch weiter bis zu einem Felsvor-sprung, an dem ein Seil herunterhängt. Mit-hilfe des Seils erklimmt man eine stillgelegtes Eisenbahntrasse und betritt einen in die Jahre gekommenen dunklen Tunnel. Hat man das Ende des Tunnels er-reicht, kann man über diverse felsige Platt-formen mühevoll zum Wasser hinunterklet-tern und sich am Arsch der Welt ein ruhiges Plätzchen suchen.Mit anderen Worten: Der Ort ist ziem-lich abgeschieden und wird entsprechend nur von einigen wenigen Connaisseurs fre-quentiert. Interessanterweise tragen man-che der Herren hier noch immer eine Bade-hose. Und das irritiert sehr.Ich nde Nacktbaden die einzige wirk-lich vernünftige Form des Badens. Nasse Höschen sind das Letzte. Es gibt keinen rati-onalen Grund, weshalb man für den Gang ins Wasser ein Stück Sto um die Lenden tragen sollte. Nur unsere grässliche Scham-kultur hat uns das eingetrichtert.Doch Militanz liegt mir fern, ich ak-zeptiere bereitwillig, dass man in Hallen-bädern, Badis und so ziemlich jeder Natur-badestelle an jedem See und jedem Fluss in der Schweiz eine Hose zu tragen hat. Was mich hingegen nervt: Sucht man einen der wirklich raren Plätze auf, an denen dies nicht als Picht angesehen wird, sind in der Regel die Naturisten nicht unter sich.Die Zürcher Werdinsel ist so ein Plätz-chen – wobei, nicht die gesamte Werdinsel und auch nicht die Hälfte der Werdinsel: Nein, ein kleiner Bereich ganz am Ende ist als FKK-Zone ausgeschildert. Trotzdem zieht es die Textilliebhaber in Scharen dorthin (und regelmässig auch bewanete Beamte der Stadtpolizei, die sich oenbar sehr davor fürchtet, nackte Menschen könnten schwere Straftaten begehen). Manchmal sieht man im Nacktbereich der Werdinsel ganze Gruppen in Badehosen, die es sich nicht nehmen lassen, Naturisten blöd anzuschauen. In der Stadt Zürich gibt es gefühlte 800 Badeplätze und gerade mal zwei davon gelten als FKK-Bereiche. Was macht sie für Menschen in Badehosen dermassen attrak-tiv? Gut, da sind die Spanner. Aber die tra-gen meist Jeans und T-Shirts und tun so, als würden sie bloss sehr langsam spazieren. Der Rest sind Menschen, die sich entweder als Angezogene gerne unter Nackten auf-halten. Oder aber den Wunsch hegen, durch ihre Präsenz den Ort zu entweihen. Die Geschichte von Nacktstränden verläuft häug nach einem ähnlichen Mus-ter: Naturist*innen nden ein wunderschö-nes und schwer zu erreichendes Plätzchen, wo man sie in Ruhe lässt. Mit der Zeit ent-decken auch Textilbadende den Ort und be-ginnen, ihn zu frequentieren. Irgendwann ziehen dann die Nudist*innen frustriert eine Bucht weiter. Und später folgen einmal mehr die Badehosen. Siehe Mykonos: Wo man früher nackig war, sieht man heute nur noch grosse Stofetzen.Und sitzt man irgendwo bei Tisch, hört man Sätze wie: «Ui nein, ich nde Nackt baden schrecklich. So etwas möchte doch niemand sehen!» Ich habe nie ver-standen, weshalb Menschen eine solche Furcht vor Körpern haben. Vielleicht ent-stammt sie der tief empfundenen Unzufrie-denheit über die eigene Ausstattung. Oder dem seltsamen Gedanken, dass Scham eine grossartige zivilisatorische Eigenschaft ist. Dabei hat jedes Himbeerjoghurt mehr Kul-tur als diese Leute.Einen Lichtblick gibt es jedoch. Immer wieder gesellen sich auch jüngere Queers zu uns Nacktbader*innen. Der Sinn für die letzte grosse Freiheit scheint trotz textiler Übergrigkeit noch nicht ganz im Keim er-stickt zu sein. Es besteht also eine gewisse Honung. Weg mit dem nassen Stoff am FudiKOLUMNEMICHI RÜEGGManchmal sieht man im Nackt-bereich der Werdinsel ganze Gruppen in Badehosen, die es sich nicht nehmen lassen, Naturisten blöd anzuschauen.

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12 13CRUISER OKTOBER 2023Werbung, Glamour und junge Männer: Das ist die Welt des Fotografen Walter Pfeiffer. Das Kunstmuseum Luzern widmet dem Schweizer eine Ausstellung.VON HAYMO EMPL Eine Person mit vier Beinen, durch ein Champagnerglas vergrösserte Augen, ein Bouquet roter Tulpen – Walter Pfeier entführt das Publikum in eine spie-lerisch vergnügliche Bildwelt. Typisch für seine Kunst sind kleine Makel, grelles Blitz-licht, nackte Körper, kräftige Farben, inten-sive Blicke. Auf der Suche nach Schönheit ist Walter Pfeiers Arbeit zeitlos und fernab klischeehafter Ideale. Mit «Sincerely, Walter Pfeier» zeigt das Kunstmuseum Luzern eine umfassende Retrospektive des Schwei-zer Künstlers und präsentiert Werke von den frühen 1970er-Jahren bis heute. Vom Underground ins RampenlichtDer gebürtige Schahauser zählte lange Jahre zu den Szene-Fotografen. Seine Arbei-KULTURAUSSTELLUNG IN LUZERNKULTURAUSSTELLUNG IN WINTERTHURBild © Haymo EmplWalter Pfeiffer sucht mit der fotografischen Linse nach Schönheit, der Darstellung des männlichen Körpers fernab klischeehafter Ideale sowie nach verspielter Erotik und Leichtigkeit.Der Jüngling an sichten wurden erst ab den frühen 2000er- Jahren durch Beiträge für die Zeitschriften «i-D» oder «Vogue» einem grösseren Publi-kum bekannt. SIKART, das Lexikon zur Kunst in der Schweiz, schreibt über den Fo-tografen: «Leichtigkeit, Witz, Eleganz, Ero-tik und ein souveränes Spiel mit Wirklich-keit und Künstlichkeit zeichnen Walter Pfeiers fotograsches und malerisches Werk aus.» Und weiter: « In den 1970er-Jah-ren erlangt Pfeier erste Anerkennung für seine grossformatigen, hyperrealistischen Bleistiftzeichnungen, daneben beginnt er zu fotograeren, anfänglich als Gedächt-nisstütze für seine Zeichnungen, bald je-doch als eigenständige Disziplin. Hauptins-piration ist ihm in den 1970er-Jahren seine Entourage von jungen Männern und ele-ganten Frauen, die er in Fotograen und Zeichnungen festhält.» Treender könnte ein Kurzbeschrieb über den Künstler nicht sein; denn die «jungen Männer» sind in sei-nem Schaen allgegenwärtig, die «elegan-ten Frauen» mal mehr, mal weniger. Das Kunstmuseum Luzern hat eine Auswahl seiner Werke ausgestellt. Kuratiert wurde die Ausstellung von Fanni Fetzer. Von der Müllhalde ins MuseumRecherchiert man in der SMD (Schweizeri-sche Mediendatenbank), dann stösst man auf weit über 100 Artikel über das Schaen des Künstlers. Bereits in den sehr frühen 1970er-Jahren ndet der Fotograf in der NZZ statt; wenn auch nur mit einer Rand-notiz. Dass der Fotograf viel mehr als nur eine solche ist, zeigt das Kunstmuseum Lu-zern eindrücklich. Zu sehen gibt es unter anderem auch den legendären Katzenpara-vent. Dieser wurde jahrelang in einem Schulhaus (konkret: in jenem Schulhaus, in welchem der Künstler zur Schule ging) zwischen gelagert und schliesslich beim Umbau des Schulhauses entsorgt. Ein ehe-maliger Schul freund sah den Pfeierschen Katzenkopf-Paravent und rettet diesen aus der Mulde. Vom Müll ins Museum; die gan-ze Geschichte kann man im Kunstmuseum Luzern erfahren, wenn man an einer der kostenlosen Führungen teilnimmt. Sehr empfehlenswert! Von der Pleite zur TraumgageWalter Pfeier hatte in den 1980er- und 1990er-Jahren einen Höhenug nach dem anderen. Seine Bilder waren gefragt. In den späteren 1990er-Jahren wurde es ruhiger um den Fotografen, er zog sich zurück und zeichnete. (Wie gut er das gemacht hat, wird sich Jahre später zeigen.)Erst als die Werkschau «Welcome Ab-road» im Jahr 2000 erscheint, beginnt Wal-ter Pfeier wieder zu fotograeren. Mit ei-ner neuen Strategie: Er nimmt Auftrags- arbeiten an, die ihn dazu zwingen, seine Komfortzone – das Private, den «Under-ground» – zu verlassen. Der Erfolg lässt auf sich warten, vorerst passiert gar nichts.In einem Gespräch mit Martin Jäggi – Herausgeber des legendären «Scrapbook» (vergrien, wird zu Höchstpreisen gehan-delt) – gibt Walter Pfeier unumwunden zu: «Ich war dann gezwungen, irgendwie Geld zu verdienen, denn ich war auf Null – in je-der Hinsicht. Ich begann, Aufträge anzu-nehmen und zwang mich, andere Men-schen als meinen Bekanntenkreis zu fotograeren. (…) Ich musste lernen, mit fremden Menschen umzugehen für Aufträ-ge. Da hiess es: Fotograeren sie Frau So-undso für unser Magazin. Und wenn ich bei Frau Soundso zuhause war und mit ihr plauderte, schaute ich mich innerlich je-weils um und überlegte, wo ich sie am bes-ten ablichten konnte. So lernte ich, langsam professionell zu werden, wirklich langsam.» Das Buch «Welcome Abroad» war bei Er-scheinen nur eines von vielen Fotobüchern. «Ich musste mir alles Schritt für Schritt er-kämpfen», so Pfeier im Gespräch. «Es war nicht überwältigend, wie es jetzt ist, ich war froh um alles, was kam». Mit dem Erfolg be-gann sich auch «Welcome Abroad» zu ver-kaufen; man wurde auf den Schweizer auch im Ausland aufmerksam.Vom Pelzhaus zur VogueWalter Pfeier bekommt von einem deut-schen Modemagazin den ersten grossen ausländischen Auftrag. «Ich hatte vorher nur einmal mit einem professionellen Modell gearbeitet», erklärt Walter Pfeier. «Das war 1975 als ich eine Pelzmantelkol-lektion für das Pelzhaus Bisang aufnahm. Der Graker Jean Robert, der später die ers-ten Kollektionen der Swatch-Uhren verant-wortete, hatte mich angefragt. (…) Als er ➔ Walter Pfeiffer gelingt es heute mehr denn je, zwischen High-Fashion-Auftragsfotografie und bildender Kunst zu changieren. Sein Werk entzieht sich klassi-schen Vorstellungen von männ-lich oder weiblich und zeigt keine vollendete Schönheit.ANZEIGEGIRODBASTIENWIEDER IN DEN NATIONALRATFÜR NACHHALTIGE LÖSUNGENDANIEL LEUPIIN DEN STÄNDERATGRÜNELISTE 3

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12 13CRUISER OKTOBER 2023Werbung, Glamour und junge Männer: Das ist die Welt des Fotografen Walter Pfeiffer. Das Kunstmuseum Luzern widmet dem Schweizer eine Ausstellung.VON HAYMO EMPL Eine Person mit vier Beinen, durch ein Champagnerglas vergrösserte Augen, ein Bouquet roter Tulpen – Walter Pfeier entführt das Publikum in eine spie-lerisch vergnügliche Bildwelt. Typisch für seine Kunst sind kleine Makel, grelles Blitz-licht, nackte Körper, kräftige Farben, inten-sive Blicke. Auf der Suche nach Schönheit ist Walter Pfeiers Arbeit zeitlos und fernab klischeehafter Ideale. Mit «Sincerely, Walter Pfeier» zeigt das Kunstmuseum Luzern eine umfassende Retrospektive des Schwei-zer Künstlers und präsentiert Werke von den frühen 1970er-Jahren bis heute. Vom Underground ins RampenlichtDer gebürtige Schahauser zählte lange Jahre zu den Szene-Fotografen. Seine Arbei-KULTURAUSSTELLUNG IN LUZERNKULTURAUSSTELLUNG IN WINTERTHURBild © Haymo EmplWalter Pfeiffer sucht mit der fotografischen Linse nach Schönheit, der Darstellung des männlichen Körpers fernab klischeehafter Ideale sowie nach verspielter Erotik und Leichtigkeit.Der Jüngling an sichten wurden erst ab den frühen 2000er- Jahren durch Beiträge für die Zeitschriften «i-D» oder «Vogue» einem grösseren Publi-kum bekannt. SIKART, das Lexikon zur Kunst in der Schweiz, schreibt über den Fo-tografen: «Leichtigkeit, Witz, Eleganz, Ero-tik und ein souveränes Spiel mit Wirklich-keit und Künstlichkeit zeichnen Walter Pfeiers fotograsches und malerisches Werk aus.» Und weiter: « In den 1970er-Jah-ren erlangt Pfeier erste Anerkennung für seine grossformatigen, hyperrealistischen Bleistiftzeichnungen, daneben beginnt er zu fotograeren, anfänglich als Gedächt-nisstütze für seine Zeichnungen, bald je-doch als eigenständige Disziplin. Hauptins-piration ist ihm in den 1970er-Jahren seine Entourage von jungen Männern und ele-ganten Frauen, die er in Fotograen und Zeichnungen festhält.» Treender könnte ein Kurzbeschrieb über den Künstler nicht sein; denn die «jungen Männer» sind in sei-nem Schaen allgegenwärtig, die «elegan-ten Frauen» mal mehr, mal weniger. Das Kunstmuseum Luzern hat eine Auswahl seiner Werke ausgestellt. Kuratiert wurde die Ausstellung von Fanni Fetzer. Von der Müllhalde ins MuseumRecherchiert man in der SMD (Schweizeri-sche Mediendatenbank), dann stösst man auf weit über 100 Artikel über das Schaen des Künstlers. Bereits in den sehr frühen 1970er-Jahren ndet der Fotograf in der NZZ statt; wenn auch nur mit einer Rand-notiz. Dass der Fotograf viel mehr als nur eine solche ist, zeigt das Kunstmuseum Lu-zern eindrücklich. Zu sehen gibt es unter anderem auch den legendären Katzenpara-vent. Dieser wurde jahrelang in einem Schulhaus (konkret: in jenem Schulhaus, in welchem der Künstler zur Schule ging) zwischen gelagert und schliesslich beim Umbau des Schulhauses entsorgt. Ein ehe-maliger Schul freund sah den Pfeierschen Katzenkopf-Paravent und rettet diesen aus der Mulde. Vom Müll ins Museum; die gan-ze Geschichte kann man im Kunstmuseum Luzern erfahren, wenn man an einer der kostenlosen Führungen teilnimmt. Sehr empfehlenswert! Von der Pleite zur TraumgageWalter Pfeier hatte in den 1980er- und 1990er-Jahren einen Höhenug nach dem anderen. Seine Bilder waren gefragt. In den späteren 1990er-Jahren wurde es ruhiger um den Fotografen, er zog sich zurück und zeichnete. (Wie gut er das gemacht hat, wird sich Jahre später zeigen.)Erst als die Werkschau «Welcome Ab-road» im Jahr 2000 erscheint, beginnt Wal-ter Pfeier wieder zu fotograeren. Mit ei-ner neuen Strategie: Er nimmt Auftrags- arbeiten an, die ihn dazu zwingen, seine Komfortzone – das Private, den «Under-ground» – zu verlassen. Der Erfolg lässt auf sich warten, vorerst passiert gar nichts.In einem Gespräch mit Martin Jäggi – Herausgeber des legendären «Scrapbook» (vergrien, wird zu Höchstpreisen gehan-delt) – gibt Walter Pfeier unumwunden zu: «Ich war dann gezwungen, irgendwie Geld zu verdienen, denn ich war auf Null – in je-der Hinsicht. Ich begann, Aufträge anzu-nehmen und zwang mich, andere Men-schen als meinen Bekanntenkreis zu fotograeren. (…) Ich musste lernen, mit fremden Menschen umzugehen für Aufträ-ge. Da hiess es: Fotograeren sie Frau So-undso für unser Magazin. Und wenn ich bei Frau Soundso zuhause war und mit ihr plauderte, schaute ich mich innerlich je-weils um und überlegte, wo ich sie am bes-ten ablichten konnte. So lernte ich, langsam professionell zu werden, wirklich langsam.» Das Buch «Welcome Abroad» war bei Er-scheinen nur eines von vielen Fotobüchern. «Ich musste mir alles Schritt für Schritt er-kämpfen», so Pfeier im Gespräch. «Es war nicht überwältigend, wie es jetzt ist, ich war froh um alles, was kam». Mit dem Erfolg be-gann sich auch «Welcome Abroad» zu ver-kaufen; man wurde auf den Schweizer auch im Ausland aufmerksam.Vom Pelzhaus zur VogueWalter Pfeier bekommt von einem deut-schen Modemagazin den ersten grossen ausländischen Auftrag. «Ich hatte vorher nur einmal mit einem professionellen Modell gearbeitet», erklärt Walter Pfeier. «Das war 1975 als ich eine Pelzmantelkol-lektion für das Pelzhaus Bisang aufnahm. Der Graker Jean Robert, der später die ers-ten Kollektionen der Swatch-Uhren verant-wortete, hatte mich angefragt. (…) Als er ➔ Walter Pfeiffer gelingt es heute mehr denn je, zwischen High-Fashion-Auftragsfotografie und bildender Kunst zu changieren. Sein Werk entzieht sich klassi-schen Vorstellungen von männ-lich oder weiblich und zeigt keine vollendete Schönheit.ANZEIGEGIRODBASTIENWIEDER IN DEN NATIONALRATFÜR NACHHALTIGE LÖSUNGENDANIEL LEUPIIN DEN STÄNDERATGRÜNELISTE 3

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14 15CRUISER OKTOBER 2023Bild oben rechts © Marc Latzel, 2023 ProLitteris, Zürich / Bild links © 2023 ProLitteris, Zürich / Bild Walter Pfeiffer © Reto Schmid, 2022KULTURAUSSTELLUNG IN LUZERNBUCHTIPPMatt Rowland Hill: Erbsünde. Kein & Aber Verlag 2023.Preis CHF 33.90 ISBN 978-3-0369-5006-8VON BIRGIT KAWOHLDie meisten von uns erinnern sich sicherlich noch an den Longseller «Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo», der in den 1970er-Jahren für Furore sorgte und spätestens mit der Ver-lmung von 1981 dann in aller Munde war. Jugendliche damals bekamen das Schicksal von Christiane Felscherinow, so der bürger-liche Name der Protagonistin, gerne von El-tern und Lehrkräften mahnend als Beispiel eines verkorksten Lebens vorgehalten, um sie so zum Lernen und Gehorchen zu bringen.Der Journalist Matt Rowland Hill, der 1984 in Südwales geboren wurde, erzählt in seinem Roman «Erbsünde» (englischer Ori-ginaltitel «Original Sins»), die Geschichte seiner eigenen Drogensucht, schat somit eine ähnliche Ausgangslage wie das deut-sche Buch aus dem letzten Jahrhundert. Da-mit endet aber auch schon die Übereinstim-mung. Denn Hill gelingt mit «Erbsünde» ein sprachlich und inhaltlich grandioses Werk, das man, einmal mit dem Lesen begonnen, kaum mehr aus der Hand legen mag.Alleine der erste Satz («Gibt es etwas Schöneres als den Anblick eines sauberen Spritzbestecks, morgenfrisch aus der Apo-theke?») und das darauf folgende Desaster eines Drogenkonsums während einer Beer-digung, bei der er sich vor allen Leuten in die Hosen scheisst, nimmt die Leser*innen so-fort gefangen und bestimmt dann auch den weiteren Ton der Erzählung, die bei aller Schwere und Grausamkeit trotzdem oftmals etwas Heiteres hat. Schnell stellt sich das Ge-fühl ein, hier spricht jemand, der durch das tiefste Elend gewatet ist und sich trotzdem seinen Lebensmut nicht hat nehmen lassen.Wir begleiten Matthew ab seiner Kind-heit mit seiner Familie durch nicht gerade glückliche Zeiten. Aufgewachsen in einer streng religiösen Familie, er selbst der Bibel und Jesus mit ganzem Herzen und voller Kraft zugewandt, stösst er bald an Grenzen jeglicher Art. Zunächst einmal herrscht in der Familie nicht gerade der Umgangston der christlichen Liebe, die Eltern streiten fortwährend und lautstark, die Kinder wer-den mehr mit Strenge als mit Liebe erzogen, Glücksmomente sind eher selten. Irgend-wann kommen Zweifel – wie kann es sein, dass Gott Menschen verhungern lässt, wieso werden Homosexuelle verteufelt, wo doch sein eigener Bruder schwul ist –, dann wen-det sich Matt mit aller Kraft vom Glauben ab und mit ebensolcher Kraft den Drogen zu. Immer ist er eigentlich auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit sowie nach einer (bedingungslosen) Anerkennung seiner selbst, doch die tiefsitzende Religiosität sei-ner Eltern – insbesondere seiner Mutter, sein Vater hat selbst ein paar Schwächen und nimmt manche Regel nicht ganz so ernst – lässt dies nicht zu, sodass Matt einen langen Weg gehen muss, bis er zu der Erkenntnis kommen kann, dass ein Leben ohne Drogen möglich und vor allem lebenswert ist. Viele Gründe können dazu führen, dass jemand drogensüchtig wird. So plausibel, eingängig und zugleich verstörend wie von Hill wurde dies aber selten beschrieben.Christiane F. in britisch (und männlich)KULTURBUCHTIPPnachher die Fotos sah, meinte er: ‹Die Fotos sind ja richtig gut! Das hätte ich nie ge-dacht.› Das war in etwa die Stimmung da-mals – ich galt als Amateurfotograf, kein Vergleich mit den grossen Pros mit ihren Hasselblad Kameras.» Walter Pfeier beginnt für «Vogue Homme», «Vogue Paris» und das Londoner Magazin «I-D» zu arbeiten. Sein Stil gilt in der Fashionwelt als kompromisslos und ei-genwillig. Etwas, das vor allem im Bereich High-Fashion gut ankommt. Walter Pfeier: Ein gefeierter Star am Fashion-Himmel; er hat für Tom Ford gear-beitet, machte Shootings für die Vogue, ist Zeichner, Fotograf und eatermacher. Fassbar ist der Künstler nicht wirklich, sei-ne Werke werden im Ausstellungskatalog des Kunstmuseums Luzern als «quecksilb-rig in seiner Gesamtheit» beschrieben und daher ist sein Schaen als solches für viele Kunstliebhabende nur schwer zu greifen. Was ihn und seine Werke dafür umso span-nender macht: Die ganz Grossen der (Mode)branche standen bei ihm Schlange. Im Ge-spräch mit Martin Jäggi, Herausgeber des Buches «Welcome Abroad» erinnert sich der Künstler: «Die riefen an und sagten: ‹Wir wollen dich für Tom Ford.› Ich fand, das gehe nicht, ich könne das nie im Leben. Ich sagte mehrmals nein, bis ich schliesslich fand: Weshalb eigentlich nicht? Ich kann es ja ausprobieren.» Was er dann auch tat; man war so begeistert von seinen Bildern, dass Walter Pfeier eine Fotostrecke für das Lon-doner Magazin «I-D» bekam. Walter Pfeif-fer: «Mich rief der Art Director Dean Lang-ley an: ‹You have twelfe pages.› Nachher kam I-D immer wieder auf mich zu (…).»Walter Pfeier gelingt es heute mehr denn je, zwischen High-Fashion-Auftrags-fotograe und bildender Kunst zu changie-ren. Sein Werk entzieht sich klassischen Vorstellungen von männlich oder weiblich und zeigt keine vollendete Schönheit, son-dern kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Haut und kräftige Farben. Grossartige Kunst – zu sehen im Kunstmuseum Luzern bis 22.10. 2023. WALTER PFEIFFER (*1946)Nach einer Lehre als Dekorateur Besuch der F + F-Klasse an der damaligen Kunstgewerbe-schule Zürich. Ab 1971 freischaffender Künstler und Gestalter, daneben Lehrtätigkeit an der neu gegründeten F + F-Schule für Kunst und Design in Zürich. Einzelausstellungen unter an-derem 1986 in der Kunsthalle Basel, 2004 im Centre Culturel Suisse, Paris, 2008 im Swiss Institute, New York, und ebenfalls 2008 im Fotomuseum Winterthur.ANZEIGE30 TableenPrEP für 50 CHFIm Webshop oder direkt in der Apotheke!Seminarstr. 1 8057 Zürich 044 361 61 61www.swissprep.ch→Typisch für Walter Pfeiffers Kunst sind kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Haut, kräftige Farben, intensive Blicke.Die meist männlichen Modelle entzie-hen sich klassischen Assoziationen von männlich und weiblich. Im Kunst-museum Luzern sind auch die frühen Werke von Walter Pfeiffer ausgestellt, unter anderem der Katzen-Paravent.Typisch für Walter Pfeiffers Kunst sind kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Körper, kräf-tige Farben, intensive Blicke.

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14 15CRUISER OKTOBER 2023Bild oben rechts © Marc Latzel, 2023 ProLitteris, Zürich / Bild links © 2023 ProLitteris, Zürich / Bild Walter Pfeiffer © Reto Schmid, 2022KULTURAUSSTELLUNG IN LUZERNBUCHTIPPMatt Rowland Hill: Erbsünde. Kein & Aber Verlag 2023.Preis CHF 33.90 ISBN 978-3-0369-5006-8VON BIRGIT KAWOHLDie meisten von uns erinnern sich sicherlich noch an den Longseller «Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo», der in den 1970er-Jahren für Furore sorgte und spätestens mit der Ver-lmung von 1981 dann in aller Munde war. Jugendliche damals bekamen das Schicksal von Christiane Felscherinow, so der bürger-liche Name der Protagonistin, gerne von El-tern und Lehrkräften mahnend als Beispiel eines verkorksten Lebens vorgehalten, um sie so zum Lernen und Gehorchen zu bringen.Der Journalist Matt Rowland Hill, der 1984 in Südwales geboren wurde, erzählt in seinem Roman «Erbsünde» (englischer Ori-ginaltitel «Original Sins»), die Geschichte seiner eigenen Drogensucht, schat somit eine ähnliche Ausgangslage wie das deut-sche Buch aus dem letzten Jahrhundert. Da-mit endet aber auch schon die Übereinstim-mung. Denn Hill gelingt mit «Erbsünde» ein sprachlich und inhaltlich grandioses Werk, das man, einmal mit dem Lesen begonnen, kaum mehr aus der Hand legen mag.Alleine der erste Satz («Gibt es etwas Schöneres als den Anblick eines sauberen Spritzbestecks, morgenfrisch aus der Apo-theke?») und das darauf folgende Desaster eines Drogenkonsums während einer Beer-digung, bei der er sich vor allen Leuten in die Hosen scheisst, nimmt die Leser*innen so-fort gefangen und bestimmt dann auch den weiteren Ton der Erzählung, die bei aller Schwere und Grausamkeit trotzdem oftmals etwas Heiteres hat. Schnell stellt sich das Ge-fühl ein, hier spricht jemand, der durch das tiefste Elend gewatet ist und sich trotzdem seinen Lebensmut nicht hat nehmen lassen.Wir begleiten Matthew ab seiner Kind-heit mit seiner Familie durch nicht gerade glückliche Zeiten. Aufgewachsen in einer streng religiösen Familie, er selbst der Bibel und Jesus mit ganzem Herzen und voller Kraft zugewandt, stösst er bald an Grenzen jeglicher Art. Zunächst einmal herrscht in der Familie nicht gerade der Umgangston der christlichen Liebe, die Eltern streiten fortwährend und lautstark, die Kinder wer-den mehr mit Strenge als mit Liebe erzogen, Glücksmomente sind eher selten. Irgend-wann kommen Zweifel – wie kann es sein, dass Gott Menschen verhungern lässt, wieso werden Homosexuelle verteufelt, wo doch sein eigener Bruder schwul ist –, dann wen-det sich Matt mit aller Kraft vom Glauben ab und mit ebensolcher Kraft den Drogen zu. Immer ist er eigentlich auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit sowie nach einer (bedingungslosen) Anerkennung seiner selbst, doch die tiefsitzende Religiosität sei-ner Eltern – insbesondere seiner Mutter, sein Vater hat selbst ein paar Schwächen und nimmt manche Regel nicht ganz so ernst – lässt dies nicht zu, sodass Matt einen langen Weg gehen muss, bis er zu der Erkenntnis kommen kann, dass ein Leben ohne Drogen möglich und vor allem lebenswert ist. Viele Gründe können dazu führen, dass jemand drogensüchtig wird. So plausibel, eingängig und zugleich verstörend wie von Hill wurde dies aber selten beschrieben.Christiane F. in britisch (und männlich)KULTURBUCHTIPPnachher die Fotos sah, meinte er: ‹Die Fotos sind ja richtig gut! Das hätte ich nie ge-dacht.› Das war in etwa die Stimmung da-mals – ich galt als Amateurfotograf, kein Vergleich mit den grossen Pros mit ihren Hasselblad Kameras.» Walter Pfeier beginnt für «Vogue Homme», «Vogue Paris» und das Londoner Magazin «I-D» zu arbeiten. Sein Stil gilt in der Fashionwelt als kompromisslos und ei-genwillig. Etwas, das vor allem im Bereich High-Fashion gut ankommt. Walter Pfeier: Ein gefeierter Star am Fashion-Himmel; er hat für Tom Ford gear-beitet, machte Shootings für die Vogue, ist Zeichner, Fotograf und eatermacher. Fassbar ist der Künstler nicht wirklich, sei-ne Werke werden im Ausstellungskatalog des Kunstmuseums Luzern als «quecksilb-rig in seiner Gesamtheit» beschrieben und daher ist sein Schaen als solches für viele Kunstliebhabende nur schwer zu greifen. Was ihn und seine Werke dafür umso span-nender macht: Die ganz Grossen der (Mode)branche standen bei ihm Schlange. Im Ge-spräch mit Martin Jäggi, Herausgeber des Buches «Welcome Abroad» erinnert sich der Künstler: «Die riefen an und sagten: ‹Wir wollen dich für Tom Ford.› Ich fand, das gehe nicht, ich könne das nie im Leben. Ich sagte mehrmals nein, bis ich schliesslich fand: Weshalb eigentlich nicht? Ich kann es ja ausprobieren.» Was er dann auch tat; man war so begeistert von seinen Bildern, dass Walter Pfeier eine Fotostrecke für das Lon-doner Magazin «I-D» bekam. Walter Pfeif-fer: «Mich rief der Art Director Dean Lang-ley an: ‹You have twelfe pages.› Nachher kam I-D immer wieder auf mich zu (…).»Walter Pfeier gelingt es heute mehr denn je, zwischen High-Fashion-Auftrags-fotograe und bildender Kunst zu changie-ren. Sein Werk entzieht sich klassischen Vorstellungen von männlich oder weiblich und zeigt keine vollendete Schönheit, son-dern kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Haut und kräftige Farben. Grossartige Kunst – zu sehen im Kunstmuseum Luzern bis 22.10. 2023. WALTER PFEIFFER (*1946)Nach einer Lehre als Dekorateur Besuch der F + F-Klasse an der damaligen Kunstgewerbe-schule Zürich. Ab 1971 freischaffender Künstler und Gestalter, daneben Lehrtätigkeit an der neu gegründeten F + F-Schule für Kunst und Design in Zürich. Einzelausstellungen unter an-derem 1986 in der Kunsthalle Basel, 2004 im Centre Culturel Suisse, Paris, 2008 im Swiss Institute, New York, und ebenfalls 2008 im Fotomuseum Winterthur.ANZEIGE30 TableenPrEP für 50 CHFIm Webshop oder direkt in der Apotheke!Seminarstr. 1 8057 Zürich 044 361 61 61www.swissprep.ch→Typisch für Walter Pfeiffers Kunst sind kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Haut, kräftige Farben, intensive Blicke.Die meist männlichen Modelle entzie-hen sich klassischen Assoziationen von männlich und weiblich. Im Kunst-museum Luzern sind auch die frühen Werke von Walter Pfeiffer ausgestellt, unter anderem der Katzen-Paravent.Typisch für Walter Pfeiffers Kunst sind kleine Makel, grelles Blitzlicht, nackte Körper, kräf-tige Farben, intensive Blicke.

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16 17CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023queer-waehlen.chQUEER WÄHLEN, SP WÄHLEN.Michi Rüegg, Anna Graff, Max Kranich, Ray Djuric, Hannah Pfalzgraf, Luca Dahinden, Dominik Steinacher, Carmen Jeanguenat, Liam Bohner, Martin Naef, Selina Villiger, Jan Müller, Claudia Rohr, Max Töpfer, Marc Eggenberger, Joelle Jäger, Florin Schütz, Noa Huber, Tobi Urech, Joy Stekhoven, Marcel Hagemann, Barbara Spirig, Oliver Heimgartner, Dominic Tobler, Jean Marc von Mentlen, Aina Waeber, Andrea Simonett, Lea Adela Estermann, Karl Scheuber, Alexander Robert Herren, Laure Stadler, Nicola Andrea Jarkovic, Ananda Kurth, Stella Jegher, Giulia Haller, Anna Rosenwasser, Brigitte Röösli, Nevin Hammad, Marco Denoth, Samuel Wenk.Pink Cross hat für euch die Meinungen der Parteien der baldigen Ständerats-wahlen auf den Faktor «Queerness» untersucht.Deine Stimme für ein queerfreundliches ParlamentPOLITIKSTÄNDERATSWAHLENPOLITIKSTÄNDERATSWAHLENVON ROMAN HEGGLI, GESCHÄFTSLEITER PINK CROSS In den letzten vier Jahren sind wir mit un-seren Anliegen regelmässig am Stände-rat gescheitert und es besteht eine gros-se Gefahr, dass dieser bei den nächsten Wahlen noch konservativer wird. Wenn du deine Stimme am 22. Oktober 2023 richtig nutzt, kannst du das verhindern.Wir unterstützen dich dabei: Auf vote-pink.ch ndest du eine Auswertung, wie die Ständerät*innen deines Kantons zu LGBT*-Anliegen gestimmt haben. Zudem haben wir alle Kandidat*innen gebeten, uns einige Fragen zu ihrer Positionierung bei LGBT*-emen zu beantworten. In vielen Kanto-nen gibt es Kandidat*innen, welche viele unserer Anliegen unterstützen – ein Blick auf votepink.ch lohnt sich also.Nationalrat: Die Partei macht’s ausBei der Wahl des Nationalrats ist in erster Li-nie entscheidend, welche Partei du wählst. Denn das bestimmt, welche Partei wie viele Nationalratssitze deines Kantons erhält. Erst für die Rangfolge innerhalb der Partei sind die Stimmen für die einzelnen Kan - di dat*innen matchentscheidend. Deshalb haben wir analysiert, wie die ein zelnen Par teien im Nationalrat zu LGBT*- emen abstimmten und ob sie unsere Empfehlun-gen beachtet haben. Wenn wir alle rele-vanten Abstimmungen im Nationalrat zu LGBT*-emen anschauen, zeigt sich ein deutliches Bild: – Grüne, SP und GLP unterstützten uns geschlossen bei allen Abstimmungen. – FDP und Die Mitte stimmen mal für unsere Anliegen, mal gegen uns. – SVP und EVP stimmen relativ konse-quent gegen unsere Rechte.Bei der Ehe für alle und beim Verbot von Konversionsmassnahmen haben uns alle Parteien ausser der SVP und EVP gross-mehrheitlich unterstützt. Aber man sollte den Blick auf zwei umstrittenere Abstim-mungen werfen:Die KinderfrageIm Juni 2022 wurden im Nationalrat zwei Geschäfte zur besseren Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien behandelt. Der Abbau von Hürden bei der Stiefkindad-option wurde dabei von fast allen Parteien (ausser der SVP) gutgeheissen. Doch lehn-ten Politiker*innen der Mitte (9 Ja zu 15 Nein), der FDP (10 Ja zu 15 Nein) und der SVP (49 Nein) die Absicherung aller Kinder ab Geburt mehrheitlich ab. Durch diese Motion hätte die Anerkennung von Kindern durch eine ausländische Leihmutterschaft und die private Samenspende vereinfacht werden sollen. Dank den unterstützenden Stimmen gewannen wir diese Abstimmung Wählen zu gehen ist eine Selbstverständlichkeit, aber wo man das Kreuz am besten macht, ist oft schwierig zu entscheiden.im Nationalrat trotzdem – waren aber im konservativen Ständerat chancenlos. Aktionsplan gegen Hate CrimesSeit Jahren fordern wir national koordinier-te Massnahmen gegen Hassverbrechen und reichten dafür ein Postulat ein. Im Juni 2022 nahm es der Nationalrat endlich an – gegen einen Teil der Stimmen der FDP (8 Ja zu 12 Nein) und SVP (48 Nein). SP, Grüne, GLP und Mitte sagten deutlich ja und haben so ermöglicht, dass der Bund erstmals eine verantwortliche Stelle für LGBT*-emen denierte.Wählen gehen und Freund*innen mobilisierenAuf votepink.ch haben wir dir die Fakten zusammengestellt und nun ist es an dir: Entscheide dich, wem du deine Stimme ge-ben möchtest, und fülle deine Wahlunterla-gen aus. Und motiviere deine Freund*innen, ebenfalls wählen zu gehen! Auch dafür ha-ben wir auf votepink.ch Materialien zusam-mengestellt. Wenn du deine Stimme am 22. Oktober 2023 richtig nutzt, kannst du verhindern, dass der Ständerat noch konservativer wird.ANZEIGE

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16 17CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023queer-waehlen.chQUEER WÄHLEN, SP WÄHLEN.Michi Rüegg, Anna Graff, Max Kranich, Ray Djuric, Hannah Pfalzgraf, Luca Dahinden, Dominik Steinacher, Carmen Jeanguenat, Liam Bohner, Martin Naef, Selina Villiger, Jan Müller, Claudia Rohr, Max Töpfer, Marc Eggenberger, Joelle Jäger, Florin Schütz, Noa Huber, Tobi Urech, Joy Stekhoven, Marcel Hagemann, Barbara Spirig, Oliver Heimgartner, Dominic Tobler, Jean Marc von Mentlen, Aina Waeber, Andrea Simonett, Lea Adela Estermann, Karl Scheuber, Alexander Robert Herren, Laure Stadler, Nicola Andrea Jarkovic, Ananda Kurth, Stella Jegher, Giulia Haller, Anna Rosenwasser, Brigitte Röösli, Nevin Hammad, Marco Denoth, Samuel Wenk.Pink Cross hat für euch die Meinungen der Parteien der baldigen Ständerats-wahlen auf den Faktor «Queerness» untersucht.Deine Stimme für ein queerfreundliches ParlamentPOLITIKSTÄNDERATSWAHLENPOLITIKSTÄNDERATSWAHLENVON ROMAN HEGGLI, GESCHÄFTSLEITER PINK CROSS In den letzten vier Jahren sind wir mit un-seren Anliegen regelmässig am Stände-rat gescheitert und es besteht eine gros-se Gefahr, dass dieser bei den nächsten Wahlen noch konservativer wird. Wenn du deine Stimme am 22. Oktober 2023 richtig nutzt, kannst du das verhindern.Wir unterstützen dich dabei: Auf vote-pink.ch ndest du eine Auswertung, wie die Ständerät*innen deines Kantons zu LGBT*-Anliegen gestimmt haben. Zudem haben wir alle Kandidat*innen gebeten, uns einige Fragen zu ihrer Positionierung bei LGBT*-emen zu beantworten. In vielen Kanto-nen gibt es Kandidat*innen, welche viele unserer Anliegen unterstützen – ein Blick auf votepink.ch lohnt sich also.Nationalrat: Die Partei macht’s ausBei der Wahl des Nationalrats ist in erster Li-nie entscheidend, welche Partei du wählst. Denn das bestimmt, welche Partei wie viele Nationalratssitze deines Kantons erhält. Erst für die Rangfolge innerhalb der Partei sind die Stimmen für die einzelnen Kan - di dat*innen matchentscheidend. Deshalb haben wir analysiert, wie die ein zelnen Par teien im Nationalrat zu LGBT*- emen abstimmten und ob sie unsere Empfehlun-gen beachtet haben. Wenn wir alle rele-vanten Abstimmungen im Nationalrat zu LGBT*-emen anschauen, zeigt sich ein deutliches Bild: – Grüne, SP und GLP unterstützten uns geschlossen bei allen Abstimmungen. – FDP und Die Mitte stimmen mal für unsere Anliegen, mal gegen uns. – SVP und EVP stimmen relativ konse-quent gegen unsere Rechte.Bei der Ehe für alle und beim Verbot von Konversionsmassnahmen haben uns alle Parteien ausser der SVP und EVP gross-mehrheitlich unterstützt. Aber man sollte den Blick auf zwei umstrittenere Abstim-mungen werfen:Die KinderfrageIm Juni 2022 wurden im Nationalrat zwei Geschäfte zur besseren Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien behandelt. Der Abbau von Hürden bei der Stiefkindad-option wurde dabei von fast allen Parteien (ausser der SVP) gutgeheissen. Doch lehn-ten Politiker*innen der Mitte (9 Ja zu 15 Nein), der FDP (10 Ja zu 15 Nein) und der SVP (49 Nein) die Absicherung aller Kinder ab Geburt mehrheitlich ab. Durch diese Motion hätte die Anerkennung von Kindern durch eine ausländische Leihmutterschaft und die private Samenspende vereinfacht werden sollen. Dank den unterstützenden Stimmen gewannen wir diese Abstimmung Wählen zu gehen ist eine Selbstverständlichkeit, aber wo man das Kreuz am besten macht, ist oft schwierig zu entscheiden.im Nationalrat trotzdem – waren aber im konservativen Ständerat chancenlos. Aktionsplan gegen Hate CrimesSeit Jahren fordern wir national koordinier-te Massnahmen gegen Hassverbrechen und reichten dafür ein Postulat ein. Im Juni 2022 nahm es der Nationalrat endlich an – gegen einen Teil der Stimmen der FDP (8 Ja zu 12 Nein) und SVP (48 Nein). SP, Grüne, GLP und Mitte sagten deutlich ja und haben so ermöglicht, dass der Bund erstmals eine verantwortliche Stelle für LGBT*-emen denierte.Wählen gehen und Freund*innen mobilisierenAuf votepink.ch haben wir dir die Fakten zusammengestellt und nun ist es an dir: Entscheide dich, wem du deine Stimme ge-ben möchtest, und fülle deine Wahlunterla-gen aus. Und motiviere deine Freund*innen, ebenfalls wählen zu gehen! Auch dafür ha-ben wir auf votepink.ch Materialien zusam-mengestellt. Wenn du deine Stimme am 22. Oktober 2023 richtig nutzt, kannst du verhindern, dass der Ständerat noch konservativer wird.ANZEIGE

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18 19CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023GESELLSCHAFTEIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHENGESELLSCHAFT EIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHENBilder © Sandra Meier, gestaltungskiosk.chLGBT*-Menschen und andere am Regenbogensymbol Interessierte haben ein neues Grabfeld im Friedhof Sihlfeld.Ein Grabfeld der VielfaltVON HAYMO EMPL SEN. Wo, in welchem Umfeld die Verstor-benen liegen, ist für die verstorbe-ne Person nicht (mehr) von Be-deutung, wohl aber für deren Freunde, Bekannte und Angehörigen. Oft suchen die-se Trost an der Grabstätte, sprechen viel-leicht mit ihnen. Das Grabumfeld ist für sie wichtig, weil sie sich ihren Verstorbenen nahe fühlen. Im Friedhof Sihlfeld konnte nun vor einigen Wochen erstmals in der Schweiz das emen-Miet-Grabfeld «Re-genbogen» eingeweiht werden. Dadurch wurde eine wichtige Lücke für Queers end-lich geschlossen.Der Erönung vorausgegangen war eine Anfrage von «QueerAltern» an das Be-stattungsamt Zürich für ein eigenes Grab-feld für LGBT*-Verstorbene. Die Stadt Zü-rich kann aus rechtlichen Gründen nur für Religionsgruppen, wie zum Beispiel Juden oder Muslime, ein eigenes Grabfeld ermög-lichen, nicht aber für eine bestimmte Inte-ressengruppe. Um das Anliegen der LGBT*-Gruppe dennoch zu verwirklichen, wurde das emen-Mietgrab «Regenbogen» ge-schaen. Auf diesem Grabfeld der Vielfalt können alle, die hier den letzten Ort der Stille möchten, einen Grabplatz mieten. Das Spezielle des Grabfeldes sind Gräber in ei-nem farbenfrohen Staudengarten mit 43 verschiedenen Panzensorten in grosser Vielfalt. Die Blumenauswahl orientiert sich an den Farben des Regenbogens. Dieses Symbol spricht nicht nur Menschen Queers an, sondern auch Eltern von Sternenkinder, Menschen der Friedensbewegung oder ge-nerell Naturliebhaber. Friedhöfe, oft mit parkähnlichem Charakter, dienen auch der Erholung und führen zum Nachdenken über das, was wirklich wichtig ist in unse-rem Leben.Die Einweihung des Grabfeldes «Re-genbogen» geschah Anfang September auf feierliche Weise mit Reden der Beteiligten, die es möglich machten, das spezielle Grabfeld zu schaen. Die drei Reden, mit Hinweis auf die Geschichte der Entste-hung, den Schwierigkeiten des Umsetzens und des Dankes wurden ergänzt durch be-sinnliche musikalische Einlagen von vier Musikerinnen.Am neu eröneten Grabfeld konnte anschliessend die Blumen- und Stauden-vielfalt bewundert werden. Es hat Platz für 120 Gräber. Der Friedhof ist ja nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch der Verbundenheit mit den Verstorbenen, denen es, vielleicht nach langem Leiden, jetzt gut geht. So ist es nicht respektlos, dass am Schluss der Grab-feld-Einweihung die erfolgreiche Umset-zung mit einem Glas Wein oder Mineral-wasser gefeiert wurde. Die Einweihung des Grabfeldes in Zürich war ein festlicher Akt. Musikalisch wurde er untermalt von den «Rosa Saiten».Obwohl es um die Einweihung eines Grabfeldes ging, war die Stimmung alles andere als deprimierend. Dafür sorgten unter anderem Bruno Bekowies, Barbara Bosshard und Nicole Müller (v. l. n. r.).GRABFELD IM FRIEDHOF SIHLFELDMit dem Themen-Miet-Grabfeld «Regenbogen» steht ein Gemeinschaftsgrab zum Mieten in gärtnerisch farbenfroh gestalteten Stauden-rabatten zur Auswahl. Im Preis von Fr. 2000.– ist alles enthalten: – Mietgebühr für 20 Jahre – Stele mit der Namensinschrift in Akazienholz – Ablageplatte aus behauenem SteinEine Verlängerung beim Mietablauf ist möglich. Für den*die Partner*in kann ein Grabplatz auch vorzeitig dazugemietet werden. Für Blumen-schmuck, Kerzen und Gedenkzeichen steht mit der Steinplatte ein Ablageort bereit.Mit dem Themen-Miet-Grab feld «Regenbogen» Im Friedhof Sihl-feld wurde eine wichtige Lücke für Queers endlich geschlossen.ANZEIGEMIGROS-KULTURPROZENT-CLASSICSpräsentiert DAS GANZE PROGRAMM ENTDECKEN TICKETS UND ABOS JETZT SICHERN! migros-kulturprozent-classics.ch per Telefon +41 44 206 34 34 KLASSIK*FEUERWERK IN DER TONHALLE SAISON 2023*24 Mit unsterblicher Musik vonLUDWIG VAN BEETHOVENDMITRI SCHOSTAKOWITSCH JEAN SIBELIUS GUSTAV MAHLERFELIX MENDELSSOHNANTONÍN DVORÁKRICHARD STRAUSS und vielen mehr ˇ

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18 19CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023GESELLSCHAFTEIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHENGESELLSCHAFT EIN GRAB FÜR QUEERE MENSCHENBilder © Sandra Meier, gestaltungskiosk.chLGBT*-Menschen und andere am Regenbogensymbol Interessierte haben ein neues Grabfeld im Friedhof Sihlfeld.Ein Grabfeld der VielfaltVON HAYMO EMPL SEN. Wo, in welchem Umfeld die Verstor-benen liegen, ist für die verstorbe-ne Person nicht (mehr) von Be-deutung, wohl aber für deren Freunde, Bekannte und Angehörigen. Oft suchen die-se Trost an der Grabstätte, sprechen viel-leicht mit ihnen. Das Grabumfeld ist für sie wichtig, weil sie sich ihren Verstorbenen nahe fühlen. Im Friedhof Sihlfeld konnte nun vor einigen Wochen erstmals in der Schweiz das emen-Miet-Grabfeld «Re-genbogen» eingeweiht werden. Dadurch wurde eine wichtige Lücke für Queers end-lich geschlossen.Der Erönung vorausgegangen war eine Anfrage von «QueerAltern» an das Be-stattungsamt Zürich für ein eigenes Grab-feld für LGBT*-Verstorbene. Die Stadt Zü-rich kann aus rechtlichen Gründen nur für Religionsgruppen, wie zum Beispiel Juden oder Muslime, ein eigenes Grabfeld ermög-lichen, nicht aber für eine bestimmte Inte-ressengruppe. Um das Anliegen der LGBT*-Gruppe dennoch zu verwirklichen, wurde das emen-Mietgrab «Regenbogen» ge-schaen. Auf diesem Grabfeld der Vielfalt können alle, die hier den letzten Ort der Stille möchten, einen Grabplatz mieten. Das Spezielle des Grabfeldes sind Gräber in ei-nem farbenfrohen Staudengarten mit 43 verschiedenen Panzensorten in grosser Vielfalt. Die Blumenauswahl orientiert sich an den Farben des Regenbogens. Dieses Symbol spricht nicht nur Menschen Queers an, sondern auch Eltern von Sternenkinder, Menschen der Friedensbewegung oder ge-nerell Naturliebhaber. Friedhöfe, oft mit parkähnlichem Charakter, dienen auch der Erholung und führen zum Nachdenken über das, was wirklich wichtig ist in unse-rem Leben.Die Einweihung des Grabfeldes «Re-genbogen» geschah Anfang September auf feierliche Weise mit Reden der Beteiligten, die es möglich machten, das spezielle Grabfeld zu schaen. Die drei Reden, mit Hinweis auf die Geschichte der Entste-hung, den Schwierigkeiten des Umsetzens und des Dankes wurden ergänzt durch be-sinnliche musikalische Einlagen von vier Musikerinnen.Am neu eröneten Grabfeld konnte anschliessend die Blumen- und Stauden-vielfalt bewundert werden. Es hat Platz für 120 Gräber. Der Friedhof ist ja nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch der Verbundenheit mit den Verstorbenen, denen es, vielleicht nach langem Leiden, jetzt gut geht. So ist es nicht respektlos, dass am Schluss der Grab-feld-Einweihung die erfolgreiche Umset-zung mit einem Glas Wein oder Mineral-wasser gefeiert wurde. Die Einweihung des Grabfeldes in Zürich war ein festlicher Akt. Musikalisch wurde er untermalt von den «Rosa Saiten».Obwohl es um die Einweihung eines Grabfeldes ging, war die Stimmung alles andere als deprimierend. Dafür sorgten unter anderem Bruno Bekowies, Barbara Bosshard und Nicole Müller (v. l. n. r.).GRABFELD IM FRIEDHOF SIHLFELDMit dem Themen-Miet-Grabfeld «Regenbogen» steht ein Gemeinschaftsgrab zum Mieten in gärtnerisch farbenfroh gestalteten Stauden-rabatten zur Auswahl. Im Preis von Fr. 2000.– ist alles enthalten: – Mietgebühr für 20 Jahre – Stele mit der Namensinschrift in Akazienholz – Ablageplatte aus behauenem SteinEine Verlängerung beim Mietablauf ist möglich. Für den*die Partner*in kann ein Grabplatz auch vorzeitig dazugemietet werden. Für Blumen-schmuck, Kerzen und Gedenkzeichen steht mit der Steinplatte ein Ablageort bereit.Mit dem Themen-Miet-Grab feld «Regenbogen» Im Friedhof Sihl-feld wurde eine wichtige Lücke für Queers endlich geschlossen.ANZEIGEMIGROS-KULTURPROZENT-CLASSICSpräsentiert DAS GANZE PROGRAMM ENTDECKEN TICKETS UND ABOS JETZT SICHERN! migros-kulturprozent-classics.ch per Telefon +41 44 206 34 34 KLASSIK*FEUERWERK IN DER TONHALLE SAISON 2023*24 Mit unsterblicher Musik vonLUDWIG VAN BEETHOVENDMITRI SCHOSTAKOWITSCH JEAN SIBELIUS GUSTAV MAHLERFELIX MENDELSSOHNANTONÍN DVORÁKRICHARD STRAUSS und vielen mehr ˇ

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20 21CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023KULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNDie Welt ist mehr als Schwarz und WeissFotografien haben immer eine ganz besondere Ausstrahlung. Die von Zanele Muholi aus Südafrika bringen die Räume im KML gar zum Leuchten.ANZEIGEVON BIRGIT KAWOHL Das Schöne an Kunst ist ja, dass sie so unterschiedlich sein kann und darf und trotzdem die Menschen inspi-riert und berührt. So macht es überhaupt nichts, dass man zugleich eine Skulptur von Giacometti und andererseits ein Gemälde von Monet schön ndet und aus beiden et-was zum Nachdenken herausltert. Und dann gibt es noch die Sparte der Fotograe, die vielen von uns täglich, mittlerweile ei-gentlich sogar minütlich entweder als Sele oder aber auch als Bebilderung von Zei-tungsartikeln begegnet. Ohne jetzt vielen Dauer-Klickern zu nahe treten zu wollen, die ihre Fotos speichern und gar nicht so selten auf zahlreichen Social Media-Kanälen pos-ten, Kunst ist das in den meisten Fällen nicht. Das erkennt man spätestens, wenn man die riesigen, hellen Räume im Kunstmuseum Luzern betritt und auf die grossformatigen Fotograen von Zanele Muholi stösst.Südafrika – ein Land zwischen Fortschritt und StillstandMuholi wurde 1972 in Umlazi, einem Town-ship in Durban, geboren und wuchs mit mehreren Geschwistern auf. Die Mutter ar-beitete viele Jahrzehnte als Hausangestellte bei Weissen, was im Werk Muholis, das auch in Europa nach Ausstellungen u. a. in Lon-don und Berlin längst nicht mehr unbe-kannt ist, mehrfach thematisiert wird. Muholis Schaen vereint mehrere Fak-toren, die eigentlich gegen eben diese Be-kanntheit sprechen: Aufgewachsen als schwarzes Mädchen einer Hausangestellten in Südafrika, versteht sich Muholi inzwi-schen als non-binär. Da schrillt der Diskri-minierungs-Buzzer gleich mehrmals vehe-ment. Andererseits war Südafrika das erste Land der Welt, das 1996 (auch 2023 sind es immer noch wenige einzelne Staaten) unter der Präsidentschaft Nelson Mandelas, dem Sinnbild für Toleranz und Anti-Apartheid, die Diskriminierung von Perso nen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verbot. Seit 2002 sind dort zudem auch gleichgeschlecht-lichen Paaren Adoptionen erlaubt. Damit gelingt im äussersten Süden des afrikani-schen Kontinents etwas, wofür wir in unse-ren Breiten immer noch kämpfen müssen. Dass damit natürlich auch nicht immer und überall in Südafrika eitel Sonnenschein für Queers herrscht, ist logisch, eine Verfassung kann nur einen Rahmen bilden, die Realität bestimmen dann die Menschen im Land. Fotografieren ist so viel mehr als KunstGenau diese Unzulänglichkeiten themati-siert Zanele Muholi auf vielfältige Weise im eigenen Werk und setzt sich dabei zugleich für Toleranz und Gleichberechtigung ein. Das Sichtbarmachten von Minderheiten und Unterdrückten ist dabei ein Hauptanliegen Muholis. Konkret dazu geäussert hat sich Muholi am 02.11.2020 vor der Ausstellung in der Tate Modern, London gegenüber dem Guardian-Journalisten Sean O’Hagan: «Acti-vism ist part of my life. We have gone through so much as human beings, that it has forced so many of us to become activists […]. One cannot just ignore one’s responsibilities.» ➔Die Selbstporträts Zanele Muholis drücken Stereotypen der Darstellung Schwarzer Frauen aus. Beim genaueren Hinschauen ist man mehr als einmal überrascht.Bei den Selbstporträts stellt Muholi die Dunkelheit der Haut oft übertrieben dar und steigert damit den Konstrast.Bilder © Zanele MuholiCÉLINEWIDMERBISHERFABIANMOLINABISHERMIN LIMARTIBISHERFÜR EINE SOZIALE SCHWEIZ.Wir ergreifen Partei

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20 21CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023KULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNDie Welt ist mehr als Schwarz und WeissFotografien haben immer eine ganz besondere Ausstrahlung. Die von Zanele Muholi aus Südafrika bringen die Räume im KML gar zum Leuchten.ANZEIGEVON BIRGIT KAWOHL Das Schöne an Kunst ist ja, dass sie so unterschiedlich sein kann und darf und trotzdem die Menschen inspi-riert und berührt. So macht es überhaupt nichts, dass man zugleich eine Skulptur von Giacometti und andererseits ein Gemälde von Monet schön ndet und aus beiden et-was zum Nachdenken herausltert. Und dann gibt es noch die Sparte der Fotograe, die vielen von uns täglich, mittlerweile ei-gentlich sogar minütlich entweder als Sele oder aber auch als Bebilderung von Zei-tungsartikeln begegnet. Ohne jetzt vielen Dauer-Klickern zu nahe treten zu wollen, die ihre Fotos speichern und gar nicht so selten auf zahlreichen Social Media-Kanälen pos-ten, Kunst ist das in den meisten Fällen nicht. Das erkennt man spätestens, wenn man die riesigen, hellen Räume im Kunstmuseum Luzern betritt und auf die grossformatigen Fotograen von Zanele Muholi stösst.Südafrika – ein Land zwischen Fortschritt und StillstandMuholi wurde 1972 in Umlazi, einem Town-ship in Durban, geboren und wuchs mit mehreren Geschwistern auf. Die Mutter ar-beitete viele Jahrzehnte als Hausangestellte bei Weissen, was im Werk Muholis, das auch in Europa nach Ausstellungen u. a. in Lon-don und Berlin längst nicht mehr unbe-kannt ist, mehrfach thematisiert wird. Muholis Schaen vereint mehrere Fak-toren, die eigentlich gegen eben diese Be-kanntheit sprechen: Aufgewachsen als schwarzes Mädchen einer Hausangestellten in Südafrika, versteht sich Muholi inzwi-schen als non-binär. Da schrillt der Diskri-minierungs-Buzzer gleich mehrmals vehe-ment. Andererseits war Südafrika das erste Land der Welt, das 1996 (auch 2023 sind es immer noch wenige einzelne Staaten) unter der Präsidentschaft Nelson Mandelas, dem Sinnbild für Toleranz und Anti-Apartheid, die Diskriminierung von Perso nen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verbot. Seit 2002 sind dort zudem auch gleichgeschlecht-lichen Paaren Adoptionen erlaubt. Damit gelingt im äussersten Süden des afrikani-schen Kontinents etwas, wofür wir in unse-ren Breiten immer noch kämpfen müssen. Dass damit natürlich auch nicht immer und überall in Südafrika eitel Sonnenschein für Queers herrscht, ist logisch, eine Verfassung kann nur einen Rahmen bilden, die Realität bestimmen dann die Menschen im Land. Fotografieren ist so viel mehr als KunstGenau diese Unzulänglichkeiten themati-siert Zanele Muholi auf vielfältige Weise im eigenen Werk und setzt sich dabei zugleich für Toleranz und Gleichberechtigung ein. Das Sichtbarmachten von Minderheiten und Unterdrückten ist dabei ein Hauptanliegen Muholis. Konkret dazu geäussert hat sich Muholi am 02.11.2020 vor der Ausstellung in der Tate Modern, London gegenüber dem Guardian-Journalisten Sean O’Hagan: «Acti-vism ist part of my life. We have gone through so much as human beings, that it has forced so many of us to become activists […]. One cannot just ignore one’s responsibilities.» ➔Die Selbstporträts Zanele Muholis drücken Stereotypen der Darstellung Schwarzer Frauen aus. Beim genaueren Hinschauen ist man mehr als einmal überrascht.Bei den Selbstporträts stellt Muholi die Dunkelheit der Haut oft übertrieben dar und steigert damit den Konstrast.Bilder © Zanele MuholiCÉLINEWIDMERBISHERFABIANMOLINABISHERMIN LIMARTIBISHERFÜR EINE SOZIALE SCHWEIZ.Wir ergreifen Partei

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22 23CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023ANZEIGEKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNsimpel und doch sehr gelungen wird die Se-rie so als noch nicht fertig und weiterwach-send dargestellt.«Gepriesen sei die dunkle Löwin»Der Höhepunkt wird für viele Besu cher* - in nen sicherlich die persönlichste und viel-leicht auch politischste Serie Muholis «Som-nyama Ngonyama» sein. Schon der Titel führt die Betrachtenden auf den afri-kanischen Kontinent, bedeutet der Titel auf Zulu doch «Gepriesen sei die dunkle Lö-win». Und auch wenn sich Muholi als non-binär versteht und für sich die Pronomen they/them bevorzugt, ist schnell klar, dass es hier einen ganz persönlichen Bezug gibt, handelt es sich schliesslich um Selbstpor-träts. Das Faszinierende an diesen Fotogra-en ist zum einen die Wandelbarkeit Muho-lis, zum anderen aber auch die zunächst einmal unscheinbaren Details, mit denen die Unterdrückung von nicht-weissen Frau-en in Südafrika deutlich gemacht wird. So stecken Hunderte Wäscheklammern in den Haaren oder es ist ein Verlängerungskabel als Kette um den Hals gelegt. Schmuck und Fessel zugleich. In vielen Bildern ist ein Be-zug zur Tätigkeit von Muholis Mutter, der hier ein Denkmal gesetzt wird, als Dienst-mädchen zu erkennen. Hervorstechend ist an diesen Fotograen, dass die Hautfarbe Muholis durch einen starken schwarz-weiss-Kontrast besonders dunkel wirkt, was das Zurückfordern des Schwarzseins implizieren soll.Die Ausstellung mit den Fotograen von Zanele Muholi führt die Besucher*innen nicht nur in die Welt einer starken Persön-lichkeit, durch die Vereinigung von afrika-nischen und queeren emen werden so viele unterschiedliche Aspekte angespro-chen, dass man auch eine Menge zum Nachdenken mit nach Hause nimmt. Die Ausstellung mit den Fotografien von Zanele Muholi ist im Kunstmuseum Luzern noch bis zum 22. Oktober 2023 zu sehen. Termine für öffentliche Führungen sind unter www.kunstmuseumluzern.ch zu erfahren.Gleichzeitig hat das Fotograeren auch eine Art Selbstheilungsprozess für Muholi, es bot und bietet immer noch eine Möglichkeit, mit eigenen Verletzungen um-zugehen und zu überleben. «I discovered that the camera was a tool through which I could speak about whatever was inside – the feelings, the pain, the personal experiences I had gone through.» (Zitat aus dem Inter-view mit Sean O’Hagan)Die Opfer behalten ihre Würde Dass es Muholi um mehr geht als um blosse Kunst, wird sofort klar, wenn man die hel-len Räume der Ausstellung betritt. Die von Fanny Fetzer und Yasufumi Nakamori ku-ratierte Ausstellung besteht aus mehereren Serien, die seit 2002 entstanden sind. Jede dieser Serien hat einen Schwerpunkt bezie-hungsweise einen speziellen Hintergrund. So widmet sich «Only half the Picture» (2002-...) dem Leben in den Townships und den dort verübten Gewaltverbrechen an nicht-weissen Menschen. Beeindruckend ist hier – und das gilt für das gesamte Werk Muholis – dass die Kamera jeweils ganz dicht an den Betroenen, die in vielen Fäl-len Opfer sind, dran ist und diese aber trotzdem niemals blossstellt, sondern de-ren Würde gewahrt wird. Man kann sich sogar vorstellen, dass viele Menschen durch diese Fotos ihre Würde zurückerhal-ten haben, denn endlich werden sie wahr-genommen, nimmt sich jemand ihres Schicksals an. Diese Sensiblität ist Muholi ein ganz wichtiges Anliegen und sich dabei bewusst, dass es jeweils ein schmaler Grat ist, die diskriminierten Personen zu zeigen, denn mit dem Zeigen seien sie wieder mög-lichen Anfeindungen ausgesetzt. «Survival ist he order oft he day.»Das Werk ist work in progressIn der Serie «Being» (2006-...) werden gleich-geschlechtliche Paare gezeigt. Interessant ist die aus europäischer Sicht oft nicht ge-kannte Interpretation als Ablehnung von Homosexualität, weil man diese als einen «kolonialen Import» versteht. Es ist also nicht nur die Sexualität, sondern viel mehr die Machtgefüge und Machtverhältnisse in Afrika, die den Betroenen das Leben und Lieben schwermachen.Die queere Vielfalt Südafrikas wird in der Serie «Faces an Phases» (2006-...) deut-lich. Hier werden mittlerweile mehr als 500 Werke vorgestellt und zu einem kollektiven Porträt der südafrikanischen LGBT*-Com-munity vereint. Beim Gang durch den Raum fallen schnell leere Plätze in der Anordnung aus, die die Betrachter zunächst stutzen las-sen. Fehlen hier Bilder? Sind diese zur Zeit in einer anderen Ausstellung, in einem an-deren Museum zu sehen? Benden sich ei-nige Fotograen vielleicht in Privatbesitz? Auch wenn all diese Vermutungen Sinn ma-chen würden, so ist es nicht. Die Leerstellen sind bewusst gelassen worden, um den Pro-zess der Entstehung zu verdeutlichen. Sehr In der Serie «Faces an Phases» (2006-...) werden mittlerweile mehr als 500 Werke vorgestellt und zu einem kollektiven Porträt der südafrikanischen LGBT*-Community vereint.Die Darstellung von queeren Menschen im öffentlichen und privaten Raum ist Muholi ein grosses Anliegen. So verschafft Muholi den oftmals Ungesehenen Sichtbarkeit.Immer wieder werden Alltagsgegenstände kunstvoll ins Licht gesetzt und erzeugen dadurch Spannung und liefern Erkenntnisse.Bilder © Zanele MuholiANZEIGEDiversity gehört zur DNA der FinanzbrancheHans-Peter Portmann, Vizepräsident Zürcher Bankenverband, Nationalrat FDP ist neben seinem Engagement für den Finanzplatz Schweiz auch in verschiedenen wirtschaftlichen und gemeinnützigen Insti-tutionen tätig. Er kandidiert auf der Liste der FDP zur Wiederwahl in den Nationalrat.Vierzig Jahre Bankkarriere als schwuler Mann – ein Leidensweg?Portmann: «Mein Comingout war inner-lich ein Leidensweg für mich, nicht aber in Bezug auf meine Berufslaufbahn. Schon zu einer Zeit, als Homosexualität gesellschaftlich noch geächtet war, kam mein damaliger Generaldirektor auf mich zu und fragte, ob es zutreffe, dass ich einen Partner habe. Als ich das bejahte, streckte er seine Hand aus, bot mir das Du an und sagte, dass ich in seinem Institut deshalb nie Probleme haben werde. Diese Erfahrung zog sich bei all meinen Anstellungen durch. Persönlichkeit und Leistung standen immer im Vordergrund. Wenn es in Poli-tik oder Berufsleben unschöne Situa-tionen gab, gingen sie von «Kollegen» aus, die einem möglichen Konkurrenten schaden wollten.»Wie steht es mit der Diversity in der Finanzbranche?Portmann: «Die Finanzbranche hat erkannt, dass für eine nachhaltige und prosperierende Entwicklung die Themen der Diversität sowohl bei der Perso-nalführung als auch bei den Dienst-leistungsprodukten eine zentrale Rolle spielen. Die weitaus meisten Institute haben Regeln und Schulungen für die Gleichberechtigung implementiert und das Interesse am SWISS LGBTI-Label wächst kontinuierlich.»Was raten Sie der jungen Generation?Portmann: «Sich selbst sein, keine Scheinwelt vorgeben und seine eigene sexuelle Orientierung als Normalität vorleben. Viele Queer-Menschen stehen in der Öffentlichkeit oder nehmen ver-antwortungsvolle Aufgaben wahr. Unter-stützen wir diese Persönlichkeiten, um für unsere Minderheit eine Zukunft ohne Diskriminierung sichern zu können!»www.zuercher-bankenverband.chNational- und Ständeratswahlen am 22. Oktober 2023Der ZBV empfiehlt Regine Sauter und Gregor Rutz für den Ständerat. Kandida-tinnen und Kandidaten, die sich im Nationalrat für den Finanzplatz ein-setzen wollen, stellen sich vor unter https://zhbanken.ch/wahlen23/

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22 23CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023ANZEIGEKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNKULTURZANELE MUHOLI IM KUNSTMUSEUM LUZERNsimpel und doch sehr gelungen wird die Se-rie so als noch nicht fertig und weiterwach-send dargestellt.«Gepriesen sei die dunkle Löwin»Der Höhepunkt wird für viele Besu cher* - in nen sicherlich die persönlichste und viel-leicht auch politischste Serie Muholis «Som-nyama Ngonyama» sein. Schon der Titel führt die Betrachtenden auf den afri-kanischen Kontinent, bedeutet der Titel auf Zulu doch «Gepriesen sei die dunkle Lö-win». Und auch wenn sich Muholi als non-binär versteht und für sich die Pronomen they/them bevorzugt, ist schnell klar, dass es hier einen ganz persönlichen Bezug gibt, handelt es sich schliesslich um Selbstpor-träts. Das Faszinierende an diesen Fotogra-en ist zum einen die Wandelbarkeit Muho-lis, zum anderen aber auch die zunächst einmal unscheinbaren Details, mit denen die Unterdrückung von nicht-weissen Frau-en in Südafrika deutlich gemacht wird. So stecken Hunderte Wäscheklammern in den Haaren oder es ist ein Verlängerungskabel als Kette um den Hals gelegt. Schmuck und Fessel zugleich. In vielen Bildern ist ein Be-zug zur Tätigkeit von Muholis Mutter, der hier ein Denkmal gesetzt wird, als Dienst-mädchen zu erkennen. Hervorstechend ist an diesen Fotograen, dass die Hautfarbe Muholis durch einen starken schwarz-weiss-Kontrast besonders dunkel wirkt, was das Zurückfordern des Schwarzseins implizieren soll.Die Ausstellung mit den Fotograen von Zanele Muholi führt die Besucher*innen nicht nur in die Welt einer starken Persön-lichkeit, durch die Vereinigung von afrika-nischen und queeren emen werden so viele unterschiedliche Aspekte angespro-chen, dass man auch eine Menge zum Nachdenken mit nach Hause nimmt. Die Ausstellung mit den Fotografien von Zanele Muholi ist im Kunstmuseum Luzern noch bis zum 22. Oktober 2023 zu sehen. Termine für öffentliche Führungen sind unter www.kunstmuseumluzern.ch zu erfahren.Gleichzeitig hat das Fotograeren auch eine Art Selbstheilungsprozess für Muholi, es bot und bietet immer noch eine Möglichkeit, mit eigenen Verletzungen um-zugehen und zu überleben. «I discovered that the camera was a tool through which I could speak about whatever was inside – the feelings, the pain, the personal experiences I had gone through.» (Zitat aus dem Inter-view mit Sean O’Hagan)Die Opfer behalten ihre Würde Dass es Muholi um mehr geht als um blosse Kunst, wird sofort klar, wenn man die hel-len Räume der Ausstellung betritt. Die von Fanny Fetzer und Yasufumi Nakamori ku-ratierte Ausstellung besteht aus mehereren Serien, die seit 2002 entstanden sind. Jede dieser Serien hat einen Schwerpunkt bezie-hungsweise einen speziellen Hintergrund. So widmet sich «Only half the Picture» (2002-...) dem Leben in den Townships und den dort verübten Gewaltverbrechen an nicht-weissen Menschen. Beeindruckend ist hier – und das gilt für das gesamte Werk Muholis – dass die Kamera jeweils ganz dicht an den Betroenen, die in vielen Fäl-len Opfer sind, dran ist und diese aber trotzdem niemals blossstellt, sondern de-ren Würde gewahrt wird. Man kann sich sogar vorstellen, dass viele Menschen durch diese Fotos ihre Würde zurückerhal-ten haben, denn endlich werden sie wahr-genommen, nimmt sich jemand ihres Schicksals an. Diese Sensiblität ist Muholi ein ganz wichtiges Anliegen und sich dabei bewusst, dass es jeweils ein schmaler Grat ist, die diskriminierten Personen zu zeigen, denn mit dem Zeigen seien sie wieder mög-lichen Anfeindungen ausgesetzt. «Survival ist he order oft he day.»Das Werk ist work in progressIn der Serie «Being» (2006-...) werden gleich-geschlechtliche Paare gezeigt. Interessant ist die aus europäischer Sicht oft nicht ge-kannte Interpretation als Ablehnung von Homosexualität, weil man diese als einen «kolonialen Import» versteht. Es ist also nicht nur die Sexualität, sondern viel mehr die Machtgefüge und Machtverhältnisse in Afrika, die den Betroenen das Leben und Lieben schwermachen.Die queere Vielfalt Südafrikas wird in der Serie «Faces an Phases» (2006-...) deut-lich. Hier werden mittlerweile mehr als 500 Werke vorgestellt und zu einem kollektiven Porträt der südafrikanischen LGBT*-Com-munity vereint. Beim Gang durch den Raum fallen schnell leere Plätze in der Anordnung aus, die die Betrachter zunächst stutzen las-sen. Fehlen hier Bilder? Sind diese zur Zeit in einer anderen Ausstellung, in einem an-deren Museum zu sehen? Benden sich ei-nige Fotograen vielleicht in Privatbesitz? Auch wenn all diese Vermutungen Sinn ma-chen würden, so ist es nicht. Die Leerstellen sind bewusst gelassen worden, um den Pro-zess der Entstehung zu verdeutlichen. Sehr In der Serie «Faces an Phases» (2006-...) werden mittlerweile mehr als 500 Werke vorgestellt und zu einem kollektiven Porträt der südafrikanischen LGBT*-Community vereint.Die Darstellung von queeren Menschen im öffentlichen und privaten Raum ist Muholi ein grosses Anliegen. So verschafft Muholi den oftmals Ungesehenen Sichtbarkeit.Immer wieder werden Alltagsgegenstände kunstvoll ins Licht gesetzt und erzeugen dadurch Spannung und liefern Erkenntnisse.Bilder © Zanele MuholiANZEIGEDiversity gehört zur DNA der FinanzbrancheHans-Peter Portmann, Vizepräsident Zürcher Bankenverband, Nationalrat FDP ist neben seinem Engagement für den Finanzplatz Schweiz auch in verschiedenen wirtschaftlichen und gemeinnützigen Insti-tutionen tätig. Er kandidiert auf der Liste der FDP zur Wiederwahl in den Nationalrat.Vierzig Jahre Bankkarriere als schwuler Mann – ein Leidensweg?Portmann: «Mein Comingout war inner-lich ein Leidensweg für mich, nicht aber in Bezug auf meine Berufslaufbahn. Schon zu einer Zeit, als Homosexualität gesellschaftlich noch geächtet war, kam mein damaliger Generaldirektor auf mich zu und fragte, ob es zutreffe, dass ich einen Partner habe. Als ich das bejahte, streckte er seine Hand aus, bot mir das Du an und sagte, dass ich in seinem Institut deshalb nie Probleme haben werde. Diese Erfahrung zog sich bei all meinen Anstellungen durch. Persönlichkeit und Leistung standen immer im Vordergrund. Wenn es in Poli-tik oder Berufsleben unschöne Situa-tionen gab, gingen sie von «Kollegen» aus, die einem möglichen Konkurrenten schaden wollten.»Wie steht es mit der Diversity in der Finanzbranche?Portmann: «Die Finanzbranche hat erkannt, dass für eine nachhaltige und prosperierende Entwicklung die Themen der Diversität sowohl bei der Perso-nalführung als auch bei den Dienst-leistungsprodukten eine zentrale Rolle spielen. Die weitaus meisten Institute haben Regeln und Schulungen für die Gleichberechtigung implementiert und das Interesse am SWISS LGBTI-Label wächst kontinuierlich.»Was raten Sie der jungen Generation?Portmann: «Sich selbst sein, keine Scheinwelt vorgeben und seine eigene sexuelle Orientierung als Normalität vorleben. Viele Queer-Menschen stehen in der Öffentlichkeit oder nehmen ver-antwortungsvolle Aufgaben wahr. Unter-stützen wir diese Persönlichkeiten, um für unsere Minderheit eine Zukunft ohne Diskriminierung sichern zu können!»www.zuercher-bankenverband.chNational- und Ständeratswahlen am 22. Oktober 2023Der ZBV empfiehlt Regine Sauter und Gregor Rutz für den Ständerat. Kandida-tinnen und Kandidaten, die sich im Nationalrat für den Finanzplatz ein-setzen wollen, stellen sich vor unter https://zhbanken.ch/wahlen23/

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24 25CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023SPLISTE 2Wir ergreifen ParteiFÜR QUEERE MENSCHEN.ANNA ROSENWASSERSAMUEL WENKNEVIN HAMMADBRIGITTE RÖÖSLIMARCO DENOTHPINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023PINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023ANZEIGEIm November steigt im stattkino Luzern das queere Filmfestival. Heuer geben die Organisator*innen besonders Gas – auch in der Filmauswahl.Mehr Perspektiven, mehr Performance, mehr PartyInspiriert von Filmen wie «God’s Own Country» und «Brokeback Mountain» erzählt «Elefant» von der ersten Liebe und Selbstwerdung eines jungen schwulen Mannes inmitten einer rauen, aber atemberaubend schönen Landschaft. Am PinkPanorama Filmfestival werden ein gutes Dutzend Filme gezeigt, es lohnt sich also für jede*n nach Luzern zu fahren – denn es hat für jeden Geschmack etwas dabei.Bald ist es wieder soweit und das PinkPanorama Filmfestival Luzern öffnet für Cineasten seine Pforten.Bild © zVgVON MANUELA SPECKER Längst hat sich das PinkPanorama Filmfestival als jährlicher Fixpunkt der queeren Community in der Zentral - schweiz etabliert – doch nach dem 20-jähri-gen Jubiläum, das 2021 begangen wurde, war für einige Monate plötzlich unklar, ob der Traditions-Event überleben wird. Schlüssel-guren, die das Festival von Beginn an ge-prägt hatten, traten ab. Aber der Generatio-nenwechsel gelang, und es formierten sich ein neuer, grösserer Vorstand und ein erwei-tertes Organisationskomitee, die dem Festi-val seither ihren Stempel aufdrücken und die queere Kinovielfalt in Luzern bereichern. Freitag, 17. November 2023, 21 Uhr: Elefant (Polen 2022) Der 22-jährige Bartek führt einen kleinen Bauernhof in den polnischen Bergen. Seit sich sein Vater aus dem Staub gemacht hat, ist er das Familienoberhaupt und muss für seine Mutter da sein. Frei fühlt er sich nur, wenn er Zeit mit seinen geliebten Pferden verbringen kann. Doch als eines Tages der seit Langem verschollene Nachbarssohn Dawid ins Dorf zurückkommt, gerät Barteks von Pichterfüllung geprägter Alltag durch-einander. Er muss sich entscheiden. ➔Im laufenden Jahr legt das ehrenamt-lich arbeitende, lmbegeisterte Team nun nochmals einen drauf: Das Programm, das sich über vier Tage vom 15. bis 18. November 2023 im stattkino in Luzern erstreckt, war-tet mit noch mehr Performance, noch mehr Politik und noch mehr Party auf. Mit der Filmauswahl beweist das Programmations-team erneut ein glückliches Händchen: «Life is not a competition, but I’m winning» war an den Filmfestspielen Venedig für den den «Queer Lion Award» nominiert und wird am PinkPanorama Filmfestival Luzern als Schweizer Premiere gezeigt. Nachfolgend picken wir einige Highlights heraus; das gesamte Programm ist auf www.pinkpanorama.ch ersichtlich.

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24 25CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023SPLISTE 2Wir ergreifen ParteiFÜR QUEERE MENSCHEN.ANNA ROSENWASSERSAMUEL WENKNEVIN HAMMADBRIGITTE RÖÖSLIMARCO DENOTHPINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023PINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023ANZEIGEIm November steigt im stattkino Luzern das queere Filmfestival. Heuer geben die Organisator*innen besonders Gas – auch in der Filmauswahl.Mehr Perspektiven, mehr Performance, mehr PartyInspiriert von Filmen wie «God’s Own Country» und «Brokeback Mountain» erzählt «Elefant» von der ersten Liebe und Selbstwerdung eines jungen schwulen Mannes inmitten einer rauen, aber atemberaubend schönen Landschaft. Am PinkPanorama Filmfestival werden ein gutes Dutzend Filme gezeigt, es lohnt sich also für jede*n nach Luzern zu fahren – denn es hat für jeden Geschmack etwas dabei.Bald ist es wieder soweit und das PinkPanorama Filmfestival Luzern öffnet für Cineasten seine Pforten.Bild © zVgVON MANUELA SPECKER Längst hat sich das PinkPanorama Filmfestival als jährlicher Fixpunkt der queeren Community in der Zentral - schweiz etabliert – doch nach dem 20-jähri-gen Jubiläum, das 2021 begangen wurde, war für einige Monate plötzlich unklar, ob der Traditions-Event überleben wird. Schlüssel-guren, die das Festival von Beginn an ge-prägt hatten, traten ab. Aber der Generatio-nenwechsel gelang, und es formierten sich ein neuer, grösserer Vorstand und ein erwei-tertes Organisationskomitee, die dem Festi-val seither ihren Stempel aufdrücken und die queere Kinovielfalt in Luzern bereichern. Freitag, 17. November 2023, 21 Uhr: Elefant (Polen 2022) Der 22-jährige Bartek führt einen kleinen Bauernhof in den polnischen Bergen. Seit sich sein Vater aus dem Staub gemacht hat, ist er das Familienoberhaupt und muss für seine Mutter da sein. Frei fühlt er sich nur, wenn er Zeit mit seinen geliebten Pferden verbringen kann. Doch als eines Tages der seit Langem verschollene Nachbarssohn Dawid ins Dorf zurückkommt, gerät Barteks von Pichterfüllung geprägter Alltag durch-einander. Er muss sich entscheiden. ➔Im laufenden Jahr legt das ehrenamt-lich arbeitende, lmbegeisterte Team nun nochmals einen drauf: Das Programm, das sich über vier Tage vom 15. bis 18. November 2023 im stattkino in Luzern erstreckt, war-tet mit noch mehr Performance, noch mehr Politik und noch mehr Party auf. Mit der Filmauswahl beweist das Programmations-team erneut ein glückliches Händchen: «Life is not a competition, but I’m winning» war an den Filmfestspielen Venedig für den den «Queer Lion Award» nominiert und wird am PinkPanorama Filmfestival Luzern als Schweizer Premiere gezeigt. Nachfolgend picken wir einige Highlights heraus; das gesamte Programm ist auf www.pinkpanorama.ch ersichtlich.

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26 27CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023RUBRIKENTITELRUBRIKENUNTERTITELKN EN LEESNESI?QERES UDRLGOMMLLNNEEHHNNSSHHHHCCrrsskkttooiicceePPaarrrrnnii üüiihhBBNNAAII EEMMNN MMttrreettrrrrffrriirreeKKrrhh üüiihhuuddLLiiee ee aahhttlleeMMssii MMKKIILLVVTTAASSRRFFeeee zznnggaa,,KKlluuvvrrnnttllee uuddMMttrreettrrbbiiSSuuii aaiiHHNNAA AAAAAA KKlluuwwsseesshhffllrrnn aahheettnn ZZrrhhrrIIssiiuu üü nneerrllggööee iillggPPooeetteettnn oo__oorrbbbbll MMDDRRTTOO::AANN OOEEWWSSEEAAttrrnnMMTTDRLVTL I E NEE IH U UTR RINSEUDBORPINKULUE,DESA,3.OTBR2,2.0URartischock.netERMÖGLICHT DURCH:VORVERKAUF:MEDIENPARTNER:PINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023Mittwoch, 15. November 2023, 20.30 Uhr: Lonesome (Australien 2022) Casey, ein junger Mann vom Land, der vor einem Kleinstadtskandal davonläuft, ndet sich im grossen Tumult von Sydney wieder. Dort trit er auf Tib, der mit seinen eigenen Narben der Isolation zu kämpfen hat. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auf Anhieb – und das nicht nur sexuell, sondern auch emotional. In ihrer intimen Bindung nden die beiden unnahbaren jungen Män-ner plötzlich etwas, von dem sie bislang gar nicht wussten, dass es ihnen gefehlt hat.Samstag, 18. November 2023, 16 Uhr: Life is not a competition, but I’m winning (Deutschland 2023) Ein Kollektiv queerer Athlet*innen macht sich im Olympiastadion Athen auf den Weg, um jene zu ehren, die vom Siegertreppchen ausgeschlossen waren. Sie treen Amanda Reiter, eine trans Marathonläuferin, die mit den Voru rteilen der Spor tveranstalter*innen zu kämpfen hat, und Annet Negesa, eine 800m-Läuferin, die von internationalen Sportverbänden zu einer hormonverän-dernden Operation gedrängt wurde. Ge-meinsam schaen sie eine radikale poeti-sche Utopie. Im Anschluss an den Film ndet ein Gespräch mit hochkarätigen Gäs-ten zum ema Geschlechteridentitäten im Leistungssport statt. Samstag, 18. November 2023, 14 Uhr: Orlando, ma biographie politique (Frankreich 2023) Virginia Woolfs «Orlando» erzählt die Ge-schichte eines jungen Mannes, der am Ende eine 36-jährige Frau ist. Fast ein Jahrhun-dert nach Erscheinen des Romans richtet Paul B. Preciado das Wort an Virginia Woolf, um ihr zu sagen: Ihre Romangur ist Wirk-lichkeit geworden. Überall auf der Welt gibt es Orlandos. Jeder Orlando, so Preciado, ist eine trans Person, die sich täglich mit Ge-setzen, Geschichte, Psychiatrie, Tradition und der Macht der Pharmakonzerne ausei-nandersetzt und ihr Leben riskiert. Wenn Gender ein gesellschaftliches Konstrukt ist, so zeigt Paul B. Preciado, dass es beim e-ma Veränderung nicht mehr nur um das Geschlecht geht, sondern auch um Poesie, Liebe und Hautfarbe.ANZEIGEBilder © zVg

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26 27CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023RUBRIKENTITELRUBRIKENUNTERTITELKN EN LEESNESI?QERES UDRLGOMMLLNNEEHHNNSSHHHHCCrrsskkttooiicceePPaarrrrnnii üüiihhBBNNAAII EEMMNN MMttrreettrrrrffrriirreeKKrrhh üüiihhuuddLLiiee ee aahhttlleeMMssii MMKKIILLVVTTAASSRRFFeeee zznnggaa,,KKlluuvvrrnnttllee uuddMMttrreettrrbbiiSSuuii aaiiHHNNAA AAAAAA KKlluuwwsseesshhffllrrnn aahheettnn ZZrrhhrrIIssiiuu üü nneerrllggööee iillggPPooeetteettnn oo__oorrbbbbll MMDDRRTTOO::AANN OOEEWWSSEEAAttrrnnMMTTDRLVTL I E NEE IH U UTR RINSEUDBORPINKULUE,DESA,3.OTBR2,2.0URartischock.netERMÖGLICHT DURCH:VORVERKAUF:MEDIENPARTNER:PINKPANORAMAFILMFESTIVAL 2023Mittwoch, 15. November 2023, 20.30 Uhr: Lonesome (Australien 2022) Casey, ein junger Mann vom Land, der vor einem Kleinstadtskandal davonläuft, ndet sich im grossen Tumult von Sydney wieder. Dort trit er auf Tib, der mit seinen eigenen Narben der Isolation zu kämpfen hat. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auf Anhieb – und das nicht nur sexuell, sondern auch emotional. In ihrer intimen Bindung nden die beiden unnahbaren jungen Män-ner plötzlich etwas, von dem sie bislang gar nicht wussten, dass es ihnen gefehlt hat.Samstag, 18. November 2023, 16 Uhr: Life is not a competition, but I’m winning (Deutschland 2023) Ein Kollektiv queerer Athlet*innen macht sich im Olympiastadion Athen auf den Weg, um jene zu ehren, die vom Siegertreppchen ausgeschlossen waren. Sie treen Amanda Reiter, eine trans Marathonläuferin, die mit den Voru rteilen der Spor tveranstalter*innen zu kämpfen hat, und Annet Negesa, eine 800m-Läuferin, die von internationalen Sportverbänden zu einer hormonverän-dernden Operation gedrängt wurde. Ge-meinsam schaen sie eine radikale poeti-sche Utopie. Im Anschluss an den Film ndet ein Gespräch mit hochkarätigen Gäs-ten zum ema Geschlechteridentitäten im Leistungssport statt. Samstag, 18. November 2023, 14 Uhr: Orlando, ma biographie politique (Frankreich 2023) Virginia Woolfs «Orlando» erzählt die Ge-schichte eines jungen Mannes, der am Ende eine 36-jährige Frau ist. Fast ein Jahrhun-dert nach Erscheinen des Romans richtet Paul B. Preciado das Wort an Virginia Woolf, um ihr zu sagen: Ihre Romangur ist Wirk-lichkeit geworden. Überall auf der Welt gibt es Orlandos. Jeder Orlando, so Preciado, ist eine trans Person, die sich täglich mit Ge-setzen, Geschichte, Psychiatrie, Tradition und der Macht der Pharmakonzerne ausei-nandersetzt und ihr Leben riskiert. Wenn Gender ein gesellschaftliches Konstrukt ist, so zeigt Paul B. Preciado, dass es beim e-ma Veränderung nicht mehr nur um das Geschlecht geht, sondern auch um Poesie, Liebe und Hautfarbe.ANZEIGEBilder © zVg

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28 29CRUISER OKTOBER 2023KULTURINTERVIEW MIT DONAT BLUMKULTURINTERVIEW MIT DONAT BLUMVielfalt fördern, statt zu bekämpfenMännlichkeit ist eine Worthülse die für viele – nicht für alle – noch mit Inhalt gefüllt werden muss. Wir sprachen darüber mit Donat Blum.VON BIRGIT KAWOHL Cruiser: Ihr sprecht in eurem Buch1 von Männlichkeit*en im Plural. Warum saht ihr die Notwendigkeit dazu?Donat Blum: Da der Plural, wie auch der Genderstern, der ganz sanft eine Lücke in den doch sehr starren Begri «Männlich-keit» schlägt, dringend benötigten Raum für mehr Vielfalt schat.Daran anschliessend dann direkt die Frage, warum braucht es eine Debatte über das Thema?Insbesondere cis-heterosexuelle Männer wa-ren bis anhin viel zu verbreitet der Ansicht, Gender, Feminismus und der Kampf für um-fassende Gleichberechtigung gehe nur Frau-en und Queers etwas an: dem wollen wir un-ser Buch entgegensetzen. Es ist höchste Zeit, dass sich auch männlich sozialisierte Perso-nen eingehend mit Geschlechterverhältnis-sen und der daraus resultierenden Ungerech-tigkeit und Gewalt auseinandersetzen.In einigen Texten, z. B. in deinem eigenen, aber auch in dem von Kim de l’Horizon, herrscht ein Gefühl von Aggressivität, man hat das Gefühl der Abrechnung. Ist dies ein typisch queeres Gefühl? Für die zweite Auage von «Oh Boy» habe ich meinem Text bei den mir eigenen männli-chen Attributen folgenden Satz hinzugefügt: «Ich empnde eine gewisse Lust daran, mit diesem Text, die bürgerliche Gesellschaft der kleinen Kleinstadt, in der ich aufgewachsen war, zu provozieren.» Oen ausgelebte Ag-gressivität ist für mich weniger ein queeres Grundgefühl als ein tradiert männliches. Männer werden von der Gesellschaft darauf getrimmt, in die Konfrontation zu gehen. Das hat auch seine guten Seiten, führt aber viel zu oft zu unnötiger Gewalt.Wie wichtig ist der Vater / eine Vaterfigur für die Entwicklung der eigenen Männlichkeit?Persönlich glaube ich nicht, dass das soziale Geschlecht per se wichtig für irgendeine ei-gene, sogenannt «gute» Entwicklung ist. Die Gesellschaft legt aber sehr viel Wert darauf. Und so prägen uns die um uns herum vorge-lebten Rollenbilder sehr stark. Je näher ei-nem dabei ein Mensch ist, desto stärker. Ich würde aber auch behaupten, eine Mutter formt die Männlichkeit ihres Sohnes durch Bestärkung und Beschämung genauso sehr wie ein Vater. Erst recht, wenn sie ihm emo-tional näher ist als der Vater, was in unserer Gesellschaft noch immer oft der Fall ist.Wie werden kleine Jungs zu gesunden Männern?Idealerweise werden sie zu gesunden Men-schen und damit binäre Geschlechterrollen obsolet. Mithu M. Sanyal schreibt in ihrem Nachwort, dass Männer in der Regel viel öfter mit Gewalt und toxischer Männlichkeit in Kontakt gera-ten. Müssen Männer mehr geschützt werden?Sie müssen eher mehr aufgeklärt und sen-sibilisiert werden: für die Verantwortung, die Macht mit sich bringt. Für ihre toxi-schen Anteile. Für die Strukturen, die sie prägen. Aber nicht nur Männer: In der gan-zen Gesellschaft scheint es im kritischen Reden über Männlichkeit und wie wir alle das Patriarchat aufrechterhalten eine gro-sse Leerstelle zu geben. Mithu Sanyal zeigt ja beispielsweise in ihrem Text auch wun-derbar auf, wie eine Freundin trotz bester feministischer Absicht binäre Geschlech-tervorstellungen und eine toxische Männ-lichkeit verfestigt.Im Buch gibt es im Anhang zu jedem Kapitel Triggerhinweise zu sensiblen Inhalten. Hierzu zählt unter anderem der Hinweis auf das Vor-kommen von Sex in einem Text. Müssen wir vor Sex gewarnt werden? Diese Triggerhinweise sind keine Sprech- oder Leseverbote, sondern ein Angebot für Menschen, die gewisse emen aus wel-chen Gründen auch immer meiden wollen oder ihrer psychischen Gesundheit zuliebe gar meiden müssen. Sie fördern die Selbst-ermächtigung und schränken entspre-Donat Blum ist Autor*in, Herausgeber*in und Aktivist*in. Ens2 nahm sich Zeit für ein Interview mit dem Cruiser.Bild © zVgchend nicht ein, was gesagt werden kann, sondern schaen Raum, dass auch über Sa-chen geredet werden kann, die für manche Menschen re-traumatisierend wirken kön-nen. Persönlich glaube ich gerade in quee-ren Kreisen durchaus auch – neben vielen anderen Bewegungen – einen neuen Purita-nismus aueben zu sehen. Zu viele Leute vergessen, dass Freude und Stolz ein wichti-ges Mittel der queer-feministischen Eman-zipation sind. Es ist doch so: Die Gesell-schaft will uns und unser schmutziges queeres Begehren unterdrücken und unse-re Scham reproduziert diese Norm in uns. Mit dem Feiern unserer Körper und unseres Begehrens, mit Stolz und Pride für unsere Existenz, setzen wir diesen Unterdrü-ckungsmechanismen etwas entgegen und emanzipieren uns von ihnen.Kim de l’Horizon schreibt in «Oh Boy» Queerness sei nicht positiv zu definieren. Stimmst du dieser Aussage zu?In der historischen Kausalität, ja. In einer idealen Gesellschaft bräuchte es gar keine Schubladen, auch keine wie die für mich sehr positiv aufgeladene Schublade «Queer-ness» Der Begri queer beinhaltet ja bereits im Wortlaut die Abweichung von einer Norm. D.h. ohne Norm bräuchten wir den Begri und die Schublade nicht. So wie ich Kim verstehe, ist es das, was Kim an jener Stelle meint: Wir sind queer, weil sich die Dominanzgesellschaft mit Gewalt von un-seren Körpern und unserem Begehren ab-grenzen will und so auch uns zur Abgren-zung mit einem Begri wie «queer» zwingt... Was wünscht du dir für die nächsten fünf Jahre in Bezug auf die LGBT*-Community und den Umgang der Gesellschaft mit Queerness?Das wir alle lernen, besser mit Vielfalt umzu-gehen und sie fördern, statt zu bekämpfen. Dafür müssen wir uns zu allerst eine höhere Ambiguitätstoleranz erarbeiten. Wir müssen lernen Widersprüche besser auszuhalten: in uns, inner- und ausserhalb der Community. Es muss nicht immer alles in Harmonie und Eindeutigkeit aufgelöst werden. Im Wider-spruch, in der Unterschiedlichkeit und im Eingeständnis von Unsicherheit liegt ein ganz wunderbarer, heilsamer Zauber.Das ist ein ganz wunderbares Statement zum Abschluss. Vielen Dank für das Gespräch! 1 Hinweis: «Oh Boy» erschien im Juli und wird in diesem Cruiser in dem Artikel über Männlichkeit, s. ab S. 4, erwähnt. Nach einem Eklat um den Beitrag des Mitherausgebers Valentin Moritz wurde die erste Auflage vom Markt genommen. Ab der zweiten Auflage erscheint der Band ohne diesen.DONAT BLUMDonat Blum, geboren 1986 in Schaffhausen, ist Schriftsteller*in und engagiert sich darüberhinaus äusserst vielfältig im Bereich Kultur Dabei hat ens2 vor allem queere Aspekte im Blick, u. a. als Gründer*in und Mitherausgeber*in der ersten queeren Literaturzeitschrift «Glitter». Im Cruiser haben wir unter anderem Donat Blums Debüt-Roman «Opoe» besprochen. 2Donat Blum ist eine non-binäre Person und verwendet daher das Pronomen ens.ANZEIGE«Im Widerspruch, in der Unter-schiedlichkeit und im Einge-ständnis von Unsicherheit liegt ein ganz wunderbarer, heil-samer Zauber.» Donat BlumDamit in Bern ein Genderstern aufgeht.Cruiser-Kolumnist Michi Rüegg in den Nationalrat.Liste 27SP Queer Kanton Zürich

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28 29CRUISER OKTOBER 2023KULTURINTERVIEW MIT DONAT BLUMKULTURINTERVIEW MIT DONAT BLUMVielfalt fördern, statt zu bekämpfenMännlichkeit ist eine Worthülse die für viele – nicht für alle – noch mit Inhalt gefüllt werden muss. Wir sprachen darüber mit Donat Blum.VON BIRGIT KAWOHL Cruiser: Ihr sprecht in eurem Buch1 von Männlichkeit*en im Plural. Warum saht ihr die Notwendigkeit dazu?Donat Blum: Da der Plural, wie auch der Genderstern, der ganz sanft eine Lücke in den doch sehr starren Begri «Männlich-keit» schlägt, dringend benötigten Raum für mehr Vielfalt schat.Daran anschliessend dann direkt die Frage, warum braucht es eine Debatte über das Thema?Insbesondere cis-heterosexuelle Männer wa-ren bis anhin viel zu verbreitet der Ansicht, Gender, Feminismus und der Kampf für um-fassende Gleichberechtigung gehe nur Frau-en und Queers etwas an: dem wollen wir un-ser Buch entgegensetzen. Es ist höchste Zeit, dass sich auch männlich sozialisierte Perso-nen eingehend mit Geschlechterverhältnis-sen und der daraus resultierenden Ungerech-tigkeit und Gewalt auseinandersetzen.In einigen Texten, z. B. in deinem eigenen, aber auch in dem von Kim de l’Horizon, herrscht ein Gefühl von Aggressivität, man hat das Gefühl der Abrechnung. Ist dies ein typisch queeres Gefühl? Für die zweite Auage von «Oh Boy» habe ich meinem Text bei den mir eigenen männli-chen Attributen folgenden Satz hinzugefügt: «Ich empnde eine gewisse Lust daran, mit diesem Text, die bürgerliche Gesellschaft der kleinen Kleinstadt, in der ich aufgewachsen war, zu provozieren.» Oen ausgelebte Ag-gressivität ist für mich weniger ein queeres Grundgefühl als ein tradiert männliches. Männer werden von der Gesellschaft darauf getrimmt, in die Konfrontation zu gehen. Das hat auch seine guten Seiten, führt aber viel zu oft zu unnötiger Gewalt.Wie wichtig ist der Vater / eine Vaterfigur für die Entwicklung der eigenen Männlichkeit?Persönlich glaube ich nicht, dass das soziale Geschlecht per se wichtig für irgendeine ei-gene, sogenannt «gute» Entwicklung ist. Die Gesellschaft legt aber sehr viel Wert darauf. Und so prägen uns die um uns herum vorge-lebten Rollenbilder sehr stark. Je näher ei-nem dabei ein Mensch ist, desto stärker. Ich würde aber auch behaupten, eine Mutter formt die Männlichkeit ihres Sohnes durch Bestärkung und Beschämung genauso sehr wie ein Vater. Erst recht, wenn sie ihm emo-tional näher ist als der Vater, was in unserer Gesellschaft noch immer oft der Fall ist.Wie werden kleine Jungs zu gesunden Männern?Idealerweise werden sie zu gesunden Men-schen und damit binäre Geschlechterrollen obsolet. Mithu M. Sanyal schreibt in ihrem Nachwort, dass Männer in der Regel viel öfter mit Gewalt und toxischer Männlichkeit in Kontakt gera-ten. Müssen Männer mehr geschützt werden?Sie müssen eher mehr aufgeklärt und sen-sibilisiert werden: für die Verantwortung, die Macht mit sich bringt. Für ihre toxi-schen Anteile. Für die Strukturen, die sie prägen. Aber nicht nur Männer: In der gan-zen Gesellschaft scheint es im kritischen Reden über Männlichkeit und wie wir alle das Patriarchat aufrechterhalten eine gro-sse Leerstelle zu geben. Mithu Sanyal zeigt ja beispielsweise in ihrem Text auch wun-derbar auf, wie eine Freundin trotz bester feministischer Absicht binäre Geschlech-tervorstellungen und eine toxische Männ-lichkeit verfestigt.Im Buch gibt es im Anhang zu jedem Kapitel Triggerhinweise zu sensiblen Inhalten. Hierzu zählt unter anderem der Hinweis auf das Vor-kommen von Sex in einem Text. Müssen wir vor Sex gewarnt werden? Diese Triggerhinweise sind keine Sprech- oder Leseverbote, sondern ein Angebot für Menschen, die gewisse emen aus wel-chen Gründen auch immer meiden wollen oder ihrer psychischen Gesundheit zuliebe gar meiden müssen. Sie fördern die Selbst-ermächtigung und schränken entspre-Donat Blum ist Autor*in, Herausgeber*in und Aktivist*in. Ens2 nahm sich Zeit für ein Interview mit dem Cruiser.Bild © zVgchend nicht ein, was gesagt werden kann, sondern schaen Raum, dass auch über Sa-chen geredet werden kann, die für manche Menschen re-traumatisierend wirken kön-nen. Persönlich glaube ich gerade in quee-ren Kreisen durchaus auch – neben vielen anderen Bewegungen – einen neuen Purita-nismus aueben zu sehen. Zu viele Leute vergessen, dass Freude und Stolz ein wichti-ges Mittel der queer-feministischen Eman-zipation sind. Es ist doch so: Die Gesell-schaft will uns und unser schmutziges queeres Begehren unterdrücken und unse-re Scham reproduziert diese Norm in uns. Mit dem Feiern unserer Körper und unseres Begehrens, mit Stolz und Pride für unsere Existenz, setzen wir diesen Unterdrü-ckungsmechanismen etwas entgegen und emanzipieren uns von ihnen.Kim de l’Horizon schreibt in «Oh Boy» Queerness sei nicht positiv zu definieren. Stimmst du dieser Aussage zu?In der historischen Kausalität, ja. In einer idealen Gesellschaft bräuchte es gar keine Schubladen, auch keine wie die für mich sehr positiv aufgeladene Schublade «Queer-ness» Der Begri queer beinhaltet ja bereits im Wortlaut die Abweichung von einer Norm. D.h. ohne Norm bräuchten wir den Begri und die Schublade nicht. So wie ich Kim verstehe, ist es das, was Kim an jener Stelle meint: Wir sind queer, weil sich die Dominanzgesellschaft mit Gewalt von un-seren Körpern und unserem Begehren ab-grenzen will und so auch uns zur Abgren-zung mit einem Begri wie «queer» zwingt... Was wünscht du dir für die nächsten fünf Jahre in Bezug auf die LGBT*-Community und den Umgang der Gesellschaft mit Queerness?Das wir alle lernen, besser mit Vielfalt umzu-gehen und sie fördern, statt zu bekämpfen. Dafür müssen wir uns zu allerst eine höhere Ambiguitätstoleranz erarbeiten. Wir müssen lernen Widersprüche besser auszuhalten: in uns, inner- und ausserhalb der Community. Es muss nicht immer alles in Harmonie und Eindeutigkeit aufgelöst werden. Im Wider-spruch, in der Unterschiedlichkeit und im Eingeständnis von Unsicherheit liegt ein ganz wunderbarer, heilsamer Zauber.Das ist ein ganz wunderbares Statement zum Abschluss. Vielen Dank für das Gespräch! 1 Hinweis: «Oh Boy» erschien im Juli und wird in diesem Cruiser in dem Artikel über Männlichkeit, s. ab S. 4, erwähnt. Nach einem Eklat um den Beitrag des Mitherausgebers Valentin Moritz wurde die erste Auflage vom Markt genommen. Ab der zweiten Auflage erscheint der Band ohne diesen.DONAT BLUMDonat Blum, geboren 1986 in Schaffhausen, ist Schriftsteller*in und engagiert sich darüberhinaus äusserst vielfältig im Bereich Kultur Dabei hat ens2 vor allem queere Aspekte im Blick, u. a. als Gründer*in und Mitherausgeber*in der ersten queeren Literaturzeitschrift «Glitter». Im Cruiser haben wir unter anderem Donat Blums Debüt-Roman «Opoe» besprochen. 2Donat Blum ist eine non-binäre Person und verwendet daher das Pronomen ens.ANZEIGE«Im Widerspruch, in der Unter-schiedlichkeit und im Einge-ständnis von Unsicherheit liegt ein ganz wunderbarer, heil-samer Zauber.» Donat BlumDamit in Bern ein Genderstern aufgeht.Cruiser-Kolumnist Michi Rüegg in den Nationalrat.Liste 27SP Queer Kanton Zürich

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30 31CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023Nicolas Stemann inszeniert «Das Leben des Galilei» überraschend konservativ.Der Preis des FortschrittsBilder © Philip FroweinVON VALERIA HEINTGES Man reibt sich verwundert die Augen. Sind wir nicht am Schauspielhaus Zürich, dessen Intendanten auch ih-ren Hut nehmen müssen, weil sie das Stamm-Publikum mit zu modernen, zu freien Insze-nierungen verprellten und es deshalb einfach wegblieb? Aber kein Zweifel: Wir sind am Pfauen, gezeigt wird Bertolt Brechts «Das Leben des Galilei». Regie Nicolas Ste-mann, neben Benjamin von Blomberg einer der Intendanten, die nun ihre «Final Season» einläuten, wie alle Plakate verkünden. Aber das da auf der Bühne, das ist überhaupt nicht übermässig modern und erst recht nicht übermässig frei. Sondern «Leben des Galilei» in der Regie von Nicolas Stemann am Schauspielhaus ZürichEin starkes, siebenköpfiges Ensemble: Andrea Bollinger, Gottfried Breitfuss, Steven Sowah, Matthias Neukirch, Maximilian Reichert, Alicia Aumüller, Sebastian Rudolph, Karin PfammatterKULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHKULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHANZEIGEvielmehr eine sehr wort- und dialoglastige Arbeit; sieben Schauspieler*innen in fast komplett schwarzen Kostümen, ihre weis-sen Schuhe die Ausnahme, die die Regel be-stätigen – nur zwischendurch gönnen sie sich ein bisschen utopische Farbe. Kein Fremdtext, kein Ausbruch aus Rollen. Man kann sogar – mit ein bisschen Augenzudrü-cken – «Musik von Hanns Eisler» unter-schreiben, aber Musikerin Andrina Bollin-ger verleiht mit ihrer Fassung für Gitarre und Klavier und ihrer Stimme der Sache ei-nen überaus eigenen Ton. Aber natürlich ist die Arbeit schon von Nicolas Stemann. Wer seine Fassung von Dürrenmatts «Besuch der alten Dame» und Sophokles‘ «Oedipus Tyrann» kennt, sieht auch die Verbindung: Während in den bei-den Werken Vielpersonenstücke auf zwei Spieler*innen eingedampft wurden, gehen jetzt die vielen Personen auf ein starkes sie-benköpges Ensemble über, das sich frei ottierend die Partien zuwirft. Im Wesentli-chen ist Matthias Neukirch der opportunis-tische und Steven Sowah der kämpferische, mutige Galilei. Alicia Aumüller gibt die et-was emanzipierte Tochter Virginia und Ma-ximilian Reichert den Schüler Andrea – sie beide stehen fest auf Seiten Galileis. Aber dann wird es schon komplizierter: Meist ist Gottfried Breitfuss Galileis Haushälterin Frau Sarti, aber zuweilen ist er auch mit Se-bastian Rudolph und Karin Pfammatter auf der Seite der kirchlichen Gegner. Und am Ende, wenn das alles immer verwaschener wird zwischen den Guten und den Bösen, den Gescheiten und den Dummen, dann sind sie alle sieben Mal Galilei gewesen. ➔Dank uns jedes Detail sehen. Als Hauptsponsorin des Schauspielhaus Zürich ermöglichen wir unseren Kundinnen und Kunden eine bessere Sitzkategorie. zkb.ch/schauspielhausmit dem Sitzplatz-Upgrade.Näher dran

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30 31CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023Nicolas Stemann inszeniert «Das Leben des Galilei» überraschend konservativ.Der Preis des FortschrittsBilder © Philip FroweinVON VALERIA HEINTGES Man reibt sich verwundert die Augen. Sind wir nicht am Schauspielhaus Zürich, dessen Intendanten auch ih-ren Hut nehmen müssen, weil sie das Stamm-Publikum mit zu modernen, zu freien Insze-nierungen verprellten und es deshalb einfach wegblieb? Aber kein Zweifel: Wir sind am Pfauen, gezeigt wird Bertolt Brechts «Das Leben des Galilei». Regie Nicolas Ste-mann, neben Benjamin von Blomberg einer der Intendanten, die nun ihre «Final Season» einläuten, wie alle Plakate verkünden. Aber das da auf der Bühne, das ist überhaupt nicht übermässig modern und erst recht nicht übermässig frei. Sondern «Leben des Galilei» in der Regie von Nicolas Stemann am Schauspielhaus ZürichEin starkes, siebenköpfiges Ensemble: Andrea Bollinger, Gottfried Breitfuss, Steven Sowah, Matthias Neukirch, Maximilian Reichert, Alicia Aumüller, Sebastian Rudolph, Karin PfammatterKULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHKULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHANZEIGEvielmehr eine sehr wort- und dialoglastige Arbeit; sieben Schauspieler*innen in fast komplett schwarzen Kostümen, ihre weis-sen Schuhe die Ausnahme, die die Regel be-stätigen – nur zwischendurch gönnen sie sich ein bisschen utopische Farbe. Kein Fremdtext, kein Ausbruch aus Rollen. Man kann sogar – mit ein bisschen Augenzudrü-cken – «Musik von Hanns Eisler» unter-schreiben, aber Musikerin Andrina Bollin-ger verleiht mit ihrer Fassung für Gitarre und Klavier und ihrer Stimme der Sache ei-nen überaus eigenen Ton. Aber natürlich ist die Arbeit schon von Nicolas Stemann. Wer seine Fassung von Dürrenmatts «Besuch der alten Dame» und Sophokles‘ «Oedipus Tyrann» kennt, sieht auch die Verbindung: Während in den bei-den Werken Vielpersonenstücke auf zwei Spieler*innen eingedampft wurden, gehen jetzt die vielen Personen auf ein starkes sie-benköpges Ensemble über, das sich frei ottierend die Partien zuwirft. Im Wesentli-chen ist Matthias Neukirch der opportunis-tische und Steven Sowah der kämpferische, mutige Galilei. Alicia Aumüller gibt die et-was emanzipierte Tochter Virginia und Ma-ximilian Reichert den Schüler Andrea – sie beide stehen fest auf Seiten Galileis. Aber dann wird es schon komplizierter: Meist ist Gottfried Breitfuss Galileis Haushälterin Frau Sarti, aber zuweilen ist er auch mit Se-bastian Rudolph und Karin Pfammatter auf der Seite der kirchlichen Gegner. Und am Ende, wenn das alles immer verwaschener wird zwischen den Guten und den Bösen, den Gescheiten und den Dummen, dann sind sie alle sieben Mal Galilei gewesen. ➔Dank uns jedes Detail sehen. Als Hauptsponsorin des Schauspielhaus Zürich ermöglichen wir unseren Kundinnen und Kunden eine bessere Sitzkategorie. zkb.ch/schauspielhausmit dem Sitzplatz-Upgrade.Näher dran

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32 33CRUISER OKTOBER 2023KULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHAber sonst? Hat das Schauspielhaus Zürich bestimmt seine konservativste Insze-nierung seit Langem abgeliefert. Mit wenig Requisiten, einem sehr deutlichen, beinahe platten Bühnenbild von Jelena Nagorni, bei dem sich die Bodenplatten bewegen und wie Schalensplitter an den Himmel hängen, wenn auf der Bühne das alte ptolemäische Schalenmodell zertrümmert wird. Mit einer grossen Feier für die Freunde des Worts, für die Fans gepegter Unterhaltung und die Streiter für die guten Argumente. Gerade letztere kommen bei Brecht ja auch voll auf ihre Kosten. Schliesslich geht es um den Ast-ronomen und Physiker Galileo Galilei, der mithilfe des neu erfundenen Teleskops be-weisen kann, dass sich eben nicht die Sonne um die Erde, sondern die Erde um die Sonne dreht; dass also das ptolemäische Weltbild vielleicht mit der Bibelmeinung überein-stimmt, aber leider nicht mit der Realität. Im Laufe des Stückes muss Galilei aber feststel-len, dass die Zeit noch nicht reif ist für seine Entdeckung oder die Macht der Kirche noch zu stark. Und so landet er erst im Kerker, dann im acht Jahre dauernden Schweigen. Schliesslich entscheidet er sich, im Anblick der Folterinstrumente, für das gute Leben und das gute Essen. Und widerruft. Doch ge-lingt es ihm, an seinen Bewachern vorbei, sein Hauptwerk zu Ende zu schreiben und ausser Landes zu schmuggeln. «Das Leben des Galilei» kam in einer ersten Fassung vor 80 Jahren, am 9. Septem-ber 1943, an gleicher Stelle in Zürich zur Ur-auührung. Unter dem Eindruck der Atom-bombe schrieb Brecht eine zweite Fassung auf Englisch, die 1947 im Exil in Los Angeles zur Premiere kam, und eine dritte, die 1956 am Berliner Ensemble, nach Brechts Tod, aufgeführt wurde. Nicolas Stemann nutzt diese letzte Fassung, in der die Wissenschaft stärker im Spannungsfeld steht zwischen Heils- und Verdammnisbringerin, der Wissenschaftler zerrissen wird von Zweifeln am und Glau-ben an den Fortschritt. Denn es ist alles drin in dem Werk: Anrennen des Wissenschaft-lers gegen die Dummheit seiner Umgebung, aber auch sein Kampf für den Fortschritt um jeden Preis und seine fehlenden Skrupel angesichts todbringender und zerstöreri-scher Forschung. Ebenso die Tendenz der Mächtigen, die Wissenschaftler zu fördern, die ihnen nutzen, und diejenigen zu behin-dern und zu zerstören, deren Ergebnisse ih-nen nicht passen. Der Kampf des Individu-ums um seinen Platz im Universum und in der Gesellschaft. Die Szenen über die Pest hat schon Brecht eingefügt, sie passen Post-Corona sehr gut; die zerstörerischen Folgen des «Fortschritts» waren auch schon da, die Worte «Klimawandel» und «Zerstörung des Planeten» hat Dramaturg Moritz Frischkorn noch eingefügt. Und ja: Man kann das Werk natürlich auch so lesen, dass nicht nur Gali-lei fürs Oensichtliche kämpft. Denn jeder, der genau hinschauen würde, würde ja mer-ken: Die Gesellschaft Zürichs ist längst di-vers.Wenn die Gedanken beim Zuhören und Zuschauen auch wegen der guten Schauspielleistungen so inspiriert werden, kann man das ja auch goutieren, auch wenn dabei die Ästhetik etwas bieder daher-kommt. Aber ein bisschen langweilig ist es halt doch. «Das Leben des Galilei» im Pfauen. Inszenierung Nicolas Stemann. Diverse Vorstellungen im Oktober.Der Kampf des Individuums in der Gesellschaft: Maximilian Reichert, Gottfried Breitfuss, Alicia Aumüller, Karin Pfammatter, Steven Sowah, Matthias NeukirchBild © Philip Froweinsilberschmidt.zuerichEinsatz für eine vielfältige und offene Gesellschaftwieder in den NationalratAndri SilberschmidtANZEIGE

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32 33CRUISER OKTOBER 2023KULTURSCHAUSPIELHAUS ZÜRICHAber sonst? Hat das Schauspielhaus Zürich bestimmt seine konservativste Insze-nierung seit Langem abgeliefert. Mit wenig Requisiten, einem sehr deutlichen, beinahe platten Bühnenbild von Jelena Nagorni, bei dem sich die Bodenplatten bewegen und wie Schalensplitter an den Himmel hängen, wenn auf der Bühne das alte ptolemäische Schalenmodell zertrümmert wird. Mit einer grossen Feier für die Freunde des Worts, für die Fans gepegter Unterhaltung und die Streiter für die guten Argumente. Gerade letztere kommen bei Brecht ja auch voll auf ihre Kosten. Schliesslich geht es um den Ast-ronomen und Physiker Galileo Galilei, der mithilfe des neu erfundenen Teleskops be-weisen kann, dass sich eben nicht die Sonne um die Erde, sondern die Erde um die Sonne dreht; dass also das ptolemäische Weltbild vielleicht mit der Bibelmeinung überein-stimmt, aber leider nicht mit der Realität. Im Laufe des Stückes muss Galilei aber feststel-len, dass die Zeit noch nicht reif ist für seine Entdeckung oder die Macht der Kirche noch zu stark. Und so landet er erst im Kerker, dann im acht Jahre dauernden Schweigen. Schliesslich entscheidet er sich, im Anblick der Folterinstrumente, für das gute Leben und das gute Essen. Und widerruft. Doch ge-lingt es ihm, an seinen Bewachern vorbei, sein Hauptwerk zu Ende zu schreiben und ausser Landes zu schmuggeln. «Das Leben des Galilei» kam in einer ersten Fassung vor 80 Jahren, am 9. Septem-ber 1943, an gleicher Stelle in Zürich zur Ur-auührung. Unter dem Eindruck der Atom-bombe schrieb Brecht eine zweite Fassung auf Englisch, die 1947 im Exil in Los Angeles zur Premiere kam, und eine dritte, die 1956 am Berliner Ensemble, nach Brechts Tod, aufgeführt wurde. Nicolas Stemann nutzt diese letzte Fassung, in der die Wissenschaft stärker im Spannungsfeld steht zwischen Heils- und Verdammnisbringerin, der Wissenschaftler zerrissen wird von Zweifeln am und Glau-ben an den Fortschritt. Denn es ist alles drin in dem Werk: Anrennen des Wissenschaft-lers gegen die Dummheit seiner Umgebung, aber auch sein Kampf für den Fortschritt um jeden Preis und seine fehlenden Skrupel angesichts todbringender und zerstöreri-scher Forschung. Ebenso die Tendenz der Mächtigen, die Wissenschaftler zu fördern, die ihnen nutzen, und diejenigen zu behin-dern und zu zerstören, deren Ergebnisse ih-nen nicht passen. Der Kampf des Individu-ums um seinen Platz im Universum und in der Gesellschaft. Die Szenen über die Pest hat schon Brecht eingefügt, sie passen Post-Corona sehr gut; die zerstörerischen Folgen des «Fortschritts» waren auch schon da, die Worte «Klimawandel» und «Zerstörung des Planeten» hat Dramaturg Moritz Frischkorn noch eingefügt. Und ja: Man kann das Werk natürlich auch so lesen, dass nicht nur Gali-lei fürs Oensichtliche kämpft. Denn jeder, der genau hinschauen würde, würde ja mer-ken: Die Gesellschaft Zürichs ist längst di-vers.Wenn die Gedanken beim Zuhören und Zuschauen auch wegen der guten Schauspielleistungen so inspiriert werden, kann man das ja auch goutieren, auch wenn dabei die Ästhetik etwas bieder daher-kommt. Aber ein bisschen langweilig ist es halt doch. «Das Leben des Galilei» im Pfauen. Inszenierung Nicolas Stemann. Diverse Vorstellungen im Oktober.Der Kampf des Individuums in der Gesellschaft: Maximilian Reichert, Gottfried Breitfuss, Alicia Aumüller, Karin Pfammatter, Steven Sowah, Matthias NeukirchBild © Philip Froweinsilberschmidt.zuerichEinsatz für eine vielfältige und offene Gesellschaftwieder in den NationalratAndri SilberschmidtANZEIGE

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34 35CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023RATGEBERDR. GAYIch bin bisexuell und habe seit über 20 Jahren Dates über schwule Datingportale, ohne befriedigenden Sex zu haben. Beim Chatten habe ich immer grosse Lust, die aber bei einem Treffen weg ist. Schwule finden mich richtig geil, Frauen lehnen mich als Sexpartner ab. Was soll ich tun? Pierre (48)Ich hatte zirka 1-2 Minuten ungeschützten Analverkehr mit einem Mann. Dabei war ich der Aktive und bin in ihm gekommen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mich mit HIV infiziert zu haben? Eigentlich bin ich immer vorsichtig und praktiziere Safer Sex. Jetzt habe ich aber echt Angst. Igor (30)Hallo Pierre20 Jahre sind eine lange Zeit, um nie befrie-digenden Sex gehabt zu haben. Ich kann dei-nen Frust sehr gut verstehen. Um das Prob-lem zu lösen, musst du den Grund dafür kennen. Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Du schreibst, dass schwule Männer dich richtig geil nden. Es ist für dich also einfa-cher, Sex mit Männern zu haben als mit Frauen. Wäre es möglich, dass du doch eher auf Frauen stehst und Männersex nur eine Notlösung für dich ist, weil du bei Frauen nicht gut ankommst? Sex mit Männern ist in deiner Fantasie zwar geil, aber es sind eben Fantasien. Es kann also sein, dass dich die Realität sprichwörtlich einholt, wenn du dich mit Männern zum Sex trist. Ein weite-rer Grund könnte sein, dass deine Erwar-Hallo IgorUngeschützter Analverkehr ist einer der Hauptübertragungswege von HIV und birgt ein grosses HIV-Risiko, sowohl für den Aktiven wie auch für den Passiven, mit oder ohne Abspritzen. Einer der Faktoren für die Einschätzung des Risikos ist die Dauer der Exposition. Je länger diese dau-ert, desto höher das Risiko. Die Dauer war bei deinem Erlebnis zwar relativ kurz, aber Sex ist eine leidenschaftliche Sache und das Zeitgefühl ist manchmal getrübt. Aber ein Risiko hattest du auf jeden Fall. Um für dich Klarheit zu schaen, rate ich dir zu ei-nem HIV-Test. Dieser ist bereits zwei Wo-chen nach der Risikosituation möglich, tungen zu hoch sind. Vielleicht präsentieren sich deine Sexpartner in ihren Prolen inte-ressanter, als sie es tatsächlich sind. Viel-leicht liegt es aber auch daran, dass du deine sexuellen Wünsche nicht zum Ausdruck bringst und der Sex mit Männern. Nur du selbst kannst den Grund für deine Unzufrie-denheit rausnden. Versuche, ehrlich dir gegenüber zu sein. Sage beim nächsten Date deinem Gegenüber, was dir gefällt, was du möchtest und was nicht. Bleibe bei deinen Erwartungen realistisch. Oder nde heraus, warum dich Frauen sexuell ablehnen. Das könnten erste Schritte zu einem glückli-chen, befriedigenden Sexleben für dich sein.Alles Gute, Dr. Gaymuss aber sechs Wochen später mit einem weiteren Test bestätigt werden. Ein Test wird dir Sicherheit geben. Spezialisierte Test- und Beratungsstellen ndest du hier: https://drgay.ch/deine-kontakte. Solltest du grundsätzlich Schwierigkeiten mit der An-wendung von Kondomen haben: Es gibt heute neben dem Kondom andere Schutz-möglichkeiten wie zum Beispiel die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP). Alle Infor-mationen zur PrEP ndest du hier: https://drgay.ch/safer-sex/vorbeugen/prepAlles Gute, Dr. GayDR. GAYAuf drgay.ch findest du viele Infos und kannst eigene Fragen stellen. Hinter Dr. Gay stehen Mitarbeiter*innen der Aids-Hilfe Schweiz. Wir engagieren uns für die sexuelle Gesundheit von schwulen, bi & queeren Männern. drgay.ch drgay_official @drgay_officialANZEIGE

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34 35CRUISER OKTOBER 2023CRUISER OKTOBER 2023RATGEBERDR. GAYIch bin bisexuell und habe seit über 20 Jahren Dates über schwule Datingportale, ohne befriedigenden Sex zu haben. Beim Chatten habe ich immer grosse Lust, die aber bei einem Treffen weg ist. Schwule finden mich richtig geil, Frauen lehnen mich als Sexpartner ab. Was soll ich tun? Pierre (48)Ich hatte zirka 1-2 Minuten ungeschützten Analverkehr mit einem Mann. Dabei war ich der Aktive und bin in ihm gekommen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mich mit HIV infiziert zu haben? Eigentlich bin ich immer vorsichtig und praktiziere Safer Sex. Jetzt habe ich aber echt Angst. Igor (30)Hallo Pierre20 Jahre sind eine lange Zeit, um nie befrie-digenden Sex gehabt zu haben. Ich kann dei-nen Frust sehr gut verstehen. Um das Prob-lem zu lösen, musst du den Grund dafür kennen. Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Du schreibst, dass schwule Männer dich richtig geil nden. Es ist für dich also einfa-cher, Sex mit Männern zu haben als mit Frauen. Wäre es möglich, dass du doch eher auf Frauen stehst und Männersex nur eine Notlösung für dich ist, weil du bei Frauen nicht gut ankommst? Sex mit Männern ist in deiner Fantasie zwar geil, aber es sind eben Fantasien. Es kann also sein, dass dich die Realität sprichwörtlich einholt, wenn du dich mit Männern zum Sex trist. Ein weite-rer Grund könnte sein, dass deine Erwar-Hallo IgorUngeschützter Analverkehr ist einer der Hauptübertragungswege von HIV und birgt ein grosses HIV-Risiko, sowohl für den Aktiven wie auch für den Passiven, mit oder ohne Abspritzen. Einer der Faktoren für die Einschätzung des Risikos ist die Dauer der Exposition. Je länger diese dau-ert, desto höher das Risiko. Die Dauer war bei deinem Erlebnis zwar relativ kurz, aber Sex ist eine leidenschaftliche Sache und das Zeitgefühl ist manchmal getrübt. Aber ein Risiko hattest du auf jeden Fall. Um für dich Klarheit zu schaen, rate ich dir zu ei-nem HIV-Test. Dieser ist bereits zwei Wo-chen nach der Risikosituation möglich, tungen zu hoch sind. Vielleicht präsentieren sich deine Sexpartner in ihren Prolen inte-ressanter, als sie es tatsächlich sind. Viel-leicht liegt es aber auch daran, dass du deine sexuellen Wünsche nicht zum Ausdruck bringst und der Sex mit Männern. Nur du selbst kannst den Grund für deine Unzufrie-denheit rausnden. Versuche, ehrlich dir gegenüber zu sein. Sage beim nächsten Date deinem Gegenüber, was dir gefällt, was du möchtest und was nicht. Bleibe bei deinen Erwartungen realistisch. Oder nde heraus, warum dich Frauen sexuell ablehnen. Das könnten erste Schritte zu einem glückli-chen, befriedigenden Sexleben für dich sein.Alles Gute, Dr. Gaymuss aber sechs Wochen später mit einem weiteren Test bestätigt werden. Ein Test wird dir Sicherheit geben. Spezialisierte Test- und Beratungsstellen ndest du hier: https://drgay.ch/deine-kontakte. Solltest du grundsätzlich Schwierigkeiten mit der An-wendung von Kondomen haben: Es gibt heute neben dem Kondom andere Schutz-möglichkeiten wie zum Beispiel die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP). Alle Infor-mationen zur PrEP ndest du hier: https://drgay.ch/safer-sex/vorbeugen/prepAlles Gute, Dr. GayDR. GAYAuf drgay.ch findest du viele Infos und kannst eigene Fragen stellen. Hinter Dr. Gay stehen Mitarbeiter*innen der Aids-Hilfe Schweiz. Wir engagieren uns für die sexuelle Gesundheit von schwulen, bi & queeren Männern. drgay.ch drgay_official @drgay_officialANZEIGE

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ozedee.cosses HasKoe uTee.lleLILIELBEUrauührungab22.0.23Oper von Tobias Picker und Aryeh Lev StollmanMit grosszügiger Unterstützung: ANZEIGE