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Cruiser März

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cruiserDAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINMÄ RZ 2 018 CHF 8.10cruiserDAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINSCHWULE VORBILDER Auf der Suche nach einem IdolCOMING-OUTSchwieriger denn je?POLITIKSVP will LGBT*-ZählungPrEPMoralinsaure Gesundheitsdiskussion

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Are youon PrEP?Ein PrEP-Medikament schützt dich genauso gut vor einer HIV-Infektion wie ein Kondom – wenn es richtig eingenommen wird! Alles, was du wissen musst auf myprep.ch

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3CRU I S E R M Ä R Z 2 018IMPRESSUMCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.mediaInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit KawohlBildredaktion Haymo Empl, Astrid Affolter. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber.Art Direktion Astrid AffolterAgenturen SDA, DPA, KeystoneAutor_Innen Vinicio Albani, Anne Andresen, Yvonne Beck, Haymo Empl, Andreas Faessler, Patrick Hadi Huber, Stephan Inderbitzin, Birgit Kawohl, Moel Maphy, Mirko, Michi Rüegg, Alain Sorel, Johannes Schmitt-Tegge, Peter Thommen (online)Korrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30WEMF beglaubigte Aufl age 11 539 Exemplare (2016)Druck Druckerei Konstanz GmbHWasserloses DruckverfahrenREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chTelefon +41 (0)44 586 00 44 (vormittags)Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.chDer nächste Cruiser erscheint am 6. April 2018Wir vom Cruiser setzen auf eine grösstmögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinander-setzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum sprach-liche Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor_Innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden entsprechend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die entsprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz».INHALT4 VORBILDER AUF DER SUCHE NACH EINEM IDOL9 POLITIK SVP WILL LGBT*-ZÄHLUNG11 KOLUMNE MICHI RÜEGG12 KULTUR SCHAUSPIELHAUS14 KULTUR KURZNEWS16 THEMA LGBT* IM ALTER18 SERIE IKONEN VON DAMALS20 NEWS NATIONAL & INTERNATIONAL22 LIFESTYLE CRUISER ZU BESUCH BEI… 24 KOLUMNE MIRKO26 KULTUR BUCHTIPP27 SZENE GAY-SERIENMÖRDER28 PREP MORALINSAURE GESUNDHEITSDISKUSSION29 KOLUMNE MIRKO30 GESELLSCHAFT COMING-OUT33 RATGEBER DR. GAY34 FLASHBACK CRUISER VOR 30 JAHRENEDITORIALLiebe LesendeCruiser hat in der letzten Ausgabe ausführlich über die Stadtpolizei Zürich und ihre Schnüffelmethoden auf Internet-Gay-Dating-Portalen berichtet. Der Artikel von Michi Rüegg fand nicht nur in der Tagespresse Beachtung, sondern hat auch auf politischer Ebene etwas bewegt: Eine schriftliche Anfrage der Alternativen Liste (AL) Zürich an den Stadtrat will unter ande-rem eine Klärung der juristischen Grundlage für dieses Vorgehen. Cruiser bleibt diesbezüglich natürlich am Ball und wir setzen alles daran, dass wir nicht wieder in Zeiten zurückfallen, die für alle ungut waren. Derzeit gibt es verschiedene extreme Stossrichtungen auf politischer Ebene, einmal mehr hat die SVP mit dicker Post in der Ratspost für Aufsehen gesorgt: Mehr dazu auf Seite 9.Unsere Politiker könnten eigentlich für eine ganze Generation Vorbilder sein. Das ist aber meistens nicht so. Was es braucht, um ein «Vorbild» zu sein und weshalb es sich schwierig gestal-tet, ein «Vorbild» für LGBT*-Menschen zu fi nden, zeigt unsere Titelgeschichte. Und damit diese Ausgabe nicht ganz so «schwer» wiegt, haben wir erhellendes und mehr oder minder un nützes Wissen in unseren «Ikonen von damals» auf Seite 18.Herzlich; Haymo Empl, Chefredaktor

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4CRU I S E R M Ä R Z 2 018VORBILDERAUF DER SUCHE NACH EINEM IDOLSuperman, Ronaldo oder doch der grosse Bruder? Menschen brauchen Vorbilder und suchen sich welche. Wer kommt hier für Schwule in Frage? Schwule Vorbilder: Auf der Suche nach einem IdolVO N B I RG I T K AW OHLWer erinnert sich nicht an ewig lange Diskussionen mit Freunden in der Kindheit, in denen es darum ging, wer denn der coolste der der drei Fragezei-chen war oder ob man nun Tarzan oder Karl von TKKG favorisierte. Jeder hatte damals seine feste Meinung dazu, was zur Folge hatte, dass es vor allem unter Geschwistern häuger zu nicht immer ganz körperlos aus-getragenen Auseinandersetzungen kam. Man versuchte, seinem Idol in allem zu ent-sprechen, redete wie dieses, übernahm dessen Hobbys, auch wenn dies manchmal ans Absurde grenzte. Gut, gab es damals meist noch keine Verlmungen, sodass sich das heute übliche Merchandising in Gren-zen hielt. Aber was passierte da eigentlich, dass man plötzlich eine völlig unbekannte Person bzw. eine Kunstgur anhimmelte? Wie kommen insbesondere Schwule zu ih-ren Idolen? (Die hier gewählte Fokussie-rung erfolgt aus rein platztechnischen Gründen und kann inhaltlich vielfältig übertragen werden.)Vorbilder sind entwicklungspsycholo-gisch etwas ganz Normales und sogar Not-wendiges. Die Psychoanalytikerin und Ärz-Die Suche nach einem Vorbild gestaltet sich bei Homosexuellen komplexer als bei Heterosexuellen. Identifikationsfiguren sind aber wichtig für den Coming-out-Prozess.

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5VORBILDERAUF DER SUCHE NACH EINEM IDOLA N ZE IG Etin Margarete Mitscherlich (1917-2012) sagte: «Ich glaube, sie [Vorbilder] sind ein menschliches Urbedürfnis. Wir werden als total hilose Wesen geboren, und deshalb brauchen wir Erwachsene, die mit der Welt zurechtkommen und an denen wir uns ori-entieren können. Ausserdem brauchen wir Ideale, nach deren Verwirklichung wir stre-ben können. Sonst sind wir einem Gefühl der Leere ausgesetzt.» Umgekehrt ist es dar-um häug so, dass Kinder, die ohne solche Vorbilder aufwachsen, weil sie beispiels-weise in zerrütteten Familien mit ihrerseits hilosen Eltern leben oder sich eben auf-grund der eigenen sexuellen Orientierung mit einer Identizierung schwer tun, schnell die Richtung verlieren und nicht sel-ten in irgendeiner Form von Sucht oder psy-chischen Schwierigkeiten landen. Hier mag einer der Gründe dafür liegen, dass Homo-sexuelle tendenziell als suchtanfälliger gel-ten als ihre heterosexuellen Geschlechtsge-nossen, wie es Gisela Wol in ihrer kürzlich erschienenen Abhandlung «Substanzge-brauch bei Queers» dargestellt hat.Laut Sigmund Freud geht es bei der Vorbildsuche um einen psychodynami-schen Prozess, in dem es zur Angleichung des eigenen Ichs mit dem Vorbild kommt. Die ersten Vorbilder von Kindern sind daher meist die eigenen Eltern bzw. andere nahe-stehende Personen aus dem sozialen Um-feld, deren Verhalten von den Kindern zu-nächst unreektiert nachgeahmt wird. Von diesen Personen lernen die Kinder, wie man mit bestimmten Situationen umgeht und sich so in der komplexen Welt zurechtnden kann. Dies beginnt mit einfachen Tätigkei-ten wie Essen und Trinken, dehnt sich aber auch auf Problemlösungen aus, zum Bei-spiel, wenn das kleine Kind im Dunkeln Angst hat und alleine ist. Dann wird sich da-ran erinnert, was Papi und Mami in solch einer Situation machen. Ab der eigenen Ge-schlechtswahrnehmung mit ca. zwei Jahren bevorzugen Kinder eine Person des eigenen Geschlechts als Vorbild, ohne dass man dies explizit in den Familien thematisiert. Hier-bei scheint es sich also um ein angeborenes Verhalten zu handeln. Dies wird von Geg-nern der Freigabe von Adoptionen für Ho-mosexuelle auch immer gerne als Argument genommen, denn wie soll sich ein armes Mädchen an zwei schwulen Vätern orientie-ren können, notabene ein kleiner Bub an zwei lesbischen Müttern? Muss nicht viel-mehr zwangsläug ein Junge in einem schwulen Haushalt auch schwul «werden»? Dazu kann man kontern: Heutzutage wach-sen sowieso kaum noch Kinder in einer «klassischen» Familie auf, viel wahrschein-licher ist – ohne Rücksicht auf das Ge-schlecht des Kindes – das Aufwachsen bei einem Elternteil, meist bei der Mutter. Be-kommt ein Junge in solch einer Konstella-tion auch zu viel Weiblichkeit mit auf sei-nen Lebensweg? Eine geschlechtskonforme Vorbildfunktion ist hier also in vielen Fällen ebenfalls kaum möglich. Zweitens ist eben-so erwiesen, dass Kinder, die bei homose-xuellen Eltern aufwachsen, keinesfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, schwul oder lesbisch zu werden. Und übrigens, was wäre so schlimm daran? Dankenswerter-weise gilt Homosexualität im Jahr 2018 nicht mehr als Krankheit, sondern als gene-tisch bedingte Abweichung von der Hetero-sexualität, wobei Abweichung hier vollkom-men wertneutral zu verstehen ist.Wo sucht man nach Vorbildern?Allerdings muss man zugeben, dass es Schwulen von Anbeginn an durchaus er-schwert wird, eine Identikationsgur zu nden, eben gerade weil sie ziemlich wahr-scheinlich keine zwei Väter haben und sich unter Umständen somit relativ lange wenn schon nicht wie Aliens, dann doch zumin-dest als irgendwie anders oder nicht stimmig fühlen. So beklagte sich der Schauspieler Adam Lambert nach seinem Coming-out, dass ihm immer schwule Vorbilder gefehlt hätten, ausser Elton John und George Mi-chael seien da nicht viele infrage gekommen. Für viele mag diese Auswahlmöglichkeit ge-radezu wie eine (Be)Drohung klingen und es erleichtert sicherlich nicht die Akzeptanz in einer heteronormativ geprägten Peergroup, wenn man diese Idole öentlich preisgibt. ➔Popstars sind die Identifikationsfigur Nummer 1.BAD, BIZARRE AND BLOODY BRILLIANT!Howard Panter for Rocky Horror Company Limited, Ralf Kokemüller for BB Promotion GmbH and Freddy Burger Management present Sky du Mont &Knackeboulals Erzähler*www.rocky-horror-show.ch10. -15. 04.18 17. -22. 04.18 Musical Theater Basel* Änderungen vorbehalten

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6CRU I S E R M Ä R Z 2 018Denn je älter das Kind wird und je mehr Aussenkontakte es üblicherweise be-kommt (Krippe, Spielplatz, Schule), desto mehr wandeln sich die Vorbilder, weg von der Familie hin zum sozialen Umfeld oder sogar zu Idolen, die das Kind gar nicht per-sönlich kennt. Dies können Sportler, Musi-ker, Schriftsteller, aber auch Gruppen, Insti-tutionen sowie z. B. eine Religion oder sogar ktive Figuren sein. Bei einer im Dezember 2016 durchge-führten Umfrage in der Schweiz («Welche Persönlichkeiten zählen Sie am ehesten zu Ihren Vorbildern?» Nur eine Antwort war möglich.) unter knapp 14 000 14- bis 24-Jäh-rigen kam heraus, dass Nummer eins unter den Vorbildern Sportler sind (21 %), gefolgt von den eigenen Eltern (18 %). Mit immerhin 7 % landeten Sänger auf Platz 5 der Hitliste. Dass es «nur» Platz 5 wurde, mag erstaunen, da man bei dem Wort Idol häug als Erstes das Bild des kreischenden, nahezu in Ohn-macht fallenden – meist weiblichen – Teen-agers im Kopf hat. Dieses Bild ist auch gar nicht so falsch, gelten doch Popstars, unab-hängig von obiger Untersuchung, als Identi-kationsgur Nummer 1 bei Teenagern. Das liegt laut dem Psychologen Dr. Martin Hup-pert daran, dass sich Musik für die Identi-kation besonders eigne, da sie zum einen Teil der Lebensrealität von Jugendlichen sei, zum anderen gleichzeitig ein Gemeinschaftsge-fühl sowie Modetrends vermittle. Mädchen gingen dabei relativ schnell von der ding-lichen Wahrnehmung (also z. B. den objekti-ven Gesangskünsten) zu einer gefühlsmässi-gen Beziehung über, und genau eben diese «Verliebtheit» löse die im Folgenden wahrge-nommenen Hysterien aus. Dass man dabei häug Mädchen im Blick hat, mag auch dar-an liegen, dass sich diese mehr trauen, ihre Gefühle in der Öentlichkeit auszuleben. Da sich – auch der schwule – männliche Jugend-liche nicht als «Mädchen» beschimpfen las-sen will, erfolgt hier die Verehrung meist im häuslichen Bereich. Ganze Zimmerwände werden mit Postern zugekleistert und zur Musik werden alle möglichen Moves und Choreograen einstudiert. Bei der oben genannten Umfrage fehl-te allerdings die Dierenzierung zwischen den Geschlechtern sowie – und das erstaunt nicht sehr – die Frage nach der sexuellen Orientierung. Man kann vermuten, dass die Nicht alle Schwulen wollen sein wie Harald Glööckler.VORBILDERAUF DER SUCHE NACH EINEM IDOLVorbilder können helfen, für sich selbst eine stimmige Identität zu erlangen. Eine repräsentative Umfrage hat ergeben, dass für die heterosexuellen jungen Männer Sportler eine starke Vorbildfunktion einnehmen. Wer bei jungen Gays diese Lücke füllt, ist nicht bekannt.

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7Reihenfolge bei schwulen Jugendlichen eine andere wäre. Womit lässt sich diese Vermutung begründen? Zum einen outen sich Popsänger oftmals früher als Homose-xuelle anderer Berufsgruppen, da sie als Künstler mehr Freiraum für «Spleens» ge-niessen und bieten daher eine echte Chance für eine Identikation auf mehreren Ebe-nen. Die Möglichkeit für schräge Outts und die Bühnenpräsenz können weitere Faktoren darstellen. Zudem spielen hier Emotionen eine grosse Rolle. Der schwule Jugendliche kann in eine andere Welt ein-tauchen, in der er sich nicht mehr so «falsch» vorkommt wie in der realen, auch wenn es sich dabei oftmals um eine Scheinwelt han-delt. Popsongs sprechen Dinge an und aus, die man sich im echten Leben nicht zu sa-gen trauen würde. Nach dem US-amerikanischen Sozio-logen Robert K. Merton (1910-2003) suchen Jugendliche nach einem «role model», das ein Muster für spezische Rollen abbildet, und nach reference individuals. Hierbei handelt es sich um Bezugspersonen, bei de-nen es mehr um das Muster für eine gene-relle Lebensweise geht. Diese Suche führt schwule Jugendliche dann manchmal auf verschlungene Wege, an deren Ende die Zeit, in der man einem bestimmten Idol nacheiferte, oft nur belächelt werden kann. Auf der Suche nach einem IdolDas Finden eines passenden Idols gestaltet sich für Schwule häug schwieriger als für heterosexuelle Männer, da sie aus verschie-denen Gründen weniger Vorbilder als die Heterosexuellen beim eigenen Geschlecht nden können. Dies liegt zum einen ganz lapidar an dem Verteilungsverhältnis hete-ro-homosexuell. Gemäss einer Umfrage des Berliner Start-up-Unternehmens Dalia in den EU-Mitgliedstaaten liegt in Deutsch-land der Anteil der LGBT-Menschen mit 7,4 % am höchsten – und wird mit den Zahlen in der Schweiz vergleichbar sein, während sich in Ungarn nicht einmal 2 % zu dieser Gruppierung bekennen. Dieser Un-terschied macht schon deutlich, dass die ermittelten Werte eher mit Vorsicht zu ge-niessen und ziemlich sicher von der politi-schen Situation im jeweiligen Land abhän-gig sind, der tatsächliche Anteil an queeren Menschen liegt sicherlich über diesen hier genannten Prozentsätzen. Aber selbst wenn man von einem Verhältnis von 1:10 ausgeht, erkennt man, dass ein schwuler Jugendli-cher sehr viel länger suchen muss, um ein passendes Vorbild innerhalb seiner Sexuali-tätsgruppe zu nden. Und nicht nur das genetisch bedingte Verteilungsverhältnis bedingt diese Schwierigkeit, wie man aus obiger Umfrage erkennen kann. Dass je-mand schwul ist, bedeutet ja noch lange nicht, dass er sich als schwul zu erkennen gibt, schon gar nicht immer und in jeder Si-tuation. Wenn man Menschen kennenlernt, fragt man eher selten als Erstes nach dessen sexueller Orientierung (ausgenommen sind Dating-Plattformen o. Ä.), warum sollte man auch? Dies lässt einen Orientierung suchen-den Jugendlichen aber lange zweifelnd in der Luft hängen und macht ihm die Vorbild-suche nicht gerade einfacher. Erschwert wurde die Identikation schwuler Jugend-licher in den letzten Jahrzehnten zudem durch AIDS, das mehr oder weniger eine ganze schwule Generation eliminiert hat. ➔ A N ZE IG EVORBILDERAUF DER SUCHE NACH EINEM IDOLLASS IHN ZU DIR KOMMEN!UND ZWAR REGELMÄSSIG IN DEINEN BRIEFKASTEN.10 AUSGABEN FÜR NUR CHF 65.–Meine Abo-Bestellung Cruiser-Jahresabo für CHF 65.– Auslandsabo für Euro 80.– Gönner-Jahresabo für CHF 250.–Einsenden anCruiserClausiusstrasse 42, 8006 Zürichwww.cruisermagazin.chName | Vorname E-MailStrasse | Nr. GeburtsdatumPLZ | Ort | Land UnterschriftDAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINDu erhältst den Cruiser in neutralem Umschlag per Post direkt zu dir nach Hause. Einfach Coupon ausfüllen und einschicken oder online bestellen unter www.cruisermagazin.ch/abo

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8CRU I S E R M Ä R Z 2 018VORBILDERAUF DER SUCHE NACH EINEM IDOLDie nachfolgende Generation musste sich dementsprechend erst wieder eine eigene Basis für schwules Verhalten und schwules Leben schaen und wurde hierbei zumeist noch von Ängsten bedrängt und vom Un-verständnis der übrigen Gesellschaft be-gleitet. Diesen Umstand darf man aller-dings nicht nur negativ sehen: Immerhin konnte so eine sehr viel eigenständigere und fortschrittlichere Entwicklung be-schritten werden, als sich dies wahrschein-lich mit den lebenden Vorbildern der dama-ligen Zeit hätte erreichen lassen. Man kann zumindest feststellen, dass sich innerhalb der schwulen Kultur einiges gewandelt hat. Hatte man noch Ende des letzten Jahrhun-derts bei dem Begri «Schwuler» meist eine überdrehte Partytunte im Kopf, die in einer Disco zu später Stunde im Glitzerkostüm eine eigenwillige Performance eines ABBA-Songs oder eines Boy-George-Lookalikes abgab, lässt sich dieser Begri mittlerweile nicht mehr so einfach mit Klischees füllen. Vielmehr weist die queere Welt nun eine oensichtliche Vielfalt auf, die der hetero-sexuellen Welt in nichts nachsteht. Woran haben sich aber diese «neuen» Schwulen orientiert, wie haben sie es ge-schat, eine für sie stimmige Identität zu er-langen?Schwule Vorbilder im WandelZum einen ist es so – und damit wird an die-ser Stelle kein Geheimnis verraten –, dass ein Individuum aus mehr als Sexualität be-steht. Für frühere homosexuelle Generatio-nen war das Demonstrieren der Sexualität aber essentiell, man war zunächst schwul und dann Bibliothekar oder Squashspieler. Dies war nötig, um der eigenen Sexualität Gehör zu verschaen, um Ungerechtigkeit aus der Welt zu räumen, um zu zeigen, dass es mehr gab, als das propagierte Familien-bild der Mitte des 20. Jahrhunderts. Um sich aber so oen zur eigenen Homosexualität zu bekennen, brauchte es eine gehörige Por-tion Selbstbewusstsein und den Wunsch zur Selbstdarstellung. So wurden von der Gesellschaft meist die exaltierten Schwulen wahrgenommen, die sich eben gerne in möglichst bunten Facetten präsentierten. Mit der Zeit ging man mit sexuellen Vorlieben und Bedürfnissen weitaus oener um, seien es SM-Praktiken, Swingerclubs oder queere Lebensformen. In Folge dessen war es für Schwule nicht mehr unbedingt notwendig, sich ausschliesslich über die ei-gene Sexualität zu denieren, man konnte auch primär Bankmanager sein und zudem schwul. Dies wiederum erleichterte das Fin-den einer Identikationsgur zumindest für den nicht sexuellen Teil im Leben. Plötzlich traute man Schwulen auch zu, Politiker zu sein (siehe den ehemaligen Berliner Ober-bürgermeister Klaus Wowereit), weil man eben nicht mehr als Erstes ein Dragqueen-Outt im Kopf hatte, sondern vielmehr nach der bisher geleisteten politischen Arbeit frag-te. Also genauso, wie man es bei einem hete-rosexuellen Politiker auch macht. Indem in-zwischen oen schwul Lebende vermehrt in allen möglichen Lebensbereichen auftreten, bietet sich für schwule Jugendliche eine wachsende Bandbreite an Identikations-guren an. Dies wiederum qualiziert auch Homosexuelle immer mehr dazu, Elternrol-len zu übernehmen, sie haben gelernt, als ernst zu nehmendes Vorbild zu agieren, egal für welches Geschlecht. Dies können sie so-gar sehr viel besser und einfühlsamer, weil sie zumeist selbst in der Pubertät mit viel grösseren Schwierigkeiten als ihre heterose-xuellen Altersgenossen zu kämpfen hatten.Um nun nicht den Eindruck aufkom-men zu lassen, die Welt sei für Schwule in-zwischen ein rosarotes Wolkengebilde mit jeder Menge passender Idole und keinen Pro-blemen in der Akzeptanz der Person und der Sexualität, sei an dieser Stelle der Einwand gestattet, dass es natürlich immer noch Be-reiche gibt, die Homosexuellen weitgehend verschlossen sind, bzw. zu denen sie nur erschwert Zugang erhalten, was wiederum dazu führt, dass sich hier nur wenige Vor-bilder für sie nden lassen. Während es im kulturellen Bereich klassischerweise nur so von – erfolgreichen – Vorbildern wimmelt, sich die Situation auf Seiten des Sports lang-sam entspannt, bleibt die Suche im Wissen-schaftsbereich immer noch deutlich schwie-riger. Im universitären Bereich sind Homo-sexuelle weiterhin unterrepräsentiert, sogar das Beschäftigen mit diesem emenbereich erschwert in vielen Fällen die Aufstiegschan-cen (Stichwort «Betroenheitsforscher»). Die bereits in gehobenen Positionen festsitzen-den Heterosexuellen schotten sich aus karri-eretechnischen Gründen so geschickt nach aussen ab, dass wohl noch einige Zeit verge-hen wird, bis auch hier ein freierer Umgang miteinander gelingen kann. Darum wäre es besonders wichtig, dass Homosexuelle dort zu ihrer sexuellen Orientierung stehen, um den Teufelskreis zu durchbrechen und zum Vorbild zu werden.Wahrscheinlich ist es aber letztend-lich weniger wichtig, wen man als Vorbild hat oder ob man überhaupt jemals eins hatte. Essentiell ist immer noch das eigene Selbstwertgefühl und das Vertrauen in sich und die eigenen Fähigkeiten, denn bei nicht wenigen Idolen ist irgendwann auch einmal der Lack ab. Madonna war sicher für viele Jugendliche der 80er-Jahre das Top-Vorbild.

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9POLITIKSVP WILL LGBT*-ZÄHLUNGSVP will wissen, wie viele Trans*-Personen Asyl beantragenManchmal lohnt es sich, unseren Gemeinderäten etwas genauer auf die Finger zu schauen. Für Stirnrunzeln sorgt eine Anfrage der SVP. Spätestens bei der «islamistischen Bedrohung» im Zusammenhang mit «transgender» kommt man ins ungläubige Staunen.VO N PAT RI C K H A D I H U B E R*Der Stadtzürcher Gemeinderat hat im November mit breiter Mehrheit ei-nen Vorstoss von Alan David Sangi-nes und Marco Denoth überwiesen, der die separate Unterbringung von LGBT-Asylsu-chenden fordert, beispielsweise in Wohn-gemeinschaften. Zwei SVP-Gemeinderäte wollen jetzt in einer schriftlichen Anfrage an den Stadtrat wissen, wie viele LGBT-Asylsuchende in der Stadt Zürich leben.Die Zahlen seien fein säuberlich nach Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans-menschen zu sortieren und di erenziert nach Ankunftsjahr und Herkunftsland tabel-larisch aufzulisten. De facto wird eine Zäh-lung der LGBT in unseren städtischen Asyl-strukturen gefordert, was einem Rückschritt in die Zeit des Schwulenregisters gleich-kommt. Fehlt nur noch, dass der jeweilige Lebenswandel erfragt wird und tabellarisch aufzulisten ist, wann wer mit wem verkehrte. Die Anfrage ist gefährlich, weil schon in der Debatte klar wurde, dass es wenige Fälle gibt. Was macht die SVP dann mit dieser nutzlo-sen Information? Will sie diese Einzelfälle aus ndig machen, ö entlich outen, bloss-stellen? Absurd.Noch absurder mutet ihre Begründung an. Über das Asylwesen kämen Personen in die Stadt, die äusserst intolerant gegenüber der westlichen Lebensart seien. Ernsthaft?Die jüngste absolut homophobe Ent-gleisung in unserer Stadt bezüglich LGBT kam von einem gewissen Daniel Regli, einem Fraktionsmitglied der SVP, der sich seinen ➔ myprep.chIst PrEP etwasfür mich ?myprep.chWie und wokriege ich PrEP?myprep.chPrEP?Dr. Gay weissBescheid.De facto wird eine Zählung der LGBT in unseren städtischen Asylstrukturen gefordert, was einem Rückschritt in die Zeit des Schwulenregisters gleich-kommt.A N ZE IG E

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10CRU I S E R M Ä R Z 2 018POLITIKSVP WILL LGBT*-ZÄHLUNGAnalmuskel-Spruch in der Budgetdebatte nicht verkneifen konnte und damit in bei-nahe allen Schweizer Medien zurecht Spott und Empörung erntete. Kein einziges Frak-tionsmitglied hat sich danach von Reglis Aussage distanziert, schon gar nicht die bei-den Gemeinderäte, die jetzt mit dieser An-frage noch nachdoppeln. Ausgerechnet die SVP empört sich, dass es dem Stadtrat nicht gelänge, den «Asylsuchenden unsere Werte, Kultur, Rechte und Pichten zu vermitteln».Verkehrte Welt: Gesellschaftsliberale Menschen scheitern seit Jahren daran, den SVP-Exponenten solche Werte zu vermit-teln. Zudem ist es dieselbe Partei, die das Integrationsgesetz im Kanton versenkt hat. Warum? Weil es nicht um die Lösung einer gesellschaftlichen Herausforderung geht, sondern nur um die Bewirtschaftung eines formidablen Wahlkampfthemas. Dies auf dem Buckel der LGBT-Geüchteten zu tun, ist ein Angri auf die Menschlichkeit. Es als SVP und in dieser negativen Form zu tun, ist schlicht homophob. *Patrick Hadi Huber ist SP-Gemeinderat und HAZ-Präsident

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11CRU I S E R M Ä R Z 2 018KOLUMNEMICHI RÜEGGGleiche Rechte für alle. Und herzige LöwenkostümeMichi Rüegg hat eine Zürcher Wahlkampfveranstaltung besucht, in der es auch um LGBT-Themen ging. Zumindest meinte er, es ginge darum.VO N M I CH I RÜ E GG«Gleiche Rechte für alle.» Das tönt nicht nur gut, das steht auch auf vielen Plakaten. Die Schrift ist allerdings nicht so gross, wie der Kopf daneben. Der Kopf zeigt das Antlitz von Markus Hungerbühler. Während ich diese Zeilen schreibe, ist er noch Zürcher Stadt-rats-Kandidat der CVP. Während Sie, lieber Leser, dies lesen, ist er entweder gewählter Stadtrat oder glückloser Verlierer. Allen-falls ist er Kandidat in einem zweiten Wahl-gang. Je nach Mathematik, und darin war ich nie gut.Markus Hungerbühler muss man hoch anrechnen, dass er in einer eher ver-korksten Partei seit vielen Jahren ganz o en schwul ist. Dass er trotz bevorstehender Kandidatur für ein Exekutivamt mit seinem Mann zusammen beschlossen hat, via Leihmutter Vater zu werden. Und natürlich, dass er sich für LGBT-Anliegen einsetzt. So gesehen ist er auch nicht Schuld an dem, was ich hier beschreibe.Im Januar nämlich haben die «Top Five», die bürgerlichen Kandidaten und Kandidatin für den Zürcher Stadtrat ein Podium in Oerlikon abgehalten. Von den Five kamen dann nur Four, der amtierende Filippo Leutenegger blieb fern, ohne ent-schuldigt worden zu sein. Ich dachte, boa-ey, alles Bürgerliche, zwei davon in der noto-risch homophoben SVP, und die reden über gleiche Rechte für alle. Da muss ich hin. Ich war dann auch der Einzige. Also nicht der einzige Gast, aber der Einzige, der irgendwie freiwillig da war. Ohne dass er oder sie parteilich dazu verp ichtet gewe-sen wäre. Der Moderator selber war Stadt-präsident. Nicht von Zürich, sondern von Wädenswil. Ein sehr netter Herr. Und er hat seine Arbeit eigentlich auch ganz an-ständig gemacht, sieht man mal vom leich-ten Inzest-Faktor ab, den ein bürgerliches Po dium, von einem bürgerlichen Politiker moderiert, zwangsweise ausstrahlt. Nach kurzer Zeit brachte der moderierende Stadt-präsident die gleichen Rechte zur Sprache, die für alle gelten sollen würden.Von da an ging’s bergab. Gleiche Rech-te für alle, war vom Podium zu vernehmen, das heisse eben, dass Hausbesitzer das Recht hätten, Hausbesetzer durch die Poli-zei entfernen zu lassen. Und zwar ohne Ab-bruch- oder Umbaubewilligung. Gleiche Rechte für alle, das heisse auch, dass Poli-zisten nicht Menschen aller Hautfarben kontrollieren müssten, sondern eben ganz gezielt Dunkelhäutige, wie sie es in der Poli-zeischule gelernt hätten. Gleiche Rechte für alle, das bedeute halt auch, dass ein Beizer im Kreis 1 dort ein paar Stühle hinstellen dürfe, wo er eigentlich nicht dürfe, weil ja die Hausbesetzer auch nicht fragen würden, was sie dürften und nicht dürften. Und glei-che Rechte für alle, das gelte auch für Velos, die die armen Autos immer mehr von den Strassen verdrängen würden.Zwischenzeitlich blickte ich mich um, in der Ho nung, irgendwo eine versteckte Kamera zu entdecken. Leider Fehlanzeige. Nachdem viel geredet worden war, meldete sich eine jüngere Frau. Sie sei behindert, sagte sie. Und sie brauche eine Wohnung, die ihren Bedürfnissen gerecht werde. Im-mer, wenn sie bei der Stadt anfrage, hiesse es, sie müsse halt warten, bis sie alt sei. Dann dürfe sie in eine Alterswohnung zie-hen. Allerdings dauere das noch so an die dreissig bis vierzig Jahre. Was sie denn in der Zwischenzeit machen solle, wollte die Frau wissen. Der Herr von der SVP setzte zu einer Antwort an. Nun, sagte er, genau deshalb wolle man den linken Klüngel aus den städ-tischen Wohnungen vertreiben, also die Leute, die es gar nicht nötig hätten, günstig zu wohnen. Und dafür ihr, also sofern sie nicht in einem Rollstuhl sei, oder auch wenn, also überhaupt. Und so.Es war eine Art Antwort, zwar weder auf ihre Frage, noch auf sonst eine. Aber immerhin. Danach kamen noch ein, zwei einstudierte Fragen aus dem Publikum. Und schon freute sich der Saal auf den Apé-ro. Vorher gab‘s noch ein Gruppenfoto mit zwei Menschen im herzigen Löwenkostüm. Ich nahm an, dass es sich in den Kostümen um junge Menschen handelte. Ich hätte sie gerne sexuell belästigt. Nur um zu sehen, was passiert.Später fragte ich den Moderator, wieso er denn das eigentliche  ema, die Rechte von echten Minderheiten nicht angespro-chen habe. Tja, sagte er, er habe es sich no-tiert. Aber im Verlauf des Gesprächs habe er dann davon abgesehen. Vermutlich war ich allein zu allein im Saal. «Gleiche Rechte für alle, das gelte auch für Velos.»

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12CRU I S E R M Ä R Z 2 018KULTURSCHAUSPIELHAUS«Hundeherz» von Michail Bulgakow: Aus dem Hund gekommenAlvis Hermanis inszeniert am Schauspielhaus Zürich Bulgakows Parabel «Hundeherz» – detailreich, realistisch und etwas betulich. Und genau das macht das Stück umwerfend.VO N S T E PH A N IND E R BI T Z I NDer auf Verjüngungsoperationen spe-zialisierte Filipp Filippowitsch wagt ein Experiment: Die Operation von einem Hund in einen Menschen. Ein Stras-senköter soll dem erfolgreichen Moskauer Arzt und Wissenschaftler als Versuchsob-jekt dienen, ebenso wie die Organe eines gerade verstorbenen männlichen Säufers. Gemeinsam mit seinem Assistenten Bor-menthal gelingt die Menschwerdung des Hundes – aus Lumpi wird Lumpikow. Die Fachwelt ist begeistert und feiert sich selbst. Doch der Prototyp einer neuen Zukunft zeitigt ungeahnte Folgen und gerät schliess-lich ausser Kontrolle …Der Sprachkünstler Michail Bulgakow hat mit seinem Roman «Hundeherz» von 1925, der wegen angeblicher konterrevo - lu tionärer Tendenzen zensiert wurde, in Anlehnung an Goethes «Faust» und Mary Shelleys «Frankenstein» eine spannungsge-ladene, aberwitzige Groteske über einen fantastischen Laborversuch geschrieben, der im Kampf zwischen Schöpfer und Ge-schöpf gipfelt. In Bulgakows satirischer Pa-rabel, die erst 1968 in einer russischen Exil-Zeitschrift veröentlicht wurde, geht es in der Tat um die Erschaung eines «neuen Menschen». Bulgakow, selber Arzt, stellt seine Novelle damit in die Tradition von Frankenstein, Jekyll-Hyde, Golem, Homun-kulus: von Menschen geschaene Chimä-ren, die sich der Herrschaft ihrer Erzeuger entziehen. Schauspieler mit enormer PräsenzWas hier vergnüglich und bisweilen sogar «gay» klingt, wurde von der Kritik durchzo-gen aufgenommen. Die NZZ titelte «Nicht amüsant, sondern schlecht» und schreibt weiter: «Aus dem bitterbösen Sto wird ein netter Schwank.» Ganz so ist es denn aber nicht; in der Hauptrolle begeistert Robert Hunger-Bühler – ein grandioser Schauspie-ler, der alleine durch seine Präsenz faszi-niert. Das Bühnenbild von Kristne Jurjne passt ebenfalls. Bücherschrank, Vitrine, Ver-tiko, Paravent, Operationssliege, Garderobe, Standuhr, sogar ein Cheminée fügen sich zur grossbürgerlichen Wohnung und Praxis des Professors. Das ist lustvoll anzusehen und wirkt irgendwie auch herrlich altbacken. Ob man das Bühenbild nun mag oder nicht; letztendlich muss einfach gesagt wer-den, dass die Tatsache, dass im Stück ein Professor dank einer Hoden-Transplantati-on und einer Hirnanhangdrüse von einem verstorbenen Menschen in dem lebenden Körper eines Hundes ein neues Geschöpf erschat, einfach schon per se herrlich schräg und schrill ist. Was das für ein Ge-schöpf ist – Mensch, Tier, ein «Es» oder ein «Er» oder gar ein Sowjet (!) ist unklar und letztendlich auch irrelevant. Polarisierender RegisseurRegie führt bei «Hundeherz» Alvis Herma-nis. 1965 in Riga geboren, leitet er seit 1997 das «Neue eater Riga», ein zeitgenössi-sches Repertoiretheater. Hermanis ist be-kannt dafür, dass er sich bei seinen Inszenie-Die Schauspieler Claudius Körber, Fritz Fenne, Robert Hunger-Bühler und Vera Flück funktionieren in «Hundeherz» bestens zusammen.

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13KULTURSCHAUSPIELHAUSrungen an der Arbeit der Schauspielenden orientiert. Also eigentlich ganz so, wie ur-sprünglich gedacht. Entsprechend bezeich-net er sich auch als «altmodischen» Regis-seur. Im Falle von «Hundeherz» stellt Alvis Hermanis das Stück quasi unter eine Lupe und der damit erreichte Überrealismus lässt kein Detail aus. Das funktioniert in diesem Fall bestens, nden die einen. Die anderen sind ganz oensichtlich nicht dieser Mei-nung, die NZZ nämlich kann ihren Ärger kaum zurückhalten: «Doch was ott beginnt, erstarrt rasch: Die Schauspieler spielen nicht mit ihrem Text, sie sagen ihn mehr schlecht als recht auf, es entsteht kein Sog, man schaut sich eine Handlung an, lacht, schmunzelt – und langweilt sich alsbald.» Nun, «Langeweile» setzt bei «Hundeherz» nicht ein, wenn man sich vollkommen auf das Stück einlässt. Und wenn man sich nicht mit der Idee ins eater setzt, man würde da-nach irgendwie «geläutert» oder erhellt aus dem Stück kommen, denn das war nie die In-tention des Werkes von 1925. Grossartig also die schauspielerische Leistung und auch ganz besonders diejenige von Fritz Fenne als Lumpi-Lumpakow. Wie er winselt, knurrt, bellt, schnüelt und sich an den unfeinsten Körperstellen kratzt, ist schlicht grossartig. Sein Gang, seine langsam sich formende Artikulation, die wachsende Beherrschung der Gliedmassen, die zunehmende Dreistig-keit – tierisch gut!Klar, die Erwartungen waren hoch bei der Premiere; zumal kurz vor der Premiere noch eine Sprayerei für Aufregung sorgte: «Liebe Mitarbeitende des Schauspielhau-ses, Alvis Hermanis ist ein Schandeck in eurem Lebenslauf! Freundliche Grüsse Hendrik Höfgen». Mit dem Einverständnis des Kunsthauses sprühte das Schauspiel-haus auf ebendiese Plattform eine Replik: «Unser Kommentar dazu auf www.schau-spielhaus.ch.»Und genau hier haben wir ja bereits das, was Kultur eigentlich soll: aufregen, an-regen, agieren und interagieren. Kurz: Kultur soll bewegen. Und das ist dem Schauspiel-haus mit «Hundeherz» mehr als gelungen. Schauspiel Michail Bulgakow: Hundeherz. Schauspielhaus Zürich, Pfauen, bis 3. AprilGewinne jetzt Tickets auf www.cruisermagazin.ch/wettbewerbFritz Fenne als Lumpi-Lumpakow tut Dinge, die ein Hund halt so tut. Kratzen an den unmöglichsten Stellen gehört dazu.A N ZE IG EMehr unter zkb.ch/schauspielhausMit unserem Ticket-Upgrade haben Sie im Schauspielhaus bessere Karten.Wir sind stolze Partnerin vom Schauspielhaus Zürich.Unsere Kundinnen und Kunden profi tieren von einer besseren Sitzplatz-Kategorie.Theatertickets gewinnen. lgbt@zkb.ch Stichwort «Cruiser»

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14CRU I S E R M Ä R Z 2 018KULTURKURZNEWS100 JAHRE SUCHT UND SINNLICHKEIT ODER: BLAUER DUNST UND FLASCHENGEISTERIQOS – DAS INSTITUTE OF QUEER STUDIES PRÄSENTIERT «ABSCHIED VOM MYTHOS MONOGAMIE – WEGE ZUR AUTHENTISCHEN BEZIEHUNGSGESTALTUNG»Die Kippe und das Glas, ein Loblied auf den entspannten Genuss nach harter Arbeit, das Millionen jahrzehntelang voller Inbrunst angestimmt haben, wenn auch vielleicht nicht mit optimalem Lungenvolumen. Als unschlagbares Erfolgsduo der Risikosubs-tanzen haben Nikotin und Alkohol Genera-tionen von Werbescha enden ein solides Einkommen gesichert und zu solch kreati-ven Höchstleistungen angespornt, dass es lange unvorstellbar schien, es könne mal auseinandergehen. Wie schön es war, Feier-abend, Freizeit, unbeschwertes Geniessen, cool aussehen, dem anderen Geschlecht In vielen Beziehungen taucht früher oder später – ob ausgesprochen oder unausge-sprochen – das  ema Fremdgehen auf. Doch was heisst es, «treu» in einem tief-gründigen Sinne zu sein? Würde es sich nicht lohnen, eine Neugestaltung des bishe-rigen Beziehungsmodells zu wagen, ohne dass sich Eifersucht und schlechtes Gewis-sen aufdrängen? Wieso ist sexuelle Aus-schliesslichkeit in einer Partnerschaft über-haupt erstrebenswert? Könnten nicht gerade wir LGBTs unsere Beziehungen be-wusst anders gestalten? Tim Wiesendanger stellt sein neues Buch vor.oder dem gleichen lässig zuprosten, Feuer geben, eine Runde aufs Haus! So jung kommt man nicht mehr zusammen! Noch ein Lungenbrötchen, ein Gläschen Sherry, eine Wanne Bier? Ob Businessmensch oder Arbeiter, alle vereint im Mischkonsum. Leider ist der Marlboro-Mann vom Zi-garettenholen nicht zurückgekommen, und die Flasche steht nun verwitwet da. Wird sich der Tabak von seinem All-Time-Low in der allgemeinen Wertschätzung noch ein-mal erholen? Wohl eher nicht. In diesem voluminösen Sammelband mit legendären und mitunter skurrilen Werbekampagnen der US-Tabak- und Spiri-tuosenbranche können sich passionierte, aber heute leider stigmatisierte Freunde des blauen Dunstes und des gep egten Hang-over noch einmal zurücklehnen und weh-mütig an Zeiten trauter Zweisamkeit von Quarzen und Trinken erinnern.  ank you for smoking! Prost!Jim Heimann. 20th Century Alcohol & Tobacco AdsHardcover, 23,8 x 30,2 cm, 392 Seiten, ca. CHF 35.– im TASCHEN Verlag erschienenDienstag, 10. April 2017, 19.00 Uhr, Universität Zürich, Rämistrasse 59 in Zürich, Raum: Kleine Aula, RAA G-01Die Veranstaltung ist öffentlich und unentgeltlich. Cruiser wird in der kommenden Ausgabe das Buch von Tim Wiesendanger ausführlich rezensieren.Kultur

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THE BOYAHKASHA BIRTHDAY PARTY!VORMERKEN: COCO – EIN TRANSGENDERMUSICALDie beliebte Schweizer Gayparty feiert am Ostersonntag im Plaza Club ihren 14. Ge-burtstag und bringt einen der grossen Drag-Superstars aus den Staaten nach Zürich; nie-mand geringeres als AJA THE KWEEN von der erfolgreichen TV Show «RuPaul`s Drag Race». Sie freut sich riesig auf den ersten Schweizer Auftritt und wird sich daher nach ihrer grossen Show für alle Fans bei einem Meet & Greet viel Zeit nehmen. Denn bei den US-Drags hat sich natürlich ebenfalls her-umgesprochen, dass die Zürcher Partygäste begeisterte Follower der RuGirls sind. Aber auch an den DJ-Decks stehen bekannte und namenhafte Performer. Boyah kasha`s Resident-DJane Nicki Dyna-mite, der Chef vom Berliner Schwuz-Club DJ Kenny Dee, die bekannte Berliner Drag-queen und Partyveranstalterin Nina Queer und ihr Resident-DJ Magic Magnus sowie der Boyahkasha-Veranstalter Zör Gollin werden alles geben für die Geburtstagsgäste.Ein frühes Erscheinen ist empfehlens-wert. Ab 4 Uhr morgens steht dann DJ Steve Bam für die Afterparty im Heaven an den Plattentellern und verlängert allen Tanz-wütigen die Nacht bis tief in den Ostermon-tag hinein.THE BOYAHKASHA BIRTHDAY PARTY, Ostersonntag 22h-05h im Club Plaza Zürich (Badenerstrasse 109, 8004 Zürich)Weitere Infos: www.boyahkasha.chCoco war die berühmteste Transfrau der Schweiz der 1990er-Jahre, verletzlich, ge-trieben, charismatisch. In Bern war sie ein Star: Eine Frau im Körper eines Mannes, die leidenschaftlich und furchtlos gegen al-les anrennt, was zwischen ihr und jenem Tag steht, an dem sie endlich sagen kann: «Jetzt bin ich: Ich.» Ihr grösster Widersa-cher scheinen dabei weder ihre Eltern noch ihr überfordertes Umfeld zu sein, sondern ihr eigener Körper. Obwohl sie sich mit zwanzig einer geschlechtsangleichenden Operation unterzieht, bleibt ihr Leben eine verzweifelte Suche nach sich selbst – und ohne Happy End.Inspiriert von seinem Vorbild erzählt «Coco» die Geschichte einer Frau, die im Körper eines Mannes lebt. Das Musical er-hebt dabei keinen Anspruch auf historische Genauigkeit, es ist stattdessen die überfälli-ge Hommage an eine Frau, die ihren an-spruchsvollen Weg mit Entschlossenheit und Würde gegangen ist. Cruiser wird in der kommenden Ausga-be ausführlich über das Musical berichten. Übrigens: Mit dabei wird auch Christoph Marti von den «Geschwister P ster» sein, er wird die Rolle der «Gilette» spielen.Konzert Theater Bern, ab April. Spieldaten und Tickets unter www.konzerttheaterbern.chA N ZE IG EZ Ü R I C Hn Mi, 07.03.2018, 19:00 - 21:30 UhrSHARE & GROW - Special: Men’s Junglen Sa, 10.03.2018, 13:00 - 18:30 UhrPLAYFUL TOUCH basics - Massageaustausch für Einsteigern So, 11.03.2018, 12:00 - 17:30 UhrPLAYFUL TOUCH - Massageaustauschn Mi, 14.03.2018, 14:00 - 21:30 UhrEROS TEMPEL - Tantramassage erlebenn Do, 15.03.2018, 19:00 - 21:30 UhrHOLD & CUDDLE - Kuschelabendn Di, 10.04.2018, 18:30 - 22:30 UhrPLAYFUL TOUCH - Massageaustauschn Fr - So, 13. - 15.04.2018HOW TO PLEASE A MAN - Einführung in die Taoistische Erotische Massage n Sa / So, 14. / 15.04.2018EASY TOUCH - Massageworkshopn Do, 15.03.2018, 19:00 - 21:30 UhrHOLD & CUDDLE - KuschelabendRegelmässige Termine:n jeden ersten Donnerstag im MonatMEDITATION & MINDFULNESSn jeden DienstagNAKED YOGAInfos & Anmeldung beim jeweiligen Anbieter: n www.loveloungezuerich.com n www.bodyworker.ch n www.sexologicalbodywork.ch n www.gay-yoga.chKomplette Terminübersicht unter:www.männerräume.infoMEN BODYWORKZ Ü R I C HMA S SAG E N  FÜ R M Ä N NE Rwww.menbodywork.chTelefon+41762226688

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16CRU I S E R M Ä R Z 2 018THEMALGBT* IM ALTERGemeinsam «queer» alt werden – eine VisionAufgrund der demographischen Entwicklung in der Schweiz steht die LGBT*- Community vor einer neuen Herausforderung: Schwule, Lesben, Trans*-Personen werden «plötzlich» alt. Das war nicht immer so. Neue Lösungsansätze sind gesucht.VO N H AY MO EMP LRund 143'000 über 65-Jährige in der Schweiz sind laut Schätzungen schwul, lesbisch, trans* oder einfach «queer». Eine stattliche Zahl, und es werden immer mehr: AIDS ist keine tödliche Seuche mehr und daher ist auch die Sterblichkeit von LGBT*-Menschen massiv zurückgegangen. Der Verein «queerAltern» träumt von einem «Haus der Vielfalt» und möchte, dass LGBT*-Menschen gemeinsam alt werden können. Wir sprechen hier nicht vom ge-planten «Regenbogenhaus» an der Zollstras -se, sondern von einer Art Alterssiedlung für LGBT*-Menschen. Cruiser hat sich mit Vincenco Paolino unterhalten. Er ist der Präsident des Vereins «queer Altern». Cruiser: Was genau möchtet ihr erreichen? Was ist die Vision?Vincenco Paolino: Gemäss unserer Statuten bezweckt der Verein die Förderung von Dienstleistungsangeboten für queere Men-schen, hauptsächlich in den Bereichen Al-tern, Wohnen und Generationenbeziehun-gen, und bringt entsprechende Personen aus der queeren Community zusammen. Konkret arbeiten wir seit der Gründung (und bereits einige Zeit vorher durch Be-darfsanalysen) an einem Wohn-, Pege- und Betreuungsangebot in der Stadt Zürich für «queer&friends». Dabei gehen wir von 15-25 Wohnungen aus, einem Restaura-tionsangebot, Gemeinschafträumen sowie 2-3 Pegewohngruppen. Eines unserer wich-tigsten Vorbilder ist dabei das Haus der Viel-falt in Berlin, welches seit Jahren besteht und erfolgreich wirtschaftet. Die Warteliste dort ist sehr lang. Zusätzlich schwebt uns vor, Wohnraum für queere Geüchtete zu realisieren, die in den gängigen Asylzentren «unter die Räder» kommen.Geht ihr mit eurer Vision nicht einen Schritt weg von der «Integration» hin zur Segregation? Warum sollen LGBT*-Menschen nicht zusam-men mit heterosexuellen Menschen «alt» werden?Unsere mit jedem Jahr steigenden Mitglie-derzahlen sprechen für sich. Diese sind Träger der Idee und wissen, was sie wollen und warum sie sich in den meisten traditio-Nicht immer wird man mit einem Partner «alt». Gemeinsam, statt einsam kann aber auch anders funktionieren – «queer altern» wäre ein Anfang.

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17THEMALGBT* IM ALTERnellen Heimen nicht wohlfühlen würden. Durch die bewusste Formulierung «queer & friends» machen wir klar, dass es kein Kas-ten der Segregation werden soll. Und zwar nicht nur im Hinblick auf «queer», sondern auch im Hinblick auf «alt». Daher unser An-satz, den Alltag und das Wohnen durch Community-nahe Dienstleistungen aufzu-werten. Wir freuen uns sehr für die Initian-ten des Regenbogenhauses für den neuen Standort in Bahnhofsnähe. Gleichzeitig werden wir aus diesem Grund den interge-nerationalen Aspekt auf eine neue Weise denken müssen. Und vielleicht noch dies: Natürlich werden homosexuelle Menschen mit Heterosexuellen alt. Für die fragile Pha-se der Pegebedürftigkeit fühlen sich aber viele von uns wohler in einem Umfeld, in dem sie sich nicht erklären und nicht immer wieder ein Coming-out leisten müssen. Wie sieht die Wohnungs-Vision konkret aus?Es sind 1½- bis 3½-Zimmer-Wohnungen ge-plant im Universal Design, d. h., geeignet für Menschen mit und ohne Behinderung. Die Wohnungen enthalten alle eine Küche und werden in verschiedenen Preiskatego-rien angeboten. Auch Personen mit kleine-rem Budget werden die Möglichkeit haben, dort zu leben. Sollen es einzelne Wohnungen werden, ein Pflegeheim oder alles zusammen?Im Prinzip soll alles unter einem Dach reali-siert werden. Wobei wir uns entschieden ha-ben, anstatt eines Pegeheims professionell geführte Pegewohngruppen zu einem für alle erschwinglichen Preis zu realisieren.Wann soll eure Vision umgesetzt werden?Am liebsten schon sehr bald natürlich. Wir waren auch schon einige Male nahe dran... doch leider scheiterten bislang unsere Be-mühungen am Preis. Sei dies für die Miete einer grösseren Liegenschaft oder am Kauf-preis. Bei der Gründung des Vereins im Jahr 2014 sind wir von einem Realisierungster-min ca. 2020 ausgegangen. Trotz aller Be-mühungen werden wir nach heutigem Kenntnisstand diesen Termin nicht halten können. Doch haben wir in dieser Zeit et-was getan, dessen Wirkung nicht unter-schätzt werden sollte: Durch das Kennen-lernen neuer Leute und gemeinsames Tun bilden wir eine «caring community» noch bevor wir in ein Gebäude einziehen wer-den. Wir gestalten also schon jetzt gemein-sam unseren Lebensort und genau das ist es, was unsere Generation auszeichnet: Wir warten nicht, bis etwas für uns getan wird, sondern nehmen unser Schicksal in die ei-genen Hände.Wo liegen derzeit die Stolpersteine?Es gestaltet sich als überaus schwierig, ein geeignetes Gebäude zu nden, welches auch von der Lage unserem Bedarf ent-spricht. Zürich ist eine der begehrtesten und teuersten Städte der Welt.LGBT* - die Bedürfnisse der jeweiligen Grup-pen sind so unterschiedlich wie die Buchsta-ben: Lassen sich diese unter einem Dach/ an einem Ort effektiv vereinbaren?Da bin ich ganz relaxed. Es geht darum, ein akzeptierendes und angenehmes Lebens-umfeld zu schaen, das auch bei grösserem Bedarf an Betreuung und Pege für unsere Community da ist. Und ich weiss, dass be-stimmte Bedürfnisse und Animositäten sich mit zunehmendem Alter mildern. Beispiels-weise ist die Arbeit im Vorstand von queerAl-tern mit Männern und Frauen sehr produk-tiv und ganz ohne die vielleicht erwarteten «Knörze». Und warum soll das nicht auch im Alltag beim Wohnen so sein? Unser Besuch im Angebot «queerbau.at» in Wien hat uns in dieser Haltung nur bestärkt. Weitere Infos auf queeraltern.ch. Im Blog queeraltern.ch/blog sind zudem spannende Aussagen zu «‹queer altern› – braucht es das?» nachzulesen bzw. nachzuschauen, inklusive Video-Statement von Corine Mauch.A N ZE IG E

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18CRU I S E R M Ä R Z 2 018SERIEIKONEN VON DAMALS Schön talentiert: Eddy HuntingtonIn unserer Serie stellen wir Ikonen aus vergangenen Dekaden vor, berichten über gefallene Helden und hoffnungsvolle Skandalsternchen aus längst vergangenen (Gay-)Tagen. Dieses Mal: Eddy Huntington oder der wahrgewordene 1980er-Jahre Gay-TraumVO N M OEL M A PH YEiner der ersten Hits, der im damals frisch eröneten T & M gespielt wur-de, war «U.S.S.R.» von Eddy Hunting-ton. Da in der prä-Internetzeit wenig Mög-lichkeiten bestanden, sein Idol irgendwie online zu sehen oder zu wissen, was die an-gehimmelte Person tut oder eben nicht, gab’s nur die «Bravo». Das Magazin zeigte 1986 und 1987 den englischen Popstar in Posen, die für die damalige Zeit aufreizend genug waren, um nicht nur Teenager-Mäd-chen dahinschmelzen zu lassen, sondern auch mehr oder weniger die gesamte Gay-Männerwelt. Und singen konnte der Eddy auch noch.Huntington wurde 1965 im Nordosten Englands geboren und zog im Alter von 18 Jahren nach London, wo er sich als Model durchschlug. Und weil damals bereits die Musikvideos populär waren – in den USA startete MTV ja bereits 1981 – war Eddy auch gern gebuchtes Video-Model. Aufgrund sei-ner Tanzerei in diversen Clips und weil die Welle der Italo-Disco auf dem Höhepunkt war und man dringend attraktive Interpre-ten suchte, wurde Eddy vom Italo-Disco-Label «Baby Records» entdeckt und nach Mailand eingeogen. «Ich hatte eine Art Telefon- und Video-Vorsprechen bei Baby Records und mir wur-de dann die Instrumental-Version von ‹U.S.S.R.› über das Telefon abgespielt. Ich og nach Mailand, um es aufzunehmen, und dann ging alles sehr schnell. Die Platte wurde ohne Vertrag veröentlicht und ich habe davon erst gehört, als ich in Italien be-reits in den Top 10 war», erklärte Eddy letz-tes Jahr in einem Radio-Interview in Eng-land. Den Produzenten war klar, dass der Star nur erfolgreich sein würde, wenn man ihn auch visuell entsprechend promoten würde. «Das Lied ist ein klassisches Stück Italo-Disco und wahrscheinlich das wahr-Als «U.S.S.R.» 1986 schliesslich in ganz Europa erschien, wurde es ein Hit und ist bis heute weit verbreitet.

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19CRU I S E R M Ä R Z 2 018SERIEIKONEN VON DAMALShaftigste in diesem Stil. Es wurde viel Geld auch für die Erstellung eines Videos und die Sicherstellung einer massiven Promotion der Single und des Albums ausgegeben. Ich war im Fernsehen in Italien, Portugal, Frankreich, Spanien, Belgien, Deutschland und war in der Schweiz sogar auf Platz 6 mit ‹U.S.S.R.›», so das 1980er-One-Hit-Wonder weiter im Interview.Ein fast klassisches One-Hit-WonderAls «U.S.S.R.» 1986 schliesslich in ganz Eu-ropa erschien, wurde es ein Hit und ist bis heute weit verbreitet. In England hingegen wusste man kaum, dass Eddy existierte. Huntington hatte weitere weniger bekannte Hits wie «May Day» und «Meet My Friend». Ausserdem veröentlichte er 1989 das Al-bum «Bang Bang Bang Baby». Die Promotion zielte ganz darauf ab, den schönen Star mit Singles zu «verheizen», anders kann kaum erklärt werden, warum die Erstellung eines Longplayers derart lang dauerte. «Das Al-bum entstand auf Druck des japanischen Marktes. Meine Nachfolgesingle ‹Meet my Friend› war ein grosser Erfolg im Fernen Os-ten und übrigens meine einzige UK-Veröf-fentlichung. Jedenfalls wurde das Album mit einer fantastischen Kombination aus Italo- und Eurobeat-Stilen produziert. Wir gingen von einem grossen Erfolg aus», so Hunting-ton weiter. Dieser setzte aber nicht ein.Im Gegensatz zu anderen 1980er-Stars wirkt Huntington weder abgehalftert noch verbittert; er hat damals selbst relativ früh die Reissleine gezogen und das scheint ihn vor Schlimmerem bewahrt zu haben. Vom Superstar zum LehrerHuntington verliess die Musikindustrie An-fang der 90er Jahre und bildete sich in Gross-britannien zum Grundschullehrer aus. Er unterrichtete an der Eldon Grove Primary School in Hartlepool und unterrichtete dort Kinder im ersten Schuljahr. Danach zog er für 2 Jahre nach ailand, wo seine Frau an der Bangkok Patana School unterrichtete. Dort wurde sein jüngster Sohn geboren, was wiederum zu einem Umzug nach England führte, wo er mittlerweile stellvertretender Leiter einer kommunalen Grundschule ist.Im Jahr 2005 kehrte Huntington kurz zur Musik zurück und erönete die Serie der sehr erfolgreichen «Discoteka-Konzerte der 80er-Jahre» in Russland. Es handelte sich um zwei Auührungen europäischer und sowjetischer Popstars der 1980er-Jahre, die in Moskau und Sankt Petersburg stattfan-den. Unter den Acts waren unter anderem Bonnie Tyler, Alphaville, Sabrina Salerno, Mike Mareen und Savage. Eddy Hunting-ton veröentlichte 2013 schliesslich noch «aus purem Spass am Singen» den Song «Rainy Day in May». Inspiriert wurde der Track durch den 60er-Jahre Sound von Eddys musikalischem Vorbild Sir Cli Richard. Zu hören gibt es das Lied übrigens auf Spotify und wir vom Cruiser nden, er hätte es auch lassen können. Denn nichts toppt das Cover – ehm – den Song von U.S.S.R aus dem Jahre 1986. Im Gegensatz zu anderen 1980er- Stars wirkt Huntington weder abgehalftert noch verbittert. Eddy bei einem Auftritt vor sechs Jahren in Russland. Seinen Ruhm damals hat er gut verkraftet – er arbeitet als leidenschaftlicher Lehrer in England. Eddy Huntington war optisch der wahrgewordene 1980er-Jahre-Traum – alle Teenagermädchen und viele Gays schwärmten für den Star. Letztere schätzen aber auch die tanzbaren Beats des Sängers.

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20CRU I S E R M Ä R Z 2 018NEWSNATIONAL & INTERNATIONALCRUISER BEWEGT. AUCH AUF POLITISCHER EBENE. Unsere Titelgeschichte «Polizisten schnüf-feln auf schwulen Dating-Websites herum» in der Cruiser-Ausgabe Februar hat hohe Wellen geworfen und auch in der Tages-presse wurde der Primeur aufgegri en. Nun hat die Politik reagiert, beispielsweise haben die beiden Gemeinderäte David Garcia Nuñez (AL) und Christina Schiller (AL) bei der Stadt Zürich eine «Schriftliche Anfrage» aufgrund des Artikels eingereicht. Wir zitieren nachfolgend. Die ganze Ge-schichte aus der letzten Ausgabe gibt es gratis auf www.cruisermagazin.ch/news nachzulesen.Im Artikel «Polizisten schnüffeln auf schwulen Dating-Web-sites herum» der Zeitschrift «Cruiser» (http://www.magazin-archiv.com/cruiserfebruar2018#page=4) wird darüber be-richtet, wie die Stadtpolizei mittels gefälschten Profi len nach männlichen Escorts «verdeckt fahndet». Im Artikel wird über einen Fall eines Sexworkers berichtet, der vom selben ver-deckten Fahnder festgenommen wurde, welcher davor die-sen Escort zum Angebot sexueller Dienstleistungen angestif-tet hatte. Gemäss den journalistischen Ausführungen sei der Sexworker während seiner Haft ohne rechtlichen Beistand von der Polizei einvernommen und nach wenigen Tagen in sein Heimatland ausgeschafft worden.In diesem Zusammenhang bitten wir den Stadtrat folgende Fragen zu beantworten:1. Gestützt auf welche juristische Grundlage sieht sich die Polizei dazu befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgabe im Internet zu fahnden?2. Zur Bekämpfung welcher genauen Straftaten arbeitet die Stadtpolizei gestützt auf den Paragraphen 32d Abs. 2 PolG? 3. Im Antrag des Regierungsrates (RR) vom 28.03.12 zur Änderung von polizeilichen Überwachungsmassnahmen hat der RR auf Seite 20 aus-geführt, dass mit Blick auf den Cyber-Bereich für Kontaktaufnahmen im Internet der Artikel 32f PolG als gesetzliche Grundlage herange-zogen werde. Aufgrund des BG Entscheides 140 I 353 ff musste Artikel 32f jedoch aufgehoben werden. Was hat sich seither für die polizeiliche Arbeit in diesem Bereich geändert?4. Gemäss BGE 140 I 353 S. 380 bedarf die Verwendung technischer Mittel zur Informationsbeschaffung im Internet detaillierter Regelung. Eine Blankettnorm wie es der ehemalige Paragraph § 32f Abs. 1 PolG/ZH dargestellt hat, vermag keine verhältnis-mässige Handhabung von tech-nischen Mitteln zu gewährleisten. Setzt die Stadtpolizei in diesem Bereich technische Hilfsmittel ein, wenn ja welche?5. Gemäss BGE 140 I 353 ist eine reine Beobachtung von öffentlich zu-gänglichen Bereichen im Internet möglich. Überwachung der Kommu-nikation in geschlossenen Internetforen ohne Genehmigung und nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit durch eine unabhängige rich-terliche Instanz ist dagegen nicht zulässig. Wieso gilt dies nicht bei dem erwähnten Fall? 6. Gemäss dem eingangs erwähnten Artikel stuft die Stadtpolizei ihre aktive Suche und Anstiftung zur Prostitution als «verdeckte Fahndung» ein. Das beinhaltet, dass der verdeckte Fahnder in seinem Profi l, falsche Angaben zu seiner Person machte. Welche zusätzlichen poli-zeilichen Handlungen müssten gemäss Sicherheitsdepartement aus-geführt werden, damit die Kategorie der «verdeckten Ermittlungen» erreicht werden würden?7. Gibt es eine Dienstanweisung der Stadtpolizei über die verdeckte Fahndung? Wenn ja: Ist der Stadtrat bereit, die entsprechenden Dienst-anweisungen gestützt auf das IDG öffentlich zugänglich zu machen? Wenn nein: Warum nicht? 8. Werden diese «verdeckten Fahndungen» nur auf online Plattformen durchgeführt, wo männliche Escorts ihre Dienstleistungen anbieten? Oder werden ähnliche «verdeckte Fahndungen» auch bei Sexworkerin-nen durchgeführt?9. Wie viele «verdeckte Fahndungen» nach Sexworker_innen wurden in den letzten 5 Jahren durchgeführt (bitte um geschlechtsspezifi sche tabellarische Zusammenstellung). 10. In wie vielen Fällen kam es zu einer Verhaftung der «verdeckt gefahn-deten» Personen?11. Wurden bei den jeweiligen Verhaftungen andere strafbare Tatbestände (Einnehmen von Wucherzinsen, Förderung eines illegalen Aufenthalts seitens Dritter, etc...) untersucht? Wenn ja: Bitte um Nennung der Fälle, in denen es hierbei zu einer Anklage seitens der Stadtpolizei kam. Wenn nein: Bitte um Nennung der Gründe, weshalb diese in der Sex-workszene häufi g vorkommenden Straftaten nicht untersucht wurden.12. Wie viele Polizist_innen und welche Abteilungen der Stadtpolizei waren in diesen «verdeckten Fahndungen» involviert? Bitte um Nennung der Anzahl der pro Fall involvierten Personen, Abteilungen und der pro Fall geleisteten Stunden (Bitte um Unterscheidung zwischen Aufwand zur Profi lpfl ege und tatsächlich «verdeckter Fahndung»).13. Nach welchen konkreten Kriterien wurden die Zielpersonen der «ver-deckten Fahndungen» ausgewählt?News

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21NEWSNATIONAL & INTERNATIONALDAMIT ES NICHT GANZ SO POLITISCH BEI DIESEN «NEWS» BLEIBT … VOILÀ: QUECKSILBER MACHT IBISSE SCHWULIn Kolonien, in denen die Vögel experi-mentell über Jahre dem sogenannten Me-thylquecksilber ausgesetzt waren, kommt es laut Forschern zu einer merklichen Zu-nahme von rein männlichen Brutpaaren.Dadurch sinke der Bruterfolg der ge-samten Kolonie, schreibt ein Team um Peter Frederick von der Universität von Florida in Gainesville im Fachmagazin «Proceedings of e Royal Society B». Auch die heterose-xuellen Paare zögen weniger Jungvögel gross als solche, die dem Schadsto nicht ausgesetzt sind. Methylquecksilber ist die biologisch aktivste Form von Quecksilber. Es kann etwa das Nervensystem schädigen oder den Hormonhaushalt durcheinander-bringen. Die Forscher hatten Weissibisse (Eudocimus albus) gefangen und in gros -sen Volieren mehr als drei Jahre mit Futter gefüttert, das mit Methylquecksilber ver-setzt war. Die Konzentrationen in den drei Ver-suchsgruppen entsprachen Dosierungen, die auch in freier Wildbahn vorkommen. Eine vierte Gruppe von Ibissen bekam schadstofreies Futter. Es zeigte sich, dass es in den einzelnen Kolonien mit steigen-der Quecksilberdosis mehr Männerpaare gab, ihr Anteil betrug bis zu 55 Prozent.Von einer solchen Auswirkung des Methylquecksilbers sei bisher nicht be-richtet worden, schreiben die Forscher. In den drei Versuchsgruppen gab es auch ins-gesamt weniger Nester mit Eiern als in der Kontrollgruppe. Zum Grossteil lag dies an den homosexuellen Paaren, aber auch die heterosexuellen Paare bekamen weniger Junge. Die Forscher berichten weiter, dass die männlichen Tiere der Versuchsgrup-pen ein verändertes Paarungsverhalten an den Tag legten.Dieses veränderte Paarungsverhalten hatte Folgen: Den Männchen näherten sich weniger weibliche Tiere. Die Vogel-männchen waren auch weniger aggressiv als die der Kontrollgruppe. Dennoch sei ihr Verhalten als typisch männlich zu bezeichnen.Das Umweltgift reichert sich etwa in Raubschen und Vögeln an und hat zahl-reiche schädliche Wirkungen auf Wirbel-tiere einschliesslich des Menschen.myprep.chIst PrEP etwasfür mich ?myprep.chWie und wokriege ich PrEP?myprep.chPrEP?Dr. Gay weissBescheid.A N ZE IG EIm Bild ein Mähnen-Ibis, bei dem unklar ist, ob er schwul ist oder nicht.

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22CRU I S E R M Ä R Z 2 018LIFESTYLECRUISER ZU BESUCH BEI…Bald geht die Badi-Saison wieder los. Und fast alle haben da und dort Problem zonen – mittels Kryolipolyse wird einigen von diesen der Garaus gemacht. Das klingt brutal, ist es aber nicht.Fett weg mit Kälteist eektiv sicht- und messbar.» Fett einfrie-ren klingt etwas gruslig, die Gerätschaften sehen entsprechend aus. Allerdings ist die Behandlung eektiv kaum spürbar.Fettzellen sterben ab«Das Verfahren ist besonders sinnvoll bei lokalen Fettdepots», erklärt omas Frei-mann. Er ist Geschäftsführer von Body Es-thetic und hat – wie Robinson – die Behand-lung ebenfalls an sich ausprobiert und war begeistert. Damit das Fett eektiv ausrei-chend mit Kälte behandelt werden kann, ist es notwendig, die Behandlung eine Stunde VO N T E AM CRU I S E RDie Kryolipolyse ist eine medizinische Behandlung, bei der Fettzellen durch Einfrieren zerstört werden. Das Funktionsprinzip ist der kontrollierte Einsatz von Kühlung im Temperaturbereich von +5 bis -5° C zur nicht-invasiven, lokal begrenzten Reduktion von Fettdepots, um die Konturen des Körpers neu zu formen. Der Grad der Kühlungsexposition bewirkt die Apoptose (Zelltod) des Unterhautfettge-webes, ohne dass die darüberliegende Haut oensichtlich geschädigt wird. Was hier sehr futuristisch tönt, hat sich in den letzten Jahren vielfach bewährt. «Ich war lange skeptisch», erklärt Ro-binson Moret dem Cruiser. Er ist der Inhaber von Body Esthetic Zürich. «Mittlerweile ste-hen aber einige Geräte bei uns in den diver-sen Behandlungszimmern, denn der Erfolg Erste Erfolge sind bereits wenige Tage nach der Behandlung sichtbar, das finale Ergebnis ist rund sechs Wochen später zu erwarten.Mittels mehrerer Applikatoren wird das Fett angesaugt und heruntergekühlt. Dadurch sterben die Fettzellen ab. Die Behandlung ist schmerzlos.

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23CRU I S E R M Ä R Z 2 018LIFESTYLECRUISER ZU BESUCH BEI…lang durchzuführen. Ein nicht unerhebli-cher Zeitaufwand, der Erfolg gleicht dies aber wieder aus. «Wir beide sind ja nicht übergewichtig, aber wir haben auch unsere kleinen Problemzonen», sagt omas und setzt Robinson die Applikatoren an. «Wir arbeiten mit mehreren Handstücken, so können wir in einer einzigen Behandlung diverse Zonen bearbeiten», so omas wei-ter. Das Fett von Robinson wird dann auch gleich von der Maschine angesaugt und schnell auf Minus 2 Grad heruntergekühlt. «Man spürt das nicht», sagt Robinson. «Auch nachher nicht.» Kostengünstige BehandlungDie abgestorbenen Fettzellen müssen im Anschluss vom Körper abtransportiert wer-den. «Wir lösen dieses Problem, indem wir die Lymphen stimulieren», so omas. Auch dies geschieht automatisiert und ist im Preis von 199.– inkludiert. «Wir sind uns bewusst, dass wir mit diesem Angebot alle anderen unterbieten», so Robinson. «Wir sind aber einer der grössten Anbieter und der Perso-nalaufwand ist bei dieser Behandlung ge-ring. Ein Vorteil, den wir an unsere Kunden weitergeben können.» Fettweg mit Kälte bieten viele an, oft auch «normale» Kosme-tikstudios. «Wir stehen aber unter ärztlicher Leitung und können daher auch garantie-ren, dass sich alles auf hohem medizini-schen Niveau abspielt und Nebenwirkun-gen ausgeschlossen werden können», so Robinson Moret weiter. Gibt es denn Neben-wirkungen? «Es kann sein, dass sich am nächsten Tag der Fettabbau auf dem WC be-merkbar macht, was aber ja ein positives Zeichen ist.» Schnelle ErfolgeErste Erfolge sind bereits wenige Tage nach der Behandlung sichtbar, das nale Ergeb-nis ist rund sechs Wochen später zu erwar-ten. «Abgesehen von einer leichten Rötung ist auch nichts zu sehen, was ein weiterer Vorteil der Behandlung ist.» Perfekt also, wenn man sich bereits jetzt (was man soll-te!) Gedanken über die eigene Strand- oder Badegur macht. «In der Regel reichen zwei Behandlungen mit mehreren Applikatoren im Abstand von vier Wochen aus», so Frei-mann. Und damit wirklich alles Fett zer-stört wird, behandeln wir ergänzend noch mit Ultraschall, auch hierbei werden Fett-zellen zerstört. «Letztendlich ist es aber schon so, dass nach der Behandlung auf die Ernährung geachtet werden muss, denn sonst bildet sich naturgemäss neues Fettge-webe», erklärt Robinson weiter. «eore-tisch ist es aber natürlich auch bei neuen Fettdepots möglich, diese wieder mittels Kryolipolyse abzubauen.» Robinson testet alle neuen Behandlungsmethoden selbst. Im Falle der Kryolipolyse zeigten sich bereits nach der ersten Anwendung Erfolge.Bei besonders hartnäckigen Fettpolstern kommt zusätzlich noch die Massage mit Ultraschall zum Zuge. Auch dieses Verfahren ist nicht-invasiv und schmerzlos.

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24CRU I S E R M Ä R Z 2 018REPORTAGETRANS* IN KOLUMBIENZwei Jahrzehnte gehörte Javier zu Lateinamerikas ältester Guerilla-Organisation Farc – und unterdrückte die ganze Zeit seinen Wunsch, eine transsexuelle Frau zu sein. Mehrere Jahre nach der Flucht kommt Dayana ihrem Ziel schrittweise näher.Früher Farc-Rebell, heute Transfrau: Dayanas neues Lebennen Partner. «Es gab einen Mann, der mir ge el, aber ich habe ihm nie etwas gesagt», erinnert sich Dayana. «Hätte jemand etwas gemerkt, hätten sie meinetwegen einen Kriegsrat abgehalten.» In solchen internen «Gerichtsverfahren» entschieden die Gue-rilleros, ob jemand aus den eigenen Reihen sterben musste. Oder weiterleben durfte.Nach Zahlen der kolumbianischen Regierung meldeten sich 1800 Menschen, die einer sexuellen Minderheit angehören und während des Kon ikts mit der Farc wegen ihrer sexuellen Orientierung Gewalt ausgesetzt waren. Aktivisten sagen, die Dunkelzahl sei höher.Die Farc schloss im November 2016 einen historischen Frieden mit der Regie-rung – nach mehr als fünfzig Jahren Kampf. VO N G I U SEP PE PA L A CI N OIhr Name ist Dayana – als sie bei der Farc-Guerilla kämpfte, hiess sie noch Javier. Und war ein Mann. Die grossen, kräfti-gen Hände sind ein scharfer Kontrast zur weiblichen, langen Mähne, die die Ex-Re-bellin trägt.Dayana stammt aus einer armen Fami-lie und wurde von der Grossmutter grossge-zogen. Die heute 46 Jahre alte Transsexuelle kämpfte zwanzig Jahre lang in den Reihen der Rebellen von Lateinamerikas ältester Guerilla, den «Fuerzas Armadas Revolucio-narias de Colombia». Bis zu ihrer Flucht im Jahr 2010 unterdrückte sie ihr wahres Ich. Transsexuelle haben zwar klare Ge-schlechtsmerkmale, fühlen sich aber dem anderen Geschlecht zugehörig und als Mensch im falschen Körper.«Soziale Säuberungen» von sexuellen MinderheitenGeldmangel hatte sie damals dazu ge-bracht, der Farc beizutreten. Dabei verspür-te sie schon immer das Verlangen, sich als Frau zu geben. «In der Farc hätte ich nie-mals sagen können, dass ich schwul oder transsexuell bin - aus Angst, sie töten mich», erzählt Dayana. In jenen Jahren im kolum-bianischen Urwald sah Dayana eigenen Worten zufolge einige sterben, «weil sie ho-mosexuell waren» und die Farc-Guerilla «dies nicht akzeptiert».«Ich weiss, dass es mehrere Personen wie mich in der Farc gab, doch sie sprachen aus Angst nie darüber.» Diese Angst liess Dayana zwanzig Jahre lang vorgeben, sie sei Javier. Während all dieser Zeit hatte sie kei-

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25REPORTAGETRANS* IN KOLUMBIENDie Ex-Guerilleros wollen nun als Partei für ihre Ziele wie eine gerechtere Landvertei-lung eintreten. Ein neues Leben aufzubau-en, ist schwer, viele fürchten auch Racheak-te für die im Untergrund verübten Taten.Neues Leben ohne WaffenDayana träumte lange von einem Leben aus-serhalb der Rebellengruppe. Tag für Tag war-tete sie auf eine Gelegenheit zu entkommen. 2010 kam der Moment. «Ich war in San José del Guaviare auf Wache, ich kannte die Ge-gend und wusste, in welchem Abschnitt die [kolumbianische] Armee war», sagt Dayana. «In der Nacht, als es ganz dunkel war,  ng ich an zu laufen und bat einen Bauern, mich mit einem Boot über den Fluss zu bringen.»Als Dayana sich den Behörden stellte, brachten sie sie in die Hauptstadt Bogotá. «Einige Zeit danach  ng ich meine Transi-tion zur Frau an», erzählt Dayana weiter. «Es kam der Moment, an dem ich sagte: Es reicht, ich werde sein, was ich will.» Sie  ng an, sich dezent zu schminken, das Haar wachsen und kastanienbraun färben zu las-sen und Blusen in Rosétönen zu tragen.Zurück blieb der Farc-Soldat, für den sie sich nicht schämt. Sie sei nicht gezwun-gen worden einzutreten. Sie habe auch nie-mals versucht, diese Vergangenheit zu ver-gessen. «Ich weiss, dass ich keine Frau bin, auch kein Mann, ich bin ein transsexuelles Mädchen und glücklich damit.»Mit ihrer Familie traf sich Dayana ein-mal in Bogotá, das Verhältnis ist kühl und distanziert. «Meiner Schwester habe ich er-zählt, dass ich transsexuell bin, doch sie war nicht sehr glücklich damit. Meine Mutter weiss nichts davon, und das letzte Mal frag-te sie mich, wann ich mir die Haare schnei-den lasse.»Zu ihren Zukunftsplänen gehört unter anderem, einen Ausweis mit ihrem neuen Namen zu beantragen und die Hormonbe-handlung fortzusetzen, um weiblichere For-men anzunehmen. Vor allem will sie weiter die Freiheit geniessen. Eine Freiheit, die sie zwanzig Jahre lang nicht hatte. (DPA) Zurück blieb der Farc-Soldat, für den sie sich nicht schämt. Sie sei nicht gezwungen worden einzutreten. «Ich weiss, dass ich keine Frau bin, auch kein Mann, ich bin ein transsexuelles Mädchen und glücklich damit.» Noch aber ist die neue Zukunft für Dayana äusserst fragil.A N ZE IG E29 Fo rscHunGHiv & A lt er Body Esthetic Ästhetische Behandlungen in Zürich bodyestehtic.ch / 044 381 20 20 Alle Behandlungen unter ärztlicher Leitung Hyaluronsäure Filler z.B. Nasolabialfalte / Lippen je 400.- Penisverdickung 400.- Botulinumtoxin z.B. Stirn / Augen je 180.- Zornesfalte 200.- Kryo – Fett weg mit Kälte z.B. Bauch / Lenden je 199.- (inklusive Endermologie) Dauerhafte Haarentfernung SHR z.B. Achseln 69.- Rücken / Schulter 329.- ANZEIGESTERBEN WAR GESTERN: alTern miT HiVSchwelle bei 60 gesetzt, dann hätten wir viel weniger Patienten einschliessen können. Ein bedeutender Vorteil dieser Studie ist die grosse Zahl an Teilnehmern sowie deren Zu-sammensetzung, die repräsentativ ist für die HIV-positiven Personen in der Schweiz. Das wird sich in den Resultaten spiegeln.Liegen bereits Resultate vor?Nein. Die erste Testreihe wurde erst im Spätsommer 2016 bei allen Teilnehmern abgeschlossen.Wie geht eine solche Untersuchung vonstatten?Für alle Tests bei einem Studienteilnehmer benötigen wir einen ganzen Tag. Wir neh-men Blut- und Urinproben (nüchtern) ab, messen die Knochendichte, fahren eine ko-ronare Computertomograe und erfassen mittels neuropsychologischer Testung die geistige Fitness. Bei der Verlaufsuntersu-chung nach zwei Jahren führen wir zusätz-lich ein Interview zu den Ernährungsge-wohnheiten durch.Damit festgestellt werden, ob Menschen mit HIV schneller altern als die Allgemein- bevölkerung, muss mit einer negativen Kontrollgruppe verglichen werden … Für die Herzkranzgefässe-Untersuchung haben wir eine HIV-negative Kontroll- gruppe. In dieser erfassen wir zusätzliche Informationen wie Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Medika-menteneinnahme, körperliche Tätigkeit und weitere Informationen.Doch für die gesamte M+A-Studie haben wir keine HIV-negative Kontroll-gruppe. Das wäre logistisch und nanziell eine grosse Herausforderung. Zudem wäre es grundsätzlich schwierig, eine geeignete Vergleichsgruppe zu nden.Werden Sie die Frage, ob HIV das Altern beschleunigt, beantworten können?Ich hoffe es. Unsere Resultate werden ein wichtiger Mosaikstein sein zur umfassen-den Beantwortung dieser Frage. Helen Kovari ist Oberärztin mit erweiterter Verantwortung an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich. Als HIV-Spezialistin ist sie sowohl in der Betreuung von Patienten wie in der Forschung tätig. Im Rahmen der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie leitet sie zurzeit zwei Studien, die sich mit dem Alterungsprozess HIV- positiver Personen sowie dem Einfluss von HIV auf die Leber beschäftigen.* Das Interview ist in ausführlicher Form in den «Swiss Aids News» des Bundesamts für Gesundheit (BAG) nachzulesen.

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26CRU I S E R M Ä R Z 2 018KULTURBUCHTIPPBUCHTIPPGarth Greenwell: Was zu dir gehört. Berlin 2018. Preis CHF 33.90 ISBN 9783446258525 Verliebt in einen FremdenLaut Klappentext ist dies der «grosse schwule Roman unserer Zeit». Eine etwas vollmundige Ankündigung?VO N B I RG I T K AWOH LGarth Greenwell, geboren 1978 in Kentucky, arbeitete zunächst als Lehrer in den USA, anschliessend in Soa, Bulgarien. In seinem Roman «Was zu dir gehört» greift er oenbar Teile seiner Biograe auf, die er auch schon in seiner früher erschienenen Erzählung «Mitko» thematisiert hat.Der Roman, verfasst in der Ich-Per-spektive, besticht durch sein hohes sprach-liches Niveau, das allerdings immer wieder von pornoesken Schilderungen durchbro-chen wird. So ndet sich schon im Anfang in einer sich über zig Zeilen erstreckenden Hypotaxe die Äusserung: «befreite er die lange Röhre seines Schwanzes aus seiner Jeans», was den Leser zumindest anfangs irritiert, wenn nicht gar schockiert. Durch den ganzen Roman fällt diese Diskrepanz zwischen hochwertiger Sprache und – dem im Strichermilieu spielenden – Inhalt und daran angepasste Formulierungen auf.Der Ich-Erzähler also, Amerikaner, Lehrer in Soa, schwul. Mehr erfährt man auch kaum über ihn und seine Lebensum-stände – zum Beispiel wird an keiner Stelle sein Name erwähnt –, obwohl sich der Ro-man ansonsten mehrfach seitenweise in ir-gendwelchen Schilderungen verliert, sei es die der Natur oder einer Busfahrt. Dieser Mann also lernt in der Toilette des Kultur-palastes von Soa einen Stricher, Mitko, kennen, dem er sofort verfallen ist. Er lässt sich von ihm ausnutzen, sodass sich der Leser mehrfach fragt, wann endlich wacht er auf? Zugleich oenbart sich in dem Ver-hältnis aber auch ein Machtgefälle, denn bald wird deutlich, dass der Erzähler seine Möglichkeiten ausnutzt, um Mitko zu de-mütigen und mit seinem Unvermögen zu konfrontieren.In einem Rückblick in die Kindheit und Jugend, angesiedelt im mittleren Kapi-tel, erfährt der Leser, dass für den Protago-nisten seine – schwule – Sexualität immer ganz eng mit Scham und Schuldgefühlen verbunden ist. Umso verständlicher wird seine Zerrissenheit in der Beziehung mit Mitko, die eben nicht nur den Makel der Ho-mosexualität, sondern auch den des bezahl-ten Sexes sowie dem daraus resultierenden Verbotenen hat. Dies wird besonders oen-sichtlich, als Mitko nach einer Zeit der Tren-nung vor der Türe steht und beichtet, dass er an Syphilis leide, seit Langem schon, und damit den Erzähler angesteckt haben kön-ne, was sich später bestätigt. Das Verhältnis der beiden oenbart eine eklatante psychische Abhängigkeit, die in der fatalen Obsession des Ich-Erzählers begründet ist, der zu keinem klaren Gedan-ken und zu keiner realistischen Einschät-zung oder Entscheidung in der Lage zu sein scheint. Der Leser erkennt vom ersten Tref-fen der beiden, dass sich aus dieser Bezie-hung niemals Glück ergeben kann. Liebe wird vielmehr zu einem Makel, wenn nicht gar zu einer Gefahr, von der sich der Prota-gonist letztendlich nur unter Aufbringung seiner ganzen Kraft befreien kann. Und am Ende feststellen muss, dass ihm seine gros-se Liebe immer fremd geblieben ist, der Schein war lediglich in seinem Verlangen begründet und in seiner Vergangenheit, die ihn nicht zu einer Akzeptanz seiner Sexua-lität hat nden lassen.Ob dies nun wirklich «der grosse schwule Roman unserer Zeit» ist, mag da-hingestellt bleiben, da kämen sicherlich ganz andere Werke in Betracht, erinnert sei nur an das im vergangenen Jahr erschiene-nen Monumentalwerk von Yanagihara, aber immerhin haben wir hier einen schwulen Roman, der sprachlich überrascht und überzeugt, auch wenn er einige Längen in scheinbar willkürlich ausgedehnten Be-schreibungen aufweist. Liebe wird vielmehr zu einem Makel, wenn nicht gar zu einer Gefahr, von der sich der Prota-gonist letztendlich nur unter Aufbringung seiner ganzen Kraft befreien kann.

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27CRU I S E R M Ä R Z 2 018SZENEGAY-SERIENMÖRDERDas Rätsel Bruce McArthur: Polizei in Toronto ver-mutet Gay-SerienmordDen Gärtner Bruce McArthur hatte die Polizei in Toronto schon länger im Visier. Nun zeichnen grauenvolle Leichenfunde das Bild eines schwulen Serientäters. Ist McArthur der Schlüssel zu einer Reihe ungeklärter Vermisstenfälle?VO N J OH A NNE S S C H MI T T-TE GGEÜberreste von Leichen in Blumentöp-fen und ein Gärtner als mutmassli-cher Serienkiller: Der Fall aus Toron-to lässt einem die Haare zu Berge stehen. Mindestens fünf Männer soll der 66 Jahre alte Bruce McArthur dort auf dem Gewissen haben. Die grausigen Funde auf einem Pri-vatgrundstück in der kanadischen Metro-pole geben den monatelangen Ermittlun-gen der Polizei nach mehreren Vermissten einen neuen Schub. Insgesamt wurden auf dem Grundstück, das der Gärtner genutzt hatte, die Überreste von sechs Leichen ent-deckt, wie die Polizei auf Twitter mitteilte.Trotz der Entdeckung sind noch viele Details unklar. Fünf der Toten müssten noch identiziert werden, berichtete der «Toronto Star» nach den Funden vom Don-nerstag. Es sei unklar, ob diese fünf zu den Vermissten zählten, schrieb die Zeitung «Globe and Mail». Unter den Funden waren aber auch Überreste von Andrew Kinsman, der vergangenes Jahr Medienberichten zu-folge unter mysteriösen Umständen aus dem Schwulenviertel von Toronto ver-schwunden war. Mit ihm soll der Verdächti-ge McArthur eine sexuelle Beziehung ge-habt haben.«Die Stadt Toronto hat so etwas noch nie gesehen», sagte der führende Ermittler Hank Idsinga. Alle zur Verfügung stehen-den Mittel würden auf den Fall verwendet. Die Ermittlungen seien «beispiellos». McAr-thur, der im Januar verhaftet wurde, wird bislang fünacher Mord vorgeworfen. Ob diese Fälle mit den neuen Funden zusam-menhängen, sei aber noch unklar. «Wir konzentrieren uns auf das, was wir haben, also die Überreste», sagte Idsinga. Hoent-lich würden die weiteren Toten bald identi-ziert werden.Medienberichten zufolge mähte McArthur auf dem Grundstück den Rasen, um im Gegenzug in der Garage Gartenge-räte unterstellen zu können. Die Polizei suchte dort bereits seit drei Wochen nach Hinweisen und räumte im Rahmen der Er-mittlungen auch die Garage aus.Die teils mit Radartechnik und Hun-den suchenden Beamten dehnten ihre Er-mittlungen auf mehr als 30 Anwesen aus, die mit McArthurs Gärtnerei-Unternehmen in Zusammenhang stehen. Eine Schnee-decke und gefrorener Boden erschwerten dabei die Suche. Der Boden im Garten des Privatgrundstücks wurde mit Heizgeräten aufgetaut und soll nun unter Aufsicht einer Forensik-Expertin ausgehoben werden. Um in dem Fall voranzukommen, müssen Er-mittler DNA-Proben der Überreste mit Da-ten Hunderter Vermisster abgleichen.McArthur wird laut «Toronto Star» un-ter anderem der Mord an drei Männern im Alter zwischen 40 und 58 Jahren vorgewor-fen, die 2012 aus dem Schwulenviertel To-rontos verschwanden. Medienberichten zu-folge bewegte sich McArthur in der Szene, wurde aber nach einer von ihm verübten Messerattacke im Jahr 2001 verurteilt und durfte das Gay Village danach zwei Jahre lang nicht betreten.Eine Website zur Suche nach dem zu-vor vermissten Andrew Kinsman, dessen Überreste die Polizei nun identizierte, be-stätigte den Fund. (DPA) Der 66-jährige Mörder ist vermutlich ein Serien-täter. Über sein Motiv und seine eigene sexuelle Ausrichtung wird derzeit noch gemutmasst. Das Bild stammt von der Polizei in Toronto, via Face-book. Es ist also öffentlich und daher druckt Cruiser dieses ab, da in diesem Fall auch nicht mehr die Unschuldsvermutung gilt.

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28PREPMORALINSAURE GESUNDHEITSDISKUSSIONVO N A N D R E A S L E H NERRechtsrutsche und Verschwörungs-theorien wollen unser schönes, bun-tes Leben kaputtmachen. Und es scheint so, als ob über Jahrzehnte erkämpf-te Rechte im TGV-Tempo zunichte gemacht werden… von einer Gesellschaft, die angst-geprägt überall nur noch die Unterdrü-ckung der cis-heteronormativen christli-chen Werte sieht. Diesen Krieg meine ich aber nicht, nein.Mit Krieg meine ich auch nicht diese moralinsaure Diskussion um unsere Ge-sundheit. Dass uns Ämter und Doktoren* klarmachen wollen, dass wir mit aus-schweifendem Sexualleben und unkontrol-lierten Trieben selber schuld am Untergang des Abendlandes sind, ist nachvollziehbar. Wer keinen Sex hat, kann leicht bewerten. Und wer beim Sex das Licht löscht und nicht lächelt, muss zwangsläug Angst kriegen vor dem Leben in freudiger Sünde. Auch wenn Fakten schon länger klarmachen, dass die Zunahme der Geschlechtskrank-heiten viel mit dem Testverhalten und neu-en, besseren Tests zu tun hat. Nein, was mir so unglaublich auf den Sack geht, ist dieses nervige Rumgestänkere um die PrEP unter uns Schwulen. Was soll das? Anstatt zusammenzustehen und uns weiterhin für unsere sexuellen Rechte und unsere Gesundheit einzusetzen, spalten wir uns intern in Kondombefürworter (aka PrEP-Gegner) und umgekehrt. Liebe Kondombefürworter: Ihr macht das gut! Wer konstant und immer ein Kon-dom benutzt und das auch unter widrigsten Umständen durchziehen kann, hat eine Medaille verdient. Und wer’s im Vollsu oder auf Drogen immer noch kann, umso besser. Bleibt wie ihr seid. Aber lasst bitte die PrEP-Benutzer in Ruhe. Weder sind sie für den Anstieg der Geschlechtskrankhei-ten verantwortlich, noch für die Qualität in euren Betten. Denn wer PrEP nimmt, lässt sich öfter testen. Und das hilft allen!Liebe PrEP-Befürworter: Auch ihr macht das gut. Vor allem dann, wenn ihr euch regelmässig testen lasst. Aber lasst doch bitte die Kondombenutzer in Ruhe. Die machen das auch gut. Und wer eine PrEP nimmt, ist übrigens nicht automatisch besser im Bett. Dazu braucht es noch im-mer ganz viel Lust und Freude und Einfüh-lungsvermögen. So. Letzte Nacht habe ich wild ge-träumt. Wir haben das ganze Romatikpro-gramm durchgezogen: Sonnenuntergang, Einhörner, Regenbogen und Blumen im Haar etc. Die Liste ist unvollständig. Dann haben wir uns alle hemmungslos dem Sex hingegeben. Alle Varianten, kreuz und quer und sowieso. Was für eine Freude ist guter Sex! Der übrigens auch gut mit einem Kuss oder einem netten Wort beginnen darf.Lasst uns zusammen kämpfen für das, was wichtig ist im Leben: Gleichheit in allen Belangen, Brüderlich- und Schwesterlich-keit und Friede auf Erden. ANDREAS LEHNERAndreas Lehner ist stv. Geschäftsführer und Leiter des Programms MSM bei der Aids-Hilfe Schweiz. Als Privatmann ist Andreas seit 1996 als Fotograf, Zeichner und Texter erfolgreich tätig. Seine grösseren Reportagen – unter an-derem über Osteuropa, Afrika und Russland – erscheinen im Jahresrhythmus beispielsweise in der WOZ. Andreas wohnt und arbeitet in Zürich. Infos unter: www.andreaslehner.comWer ficken will, muss freundlich seinJungs, wir sind im Krieg! Und ich meine nicht die politische Entwicklung in der Welt …Was für eine Freude ist guter Sex! Der übrigens auch gut mit einem Kuss oder einem netten Wort beginnen darf.myprep.chIst PrEP etwasfür mich ?myprep.chWie und wokriege ich PrEP?myprep.chPrEP?Dr. Gay weissBescheid.A N ZE IG E

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29CRU I S E R M Ä R Z 2 018KOLUMNEMIRKOMirko überlegt zu studierenVO N M I RKOSguete vo Züri ist, dass es langwiilig ist. Klein und langwiilig. Ja, schön au und mer verdient gut. Sorry, aber so viel Droge gits nöd, dass es hier lang span-nend  ndsch. Guet, chasch verreise. Ma-ched ja alli, jedes Weekend. Jede Tag Die-tike–Züri, am Morge zwische de Mensche iklemmt, im Winter mottet d Mäntel nach Suppe vom letzten Abend, im Sommer schweisselets und nöd uf die guet Art. Tags-über, ach, nüt bsondrigs. Halt so was chunnt. Um mich ume, das sind Roboter. Roboter im Zug, wo ufs IPhone X starret. Die reagieren nicht. Mängmol chunnt denn en Aafrag uf Grindr und ich dänk, shit, Junge, ich ha di scho gseh vorher, aber du mi nöd und jetzt isch zspot. Kürzlich hat mich ein Velo fasch überfahre, Mann, uf em Trottoir, de het nöd glueget, nüt gseit und ich ha dänkt: Das isch scho fasch en Zombie, nöd emol meh en Ro-boter. Der hat nicht mal gemerkt, dass er mich fasch überfahre het. Der ist einfach programmiert von A nach B zu kommen. Weisch, Menschen könnten etwas mitein-ander anfangen, vielleicht sogar Spass ha-ben auf dem Weg zur Arbeit oder wenigs-tens mal es Smile, nöd es Smilie, schicke.Jetz de Winter, wieder sitz i mol im Dunkel im Zug nach Züri, d Jacke vo de einte im Face und min Blick  xiert uf de Zipper vo de Hose vo ihrem Fründ. Also ich mit star-rem Blick und ho e, dass sich döt das Ding, wo rechtsliegend dur de Sto druckt, bewe-gen würde. Wie heisst der mit der Schlange auf Sajam, de Chilbi? Schlangebeschwörer. Aber das Ding bewegt nicht. Langwiilig, denke ich, und das schon am Morgen. Aber langwiilig het Vorteil. Hei Alte, das isch mis Läbe, han i dänkt, und was isch passiert? Nei, vergiss es. Das isch äbe nöd passiert, das Ding het sich immer noch nicht bewegt. Wär döt nöd ganz klar si Fründin dabei ge-wesen, ich hätti igri e und denn häts be-wegt, chasch mir glaube! Also, das Ding het guet usgseh i dene Slim ts, ach ja, die Beine waren auch sharp, nöd nur das dezwüschet. Aber was denn passiert isch, glaubsch nöd. Ich ha plötzlich gmerkt, das halt ich nicht mehr aus. Ich cha scho meh, aber Schlange-beschwörer wird’s nöd, und ich ha mi ent-schlosse: Ich studier. Roboter, das wird’s. Also Informatik halt und denn will ich Ro-boter programmiere. Das isch Zuekunft, Mann. Ich ha’s voll druf, echt jetzt. Ich sollt anfangen zu studieren, das wär’s. Balkan-jungs überholed die Schweizer, müend uf-passe! Wenn ich denke, majcica und tata sind no i d Schwiz g üchtet und ich könnt jetzt studiere. Sie sind echt stolz, mini rodi-telji. Wenn ich studiere würd, dänn würd ichs au nöd verbocke, chasch sicher si. Ob-wohl, ich käm sicher mängmol scho z spot ine Vorlesig oder so. Denn ich könnt auf dem Weg in den Vorlesungssaal in der Toilette steckenbliibe, oder eher ime andere Studi. LOL. Ja, Alte, ich will Roboter programmie-re, ich will ja keiner werde. Stopp, warum will ich das Studium anfangen? Ok, das Ding het sich nöd bewegt, aber villicht isch au grad no ein Artikel über Sexroboter im 20Sekunde gstande. Ich stell mir das super vor. So eine Maschine, die dann auch wirk-lich tut, was sie auf Grindr verspricht. Das wäre mal eine Abwechslung. Dafür lohnt sich z studiere. Villicht wär’s ja auch nicht so gut. Es ist auch schon passiert, dass ich mir fest was in den Kopf gesetzt habe, dann lief mir ein Date über den Weg und zack, es ist etwas ganz anderes passiert, was vil bes-ser gsi isch, als was ich vorhatte. Das würde mit einem Roboter dann nicht passieren. Das chönned nur Mensche. Aber die chönnd das au nur, wenn sie nöd wie Roboter tun. Das dänk ich jetz, wo n ich wieder im Zug vo Dietike uf Züri sitze, dies Mal kein interes-santer Zipper zum Fixieren, aber jemand schneidet sich die Fingernägel gegenüber. Würden das Roboter tun? Villicht ist das noch das Menschlichste in diesem Zug. Ich bi sackmüed, die ganze Woche am Tag ar-beiten und sollte ich abends noch zur Vorle-sung, da müsste i mich echt dran gewöh-nen. Aber das mit eem scha e würdi glaube ich ja dann nicht mehr funktionieren. Ergo würdis au knapp mit dem Chole. Hm.Wenn ich so um mich luege, hei, Zür-cher, ihr wärdet nöd nur vo eus Balkanjungs überholt, da chönnd ihr nüt defür, wil mir sind eifach guet. Aber au mini Roboter wär-det eu überhole. Ausser ihr werdet wieder Menschen. Dänn überholed nur mir Bal-kanjungs euch – und d Roboter händ kei Brot. Ich cha scho meh, aber Schlange-beschwörer wird’s nöd.Sexroboter, eine Maschine, die tut, was sie auf Grindr verspricht, das wäre eine Überraschung.

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30CRU I S E R M Ä R Z 2 018GESELLSCHAFTCOMING-OUTEin Coming-out ist immer noch kein KinderspielMan sollte meinen, die Gesellschaft habe sich gewandelt und sei toleranter auch in Bezug auf die Genderfrage geworden. Trotzdem ist es für Jugendliche immer noch nicht einfach, sich zu outen.VO N B I RG I T K AWOH LFernsehserien haben ja manchmal die dankenswerte Eigenschaft, dass sie den Zuschauer nicht nur unterhalten, nein, manchmal, wenn auch eher selten, gelingt es darin, dem Zuschauer etwas über das Leben beizubringen. So auch in der dänischen Serie «Rita», in der es um eine unkonventionelle Lehrerin geht, die – und das ist nicht unbedingt typisch für Lehrpersonal – mit beiden Beinen im Le-ben steht. Eben diese Rita hat drei Kinder, von denen der in der ersten Sta el 15-jäh-rige Jeppe o ensichtlich schwul ist. Jeppe kann sich und seiner Umwelt dies aber zu-nächst nicht eingestehen, hat eine Freun-din und will nur ein «ganz normaler» Ju-gendlicher sein. Seine Mutter und seine Geschwister scha en es, ihm klar zu ma-chen, dass er auch als Schwuler ein ganz normaler Jugendlicher ist. Er erfährt also in seiner Familie den absoluten Rückhalt und eine 100%ige Akzeptanz. Dies geht lei-der immer noch nicht allen Jugendlichen so, weshalb es auch im Jahr 2018 noch kein Leichtes ist, zu seiner nicht-heteronorma-tiven Sexualität zu stehen.Facebook stellt 60 Gender zur AuswahlMoment einmal, mag jetzt der oder die eine oder andere einwerfen: Haben nicht gerade die sozialen Medien für die Jugendlichen ei-nen ungeheuren Fortschritt gebracht? Nicht nur, dass es hierüber einfacher geworden ist, via Dating-Apps Gleichgesinnte zu tref-fen, auch Facebook hat mit seiner unglaub-lichen Auswahl in Bezug auf die Gender-frage doch einen Riesenschritt in die richtige Richtung gemacht. Dazu sollte man allerdings bedenken, dass gerade Facebook Wer bin ich? Wohin gehöre ich? Will ich mich überhaupt irgendwo einordnen lassen? Fragen, die nicht nur junge Menschen bewegen.

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31GESELLSCHAFTCOMING-OUTA N ZE IG Emittlerweile nicht mehr überwiegend von Jugendlichen genutzt wird, der durch-schnittliche Facebook-Nutzer hat inzwi-schen das 30. Lebensjahr längst überschrit-ten, Jugendliche nehmen hingegen mehr und mehr Abstand von Zuckerbergs Dienst. Zudem muss man sagen, dass gerade einen Jugendlichen im Orientierungsstadium die-se voluminöse Liste wohl eher abschreckt als animiert. Wenn man nun die Möglichkeit hat, seine Sexualität in allen Details zu be-stimmen, kann man natürlich auch schnell einmal danebenliegen. Und mal ehrlich: Wem von uns ist denn spontan der Unter-schied zwischen zum Beispiel Pangender und Pangeschlecht klar? Hier wird es also nur für denjenigen einfacher und besser, der sich seines Geschlechts bewusst ist und die-ses deutlich nach aussen hin demonstrieren möchte. Um das zu machen, muss der Ju-gendliche allerdings erst mehrere Phasen seines Coming-outs durchlaufen haben.Fünf-Stufen-Modell nach ColemanDer amerikanische Soziologe James Samuel Coleman hat in Bezug auf ein Coming-out ein fünfstuges Modell erstellt, das von ei-ner prä-Phase, in der der Betroene lang-sam bemerkt, dass er nicht heterosexuell ist, über die eigentliche Coming-out-Phase bis hin zur Phase der dauerhaften Beziehung geht. In dieser Einteilung wird deutlich, dass für die Entwicklung zu einem gesun-den Homosexuellen vor allem Stufe eins und zwei wichtig sind. Von dem schrittwei-sen Bemerken, vielleicht «anders» zu sein, bis zu seinem inneren Coming-out – also dem Punkt, an dem sich der Jugendliche selbst seine Homosexualität eingesteht – können Jahre vergehen. Der weitere Schritt, der die Öentlichkeit einbezieht, ist ein weitaus schwierigerer.In beiden Phasen geht es aber für die Umwelt darum, dem Jugendlichen oen zu begegnen, ihn nicht zu verurteilen, son-dern ihn – im Gegenteil – in seinem Outing-Prozess zu unterstützen. Diese Unterstüt-zung sollte sowohl im Elternhaus als auch in der Umwelt gegeben sein. Ein besonde-res Augenmerk kommt hierbei der Schule und den Unterrichtenden zu, da hier der Ju-gendliche schliesslich den Hauptteil seiner Zeit verbringt. Wenn man sich einmal auf einem Schulhof oder in einem Klassenzimmer um-hört, stellt man schnell fest, dass «schwul» dort immer noch als Schimpfwort kursiert ➔ PHOTO OF PREVIOUS CAST MEMBERBB Promotion GmbH and Freddy Burger Management by arrangement with Paul Walden and Derek Nicol for Flying Music in association with Adrian Grant for Key Concerts presentwww.thriller-live.com17. – 22.04.18 24. – 29.04.18Musical Theater BaselFernsehserien haben ja manch-mal die dankenswerte Eigen-schaft, wenn auch eher selten, dem Zuschauer etwas über das Leben beizubringen.Ein Coming-out kann befreiend sein. Muss es aber nicht.

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32CRU I S E R M Ä R Z 2 018GESELLSCHAFTCOMING-OUTIm TV einfacher als im realen Leben: Coming-out der Protagonisten bei «Grace & Frankie».Nikolaj Groth (rechts) spielt Jeppe in der TV-Serie «Rita».und eine denitiv abwertende Konnotation hat. Hier ist es an den Lehrenden, die oft-mals unbedachte Verwendung des Wortes aufzugreifen und zu bewerten. In vielen Fäl-len erfährt man dann nämlich auf Nachfra-ge, dass der Begri «schwul» völlig sinnent-leert verwendet wurde, man wollt nur irgendein Schimpfwort aussprechen. Eine häuge negative Verwendung erschwert es aber dem schwulen Jugendlichen immens, zu seiner Sexualität zu stehen und lässt ihn sein äusseres Coming-out, also den Schritt an die Öentlichkeit, herauszögern.Lehrpersonen als VorbildLehrer sollten sich an dieser Stelle ihres Vorbildcharakters klar sein und den Ju-gendlichen mit Oenheit und Akzeptanz begegnen. Fatal wären Reaktionen wie Mit-leid («Du Armer!») oder das Nichternstneh-men eines Outings («Das wird schon wieder, warte mal ab.»). Vielmehr sollten hier Hilfs- und Informationsangebote zur Hand sein, die dem Jugendlichen seinen Weg erleich-tern können. Fängt der Jugendlichen näm-lich selbst an, im Internet zu suchen, stösst er dabei vielleicht auf so krude Seiten wie die des «Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft». Diese Seite, die höchst seriös daherkommt und fast wie eine echte staatli-che Informationsseite ausschaut, ist in Wahrheit eine Propagandaseite «oensiver junger Christen», in der man auf solche Rat-schläge stösst wie: Oute dich niemals zu früh, denn oftmals verschwinden diese Nei-gungen wieder ganz von alleine. Oder: Es gibt mehr Menschen, die sich von homose-xuell zu heterosexuell verändern als umge-kehrt. Ein Jugendlicher, der solche Sätze liest, wird nur schwer ein glückliches und erfolgreiches Coming-out haben, eher züchtet man sich so den nächsten Psycho-pharmaka-Konsumenten heran.Am meisten hilft es dem Jugendlichen, wenn die Erwachsenen in seinem Umfeld authentische Persönlichkeiten sind und eine klare Position beziehen, die es ihm er-möglicht, seinen Weg im Gender-Dschungel zu nden. Lehrer sollten sich an dieser Stelle ihres Vorbildcharakters klar sein und den Jugendlichen mit Offenheit und Akzeptanz begegnen.

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33RATGEBERDR. GAYDR. GAYDr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-HilfeSchweiz. Die Fragen werden online aufwww.drgay.ch gestellt.Dr. GayVON VINICIO ALBANIKANN ICH FÜR DEN HIV-TEST EIN-FACH DIE NÄCHSTE BLUTSPENDE ABWARTEN?Ich bin bisexuell und hatte vor kurzem mit einem Mann Sex. Eigentlich bin ich vorsichtig, aber diesmal kam es zu ungeschütztem Analverkehr mit allem Drum und Dran. Das ist nun drei Wochen her und ich habe seit einigen Tagen Kopfweh, Magenschmerzen und Durchfall. Er versicherte mir mehrmals, dass er regelmässig zum Test gehe und HIV-negativ sei. Jetzt bin ich unsicher, ob ich zum Test gehen oder einfach die nächste Blut-spende abwarten soll. Was rätst du mir? Patrick (27)Hallo PatrickFakt ist: passiver Analverkehr ohne Schutz und mit Ejakulation im Anus ist ein potenzi-ell hohes HIV-Risiko. Es mag sein, dass dein Sexpartner glaubt, es sei HIV-negativ, weil er sich testen liess. Ein negatives HIV-Resul-tat sagt aber lediglich aus, dass er zwölf Wo-chen vor diesem Test sicher HIV-negativ war. Eine Ansteckung in der Zwischenzeit wäre also möglich. Schliesslich kannte er deinen HIV-Status auch nicht, er hätte sich also theoretisch bei dir anstecken können. Genauso hätte es bei einem Sexdate vor dir passieren können. Er könnte also HIV-posi-tiv sein, ohne es zu wissen. Das ist alles sehr spekulativ, ich weiss. Ich möchte hier weder den Teufel an die Wand malen, noch dei-nem Sexpartner Lügen unterstellen. Deine Symptome sind nicht unbedingt typisch für eine HIV-Primoinfektion. Welches typische Symptome einer HIV-Infektion sind, kannst du auf meiner Webseite drgay.ch unter DEI-NE GESUNDHEIT bei HIV & Co. nachlesen. Um Klarheit zu scha en, rate ich dir aber zu einem HIV-Test. Dieser ist bereits zwei Wo-chen nach der Risikosituation möglich und nach dieser Zeit ziemlich sicher. Er sollte aber nach drei Monaten nochmal zur Bestä-tigung wiederholt werden. Wende dich am besten an einen Checkpoint (mycheck-point.ch). Ein HIV-Test beim Blutspenden fällt weg, da du als bisexueller Mann bestä-tigen musst, in den letzten 12 Monaten kei-ne sexuellen Kontakte gehabt zu haben. Mehr Infos dazu  ndest du auf pinkcross.ch unter Blutspenden.Alles Gute, Dr. GayA N ZE IG EHIV ÜBER EINEN TRINKHALM?Ich arbeite an einer Bar und habe mich an einem benutzten Trinkhalm geschürft. Die obere Hautschicht war ein bisschen weg, aber es hat nicht geblutet. Nun bin ich verunsichert. Wäre so eine HIV-Infektion möglich, wenn zum Beispiel jemand beim Trinken an den Lippen geblutet hat? Joshua (20)Hallo JoshuaEine HIV-Infektion ist so nicht möglich. Als Eintrittspforte gelten Wunden dann, wenn sie tief sind und ein Zugang zu den Gefässen besteht. Das HI-Virus ist ein schwer über-tragbares Virus und verliert an der Luft rasch an Infektiosität. Eine Zufallsinfektion, wie du sie beschreibst, liegt kaum im Be-reich des Möglichen. Abgesehen davon, bringen dich «Was wäre wenn...»-Fragen nicht weiter. Insbesondere dann nicht, wenn sie wie hier von vielen Eventualitäten ab-hängig sind. Es bleibt eine Tatsache: Schwu-le Männer stecken sich in erster Linie bei ungeschütztem Analverkehr mit HIV an.Alles Gute, Dr. Gay5 C R U I S E R S o m m E R 2 017sliPPerySubj eCtSVoN MARTIN MüHLHEIMC oming-out-Filme gibt es mittlerweile viele, und entsprechend unterschied-lich kommen sie daher: leichtfüssig- komisch wie der britische Klassiker Beautiful ing (1996), eher nachdenklich wie das brasilianische Kleinod Seashore (2015), bisweilen auch zutiefst tragisch – so im israelischen Drama Du sollst nicht lieben (2009), das in der ultraorthodoxen Gemein-de in Jerusalem spielt.Angesichts solcher Unterschiede er-staunt es umso mehr, mit welcher Regel- mässigkeit uns Coming-out-Filme Jungs oder Männer zeigen, die – alleine, zu zweit oder in Gruppen – schwimmen gehen. Nun könnte man das natürlich als Zufall oder Neben-sächlichkeit abtun. Bei genauerem Nachden-ken zeigt sich allerdings, dass sich gleich mehrere Gründe für diese erstaunliche Häu-gkeit nden lassen.Nackte Haut ohne allzu viel SexEine erste, nur scheinbar oberächliche Er-klärung ist, dass (halb)entblösste Körper sich nicht bloss auf der Leinwand, sondern auch auf Filmpostern und DVD-Covern äus- serst gut machen. Schwimmszenen bieten ein perfektes Alibi für das Zeigen von nack-ter Haut: Sex sells, wie es so schön heisst.Warum «Alibi»? Weil man – gerade bei Filmen mit jungen Protagonisten – aufpas-sen muss: «Sex sells» mag zwar zutreen, aber allzu explizite Sexszenen können schnell mal zu hohen Altersfreigaben füh-ren. Dies wiederum möchten Filmemacher in der Regel vermeiden: Filme, die erst ab 18 freigegeben sind, lassen sich nämlich weni-ger einfach vermarkten. Auf Amazon.de zum Beispiel werden Filme mit Altersfreiga-be 18 nur an nachweislich volljährige Perso-nen verkau – und gerade für Coming- out-Filme, die sich auch an ein junges Publi-kum richten, ist dies sicher kein wünschens-werter Eekt.Schwimmszenen bieten hier eine per-fekte Kompromisslösung: Man kann nackte Haut lmisch ansprechend inszenieren, da-bei aber allzu heisse Techtelmechtel tugend-ha vermeiden (beispielsweise, indem der Wasserspiegel immer über der Gürtellinie bleibt, wie im niederländischen Film Jon-gens, 2014). Um das Rezept knapp zusam-menzufassen: Man nehme eine grosszügige Portion feuchter Erotik, eine vorsichtige Pri-se Sex – und um Himmels Willen kein Körn-chen Porno. Eingetaucht ins TrieblebenMan täte den lesBischwulen Filmemache-rInnen aber unrecht, wenn man ihre erzäh-lerischen Entscheidungen allein auf nan-zielles Kalkül reduzieren wollte. Es gibt nämlich auch ästhetisch-symbolische Grün-de, die Schwimmszenen für das Genre inter-essant machen. Da wäre zunächst die Funktion des Wassers als Symbol für das Unbewusste. Dieses Unbewusste, so weiss man spätestens seit Sigmund Freud, hat viel mit der Triebna-tur des Menschen zu tun – und so erstaunt es nicht, dass Hauptguren auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität sozusagen symbo-lisch in die Tiefen des Unbewussten eintau-chen müssen, um ihr gleichgeschlechtliches Begehren zu entdecken. Figuren in der SchwebeDarüber hinaus hat die Filmwissenschale-rin Franziska Heller in ihrem Buch über die Filmästhetik des Fluiden (2010) gezeigt, dass schwimmende Figuren immer wieder als «schwebende Körper» inszeniert werden: o in Zeitlupe und seltsam herausgelöst aus dem sonst zielstrebig voranschreitenden Erzählprozess. Dieser Schwebezustand wie-derum ist eine wunderbare visuelle Meta-pher für die Phase kurz vor dem Coming-out: Man ist nicht mehr der oder die Alte, aber auch noch nicht ganz in der neuen Identität angekommen. Ein Film macht das Schweben sogar explizit zum ema: In Kinder Gottes aus dem Jahr 2010 zeigt Romeo dem neuro-tisch-verklemmten Johnny, wie befreiend das «Floating» im Meer sein kann.Neben der Inszenierung von Schwebe-zuständen und dem Wasser als Symbol für das Unbewusste ist drittens das Motiv von ➔ Filme, die ersT ab 18 FreiGeGeben sind, lassen sicH nämlicH WeniGer einFacH VermarKTen.ANZEIGE«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach.rz_TP_Leonhards_Apotheke_210x93.3_Cruiser_4c_280317.indd 1 28.03.2017 10:07:37

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34BLICK ZURÜCKCRUISER VOR 30 JAHRENCruiser gibt es seit über 30 Jahren und damit ist Cruiser nicht nur die grösste Gay-Zeitung, sondern auch die älteste noch unter dem selben Namen existierende Publikation. Wir blicken an dieser Stelle in unregel-mässigen Abständen auf die alten Ausgaben zurück.VO N T E AM CRU I S E RCruiser erschien in der Ausgabe Februar/März 1988 erstmals mit einem leicht ange-passten Layout: Es wurden die wichtigsten emen im Magazin angeteasert. Daraus lässt sich schliessen, dass in der vor-Inter-netzeit oenbar auch die Fasnacht für Gays einen grossen Stellenwert hatte. Heute ist die Gay-Fasnacht in Zürich prak-tisch inexistent.Wer auch immer dieser «Mario» war – er hatte oenbar auch Fans auf der damali-gen Cruiser-Redaktion. Und noch rühren-der als die Schwärmerei für «Mario» war die Feststellung, dass es ein VBZ Nacht-tram brauche. Ganz oensichtlich gab es neu auch ein weiteres Magazin: Der «Gay-Report». In unserem Archiv ist davon aber leider kein Exemplar zu nden.Das Inserat der AIDS-Hilfe aka «Hot Rub-ber» zeigt eine neue Strategie im Kampf gegen die Krankheit, die 1988 einen ersten traurigen Höhepunkt erreichte. Mit dem Zusatz «die Treue zum Hot Rubber» wur-de die Botschaft allerdings mit einem Au-genzwinkern vermittelt. Flash- BackCRU I S E R M Ä R Z 2 018

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Danya Care GmbH, Badenerstrasse 621, 8048 Zürich, Telefon: +41 (0)44 401 04 07, Mobil: +41 (0)76 393 48 48 Wir vermitteln und beraten Fachleute. Wir unterstützen Sie, damit Ihnen die richtige Wahl leichter fällt. Wir paaren in unserer Tätigkeit Erfahrung, Wissen, Methodik und soziale Kompetenz. Wir setzen uns für Ihre Interessen ein und streben langfristige Partnerschaften an. Wir garantieren absolute Diskretion. Kurzum: Wir sind die geeignete Stellen- vermittlung für Ihren Wunschjob.Für unsere Kunden in der Langzeitpege (mehrere Häuser in der Stadt und im Kanton Zürich) sind wir auf der Suche nach motivierten und qualizierten Fach-kräften. 80 % – 100 % Dipl. Pegefachperson HF/AKP/DNII Fachpersonen Gesundheit (FaGe)Ihre Hauptaufgaben sind: Professionelle Pege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit sämtlichen in der Betreuung und Pege eingebundenen Stellen.Sie verfügen über: Eine abgeschlossene Diplomausbildung HF, DNII, AKP, FaGe Belastbarkeit, Flexibilität, Teamfähigkeit Berufserfahrung in der Geriatrie- und Lang-zeitpege PC-Anwenderkenntnisse Wir bieten: Zuverlässige(r) und attraktive(r) Arbeitgeber Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten 5 Wochen FerienFühlen Sie sich angesprochen? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung!Ihre vollständige Bewerbung mailen Sie bitte an: info@danyacare.chDie Vermittlungs- spezialisten für Pegefachpersonal Danya CareDanya CareA N ZE IG E

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gaycity.chgaycity.chWhere to go in the little big cityInteresse in diesem Inserat aufgeführt zu sein? Anfragen an: info@zbiro.chCRANBERRYBar Metzgergasse 3www.cranberry.ch15TIP TOP BARDie Schlager BarSeilergraben 13www.tip-top-bar.ch Dienstag – Samstag ab 18.30 Uhr14PARAGONYAWellness ClubMühlegasse 11www.paragonya.ch12TIP TOP BARPREDIGERHOFbistro – barMühlegasse 15www.predigerhof.ch13MACHOCity ShopHäringstrasse 16www.macho.ch11LEONHARDS-APOTHEKEStampfenbachstr. 7www.leonhards.apotheke.ch044 252 44 20LES GARÇONSBar/TanzbarKernstrasse 60www.garcons.chTäglich geöffnet ab 18.30 Uhr34MOUSTACHEDie Sauna für MännerEngelstrasse 4www.moustache.ch(Nachtsauna jeden Fr / Sa)HUUSMAAKafi – Reschti – BarBadenerstrasse 138044 241 11 18www.huusmaa.chSa & So Brunch 10:00 – 15:002MED. DENT. KLAAS FRIEDELHeinrichstrasse 239Mit Tram 4/8/13/17 bis Escher-Wyss-Platzwww.swissdentalcenter.ch 043 444 74 005CHECKPOINTGesundheitszentrumKonradstrasse 1www.checkpoint-zh.ch044 455 59 107DANIEL H.Bar-RestaurantMüllerstrasse 518004 Zürich044 241 41 78www.danielh.ch8PARACELSUSApotheke & DrogerieLangstrasse 122paracelsus@bluewin.ch044 240 24 059BEAUTY LOUNGE FOR MENHaarentfernung, Kosmetik, Anti-Aging und BodyformingKalkbreitestrasse 42www.beautyloungeformen.ch 079 533 41 01INFINITYBar + Lounge auf drei EtagenZähringerstrasse 118001 Zürich www.infinity-bar.chTäglich geöffnet ab 17 Uhr 16auf drei EtagenANORY Massagen, Haarentfernung,Skincare und Beratungen.Winterthurerstrasse 708006 Zürichwww.anory.ch 043 810 09 2217www.anory.ch 043 810 09 221016MEN BODYWORKMassagen & Tantra für MännerSchiffbaustrasse 9awww.menbodywork.ch076 222 66 88Gaycity_Cruiser_Januar_2018.indd 2 08.11.17 15:26