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Cruiser September 2017

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CR U I S E R SEPT EMBER 20171SEPTEMBER 2017 CHF 7.50DAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINGAY… UND KIND? KLAR DOCH!cruiserDAVID HASSELHOFFDas grosse InterviewLGBT*-FLÜCHTLINGEKeine Chance auf eine Zukunft?REGENBOGENFAMILIENPostmoderne Rollenbilder

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2CR U I S E R SEPT EMBER 2017SLIPPERYSUBJECTSKein Risiko im Oktober, HIV-Test im November. drgay.ch/securionSecurion kommt.Mach dich bereit!

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3CR U I S E R SEPT EMBER 2017EDITORIALLiebe LeserIn den 30 Jahren Cruiser hat es bisher noch nie ein Kind aufs Cover geschafft. Nicht, weil wir das nicht wollten, sondern weil es keinen Sinn gemacht hätte. Zu Cruiser-Gründerzeiten hätte es kaum einer zu träumen gewagt, dass das Thema «Adoption» oder «Regenbogen-familie» je eines werden würde. Dass das so ist, ist eine tolle Leistung von unseren «Vorkämpfern». Nur – wie der Artikel ab Seite 4 zeigt, sind wir noch lange nicht am Ziel. Wir haben in unserer Titelgeschichte auch eine Weltkarte mit dem Status-Quo der aktuellen Situation rund um die LGBT*-Akzeptanz – es gibt immer noch erschreckend viele rote Stellen auf dieser Karte. Rot bedeutet, dass gleichge schlecht-liche Liebe nicht akzeptiert ist oder sogar mit dem Tod bestraft wird. Aus diesem Grund müssen queere Menschen aus ihrer Heimat fliehen. Queere Flüchtlinge sind daher eben-falls ein Thema in dieser Ausgabe.Herzlich; Haymo Empl ChefredaktorIMPRESSUMCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.mediaInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit KawohlBildredaktion Haymo Empl, Astrid Affolter. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber.Art Direktion Astrid AffolterAgenturen SDA, DPA, KeystoneAutor_Innen Vinicio Albani, Anne Andresen, Yvonne Beck, Haymo Empl, Andreas Faessler, Birgit Kawohl, Moel Maphy, Michi Rüegg, Alain Sorel, Peter ThommenKorrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0) 31 534 18 30WEMF beglaubigte Auflage 11 539 ExemplareDruck Druckerei Konstanz GmbHWasserloses DruckverfahrenREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chTelefon +41 (0)44 586 00 44 (vormittags)Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.chDer nächste Cruiser erscheint am 1. Oktober 2017Wir vom Cruiser setzen auf eine grösstmögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinander-setzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor_Innen in Bezug auf diese Bereiche. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden entsprechend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die entsprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz». Um es kurz zu machen: Im Cruiser schreiben die Menschen als solche.INHALT4 THEMA QUEER UND FAMILIE8 REPORTAGE MARY’S OLD TIMERS BAR11 INTERVIEW RICHARD GERE14 KULUTR NATIONAL & INTERNATIONAL16 THEMA LGBT*-FLÜCHTLINGE19 KOLUMNE MICHI RÜEGG20 KULTUR BUCHTIPP21 KOLUMNE MIRKO22 SERIE WAS MACHT EIGENTLICH …25 KULTUR BUCHTIPP26 NEWS NATIONAL & INTERNATIONAL28 INTERVIEW REGENBOGENFAMILIEN31 MARKTPLATZ KLEINANZEIGEN32 RATGEBER DR. GAY33 KOLUMNE PETER THOMMEN34 FLASHBACK CRUISER VOR 30 JAHREN

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4CR U I S E R SEPT EMBER 2017THEMAQUEER UND FAMILIEAls homosexuelles Paar mit Kindern steht man mit seiner Idee von Familie oft noch recht allein auf weiter Flur. Doch es gibt es immer mehr Paare, die sich dazu entschliessen, sich gemein-sam ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Bis Regen bogen familien zum normalen Gesellschaftsbild gehören, braucht es noch Zeit, angepasste Ge setze – und vor allem Aufklärungsarbeit.VON A NNE A NDRES E NLivia und Tatjana sind um die dreissig und haben sich schon früh dafür ent-schieden, gemeinsam eine Familie zu gründen. Trotzdem hat es eine Zeit gedauert. «In anderen Beziehungen ist die Familien-planung etwas, auf das man es vielleicht eher ankommen lassen kann. Aber für uns war klar, dass es ein gemeinsamer Weg wird, den, der seine Herausforderungen mit sich bringt.» Heute sind sie Mütter von zwei Kindern und glücklich, dass sich ihr Wunsch erfüllt hat. Dass sie als Familie auf der Strasse oftmals noch mit Vorurteilen konfrontiert sind, nehmen die beiden mit Humor. Auf Fragen wie «Wer ist denn bei euch der Papa?» reagieren sie inzwischen gelassen. «Die Gesellschaft ist eben noch nicht so weit, die Bilder in den Köpfen sind noch immer am klassischen Familienmo-dell orientiert. Für uns als Familie steht da ein gesellschaftlicher Auftrag im Fokus, aufzuzeigen, dass unser Familienmodell auch eine Möglichkeit von vielen ist.» Dabei sei es egal, ob man in Berlin oder in Ober-bayern lebe, sagen sie, die Fragen seien überall dieselben.Auch dass das Gegenüber oftmals be-reits im zweiten Satz verblüt fragt «Wie habt ihr denn das gemacht?», gehört zu den nor-malen Situationen, die man als Queerfamily auf der Strasse erlebt. Die Grenzen zur Intim-sphäre werden da schnell einmal eingeris-sen. Dabei würde niemandem in den Sinn kommen, ein heterosexuelles Pärchen zu fragen, wie sie ihr Kind gemacht haben, ob-wohl Sex dafür schon lange keine Vorausset-zung mehr ist und Fruchtbarkeitsprobleme heutzutage in immer mehr Beziehungen ema werden. Wo man über Daniela und Stephan die heisse Information gern hinter vorgehaltener Hand weitergibt, ist es bei homosexuellen Paaren eben oensichtlich, dass man Tricks angewendet hat, um an ein Kind zu kommen. Dies sei eben eine Frage, die beantwortet sein will, meinen die beiden.Wenn irgendwann der Wunsch nach einer eigenen Familie da ist, sehen sich Paare oftmals als erstes mit der Frage konfron-tiert: Wie soll das gehen? Denn die Wege zum eigenen Kind sind oftmals verschlun-gen. Das Gesetz verwehrt gleichgeschlecht-lichen Paaren noch immer Methoden, die heute dank der modernen Medizin hetero-sexuellen Paaren und sogar alleinstehen-den Personen oenstehen. Und das, wo sie biologisch gegenüber heterosexuellen Paa-ren sowieso benachteiligt sind. Zwar gibt es auch in der Schweiz seit 2007 die Einge-tragene Lebenspartnerschaft für gleichge-schlechtliche Paare, doch anders als verhei-ratete Ehepaare dürfen sie weder Kinder adoptieren noch reproduktionsmedizini-sche Hilfe in Anspruch nehmen. Auch die Adoption eines Kindes ist für gleichgeschlechtliche Paare nicht erlaubt. Anders in Deutschland: Seit diesem Juni wurde im Bundestag die Ehe für alle ange-nommen, und damit wird in unserem Nach-barland ab Oktober auch die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare möglich sein. Die Stiefkindadoption, d.h. die Adoption eines in die Partnerschaft mitgebrachten Kindes (beispielsweise aus einer früheren heterosexuellen Beziehung) ist auch in der Schweiz möglich, sich als homosexuelles Paar für eine Adoption zu bewerben jedoch ÜBER DEN ALLTAG ALS REGENBOGEN FAMILIELivia und Tatjana haben sich für Kinder entschieden: Noch sind Regenbogenfamilien die Ausnahme.

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5CR U I S E R SEPT EMBER 2017THEMAQUEER UND FAMILIEnicht. Dabei können selbst Alleinstehende in der Schweiz Kinder adoptieren. Nur die Stiefkindadoption ist möglichDie Stiefkindadoption, d.h., die Adoption eines in die Partnerschaft mitgebrachten Kindes (beispielsweise aus einer früheren heterosexuellen Beziehung) ist möglich, sich als homosexuelles Paar für eine Adop tion zu bewerben, jedoch nicht. Selbst Allein -stehende können in der Schweiz Kinder adoptieren. Ob sie homosexuell sind, spielt dabei keine Rolle. Eine gesetzliche Schief-lage, durch die Menschen, die mit einer ein-getragenen Lebenspartnerschaft Bindungs-willen und ein stabiles Umfeld zeigen, anderen gegenüber benachteiligt sind. Doch mit Mut und der Bereitschaft, neue und ungewöhnliche Wege einzuschla-gen, lässt sich einiges bewegen, was auf den ersten Blick schwierig scheint. «Wenn man den Wunsch hat, als Paar eine Familie zu gründen und das auf natürlichem Weg nicht geht, gibt es doch die Möglichkeit, die eige-nen Schubladen im Kopf zu hinterfragen und mutig andere Wege einzuschlagen, die für beide passen,» sagt Tatjana.Nicht wenige Paare suchen deshalb oftmals nach individuellen Lösungen, in-dem sie den Kinderwunsch gemeinsam mit einem Paar des anderen Geschlechts reali-sieren oder, wie Livia und Tatjana, privat nach einem Menschen suchen, der bereit ist, ihnen zu helfen. Die beiden haben schliesslich eine Annonce geschaltet, da der Weg über Samenbanken für sie nicht infra-ge kam. «Natürlich sind von 100 Zuschriften 99 unseriös, da sind alle Klischees dabei, die man sich vorstellen kann,» sagt Livia. Aber letztendlich haben sie dann doch sehr schnell jemanden gefunden, zu dem sie Vertrauen hatten. Und natürlich habe es sich gelohnt, sagen sie, für die zwei tollen Kinder, die sie jetzt miteinander haben.Schwierige Lage für MännerpaareDass die Lage sich für Männerpaare noch-mals schwieriger gestaltet, liegt nur bedingt in der Natur begründet, auch hier ist die Ge-setzeslage schwierig. So ist zwar die Samen-zellenspende legal, die Eizellenspende je-doch nicht. «Wenn eine Frau einem Paar das ermöglichen will, soll sie das bitte tun dür-fen! Das ist einfach eine unglaubliche Hilfe, die eine Beziehung glücklich machen kann. Das würde für Männerpaare viel verein-fachen,» ndet Tatjana. Männliche Paare reisen deshalb oft ins Ausland, um sich den Wunsch vom eigenen Kind zu realisieren.Letztlich bieten die neuen Familien-modelle auch Chancen, vielfältigere und neue Beziehungen in der Welt zu knüpfen. Das betrit nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern. Zum Vater der Kinder halten die beiden auch heute noch Kontakt, wobei sie von vornherein Rechte und Pichten der einzelnen Parteien sorgsam fest gehalten haben. Über rechtliche Grund lagen muss man sich vorher genau informieren, um die Kinder optimal abzusichern.Trotzdem hält die Bürokratie für Regenbogenfamilien immer wieder ➔ A N Z EI G EDAS GESETZ VERWEHRT GLEICH-GESCHLECHTLICHEN PAAREN NOCH IMMER METHODEN, DIE HETEROSEXUELLEN PAAREN UND SOGAR ALLEINSTEHENDEN PERSONEN OFFENSTEHEN.MAKE SURE YOUTRAVEL WITHFRIENDSPink Cloud Travel ServiceDER Touristik Suisse AGBahnhofplatz 78001 ZürichT +41 44 274 15 55mail@pinkcloud.chwww.pinkcloud.chFollow us on: facebook.com/pinkcloudExclusive Partner 2017-109.01_K_ZRH_Bahnhofplatz_Pink_Clouds_Mann_Burma_Cruiser_Magazin_210x140mm_DE.indd 1 14.08.17 14:17

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6CR U I S E R SEPT EMBER 2017Argumente der Gegner, die das vermeint-liche Kindswohl im Blick haben, entbehren jeder Logik, wenn man bedenkt, dass jeder-mann, der dazu biologisch in der Lage ist, ohne Brief und Siegel Kinder in die Welt set-zen darf. Gerade homosexuelle Paare gehen oftmals viel reektierter an das ema Kin-der heran als manch ein anderer, sind sie doch von vornherein dazu gezwungen, sich aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen.Trotzdem sehen sich gleichgeschlecht-liche Eltern oftmals genötigt zu beweisen oder zu erklären, dass es ihrem Kind nicht schlechter geht als anderen. Studien zur Le-benssituation von Queerkids helfen aufzu-klären, das ist gut. Ihre Existenz zeigt jedoch gleichzeitig auf, dass wir noch nicht an dem Punkt sind, Vorurteile, die auf veralteten Mo-ralvorstellungen basieren, ad acta zu legen. Dass man die Entwicklung der Geschlechts-identität und Persönlichkeit von diesen Kin-dern überhaupt speziell untersuchen muss, ist schliesslich und endlich Beweis für tief-sitzende Ängste in der Gesellschaft. «Es ist ja mittlerweile auch für die Kritiker unseres Familienmodells wissenschaftlich belegt, dass sich die sexuelle Orien tierung der El-tern nicht auf die Kinder auswirkt.,» so Livia.Über raschungen bereit. Livia, die als Schwei-zerin in Deutschland lebt, wird für ihren leiblichen Sohn einen Schweizerpass bekom-men, für ihre adoptierte Tochter wahr-scheinlich nicht. «Dabei sind die beiden auch gesetzlich zu 100 % meine Kinder», sagt sie.Die gesetzlichen Voraussetzungen sind also auch in Zeiten der Ehe für alle noch immer alles andere als ideal. Und leider reklamieren immer wieder selbst-ernannte Sittenwächter den politischen Diskurs für sich. Ob jemand sich zum Eltern-sein eignet, entscheiden schliesslich ganz andere Faktoren als die sexuelle Neigung. THEMAQUEER UND FAMILIE42 States and 13 entitiesEurope16 States Europe18 StatesRussiaFinlandATItalyCroatiaSpainSwedenNorwayFrancePortugalHURomaniaBulgariaTurkeyDenmarkPolandGermanyBelarusUkraineCZSlovakiaGreeceCyprusNLBEIrelandRSALMDLithuaniaLatviaEstoniaLULIBASloveniaCHMKGreenlandIcelandUSACanadaMexicoThe BahamasCubaPanamaEl SalvadorGuatemalaBelizeHondurasNicaraguaCosta RicaJamaicaHaitiDom. Rep.Virgin IslandsPuerto RicoAGDMKNVCGDLCBBTTArgentinaBoliviaColombiaVenezuelaPeruBrazilGFGuyanaSurinameChileEcuadorParaguayUruguayKenyaEthiopiaEritreaSudanSouthSudanEgyptNigerMauritaniaMaliNigeriaSomaliaNamibiaLibyaChadCameroonSouth AfricaTanzaniaD.R.CongoAngolaAlgeriaMadagascarMozambiqueBotswanaZambiaGabonCentral AfricanRepublicTunisiaMoroccoUgandaSwazilandLesothoMalawiBurundiRwandaTGBeninGHIvory CoastLiberiaSierra LeoneCape VerdeGuineaBurkina F.GambiaSao Tomé & PrincipeZimbabweCongoEquatorial GuineaDjiboutiSenegalGuinea BissauAndorraJordanGazaLBILAMAzerbaijanGeorgiaKyrgyzstanTajikistanKWQatarBahrainUAEYemenSYIraqIranOmanSaudi ArabiaAfghanistanPakistanIndiaChinaKazakhstanTurkmenistanUzbekistanMyanmarThailandCambodiaNepalBhutanVietnamSri LankaLaosBangladeshPapua New GuineaBruneiPhilippinesTaiwanMalaysiaIndonesiaJapanMongoliaSouth KoreaNorth KoreaAustraliaTimor-lesteNew ZealandUKMaltaKosovoFijiMauritiusComorosSeychellesMaldivesAceh ProvinceSouthSumatraPalembangSingaporePalauSolomonIslandsVanuatuTongaCook IslandsSamoaTuvalu NauruKiribatiXXXXXThe data represented in these maps are based on State-Sponsored Homophobia: a World Survey of Sexual Orientation Laws: Criminalisation, Protection and Recognition, an ILGA report by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos. The report and these maps are available in the six official UN languages: English, Chinese, Arabic, French, Russian and Spanish on ILGA.org. This edition of the world map (May 2017) was coordinated by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos (ILGA), and designed by Eduardo Enoki (eduardo.enoki@gmail.com).RECOGNITION47 StatesA small number of States provide for marriage and partnership concurrentlyCRIMINALISATION72 STATESILGA, THE INTERNATIONAL LESBIAN, GAY, BISEXUAL, TRANS AND INTERSEX ASSOCIATIONSEXUAL ORIENTATION LAWS IN THE WORLD - OVERVIEWMAY 2017I L G A . O R GPROTECTION85 StatesMany States run concurrent protectionsReligious-based laws alongside the civil code: 19 StatesDEATHimplemented in 8 States (or parts of)not implemented in 5 StatesConstitution 9 StatesEmployment 72 StatesVarious 63 StatesHate crime 43 StatesIncitement to hate 39 StatesBan on 'conversion therapy' 3 states14 Y - life (prison)Marriage 22 StatesUp to 14 YPartnership 28 States'Promotion' lawsNo penalising lawJoint adoption 26 States2nd parent adoption 27 StatesXSeparate detailed maps for these three categories are produced alongside this Overview map.In green, yellow and orange countries, same-sex sexual acts were decriminalised or never penalised: 123 States3 States57 States14 StatesDie aktuelle Situation zur Rechts- und Adoptionlage der LGBT*-Community wird jährlich von der ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) in einer Karte dargestellt. Weitere Informationen auf www.ilga-europe.org.42 States and 13 entitiesEurope16 States Europe18 StatesRussiaFinlandATItalyCroatiaSpainSwedenNorwayFrancePortugalHURomaniaBulgariaTurkeyDenmarkPolandGermanyBelarusUkraineCZSlovakiaGreeceCyprusNLBEIrelandRSALMDLithuaniaLatviaEstoniaLULIBASloveniaCHMKGreenlandIcelandUSACanadaMexicoThe BahamasCubaPanamaEl SalvadorGuatemalaBelizeHondurasNicaraguaCosta RicaJamaicaHaitiDom. Rep.Virgin IslandsPuerto RicoAGDMKNVCGDLCBBTTArgentinaBoliviaColombiaVenezuelaPeruBrazilGFGuyanaSurinameChileEcuadorParaguayUruguayKenyaEthiopiaEritreaSudanSouthSudanEgyptNigerMauritaniaMaliNigeriaSomaliaNamibiaLibyaChadCameroonSouth AfricaTanzaniaD.R.CongoAngolaAlgeriaMadagascarMozambiqueBotswanaZambiaGabonCentral AfricanRepublicTunisiaMoroccoUgandaSwazilandLesothoMalawiBurundiRwandaTGBeninGHIvory CoastLiberiaSierra LeoneCape VerdeGuineaBurkina F.GambiaSao Tomé & PrincipeZimbabweCongoEquatorial GuineaDjiboutiSenegalGuinea BissauAndorraJordanGazaLBILAMAzerbaijanGeorgiaKyrgyzstanTajikistanKWQatarBahrainUAEYemenSYIraqIranOmanSaudi ArabiaAfghanistanPakistanIndiaChinaKazakhstanTurkmenistanUzbekistanMyanmarThailandCambodiaNepalBhutanVietnamSri LankaLaosBangladeshPapua New GuineaBruneiPhilippinesTaiwanMalaysiaIndonesiaJapanMongoliaSouth KoreaNorth KoreaAustraliaTimor-lesteNew ZealandUKMaltaKosovoFijiMauritiusComorosSeychellesMaldivesAceh ProvinceSouthSumatraPalembangSingaporePalauSolomonIslandsVanuatuTongaCook IslandsSamoaTuvalu NauruKiribatiXXXXXThe data represented in these maps are based on State-Sponsored Homophobia: a World Survey of Sexual Orientation Laws: Criminalisation, Protection and Recognition, an ILGA report by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos. The report and these maps are available in the six official UN languages: English, Chinese, Arabic, French, Russian and Spanish on ILGA.org. This edition of the world map (May 2017) was coordinated by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos (ILGA), and designed by Eduardo Enoki (eduardo.enoki@gmail.com).RECOGNITION47 StatesA small number of States provide for marriage and partnership concurrentlyCRIMINALISATION72 STATESILGA, THE INTERNATIONAL LESBIAN, GAY, BISEXUAL, TRANS AND INTERSEX ASSOCIATIONSEXUAL ORIENTATION LAWS IN THE WORLD - OVERVIEWMAY 2017I L G A . O R GPROTECTION85 StatesMany States run concurrent protectionsReligious-based laws alongside the civil code: 19 StatesDEATHimplemented in 8 States (or parts of)not implemented in 5 StatesConstitution 9 StatesEmployment 72 StatesVarious 63 StatesHate crime 43 StatesIncitement to hate 39 StatesBan on 'conversion therapy' 3 states14 Y - life (prison)Marriage 22 StatesUp to 14 YPartnership 28 States'Promotion' lawsNo penalising lawJoint adoption 26 States2nd parent adoption 27 StatesXSeparate detailed maps for these three categories are produced alongside this Overview map.In green, yellow and orange countries, same-sex sexual acts were decriminalised or never penalised: 123 States3 States57 States14 States

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7CR U I S E R SEPT EMBER 2017A N Z EI G EDie beiden erinnern sich noch gut an die Besuche vom Jugendamt, als ihre Toch-ter im Rahmen des Adoptionsverfahrens ein Jahr lang begleitet wurde. «Am Anfang habe ich noch Kuchen gebacken», lacht Tatjana, «ich dachte, wir machen es hier irgendwie nett.» Die Frau vom Jugendamt habe dann auch sehr schnell gesehen, dass bei ihnen alles in Ordnung ist. «Sie ist ganz andere Zustände gewohnt in den Haus-halten, die sie betreut. Bei uns war das für sie dann das Kaeestündchen zwischen-durch.» (Lacht.)Die Gesellschaft muss sich wandelnWenn es um das vermeintliche Kindswohl geht, sieht sich eben jeder eingeladen, mit-zudiskutieren, denn schliesslich war jeder einmal Kind und weiss es deshalb besser. Gutgemeinte Ratschläge von älteren Damen an der Tramstation, dass man seinem Baby doch bitte auch im Hochsommer lieber Socken anziehen solle, sind allen Eltern vertraut – bei gleichgeschlechtlichen Paaren hört das Einmischen dann leider erst auf, wenn die Grenzen zur Intimsphäre schon eine Weile im Rückspiegel verschwunden sind. Das dickere Fell brauchen nicht nur die Eltern, sondern vor allem auch die Kinder. Bis eine Gesellschaft sich wandelt, braucht es Zeit. Wichtig ist, dass man sich als Eltern der Verantwortung den Kindern gegenüber bewusst ist und ihnen durch positives Vorleben beibringt, mit merkwür-digen Fragen umzugehen. «Ich fühle mich schon in einer Verantwortung, die Fragen zu beantworten, um die Ängste und Schub-laden des Gegenübers abzubauen,» meint Livia und Tatjana ergänzt: «Wenn jemand ehrliches Interesse zeigt, sage ich immer: Ja, klar kannst du nachfragen. Es liegt ja an uns wie detailliert wir ausholen und da haben wir zum Schutz unserer Kinder klare Gren-zen. Nichtsdestotrotz braucht es diese Art von Aufklärungsarbeit einfach noch.» An der Beantwortung dieser Fragen kann eben nicht nur ein einzelnes Kind, sondern die ganze Gesellschaft wachsen. Das Interview mit Tatjana und Livia gibt es auf Seite 28. THEMAQUEER UND FAMILIE42 States and 13 entitiesEurope16 States Europe18 StatesRussiaFinlandATItalyCroatiaSpainSwedenNorwayFrancePortugalHURomaniaBulgariaTurkeyDenmarkPolandGermanyBelarusUkraineCZSlovakiaGreeceCyprusNLBEIrelandRSALMDLithuaniaLatviaEstoniaLULIBASloveniaCHMKGreenlandIcelandUSACanadaMexicoThe BahamasCubaPanamaEl SalvadorGuatemalaBelizeHondurasNicaraguaCosta RicaJamaicaHaitiDom. Rep.Virgin IslandsPuerto RicoAGDMKNVCGDLCBBTTArgentinaBoliviaColombiaVenezuelaPeruBrazilGFGuyanaSurinameChileEcuadorParaguayUruguayKenyaEthiopiaEritreaSudanSouthSudanEgyptNigerMauritaniaMaliNigeriaSomaliaNamibiaLibyaChadCameroonSouth AfricaTanzaniaD.R.CongoAngolaAlgeriaMadagascarMozambiqueBotswanaZambiaGabonCentral AfricanRepublicTunisiaMoroccoUgandaSwazilandLesothoMalawiBurundiRwandaTGBeninGHIvory CoastLiberiaSierra LeoneCape VerdeGuineaBurkina F.GambiaSao Tomé & PrincipeZimbabweCongoEquatorial GuineaDjiboutiSenegalGuinea BissauAndorraJordanGazaLBILAMAzerbaijanGeorgiaKyrgyzstanTajikistanKWQatarBahrainUAEYemenSYIraqIranOmanSaudi ArabiaAfghanistanPakistanIndiaChinaKazakhstanTurkmenistanUzbekistanMyanmarThailandCambodiaNepalBhutanVietnamSri LankaLaosBangladeshPapua New GuineaBruneiPhilippinesTaiwanMalaysiaIndonesiaJapanMongoliaSouth KoreaNorth KoreaAustraliaTimor-lesteNew ZealandUKMaltaKosovoFijiMauritiusComorosSeychellesMaldivesAceh ProvinceSouthSumatraPalembangSingaporePalauSolomonIslandsVanuatuTongaCook IslandsSamoaTuvalu NauruKiribatiXXXXXThe data represented in these maps are based on State-Sponsored Homophobia: a World Survey of Sexual Orientation Laws: Criminalisation, Protection and Recognition, an ILGA report by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos. The report and these maps are available in the six official UN languages: English, Chinese, Arabic, French, Russian and Spanish on ILGA.org. This edition of the world map (May 2017) was coordinated by Aengus Carroll and Lucas Ramón Mendos (ILGA), and designed by Eduardo Enoki (eduardo.enoki@gmail.com).RECOGNITION47 StatesA small number of States provide for marriage and partnership concurrentlyCRIMINALISATION72 STATESILGA, THE INTERNATIONAL LESBIAN, GAY, BISEXUAL, TRANS AND INTERSEX ASSOCIATIONSEXUAL ORIENTATION LAWS IN THE WORLD - OVERVIEWMAY 2017I L G A . O R GPROTECTION85 StatesMany States run concurrent protectionsReligious-based laws alongside the civil code: 19 StatesDEATHimplemented in 8 States (or parts of)not implemented in 5 StatesConstitution 9 StatesEmployment 72 StatesVarious 63 StatesHate crime 43 StatesIncitement to hate 39 StatesBan on 'conversion therapy' 3 states14 Y - life (prison)Marriage 22 StatesUp to 14 YPartnership 28 States'Promotion' lawsNo penalising lawJoint adoption 26 States2nd parent adoption 27 StatesXSeparate detailed maps for these three categories are produced alongside this Overview map.In green, yellow and orange countries, same-sex sexual acts were decriminalised or never penalised: 123 States3 States57 States14 States5 C R U I S E R S o m m E R 2 017sliPPerySubjeCtSVoN MARTIN MüHLHEIMC oming-out-Filme gibt es mittlerweile viele, und entsprechend unterschied-lich kommen sie daher: leichtfüssig- komisch wie der britische Klassiker Beautiful ing (1996), eher nachdenklich wie das brasilianische Kleinod Seashore (2015), bisweilen auch zutiefst tragisch – so im israelischen Drama Du sollst nicht lieben (2009), das in der ultraorthodoxen Gemein-de in Jerusalem spielt.Angesichts solcher Unterschiede er-staunt es umso mehr, mit welcher Regel- mässigkeit uns Coming-out-Filme Jungs oder Männer zeigen, die – alleine, zu zweit oder in Gruppen – schwimmen gehen. Nun könnte man das natürlich als Zufall oder Neben-sächlichkeit abtun. Bei genauerem Nachden-ken zeigt sich allerdings, dass sich gleich mehrere Gründe für diese erstaunliche Häu-gkeit nden lassen.Nackte Haut ohne allzu viel SexEine erste, nur scheinbar oberächliche Er-klärung ist, dass (halb)entblösste Körper sich nicht bloss auf der Leinwand, sondern auch auf Filmpostern und DVD-Covern äus- serst gut machen. Schwimmszenen bieten ein perfektes Alibi für das Zeigen von nack-ter Haut: Sex sells, wie es so schön heisst.Warum «Alibi»? Weil man – gerade bei Filmen mit jungen Protagonisten – aufpas-sen muss: «Sex sells» mag zwar zutreen, aber allzu explizite Sexszenen können schnell mal zu hohen Altersfreigaben füh-ren. Dies wiederum möchten Filmemacher in der Regel vermeiden: Filme, die erst ab 18 freigegeben sind, lassen sich nämlich weni-ger einfach vermarkten. Auf Amazon.de zum Beispiel werden Filme mit Altersfreiga-be 18 nur an nachweislich volljährige Perso-nen verkau – und gerade für Coming- out-Filme, die sich auch an ein junges Publi-kum richten, ist dies sicher kein wünschens-werter Eekt.Schwimmszenen bieten hier eine per-fekte Kompromisslösung: Man kann nackte Haut lmisch ansprechend inszenieren, da-bei aber allzu heisse Techtelmechtel tugend-ha vermeiden (beispielsweise, indem der Wasserspiegel immer über der Gürtellinie bleibt, wie im niederländischen Film Jon-gens, 2014). Um das Rezept knapp zusam-menzufassen: Man nehme eine grosszügige Portion feuchter Erotik, eine vorsichtige Pri-se Sex – und um Himmels Willen kein Körn-chen Porno. Eingetaucht ins TrieblebenMan täte den lesBischwulen Filmemache-rInnen aber unrecht, wenn man ihre erzäh-lerischen Entscheidungen allein auf nan-zielles Kalkül reduzieren wollte. Es gibt nämlich auch ästhetisch-symbolische Grün-de, die Schwimmszenen für das Genre inter-essant machen. Da wäre zunächst die Funktion des Wassers als Symbol für das Unbewusste. Dieses Unbewusste, so weiss man spätestens seit Sigmund Freud, hat viel mit der Triebna-tur des Menschen zu tun – und so erstaunt es nicht, dass Hauptguren auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität sozusagen symbo-lisch in die Tiefen des Unbewussten eintau-chen müssen, um ihr gleichgeschlechtliches Begehren zu entdecken. Figuren in der SchwebeDarüber hinaus hat die Filmwissenschale-rin Franziska Heller in ihrem Buch über die Filmästhetik des Fluiden (2010) gezeigt, dass schwimmende Figuren immer wieder als «schwebende Körper» inszeniert werden: o in Zeitlupe und seltsam herausgelöst aus dem sonst zielstrebig voranschreitenden Erzählprozess. Dieser Schwebezustand wie-derum ist eine wunderbare visuelle Meta-pher für die Phase kurz vor dem Coming-out: Man ist nicht mehr der oder die Alte, aber auch noch nicht ganz in der neuen Identität angekommen. Ein Film macht das Schweben sogar explizit zum ema: In Kinder Gottes aus dem Jahr 2010 zeigt Romeo dem neuro-tisch-verklemmten Johnny, wie befreiend das «Floating» im Meer sein kann.Neben der Inszenierung von Schwebe-zuständen und dem Wasser als Symbol für das Unbewusste ist drittens das Motiv von ➔ Filme, die ersT ab 18 FreiGeGeben sind, lassen sicH nämlicH WeniGer einFacH VermarKTen.ANZEIGE«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach.rz_TP_Leonhards_Apotheke_210x93.3_Cruiser_4c_280317.indd 1 28.03.2017 10:07:37DAS DICKERE FELL BRAUCHEN NICHT NUR DIE ELTERN, SONDERN VOR ALLEM AUCH DIE KINDER.Die Gesellschaft ist noch nicht überall bereit für neue Familienmodelle.

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8CR U I S E R SEPT EMBER 2017REPORTAGEMARY’S OLD TIMERS BARDie Mary’s Old Timers Bar war das älteste Männer lokal von Zürich. Die Besitzerin war Mary Lang, die Bar existierte ab 1935. Jetzt wurde erstmals die Geschichte dieser Bar aufgearbeitet.MARY’S OLD TIMERS BAR – DIE AUFARBEITUNG EINER SPANNENDEN GESCHICHTEVON H AY M O E M P LMary’s Old Timers Bar: Diese kleine, gemütliche Bar an der Augustiner-gasse 14 in der Altstadt von Zürich gilt bzw. galt als die erste schwule Bar der Schweiz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wur-de sie international bekannt und blieb es bis zu ihrer Schliessung im Jahr 1975. Ihre lang-jährige Wirtin, Mary Lang, verstarb 1977 mit 94 Jahren. Das Schwulenarchiv Schweiz schreibt: «Mary führte ein klar geregeltes Regime. Nicht jeden liess sie ein. Man muss-te klingeln und ging die Türe auf, richteten sich alle Blicke auf den Neuling. Ohne Begleitung durch einen der Stammgäste war der erste Zutritt fast unmöglich.» Der ehemalige Journalist Stephan Jarray ist in einem Aufsatz nun intensiv der Geschichte der Bar auf den Grund gegangen. Sein Bei-trag ist eben im Invertito, einer wissen-schaftlichen Zeitschrift für Homosexuali-tät, erschienen. Stephan, warum und wie bist du auf das Mary Lang und die Männerbar gekommen?Es war eine Auftragsarbeit. Ende 2014 fragte mich das Schwulenarchiv an, ob ich den Nachlass von Mary Lang ordnen und einen Artikel darüber schreiben wolle. Der Nach-lass umfasst über 1000 Items. Die Arbeiten sind seit einem Jahr abgeschlossen, nun er-scheint der Artikel «Vom Speakeasy zur schwulen Herrenbar – Geschichten und Le-gendenbildung um die Mary’s Old Timers Bar in Zürich (1935–1975) und ihre Besitzerin Mary Lang (1884–1977)» im INVERTIER 18, einer Zeitschrift von schwulen Historikern.Bar an der Augustinergasse 14 in Zürich. Die Aufnahme stammt wahrscheinlich aus den späten 1950er-Jahren.Fotos: Privatarchiv, Schwulenarchiv Schweiz. Fotografen unbekannt.«NICHT JEDEN LIESS SIE EIN. MAN MUSSTE KLINGELN UND GING DIE TÜRE AUF, RICHTETEN SICH ALLE BLICKE AUF DEN NEULING.»

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9A N Z EI G EREPORTAGEMARY’S OLD TIMERS BARDu schreibst, der Besitz von Mary wurde von der Familie unter Verschluss gehalten. Weshalb?Wie es halt so geht: Da stirbt ein Mensch mit einer ganz speziellen Geschichte, die Ver-wandtschaft schämt sich womöglich und hat keine Ahnung, was sie mit den übrig Mary in ihrer Bar. Als Frau musste sie ein strenges Regiment führen.Fotos: Privatarchiv, Schwulenarchiv Schweiz. Fotografen unbekannt.Mary Lang: Zeitlebens eine Dame. gebliebenen Dokumenten anfangen soll. Im Fall von Mary Lang verteilte ihre Familie die Belege ihres Lebens auf verschiedene Mitglieder. Und so gingen die Kisten verlo-ren. Bis wieder jemand starb, dessen Nach-kommen erneut damit konfrontiert wur-den. 2013 hat so der Grossnee von Mary Lang all die Kostbarkeiten entdeckt. Damit kann endlich – über 30 Jahre nach dem Tod von Mary Lang – ihr Leben und Wirken re-konstruiert werden.Hast oder hattest du irgendeinen persön-lichen Bezug zu Mary Lang?Nein, ich war noch zu jung, um das Innen-leben der Bar zu entdecken. Aber ich wuss-te schon als Jugendlicher, dass es eine ganz spezielle Bar war – man sprach hinter vor-gehaltener Hand, dass darin nur «Schwule» verkehren würden. Allerdings ist sie mir durch die intensive Analyse ihres Nachlas-ses und durch Zeitzeugen-Interviews sehr viel näher gekommen. So nahe, dass ich im Moment an einer Biograe mit dem Arbeitstitel «Ich bin ein durchgehendes Fräulein» über sie arbeite. Das Buch soll im Verlag CoLibri erscheinen, wir suchen noch Sponsoren. ➔

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10CR U I S E R SEPT EMBER 2017REPORTAGEMARY’S OLD TIMERS BAR STEPHAN JARAY Jg. 1948, 1968-1977 Universität Zürich: Soziologie (Studium und Forschung), Klinische Psychologie, Wirtschaftsgeschichte; 1978-2007 SRF (Schweizer Radio und Fernsehen): Jour nalist, Redaktor, Produzent; seit 2007 selbständig. Der ausführliche Aufsatz über Mary Lang erscheint im kommenden Invertito, dem Jahr-buch für die Geschichte der Homosexualitäten (Männerschwarm Verlag).Die Bar wurde vor allem von amerikanischen Soldaten besucht. In deinem Aufsatz gehst du von 40 GIs pro Tag aus, welche die Herren-bar besucht haben sollen. Wie stellst du den Bezug zur Homosexualität her? Angaben über schwule Besucher existieren ja keine.Nun, während des Zweiten Weltkriegs wur-den 16 Millionen US-amerikanische Zivi-listen (GI = Gouvernment Issues = Miliz-soldaten) eingezogen. Darunter waren natürlich auch viele schwule Männer, Schätzungen zufolge waren es zwischen 650 000 und 1,6 Millionen. Zu Ende des Krieges schenkte die US-Armee ihren GIs eine Woche Ferien in der Schweiz. Inner-halb von zwei Jahren kamen zwischen 300 000 und 500 000 Soldaten. Dass im Durchschnitt 40 GIs pro Tag die Bar besuchten, geht aus den Gästebü-chern hervor – Mary Lang führte akribisch Buch über ihre Besucher. Wieviele davon schwul waren, kann natürlich nicht mehr festgestellt werden. Aber wir können mit Fug und Recht davon auszugehen, dass es ein nicht unerheblicher Teil war, der in der Folge auch die lokalen Schwulen anzog, die auf Uniformen standen.Im Rahmen der Aufarbeitung des Nachlasses hast du ja nicht nur die Dokumente ausgewer -tet, sondern indirekt auch ein gesellschaft-liches Bild zwischen 1940 bis 1970 dargestellt. Welche Dekade war deiner Meinung nach für Homosexuelle in Zürich am einfachsten?Das ist eine schwierige Antwort, denn un sere Erinnerung reicht normalerweise höchstens zurück bis zum Beginn der gay libera tion. Und das war nach 1969 (Stone-wall-Aufstand in der Christopher Street am 28. Juni 1969).Die Schweiz war 1942 zu einer Art Insel für Homosexuelle geworden, weil ab diesem Jahr Homosexualität zwischen er-wachsenen Männern nicht mehr als straf-bar galt, während in den Ländern rundher-um die Gesetze noch extrem blieben, über viele Jahre hinaus. In England zum Beispiel blieben homosexuelle Akte bis 1967 straf-bar, auch in den eigenen vier Wänden.Aber es wäre falsch, daraus zu schlies-sen, dass die Schweiz wirklich eine liberale Insel, ein safe haven, war – nach wie vor führten die meisten ein Doppelleben, nur schon aus beruichen und familiären Gründen. So passte wohl ein diskreter Ort wie Mary›s Old Timers Bar gut in dieses Doppelleben.Im Mary’s Old Timers Bar gab es für die Herren strikte Benimmregeln. Was galt es besonders zu beachten, wie hatte man sich zu verhalten?Es ng an bei der Kleidung: Ohne Krawatte und Anzug kam keiner hinein. Zudem gab es ein Götti-System: Ein Erstbesuch der Bar war nur möglich, wenn jemand dabei war, der Mary Lang schon bekannt war.Die Anmache selber beschrieb ein Zeitzeuge so: «Das Flirten ging etwa um halb zwölf so richtig los. Du konntest ja nicht laut sprechen. Aber du hattest alle im Auge und konntest so mit jedem irten.» Die eigentliche Kontaktaufnahme fand dann aber ausserhalb der Bar statt.1974 wurde Mary 90 Jahre alt, sie galt als älteste Barmaid der Schweiz. Du sprichst von einem «traurigen Ende» der Bar. Warum?Unterdessen gab es andere Schwulen-Bars in Zürich. Und die waren mehr mit der Zeit gegangen, insbesondere nach der «gay libe-ration». Die Zeit der Mary›s Old Timers Bar war vorbei, es brauchte keinen Hafen mehr für all jene, die ein Doppelleben führen woll-ten oder mussten. Zudem war Mary physisch nicht mehr in der Lage, den Laden alleine zu führen. Und zu guter Letzt machte sich ihre Familie stark, ihr allfällig angesammeltes Vermögen selber zu brauchen. So wurde sie zuerst in eine Alterswohnung gesteckt, dann in eine Pension in der Innerschweiz, wo sie – möglicherweise verwirrt, vermutlich sogar entmündigt – am 17. Juli 1977 verstarb.Was war denn Mary Lang deiner Meinung nach nun für eine Person?Wie muss eine Frau beschaen sein, um sich erfolgreich in der Männerwelt durch-zusetzen? Diese Frage stellt sich ja heute auch noch, aber damals, vor über hundert Jahren, war es wohl fast unmöglich, ohne eine gewisse Härte beruich erfolgreich zu sein. Sie galt als liebenswürdig, aber un-nahbar. Und es scheint, als habe sie sich nur beruich verwirklicht. Einen kleinen Ein-blick in ihr privates Leben geben Liebes-briefe von zwei Verehrern. Aber diese datie-ren alle von 1900 bis 1914 – es sind fast 200. Dass sie diese Liebesbeweise lebensläng-lich aufbewahrt hat, spricht wohl Bände. Darum mein Biograe-Titel «Ich bin ein durchgehendes Fräulein». «DASS IM DURCHSCHNITT 40 GIS PRO TAG DIE BAR BESUCHTEN, GEHT AUS DEN GÄSTEBÜCHERN HERVOR – MARY LANG FÜHRTE AKRIBISCH BUCH ÜBER IHRE BESUCHER.»«EIN ERSTBESUCH DER BAR WAR NUR MÖGLICH, WENN JEMAND DABEI WAR, DER MARY LANG SCHON BEKANNT WAR.»Eines der letzten Bilder von Mary Lang. Sie wurde kurz vor ihrem Tod sogar entmündigt.

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11CR U I S E R SEPT EMBER 2017INTERVIEWRICHARD GEREVON M O E L M A P H YRichard Gere begrüsst mit einem brei-ten Grinsen, funkelnden Augen und einem ausgelassenen «Hallo!». Der 67-jährige Filmstar ist noch immer von einer unverwechselbaren Aura umgeben. In seinem schwarzen Anzug und dem vio-letten Hemd mit oenem Kragen sieht Gere sehr elegant aus und erweckt den Eindruck eines Mannes, der mit sich selbst absolut im Reinen ist. Ganz so aalglatt ist der Mann dann im Cruiser-Interview aber doch nicht. In der Interviewrunde, in welcher der Schauspieler seinen aktuellen Film «e Dinner» promoten sollte, beginnt er dann auch gleich mit dem aktuellen Lieblingsthe-ma aller Journalisten:«Trump stammt aus einer Reality-TV-Show und an ihm ist nichts echt. Von vorn-herein nutzte (Trump) unsere Ängste aus. Und Angst lässt uns schreckliche Dinge tun», sagte Gere. «Das Schrecklichste, das Trump getan hat, war, zwei Wörter mitein-ander gleichzusetzen – Flüchtling und Ter-rorist. Das ist traurig, denn ein «Flüchtling» war zuvor jemand, für den wir Mitleid emp-fanden, um den wir uns kümmerten, dem wir helfen und Zuucht gewähren wollten. Nun haben wir Angst und genau das ist (sein) grösstes Vergehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle Menschen sind, die gemeinsam auf diesem Planeten Erde leben, füreinander da sein und einander lieben sollten.»Interessanterweise spielt Gere im Film «e Dinner», der auf dem Bestseller des niederländischen Autors Herman Koch be-ruht, die Figur Stan, ein New Yorker Kon-gressmitglied, das Gouverneur werden will. Seine skrupellosen politischen Ins-tinkte stehen im krassen Kontrast zu seiner tiefgründigen Liebe und Sympathie für seinen zutiefst gestörten und neurotischen Bruder Paul (Steve Coogan). Cruiser: Richard, Ihr Charakter im Film «The Dinner» ist nicht der, der er zu sein scheint, wenn man bedenkt, dass der aalglatte Politi-ker tatsächlich über sehr viel Menschlichkeit verfügt...Gere: Das ist eine der interessanten Wen-dungen im Film. Sie denken erst, dass mein Charakter das Klischee des gewieften Poli-tikers erfüllt, wenn jedoch die Fassade bröckelt, dann stellen Sie fest, dass er überhaupt nicht diese Art von Mensch ist. Er versucht, seinem Bruder und der Situa-tion, mit der sich alle konfrontiert sehen, sehr viel Verständnis und Leidenschaft entgegenzubringen. ➔Richard Gere ist derzeit auf Promotour für seinen neuen Film «The Dinner». Cruiser nutzte die Gelegen-heit für eine nette Plauderei mit dem Superstar.«AN TRUMP IST NICHTS ECHT. ER STAMMT AUS EINER REALITY-TV-SHOW.»

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12CR U I S E R SEPT EMBER 2017INTERVIEWRICHARD GEREÜber die Jahre habe ich gelernt, meine Wut und Frustration zu kontrollieren und in der Lage zu sein, meine Freude sehr viel leichter und oener mit anderen zu teilen. Ich frage mich stets, wie ich auf die Menschen um mich herum positiv wirken kann – ebenso wie auf die Menschen, die ich tree, wo im-mer ich gerade bin. Richard Gere und Rebecca Hal im neuen Film «The Dinner».Was fasziniert Sie persönlich am Film «The Dinner»? Ich habe die Arbeit mit Oren Moverman schon in unserem letzten Film («Time Out of Mind») sehr genossen und ich fand, dass dies eine sehr interessante und faszinieren-de Art von Drama war, die man nicht oft zu sehen bekommt. Der Film ndet auf ver-schiedenen Ebenen seinen Nachhall. Einer -seits ist es ein Familiendrama, das sich um den Konikt zweier Brüder dreht (gespielt von Gere und Coogan), und als Spitze des Eisbergs müssen sie eine Situation lösen, bei der es um etwas Schreckliches geht, das ihre Kinder getan haben.Sie tendieren dazu, bei Independent-Filmen mitzuwirken – wie bei «The Dinner» und den meisten Ihrer jüngeren Projekte der letzten zehn Jahre. Wie kam es dazu?Ich nde, dass die besten Filme von unab-hängigen Produzenten und Regisseuren ge-macht werden, die mit kleineren Budgets arbeiten. Wenn mir ein grossartiges Pro-jekt begegnet, das von einem der grossen Hollywood-Studios realisiert wird, dann wäre ich dabei, aber die Branche hat sich verändert. Die Filme, die ich in den 70ern und 80ern gedreht habe, wurden von grossen Studios produziert. Solche Geschichten werden nun als Low-Budget-Filme umge-setzt und Sie müssen die Distributoren förmlich anbetteln, sie zu zeigen.Ich erinnere mich noch daran, was mir der Chef eines Hollywood-Studios vor eini-gen Jahren gesagt hat, als ich versucht habe, einen kleinen Film zu realisieren, der mit geringem Budget gedreht werden sollte und bei dem die nanziellen Erwartungen und das Risiko sehr gering auselen. Er sagte mir: «Wir sind keine Branche für kleine Umsätze.» Für mich ist es also jetzt wichtig, gute Geschichten zu erzählen. Und das tun zu können, macht mich glücklich.Wann haben Sie sich erstmals für Filme inte-ressiert und angestrebt, das Schauspielern zum Beruf zu machen?Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen und hatte niemals die Möglichkeit, viele Filme zu sehen. Erst im College begann ich, europäische und asiatische Filme für mich zu entdecken, was mir eine komplett neue Welt erönet hat. Es war eine ganz andere Form von Ästhetik – verglichen mit den standardmässigen Hollywood-Filmen, die ich zuvor gesehen habe. Und so begann ich, über das Schauspielern nachzudenken und ein Teil dieser Welt zu werden.In der Vergangenheit sagten Sie einmal, dass Sie Schwierigkeiten damit hatten, mit Ihrem frühen Erfolg und der Aufmerksamkeit, die der Hollywood-Ruhm mit sich brachte, zurechtzu-kommen. Wie würden Sie diese Zeit mit Ihrer heutigen Sicht auf die Dinge vergleichen? Richard Gere war schon in jungen Jahren in Holly-wood gefragt. Heute sagt er, er sei mit dem frühen Ruhm kaum zurechtgekommen.

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13CR U I S E R SEPT EMBER 2017A N Z EI G EINTERVIEWRICHARD GEREIch kann auch jede Art von Erfolg und mein Leben sehr viel mehr, leichter und mit Freuden schätzen als zu einem früheren Zeitpunkt in meiner Karriere, als mir alles noch so schwierig erschien.Als Teenager stachen Sie bei der Gymnastik, also im Turnunterricht, und Musik hervor. Hatten Sie schon immer eine artistische Begabung?Als Kind war ich immer ein Träumer und habe sehr viel Zeit alleine verbracht, anstatt sie mit Freunden zu verbringen. Ich denke, dass meine Eltern, die sehr fürsorglich wa-ren, sich oft gesorgt und über mich gewun-dert haben. «Was stimmt denn mit diesem Kind nicht?» Irgendwann als Teenager zog ich mich sehr stark zurück und wurde sehr introver-tiert. Ich hörte auf, glücklich zu sein und das hat wirklich Spuren bei mir hinterlassen. Daher konnte ich die Zeit, in der ich jung war und viele grosse Filme drehte, nicht ge-niessen – ebenso wenig den Erfolg, der mit den Filmen einherging. Erst als ich mit dem Studium des Buddhismus begann, war ich in der Lage, mit all den Ängsten und Sorgen umzugehen, die mich blockiert haben.War die Entdeckung des Buddhismus ein Wendepunkt in Ihrem Leben?In meinem Leben passierten mir viele aus-sergewöhnliche Dinge, aber nichts hatte denselben Einuss auf mich wie der Bud - d hi s mus, der mich gelehrt hat, zu verste-hen, zu teilen und mich mir selbst zu ver-pichten. Angesichts aller Unruhen, die wir heute erleben, müssen wir unsere Energie dafür aufwenden, Dinge zu verändern.Was hat der Buddhismus Ihnen gegeben?Eines der grössten Dinge, das ich lernen musste, war Geduld. Viele Jahre lang war «The Dinner» ist ein US-amerikanischer Spiel-film von Oren Moverman. Der kammerspielartige Thriller basiert auf dem Roman «Angerichtet» von Herman Koch und schildert den drama-tischen Verlauf eines Abendessens von zwei Elternpaaren (dargestellt von Steve Coogan, Laura Linney, Richard Gere und Rebecca Hall), die versuchen, ein durch ihre Kinder begange-nes Verbrechen zu vertuschen. Der Film wurde am 10. Februar 2017 im Wettbewerb der 67. In-ternationalen Filmfestspiele Berlin uraufgeführt.ich sehr, sehr ungeduldig und das führte zu sehr grosser Frustration. Wenn Sie Geduld lernen, dann wird es viel einfacher, mit Situa - tionen positiv umzugehen. m SAUNAFRIDAY & SATURDAYWENEVERCLOSEBEFORE4NEU:JEDEN FREITAG U ND SA M S TA GNACHTSAUNAFINNISCHE SAUNABIO-SAUNA VIDEO-DAMPFBADWHIRLPOOLREGENBADSCHAUMBAD RELAXBEREICHDARK & PLAYROOMVIDEOKABINENBAR & SNACKSRAUCHERLOUNGELESERAUMGRATIS WIFIUNSERE NEUENÖFFNUNGSZEITENAB 29. SEPTEMBER: SO – DO 13 – 23.3O UHRFR & SA13 – MIND. O4 UHRMann-O-Mann SaunaSt. Jakob Strasse 91CH-9000 St. Gallen+41 71 244 54 64info@mann-o-mann.chwww.mann-o-mann.chM-O-M_Ins_Cruiser_September.indd 1 06.08.17 22:19

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14CR U I S E R SEPT EMBER 2017KULTURNATIONAL & INTERNATIONALKULTURLESUNG: ÉDOUARD LOUIS – MIT SEINEM NEUEN BUCH «IM HERZEN DER GEWALT»THE WOUND (LES INITIÉS)Mit 22 Jahren landete Édouard Louis einen in-ternationalen Bestseller. «Das Ende von Eddy» hiess der autobiographische Roman des schwu-len Intellektuellen, der den Underdogs in der Gesellschaft endlich Gehör verschate. Zahl-reiche Interviews und Auftritte auch zu politi-schen emen waren die Folge, der Zweitling wurde gespannt erwartet. (Wer sein erstes Buch Eastern Cape, Südafrika. In einer abgele-genen Bergregion unterziehen sich junge Männer einem archaischen Beschneidungs- und Mannbarkeitsritual. Der Lagerist Xolani aus Johannesburg wird dem rebellischen Kwanda dabei als Mentor zur Seite gestellt. Als Kwanda entdeckt, dass Xolani ein Ver-hältnis zum verheirateten Vitcha pegt, droht deren geheime Liaison aufzuiegen. Hin- und hergerissen zwischen der Sehn-sucht, endlich er selbst sein zu können, und der Furcht, seine Liebe durch ein Outing endgültig zu verlieren, gerät Xolani in einen immer auswegloseren Konikt.John Trengove, Regisseur des Filmes zum Film: «‹e Wound› ist entstanden, weil ich Interesse hatte, mich mit den Stereo-typen auseinanderzusetzen, die im Kino allzu oft mit schwarzer Männlichkeit ver-bunden werden, sei es in Afrika oder an-derswo. Für mich als Weissen war es nicht noch nicht gelesen hat: Wir haben in dieser Aus-gabe eine ausführliche Rezension auf Seite 20.)«Im Herzen der Gewalt» nun verarbei-tet exakt das, was der Titel besagt: Fremden-feindlichkeit, Homophobie und andere Klüfte zwischen den Menschen in der fran-zösischen und europäischen Gesellschaft. Eine einzige Nacht im Leben des Protago-nisten zeigt die ganze Tragödie unserer Zeit auf. Zum Glück ist Schweigen für ihn keine Lösung. Das Aufbegehren geht weiter.Lesung und Gespräch. Deutsche Lesung: Stefan KollmussDonnerstag 21. September 2017 um 20.00 UhrKaufleuten, Pelikanplatz, 8001 Zürichselbstverständlich, das Leben ausgegrenz-ter schwarzer Männer zu schildern und eine mir fremde Welt in Szene zu setzen. Es war sogar äusserst heikel. Es war mir wichtig, dass sich diese Problematik in der Ge-schichte selbst widerspiegelt. Deshalb habe ich die Figur von Kwanda entwickelt, dem diese traditionelle Welt fremd ist und dessen Ansichten über Menschenrechte und indi-viduelle Freiheit den meinen ähneln.»In irrenden, intensiven Bildern er-zählt «e Wound» von Homophobie und Männlichkeitswahn in einer zwischen Tra-dition und Moderne gespaltenen Gesell-schaft, entführt uns in eine Welt von faszi-nierender Fremdheit und berührt durch seine intime Schilderung einer tragischen Liebesbeziehung.Der Film läuft ab sofort in den Kinos in der Deutschschweiz

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15CR U I S E R SEPT EMBER 2017• Wir realisieren ein Wohn-, Betreuungs- und Pfl egeangebot in der Stadt Zürich und gewinnen dafür Talente.• Wir sensibilisieren für das Thema Altern in der queeren Community.• Wir vermitteln positive Altersbilder.Werde jetzt Mitglied! queerAltern.chVortragAls LGBTI-Menschfürs Alter vorsorgen31.10.17 | 19.00Dr. iur. Jürg Koller Volkshaus ZH | Zimmer 20Anmeldung anevents@queeraltern.chWohngemeinschaft und Pflege im Alter für unsere CommunityFolge uns: Verein queer Altern Inserat-Sponsor: Spectren AG/AlmacasaqA_Inserat_CRUISER_183x132_Satzspiegel_170815.indd 1 15/08/17 14:14KULTURNATIONAL & INTERNATIONALDAVID BOWIE. THE MAN WHO FELL TO EARTHNicolas Roegs «e Man Who Fell to Earth» von 1976 wurde ursprünglich als «be-wusstseinserweiterndes Erlebnis» ange-kündigt und verschlug der Kinowelt dann tatsächlich die Sprache. Diese Tour de Force der Science-Fiction als Kunstform bescherte dem Publikum nicht nur hypno-tische Bilder und explizite Kritik an der modernen Konsumgesellschaft, sondern auch Glam-Rock-Legende David Bowie, der in der Rolle des paranoiden Ausser - ir dischen namens Newton seine Ziggy- Stardust-Persona weiter ausbaute.Der Film nach Walter Tevis’ gleich-namigem Science-Fiction-Roman von 1963 schildert die Erlebnisse des Ausserirdischen Newton, der auf der Erde nach Wasser für seinen Heimatplaneten sucht, dank seiner überragenden Intelligenz und seines fort-schrittlichen technologischen Wissens einen Industriekonzern aufbaut und mit der jungen Mary-Lou seine Sexualität entdeckt, aber letztlich am gefühlskalten Egoismus und der Oberächlichkeit der Menschen zerbricht. Roeg entlockt seinen Darstellern absolute Bestleistungen – nicht nur Bowie in all seiner ausserirdischen Entrücktheit, sondern auch den Co-Stars Candy Clark, Rip Torn und Buck Henry.Zur Feier des 40. Jahrestags dieses Kultlms präsentiert «David Bowie. e Man Who Fell to Earth» eine Fülle von Standbildern und Aufnahmen des Film-fotografen David James von den Dreh-arbeiten, darunter zahlreiche Fotos von Bowie in schauspielerischer Bestform. Ein neuer einleitender Essay setzt sich mit den Dreharbeiten des Films und mit seiner Be deutung für das Sci-Genre auseinan-der – unter Einbeziehung eines Exklusiv-interviews mit David James, der Einblicke aus erster Hand in die Entstehung dieses Meisterwerks beisteuert.David Bowie. The Man Who Fell to Earth (Englisch). Gebundene Ausgabe von Paul Duncan (Hg.). 480 Seiten. ISBN: 978-3836562416 ca. CHF 14.90.A N Z EI G E

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16CR U I S E R SEPT EMBER 2017THEMALGBT*-FLÜCHTLINGESie werden offenbar verfolgt, egal, wohin sie gehen. Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, weil sie schwul oder lesbisch sind. An der Pride 2017 wollte man auf die Flüchtlingsproblematik aufmerksam machen, diese ging aber im lauten Getöse der Festivitäten beinahe etwas unter.RAINBOW REFUGEES GEWALT & DISKRIMINIERUNG IM ASYL

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17CR U I S E R SEPT EMBER 2017A N Z EI G ETHEMALGBT*-FLÜCHTLINGEVON Y VONNE BEC KIn über 75 Ländern steht Homosexualität unter Strafe. Der Iran, der Jemen, Saudi-Arabien, Somalia und der Sudan sehen die Todesstrafe vor, in anderen Ländern wie Uganda, Bangladesch, Pakistan und Malay-sia droht eine lebenslange Haft. Homopho-bie gehört in vielen Ländern zum Alltag. Sehr häug fehlt es zudem an Strafverfol-gung und Rechtsschutz für Opfer von homophob geprägten Gewaltübergrien. Häug werden Strafverfahren eingestellt, Polizeirapporte verweigert und mutmass-liche Täter einfach wieder freigelassen. Immer mehr Homosexuelle und Transse-xuelle iehen vor Diskriminierung und Ge-walt aus ihrer Heimat. Doch angekommen in Europa werden sie nicht selten in den Flüchtlingsunterkünften weiter terrorisiert.Das Anrecht auf AsylArtikel 3 Absatz 1 des Asylgesetztes besagt: «Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zu-letzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer be-stimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauung ernsthaften Nach-teilen ausgesetzt sind oder begründet Furcht haben, solchen Nachteilen aus gesetzt zu werden.» Als ernsthafte Nach -teile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnah-men, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Die im ersten Absatz ent-haltenen Verfolgungsmotive orien tieren sich an der Genfer Flüchtlingskonvention. Danach sind die Rasse, Religion, Nationali-tät und die Zugehörigkeit zu einer bestimm-ten sozialen Gruppe die interna tional aner-kannten Verfolgungsmotive. Weder die ge-schlechterspezische Verfolgung noch die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orien-tierung oder der geschlechtlichen Identität als Verfolgungsmotiv wird erwähnt. Da das Asylgesetz und die Genfer Flüchtlings-konvention kein spezisches Verfolgungs-motiv vorsieht, werden Lesben, Schwule, Bisexuelle, Intersexuelle und Trans sexuelle einer «bestimmten sozialen Gruppe» zuge-ordnet. Wenn jemand wegen der Zugehörig-keit zur sozialen Gruppe der LGBTI verfolgt wird und wenn es für diese Person keine Möglichkeit gibt, in einem andern Teil ihres Landes Zuucht zu nden, wird sie als Flüchtling anerkannt und erhält Asyl, sofern keine Gründe dagegen sprechen.Ein Leben in ständiger AngstAsylsuchende verlassen ihre Heimat, ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Freunde oder ➔ IN DEN ASYLZENTREN LEBEN SIE OFT INMITTEN VON MENSCHEN, FÜR DIE HOMOPHOBIE VÖLLIG NORMAL IST.CHECKPOINT IM GESPRÄCH!DONNERSTAG7. September 2017 – 19 UhrSEXUELL ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN – WO LAUERN DIE GEFAHREN?Betroffene und Experten zeigen auf, wo die Risiken bei sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) liegen und welche Schutzstrategien es gibt. Bringt eure Fragen zu HIV, Syphilis, Chlamydien, Tripper und Hepatitis (Big 5) mit und bringt sie in die Diskussion ein – wir freuen uns auf Euch!Anschliessend sind alle herzlich zu einem Apéro eingeladen.Programm:18.30 Uhr Türöffnung19.00 Uhr Podiums- und Publikumsdiskussion20.15 Apéro«Checkpoint im Gespräch» findet im Kulturhaus Helferei, in der Kirchgasse 13, 8001 Zürich statt. Keine Anmeldung erforderlich – Weitere Informationen: mycheckpoint.ch/de/zh/checkpoint-im-gesprächSAFETHEDATEEntwurf1_CHECK_Inserat_210x140mm.indd 1 04.08.17 16:34

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18CR U I S E R SEPT EMBER 2017auch Partner, ihre Familie, ihre Arbeit in der Honung auf eine bessere Zukunft. Was sie jedoch zuerst erfahren ist Einsamkeit, Unsicherheit, Zweifel und Hilosigkeit. Gerade für homosexuelle Flüchtlinge und asylsuchende Trans-Menschen sind die Zu-stände häug noch schlimmer, denn ihre Diskriminierung hört in der Schweiz nicht auf. In den Asylzentren leben sie oft inmit-ten von Menschen, für die Homophobie völlig normal ist. In manchen Sprachen gibt es nicht einmal einen sprachlichen Begri für gleichgeschlechtlich liebende Menschen oder es gibt nur Wörter mit beleidigender, despektierlicher Bedeutung. So hat die ara-bische Umgangssprache kein positiv be-setztes Wort für «Homosexuelle». Hier wer-den Schwule meist nicht mal in der eigenen Familie akzeptiert. Sie sind eine Schande. Manche Eltern zwingen ihre Kinder, zu Ärz-ten zu gehen, die sie heilen sollen. Denn in vielen Ländern gilt Homosexualität immer noch als Krankheit. In Europa kann sich kaum jemand vorstellen, was es heisst, sei-ne geschlechtliche Identität verstecken zu müssen, sich nie outen zu dürfen und seiner sexuellen Orientierung nur im Verborgenen nachgehen zu können und noch dazu mit der ständigen Angst leben zu müssen, entdeckt zu werden. Doch genau das haben die meisten homosexuellen Flüchtlinge ihr Leben lang erfahren. Homophobie in AsylunterkünftenDerzeit kommen die meisten Menschen, die in der Schweiz Asyl suchen, aus Eritrea, Syrien und Guinea. In allen drei Ländern ist Homosexualität illegal, gesellschaftlich ta-buisiert und wird mit Gefängnis bestraft. Aber auch hier in der Schweiz gehören sie nirgendwo so richtig dazu. Asylsuchende leben am Rande der Gesellschaft und gera-de LGBT-Asylsuchende scheuen den Kon-takt zu ihren eigenen Landsleuten in der Schweiz aus Angst von ihnen weiterhin dis-kriminiert zu werden. Besonders schlimm ist es in den Flüchtlingsheimen, wo unter-schiedlichste Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht werden. Homosexuel-le, die in der Schweiz Asyl suchen, leben zu-sammen mit teils homophoben Männern. Die Gefahr von Übergrien, Diskriminie-rung, Mobbing und körperlicher Gewalt gegenüber LGBT-Flüchtlingen ist gross. Die Toleranz gegenüber Homosexualität ist bei vielen Flüchtlingen sehr gering und oft werden religiöse oder moralische Hal-tungen im Exil sogar noch stärker emp-funden und gelebt als in den Heimat-ländern. Homophobie im Flüchtlingsheim ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Frauen und Männer wegen ihrer Sexualität von anderen Flüchtlingen diskriminiert. Genaue Zahlen darüber gibt es jedoch nicht, denn viele Betroene schweigen aus Scham und Angst. Ein kleiner Lichtblick: In Deutschland wurden inzwischen für homosexuelle und transsexuelle Flüchtlinge, die in ihrer Un-terkunft akut bedroht sind, eigene Unter-künfte eingerichtet. In den neuen Unter-künften blühen die Bewohner regelrecht auf. Zum ersten Mal erleben sie, wie es sich anfühlt, beschützt und nicht diskriminiert zu werden. Zum ersten Mal in ihrem Leben dürfen sie sein, was sie sind, ohne dafür verspottet, geschlagen oder gar getötet zu werden. Bleibt zu hoen, dass diese Unter-künfte auch in der Schweiz Ableger nden. Angst vor dem OutingBei homosexuellen Flüchtlingen sind Angst und vor allem Scham viel präsenter als bei anderen Flüchtlingen. Dadurch treten sie in Anhörungen häug recht zögerlich auf und verstricken sich in Widersprüche. Vielfach assoziieren die meisten von ihnen schlim-me Erfahrungen mit Beamten und Polizis-ten. Es wird häug vergessen, dass es unter den Asylanten sehr viele Opfer von physi-scher, psychischer und sexueller Gewalt gibt. Viele gewalttätige Übergrie gingen vom eigenen Umfeld oder sogar der eigenen Familie aus, manche von staatlichen Orga-nen. Folter, Haft und Stigmatisierung ste-hen in vielen Ländern der Erde für «An-dersliebende» auf der Tagesordnung. Ihre Angst gegenüber Beamten ist also nicht un-begründet. Hinzu kommt ein Misstrauen gegenüber den Dolmetschern, die oft aus ihrem eigenen Kulturkreis stammen. Die Angst ist gross, dass durch die Dolmetscher in der Landesgemeinschaft bekannt werden könnte, dass die asylsuchende Person ho-mosexuell ist. Tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass Dolmetscher abwertende Bemerkungen gegenüber LGBT-Asylsu-chenden machen und sie sogar beleidigen. Daher denken sich viele Flüchtlinge andere Fluchtgründe aus, denn ein Outing kommt für sie aus Angst nicht in Frage. Wie kann man auch von einem schwulen oder lesbi-schen Geüchteten verlangen, mit einem wildfremden Menschen oen über Sexuali-tät, Liebe und Sehnsüchte zu sprechen? Et-was, das die meisten von ihnen ihr Leben lang angstvoll vor den anderen verstecken mussten. Fazit: Bessere Schulung und Aufklärung der ent-scheidenden Beamten und Dolmetscher, die bei den Anhörungen oft eine Schlüssel-rolle einnehmen, sind dringend notwendig. Bisher ist nicht auszuschliessen, dass «Ent-scheider» mit dem Fluchtgrund Homosexu-alität häug nichts anzufangen wissen, die psychische Fragilität der Asylsuchenden komplett falsch einschätzen, indiskrete Fragen (wie nach Sexualpraktiken) stellen oder beim Antrag durch Unwissenheit ne-gativ entscheiden. ZUM ERSTEN MAL IN IHREM LEBEN DÜRFEN SIE SEIN, WAS SIE SIND, OHNE DAFÜR VER-SPOTTET, GESCHLAGEN ODER GAR GETÖTET ZU WERDEN.OFT WERDEN RELIGIÖSE ODER MORALISCHE HALTUNGEN IM EXIL SOGAR NOCH STÄRKER EMPFUNDEN UND GELEBT ALS IN DEN HEIMATLÄNDERN.ASYLSUCHENDE LEBEN AM RANDE DER GESELLSCHAFT UND GERADE LGBT-ASYLSUCHENDE SCHEUEN DEN KONTAKT ZU IHREN EIGENEN LANDSLEUTEN IN DER SCHWEIZ AUS ANGST VON IHNEN WEITERHIN DISKRI-MINIERT ZU WERDEN.Flüchtlinge haben viel gesehen – LGBT*-Flüchtlinge müssen zudem noch ihre sexuelle Ausrichtung angstvoll verstecken.THEMALGBT*-FLÜCHTLINGE

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19CR U I S E R SEPT EMBER 2017KOLUMNEMICHI RÜEGGSOMEWHERE THE RAINBOW’S OVERMichi Rüegg versucht anhand eines bekennend rassistischen Hundes die Unveränderbarkeit der Rainbow-Flag zu begründen.VON M I C H I R Ü E GGMeine beste Freundin lebte eine Wei-le am Roten Meer in Ägypten. Dort lief ihr ein Hund zu. Er war noch relativ jung, als er beschloss, fortan der Hund meiner besten Freundin zu sein. Zu Beginn ignorierte sie das Tier, das ihr auf Schritt und Tritt folgte. Nach einer Weile gab sie ihren Widerstand auf, seither lebt der Hund an ihrer Seite. Ägypter sind in der Regel nicht sonderlich nett zu Hunden. Das muss auch dieses Exemplar als Welpe er lebt haben, jedenfalls kann er Ägypter nicht ausstehen. Europäer hingegen mag er grundsätzlich. Dabei verabscheut der Hund nicht nur Ägypter, sein Hass dehnt sich auf alle Ara-ber aus. Wobei er auch koptische Christen anknurrt, seine Intoleranz beschränkt sich nicht auf den Islam. Nachdem meine beste Freundin ihren wiederum besten (vierbei-nigen) Freund in die Schweiz importiert hatte, lebten die beiden eine Weile ausser-halb von Zürich. Als während des Arabi-schen Frühlings in den Nachrichten am TV ein Mann Arabisch sprach, bellte der Hund den Fernseher an. Manchmal nahm sie das Tier mit zur Arbeit. Als Frau und Hund eines Abends durchs Enge-Quartier spazierten, begegne-ten sie einer jüdisch-orthodoxen Familie. Der Hund beschloss spontan, die Juden lauthals anzubellen. Die Familie rannte pa-nisch davon. Die Szene war meiner besten Freundin zu Recht etwas peinlich, konnte man sie doch für eine Nazi-Braut halten, die ihrem Schäfer-Mischling (mit viel Fantasie liess sich darin etwas Derartiges erkennen) gewaltsamen Antisemitismus antrainiert hatte. Vermutlich erkannte der Hund die gemeinsamen Wurzeln der arabischen und der hebräischen Sprache. Oder aber er mochte Bärte nicht. Glücklicherweise zogen beste Freundin und Hund nach Mexiko, bevor hierzulande die Hipster aus allen Löchern krochen. Der Hund wäre dieser Tage in Zürich sehr mit Bellen beschäftigt. Schnappi, so heisst der Hund, ist be-kennender Rassist. In seiner Kindheit taten ihm Araber ein Leid an, also reagiert er ne-gativ auf Araber. Das ist kein besonders re-ektiertes Verhalten, passt aber zu seinem auch sonst nicht sonderlich leistungsstar-ken Hundehirn. Von Menschen erwarten wir zu Recht, dass sie zu etwas mehr Abs-traktion fähig sind. Das klappt leider nicht immer, wie man weiss. Immer wieder wer-den etwa dunkelhäutige Menschen diskri-miniert. Aus diesem Grund soll nun die Re-genbogenagge um zwei Farben ergänzt werden – Braun und um Schwarz. Wobei sich noch immer die Geister an der Frage scheiden, ob Schwarz tatsächlich eine Far-be ist. Schwarz und Braun stehen oen-WESHALB ASIATINNEN UND ASIATEN NICHT AUCH IRGEND-WIE MIT EINEM BLASSEN GELB VERTRETEN SIND, ERSCHLOSS SICH MIR BIS DATO NICHT.sichtlich für Menschen schwarzer und brauner Hautfarbe. Also so genannte «Afri-can Americans» und Latinos. Weshalb Asia-tinnen und Asiaten nicht auch irgendwie mit einem blassen Gelb vertreten sind, er-schloss sich mir bis dato nicht.Die Übung ist ein Tabubruch. Die Rainbow-Flagge subsummiert alle sexuel-len Minderheiten. Und Dunkelhäutigkeit ist meines Erachtens noch keine Sexualität, auch wenn so mancher weltoene Zürcher seine pene trante Fixierung auf schwarze Schwänze als sexuelle Prägung sieht. Manchmal erscheint am Himmel ein Regen bogen. Ein schönes Naturschauspiel. Re genbogen wären irgendwie weniger schön, wenn sie am Himmel plötzlich auch in den Nuancen Schwarz und Braun erschie-nen. Das passt irgendwie nicht zum Him-mel. Auch wenn schwarz schimmerndes Licht vermutlich hammermässig aussehen würde. Die strahlende Dunkelheit, quasi.Gibt es in der Szene Rassismus? Zwei-fellos. Wir sind Menschen, ausgestattet mit denselben Schwächen, die auch Schnappi, den Hund, plagen. Manche von uns dürften seinen IQ auch nur knapp erreichen. Ande-re sind wahnsinnig clever und trotzdem Arschlöcher. Die Regenbogenagge ver-sucht unserer Vielfalt gerecht zu werden. Ihre Farben stehen für das Leben (Rot), Hei-lung (Orange), das Sonnenlicht (Gelb), die Natur (Grün), Harmonie und Frieden (Blau) und Geist (Violett). Welche Symbolik könn-te man Schwarz und Braun andichten? Schwarz wie unsere Darkrooms. Und Braun wie... Nein, lassen wir das.

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20CR U I S E R SEPT EMBER 2017KULTURBUCHTIPPBuchtipp Édouard Louis: Das Ende von Eddy Preis CHF 14.90 ISBN (Taschenbuch) 9783596032433 Der Autor liest am 21.9. im Kaufleuten Zürich. Details in der «Kultur» auf Seite 14.Schwul sein in einem Dorf – das geht auch im Jahr 2017 nicht. Des Schriftstellers Alter Ego muss sich im furiosen Debutroman der kollektiven Abwehrreaktion der Dörfler stellen.DAS ENDE VON EDDY VON BIRGIT KAWOHLDem Autor Édouard Louis, geboren 1992 als Eddy Bellegueule in der nordfranzösischen Picardie, ist mit «Das Ende von Eddy» ein bemerkenswertes Debüt gelungen. Das Grundthema der Coming of Age-Geschichte «Wie wächst man als Kind und Jugend licher in einem Dorf in der französischen Provinz, das von Vorurteilen und Diskriminierung ge-prägt ist, auf?» ist eng verwoben mit der Co ming-out-Erzählung des Protagonisten. Louis schildert diese Gratwanderung be-wundernswert souverän in seinem Roman, der autobiograsche Züge trägt.«An meine Kindheit habe ich keine einzige glückliche Erinnerung.» Der Ro-man beginnt mit einem Paukenschlag, dem man sich kaum entziehen kann. Ein erster Satz, der den Leser sofort in seinen Bann zieht und in die Handlung hineinka-tapultiert. Man möchte den Ich-Erzähler, den Jugendlichen Eddy Bellegueule, ohne zu zögern trösten. Zugleich beginnt man, diese Aussage mit seinen eigenen Kind-heitserinnerungen abzugleichen und ist dann froh, wenn man diesen Satz so nicht unterschreiben würde.Eddy also ist eins von fünf Kindern eines Fabrikarbeiters und einer Altenpege-rin, die immer zu wenig zum Leben verdie-nen. So vernachlässigen sie nicht nur die Erziehung und das Wohl der Kinder, nach und nach gerät Eddys Vater auch immer mehr in einen Abwärtsstrudel. Die anstren-gende Arbeit lässt ihn erkranken, was dieser wiederum als Gelegenheit nutzt, sich ganz aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen und fortan nur noch zu saufen. Dies tut er am liebsten mit seinen Kumpeln, die dann in ihrer sonstigen Sprachlosigkeit Reden ge-gen die Afrikaner («alles Verbrecher») und an dere Randgruppen schwingen. Eddy selbst fällt schon früh auf und durch seine Attitüden, die man schnell als «schwul» be-zeichnet, aus dem Rahmen des dörichen Mitei nanders, das an enge Regeln gebunden ist: Frauen kümmern sich um den Haushalt, Männer haben das Sagen, bringen – im bes-ten Fall – das Geld nach Hause und dürfen sich ansonsten als wahre Machos alles leis-ten, es sind ja eben Männer. Wenn man sich in solch einer Umgebung als Junge dann nicht für Fussball und Raufen interessiert und Mädchen am liebsten hat, wenn man sie schminken darf, hat man es natürlich schwer. So kommt es zu Hänse leien und kör-perlichen Quälereien, denen der junge Eddy dadurch zu entgehen versucht, dass er sie zuerst verdrängt und sich dann dazu ent-schliesst, sein Leben zu ändern. Mit dem sich mantraartig eingeredeten Motto «Heute bin ich ein echter Kerl» denkt Eddy, sein Schwulsein besiegen zu können. Er schat sich dazu ein Mädchen an, mit dem er «geht», er lernt Namen von Fussballspielern auswendig, doch alles sinn los. Seine gröss-ten Glücksmomente hat er beim Nachspie-len von Hetero-Pornos mit drei Freunden und dem Tanzen in der Disco, wenn er sich unauällig an Fremden reiben kann. Damit wird ihm dann auch bald klar, dass er sein Anderssein nicht wegdenken kann, es wird immer zu ihm gehören.Daher gibt es für ihn nur eine Chance, dem dörichen Terror zu entiehen, er muss auf die weiterführende Schule gehen und damit von zu Hause ausziehen. Dass ihm das am Ende gelingt, lässt den Leser, der zwischenzeitlich sicherlich immer wie-der ob der Ignoranz und Brutalität mit der man mit dem Jungen umgeht, verzweifelt, MIT DEM SICH MANTRAARTIG EINGEREDETEN MOTTO «HEUTE BIN ICH EIN ECHTER KERL» DENKT EDDY, SEIN SCHWULSEIN BESIEGEN ZU KÖNNEN.beruhigt zurück. Man kann letztlich sogar die Honung haben, dass Eddy den Ein-gangssatz bezogen auf sein weiteres Leben anders formulieren würde. Dass er selbst der Sprachlosigkeit, die das nie geäusserte Manifest der Arbeiterklasse im Dorf dar-stellte, entkommen ist, sieht man an diesem Werk bestens.

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21CR U I S E R SEPT EMBER 2017KOLUMNEMIRKODAS BESTE POTENZMITTEL IST EIN RICHTIGER KATERVON M I R KOSummertime and living is easy. Keine Zeit für troubles. Umso mehr Bock auf Männer und alles, was damit so zu tun ist. So sehe ich das. Sich die Limmat runter-treiben lassen mit meinen Bro’s auf dem Auf-blas-Einhorn. Irgendwie alles geht. Aber ich habe mich auch es bitzli durchgearbeitet die-sen Sommer. Jetzt wo meine Kolumne ein Jahr alt ist, han i dänkt, ich check mol alles dure. Ich war an Prides. Ha welle wüsse, ob’s überall so schwierig tüend wie z Züri oder ob easy li-ving anderswo einfacher ist. Und es ist. De-nitiv, aber s Gäld verdiene tuen i doch lieber z Züri, dass das klar isch. Ja, shit, Body Sha-ming. Irgendwie interessiert’s mi nöd im Summer. Ja, mir gfallet die Hunks mit Fuess-ballerärsch i Badhose und au gäge duretrai-nierti Oberschenkel han i gar nüt. Alles dra, wo dra muess sie, und vo dem, wo mir gfallt, nöd zwenig. E chli Sonne und ein paar Drinks, dann kriege ich von denen dann auch, was ich will. Chasch glaube. Ja, aber eben, das mit dem Idealbild. Ist es schlimm, dass ich den Jungs hinterhersteige, wo gliichvil i guets Us-seh investiere wie ich und das au no mit Erfolg mached? Wie gseit, ich habe alles mal durch-gecheckt, was es denn so gibt im Homoland. Ich dachte, gut, die Bären gibt’s, mal schauen, wie’s in der Welt der behaarten Bierbäuche so zu- und hergeht. Ich bin ja nun kein Bär, nicht mal ein Jungbär, mängisch en Problembär, das scho, aber nöd vom usgseh her. Habe dann den Berliner CSD grad genutzt, um mal die Bärenclubs zu besuchen. Mal schauen, wie die bessere Welt aussieht, in der nicht nach den Idealmassen gesucht wird. Chasch vergässe. Ich geh rein und zack, hab ich die Typen hinter mir her. Nein, ich bin kein Bär, am Body han i grad en Treasure Trail vom Bauchnabel abe, nd ich auch hot, aber Mann, mehr Haar han i nöd, echt. Und Bierbauch, vergiss es, lean muscles, kei Fett, gar nüt. Wird also nichts mit dem alternativen Ideal bei den Bären. Villicht im Kochareal, aber da gibt’s dann umgekehrtes Body Shaming. Und ich lasse mich nicht gerne dumm anmachen, nur weil ich auch auf mein Aussehen achte, sorry, dumm bin i darum no lang nöd, au wenn das viele hoen. Ah nei, ich mein nöd, dass sie hof-fe, ich sigi dumm, will, ja ich weiss, dumm ckt gut. Nei, eifach weil sie’s gerechter fän-den, wenn schöne Menschen dumm wären. Sorry, chan ich nöd diene. Ich dänke gärn. De Teil mit em Ficke, das kann ich auch, ohne dumm zu sein. Uf Troubles han i kei luscht gha. Summertime and living is easy han i mir gseit und han de Flüger gnoh uf Kroatie. Cool, he. Eine andere Welt. In der Ferienwohnung mit meinen Bro’s. Einfach mal geniessen, ver-giss, was richtig und falsch und was in Züri alles diskutiert wird. Hier hänge ich einfach in der Sonne, esse mich gesund: Hlap, Jastog, Kamenice zum Abwinke, chan ich mir süsch ja nöd leiste. Wenn denn so eifach da bisch, denn passiert alles. S Läbe cha so eifach sii, ich säg dir, und dann ist’s nur noch toll. Villicht machen wir hier nicht die grosse Kunst, wo-bei... Ein paar Kunststücke waren schon da-bei, shit, was man alles tun kann, wenn man einfach das tut, wo mer grad luscht druf het. Kei Body Shaming, aber die Type sind ou alli saumässig sexy gsi, fuck. Im Gratisheftli woni auf dem Weg zur Arbeit i de S-Bahn Züri lese, stand, dass Alkohol Männer schwul macht, isch mir z Sinn cho. Ja, hani dänkt, Alk macht nöd schwul, he, Alkohol macht Männer geil und je mehr Alk, desto mehr wollen sie cken und dann kommt’s dann selbst dem straigh-testen Straight irgendwann nicht mehr drauf an, ob de Mensch am andern Ende der Bar ei-nen Bart hat oder nicht. Ja, und mal ehrlich, wenn d denn so volltankt bisch, isch es auch besser, einen Mann mit nach Hause zu neh-men. Weil dann läuft eh kaum mehr Blut zwi-schen die Beine. Aber villicht hoentlich bim andere Junge noch. Da besteht wenigstens die Honung, dass es so dann doch noch Spass auf der Matratze oder im Gang oder im Bad oder i de Chuchi git – oder wo denn d Hose grad sackt, villicht ja scho ufem Heiweg – de Spass isch denn grad nöd eso versatile, chli eisiitig halt. Aber wenn man so richtig breit war am Abend, ist man ebenso total geil mit Duurständer am Morgen drauf. Kenne mir alli. And then: Time for revenge. Öppe so isch Kroatie gsi. Easy living halt. IST ES SCHLIMM, DASS ICH DEN JUNGS HINTERHERSTEIGE, WO GLIICHVIL I GUETS USSEH INVESTIERE WIE ICH?ICH BIN JA NUN KEIN BÄR, NICHT MAL EIN JUNGBÄR, MÄNGISCH EN PROBLEMBÄR, DAS SCHO, ABER NÖD VOM USGSEH HER.FICKE, DAS KANN ICH AUCH, OHNE DUMM ZU SEIN.

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22CR U I S E R SEPT EMBER 2017SERIEWAS MACHT EIGENTLICH …In unserer losen Serie stellen wir Ikonen aus vergangenen Dekaden vor, berichten über gefallene Helden und hoffnungsvolle Skandalsternchen aus längst ver-gangenen (Gay-)Tagen. David Hasselhoff ist im Sommer 75 Jahre alt geworden, seine Baywatch-Babes haben die Gays nie wirklich interessiert, die männlichen Rettungsschwimmer aber schon...IKONEN VON DAMALSVON JOHANNES SCHMITT-TEGGEOb als Michael Knight im Auto K.I.T.T. oder als Rettungsschwimmer Mitch Buchannon: In den 80er- und 90er-Jahren war David Hasselho ein Weltstar. Inzwischen ist es um ihn ruhiger geworden. Im Rückblick würde der Schauspieler trotz-dem kein bisschen anders machen. Am 17. Juli feierte er seinen 65. Geburtstag, kom-mendes Jahr geht er auf grosse Tour in Euro-pa. Grund genug «e Ho» nach dem Stand der Dinge zu fragen. Cruiser: Man kennt Sie vor allem als Rettungs-schwimmer aus «Baywatch». Wie finden Sie den Film mit Dwayne Johnson und Zac Efron, der jetzt aus der einst so erfolgreichen TV-Serie geworden ist? Sie haben darin eine Gastrolle. Hasselho: Das «Baywatch», das wir ge-macht haben, war nicht das «Baywatch», das ich wollte. Als es mir angeboten, wurde mir klar, dass es ein Witz werden und sie sich darüber lustig machen würden. Aber Dwayne Johnson ist ein Freund von mir und ich kenne Zac Efron, der so ein netter Kerl ist. Deshalb habe ich mich entschieden mitzumachen. Ich wusste, wenn ich «Nein» sagen würde, wären alle damit überfordert.Hätten Sie gern eine grössere, ernsthaftere Rolle gehabt?In Hollywood machst du, was dir angeboten wird, und du versuchst, das Beste daraus zu machen.

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23CR U I S E R SEPT EMBER 2017SERIEWAS MACHT EIGENTLICH …A N Z EI G EWie war es, Pamela Anderson, die auch einen Cameo-Auftritt hat, nach all den Jahren in dem Zusammenhang wiederzusehen?Mein Leben dreht sich nicht um Pamela und das hat es auch nie. Ich habe nichts als An-erkennung für sie. Ich nde, sie ist eine un-glaublich nette, coole Person. Sie ist sehr witzig und sehr gut in dem, was sie macht. Hängen wir zusammen ab? Nein.Ihre andere sehr erfolgreiche Serie war «Knight Rider». Was können wir vom dazugehörigen Film erwarten, der 2018 erscheinen soll?Das weiss ich nicht. Harvey Weinstein (der Produzent, Anm. d. Red.) hat gesagt, ich soll mitspielen und es soll eine Komödie sein. Die Gespräche liefen nicht so positiv, wie ich sie gerne gehabt hätte.Und die neue Serie, die «Knight Rider» wie-derbeleben soll?Ich weiss nicht, aber ich hoe, dass es keine Parodie wird. Ich hoe, sie wird dem Origi-nal gerecht. Keiner, der die Serie gesehen hat, will, dass sich darüber lustig gemacht wird. Es war wie die Ritter der Tafelrunde. Er (Hauptgur Michael Knight) ist ein Ritter in strahlender Rüstung – nur, dass er schwarzes Leder trägt.Identifizieren sich die Menschen heute noch mit Ihnen?Ich denke immer, das wird verschwinden, aber dann gehe ich in einen Friseursalon und werde belagert. Alle Leute wollen Fotos mit mir machen. Woher kennt Justin Bieber mich? Es hat oensichtlich nichts mit «Knight Rider» zu tun, er ist 23 Jahre alt. Die Serie lief acht Jahre, bevor er geboren wur-de. Irgendwie ist mein Ruf bei diesen Kids immer noch halbwegs cool. Ich habe keine Ahnung, warum. ➔Seine Abstürze scheinen vergessen zu sein, David Hasselhoff hat sich einigermassen gut gehalten. Dennoch steckt seine Karriere in einer Sackgasse.«MEIN RUF IST IMMER NOCH HALBWEGS COOL»Tip Top D IE N S TAGS BI S S A MSTA G S A B 18 .3 0 UH R S E IL E R G R A B E N 1 3 8 0 0 1 Z Ü R IC H W W W .T I P -T OP- B AR.C H Celebration! 50 Years of PetraA P É R O A M D I E N S TA G , 5 . S E P T E M B E R 20 1 7 V O N 1 8 . 3 0 – 2 1 . 3 0tiptopbar_Cruiser_inserat_1September.indd 1 17.08.17 10:53

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24CR U I S E R SEPT EMBER 201713 C R U I S E R j U n I 2 017reporTagegAY n urSingANZEIGEName | VornameStrasse | Nr. Meine Abo-Bestellung Cruiser-Jahresabo für CHF 60.– Ausland-Abo für Euro 80.– Gönner-Jahresabo für CHF 250.–Einsenden anCruiserClausiusstrasse 42, 8006 Zürichwww.cruisermagazin.chE-MailGeburtsdatumPLZ | Ort | Land UnterschriftDAS GRÖSSTESCHWEIZERGAY-MAGAZINLASS IHN ZU DIR KOMMEN!10 Ausgaben für nur CHF 60.–UND ZWAR REGELMÄSSIG IN DEINEN BRIEFKASTEN.Du erhältst den Cruiser in neutralem Umschlag per Post direkt zu dir nach Hause. Einfach Coupon ausfüllen und einschicken oder online bestellen unter www.cruisermagazin.chVON TOBIAS URECH* (alle Name von der Cruiserredaktion geän-dert), der von Zeit zu Zeit Stricher aus Osteuro-pa zu sich einlädt, die er im Internet kennenge-lernt hat. Diese nutzen ihn dann aus, indem sie extra Geld verlangen, weil er HIV-positiv ist. «Ohne zusätzlich zu zahlen, würden die Stri-cher ihn niemals anfassen – auch weil sie nicht wissen, wie sich HIV überträgt. Rolf hat des-wegen auch massive Geldprobleme.» Es gebe halt viele Brandherde bei den Patienten und Patientinnen, sind sich die beiden einig. Das sei typisch für ihre Arbeit. «Trotzdem bin ich heute noch begeistert von meiner Arbeit. Sie bietet einen breiten Einblick in das Leben un-serer Patienten», betont Bucher.Hoi, du Zwätschge!»Bucher und Fauchs pegen sowohl schwule Patienten als auch heterosexuelle Patienten und Patientinnen. Es fragt sich, was nun das «Gay Nursing» von normaler Spitex-Pege unterscheidet. «Das ‹Gay Nursing› hat mit einer gewissen schwulen Kultur zu tun», er-klärt Fauchs. Als Beispiel erwähnt er den über achtzigjährigen Peter. Er liess sich zu-nächst von einer normalen Spitex-Pegerin pegen und fühlte sich unwohl. «Weil er sich verstecken musste.» So bemühte er sich, mit der Pflegerin über betont männliche emen – über Fussball und Ähnliches – zu reden. Nun, wo er Fauchs als Peger hat, kann Peter seine schwule Identität, die ihn durch das Leben begleitete, wieder zeigen. Zur Begrüssung steht er jeweils schon an der Tür und empfängt François mit einem neckischen «Hoi, du Zwätschge!». Sowieso seien sie mit allen schwulen Patienten gleich per Du. Es gibt so etwas wie eine automati-sche Verbundenheit.Ein anderer Patient habe einen Partner mit einem Latexfetisch. Da sei eine junge ➔ HIV im AlterDoch wie sieht es mit der Situation HIV- positiver Menschen aus? «Vor zehn Jahren betreuten wir einige sterbende Aids-Patienten. Die waren aber nicht alle schwul. Viele waren auch Drogenabhängige, die sich in diesem Kontext mit HIV angesteckt hatten.» Heute sehe es allerdings anders aus: «HIV-positive Menschen sterben nicht mehr oder nur noch ganz selten an Aids, weil die neuen Medikamente gut wirken und die Krankheit unter Kontrolle gehalten wird», erklärt Fauchs. Dafür kommen andere Herausforderungen auf die beiden zu. Ein unterschätztes Problem sei zum Beispiel der Alkoholkonsum, erzählen sie. Viele ältere Schwule hätten die meiste Zeit ihres Lebens rauchend in einer Szenebar verbracht. Dass das nicht spurlos an einem vorbeigeht, mer-ke man dann spätestens im Alter. Allerdings sei Altersalkoholismus ein Problem, das durchaus auch Heterosexuelle betree.«Manchmal werden die HIV-positiven Schwulen im Alter auch ausgenützt», sagt Fauchs. So erzählen sie vom Patienten Rolf «mancHmal Werden die HiV-posiTiVen scHWulen im alTer aucH ausgenüTzT.»A N Z EI G EWahrheit zu akzeptieren. Aber ich würde nichts ändern. Ich bin gesegnet. Ich will einfach noch 20 Jahre am Leben bleiben. ZUR PERSON Der in Baltimore (Maryland) geborene David Hasselhoff wurde mit den TV-Serien «Knight Rider» und «Baywatch» weltberühmt. Als Pop-sänger war er unter anderem mit den Titeln «Looking for Freedom», «Crazy for You» und «Everybody Sunshine» erfolgreich. An seinen Höhenflug und das Millionenpublikum der 80er- und 90er-Jahre konnte er trotz verschiedener Filmprojekte, Serien und Musikalben sowie als Schauspieler am Theater aber nicht mehr an-knüpfen. Er hat zwei Töchter und ist fünffach geschieden. Seit sechs Jahren ist er mit einer walisischen Verkäuferin liiert und inzwischen verlobt. (DPA)SERIEWAS MACHT EIGENTLICH …Wie erklären Sie sich Ihre Fanbasis in Europa, vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz?Damit, dass ich 1989 am Neujahrsabend in Deutschland vor einer Mil lion Menschen ge-sungen habe und der erste Amerikaner war, der dort seit 1945 gesungen hatte. Und weil mein Song «Looking for Freedom» das Wort Freiheit enthielt. Für die Menschen in Ost-deutschland und Ostberlin war das ein sehr wichtiges Wort, weil sie nicht frei waren.Hätten Sie im Rückblick in Ihrem Leben etwas anders gemacht?Wahrscheinlich nicht. Ich habe Herz, Hu-mor und Action in jedes Drehbuch gesteckt. Ich suche immer noch nach Freedom, ich suche immer noch nach gutem Entertain-ment. Ich hatte eine grossartige, beschei-dene, glückliche, erfolgreiche Karriere. Ich würde höchstens mehr darauf achten, die David Hasselhoff als Mitch Buchannon in der Serie «Baywatch», ca. 1990.

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25CR U I S E R SEPT EMBER 2017KULTURBUCHTIPPBuchtipp Krzysztof Charamsa: Der erste Stein. Als homosexueller Priester gegen die Heuchelei der katholischen Kirche Preis CHF 29.90 ISBN 9783570103272Schon als Junge entschloss sich Krzysztof Charamsa, Priester zu werden. Später entdeckte er, dass er schwul ist. Kann das gehen?HADERN MIT DER KIRCHE VON BIRGIT KAWOHLDas Buch ist schon äusserlich ein ra-niert gemachter Hingucker, bildet es doch den – zum Glück ziemlich gut-aussehenden – Charamsa auf dem Hinter-grund eines minimal geöneten Kragens einer Soutane ab. Krzysztof Charamsa also, 1972 in Polen geboren, lange Zeit im Dienste der Kirche stehend, veröentlicht hier seine Autobiograe, die zugleich eine Anklage-schrift gegen die katholische Kirche, ihr System und ihr Denken darstellt. Denn, und das macht das Buch auch inhaltlich zu einem Hingucker, Charamsa ist schwul, also um es nochmals ganz deutlich zu sa-gen: Er war ein Priester, der hiermit öent-lich kundtut, ein Mann zu sein, der mit Männern schläft. Dass das natürlich in der katholischen Kirche Wellen schlagen muss, ist klar. Wie sieht es aber bei Lesern aus, die nicht im System Kirche gefangen sind? Kann er mit seiner Schrift auch Laien oder gar Atheisten überzeugen?Wir lernen einen Mann kennen, der sich schon als kleiner Junge – nicht zu ver-gessen, er wurde im erzkonservativen und vom katholischen Glauben bestimmten Polen geboren – davon träumt, Priester zu werden und später alles daransetzt, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Hier-für nimmt er auch die kasernenartigen Un-terkünfte im Priesterseminar – Bettzeit für alle Männer ist um zehn Uhr – in Kauf und passt sich den zum Teil abstrusen Anforde-rungen an. Er durchläuft schliesslich die notwendigen Etappen des Aufstiegs und er-reicht sein Ziel, die Aufnahme in die Glau-benskongregation, dessen 2. Sekretär er im Jahr 2011 wird. Zu diesem Zeitpunkt ist ihm schon lange klar, dass er schwul ist. Dies ist besonders pikant, da die Glaubenskongre-gation, das Sant' Uzio, quasi der Geheim-dienst oder die Inquisitionsbehörde des Vatikans ist. Dort wird spioniert, geurteilt und gnadenlos verurteilt oder auch ge-schwiegen, wenn es zum Beispiel um Miss-brauchsfälle innerhalb der Kirche geht. Hier fragt sich der Leser dann schon, musste das sein? Verständlich ist sicherlich, dass ein im katholischen Glauben erzogener, polnischer Junge den Berufswunsch Pries-ter hegt. Verständlich ist auch noch, dass sich aus diesem Beruf eine Erklärung da -für ergibt, dass man als junger Pole nicht frühestmöglich den Bund der Heteroehe schliesst. Aber ist das noch verständlich für einen Mann, der immer wieder betont, dass Sexualität, egal welcher Art, positive Energie sei? Der die Forderung nach Akzeptanz der Andersartigkeit von Schwu-len und Lesben stellt?Hierfür muss man sicherlich noch-mals seine Herkunft berücksichtigen. So erklärt Charamsa, dass die Polen immer zu Duckmäusern gegenüber Staat und Kirche erzogen worden seien, bei denen der Glaube über allem stehe. Sich aus dieser Sozialisa-tion aus eigener Kraft zu befreien, ist sicher-lich nicht einfach. Daher ist es nachvoll-ziehbar, dass sich sein Befreiungskampf über Jahre erstreckte. Ob die Angst um die Sicherung seines Lebensunterhaltes als Grund für einen solch intelligenten Kopf genügen mag, ist hingegen anzuzweifeln, hätte er doch sicherlich auch an einer welt-lichen Universität Karriere machen können.Dabei die eigene Sexualität zu ver-schweigen und sie im Geheimen doch im-mer wieder auszuleben – Charamsa geht davon aus, dass 50 % aller katholischen Geistlichen schwul sind – ist eine Sache, sich aber bewusst gegen das Aufdecken eines Missbrauchs innerhalb der eigenen Familie zu stellen, weil man damit den eige-nen beruichen Aufstieg gefährdet, ist nicht akzeptabel. Nicht nur, aber auch deswegen wirken weite Teile dieses Textes wie eine einzige Rechtfertigung, um vielleicht schluss endlich doch noch ins Himmelreich zu gelangen. Das ist sicherlich der Punkt, an dem zumindest die Atheisten ihr Verständ-nis verlieren und das Ganze als ein letzt-endlich verlogenes Pamphlet empnden. Dass andererseits endlich einmal aus dem Inneren des Systems Kritik an der katho-lischen Kirche geübt wird, lässt die Ho-nung erwachsen, dass sich unter Papst Franziskus vielleicht auch hier in nächster Zeit einmal etwas bewegen wird.

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26CR U I S E R SEPT EMBER 2017NEWSNATIONAL & INTERNATIONALNEWSWHO: STAATEN WOLLEN HEPATITIS BIS 2030 BESEITIGENNEUE HIV-THERAPIE IN SICHT: MONATSSPRITZE STATT JEDEN TAG PILLENMehrere Staaten verfolgen nationale Strate-gien, Hepatitis bis 2030 zu beseitigen. Für den Kampf gegen die Krankheit müssten vor allem Behandlungskosten sinken und die Prävention verbessert werden, fordert die WHO. «Wir haben Grund zu Optimis-mus, angesichts einer Krankheit, die oft nicht erkannt wird und der oft nichts entge-gengesetzt wird», sagte der Direktor des glo-balen WHO-Hepatitis-Programms (GHP), Gottfried Hirnschall, unlängst an einer Me-dienkonferenz in Genf. Die Länder bemüh-Eine Monatsspritze kann das HI-Virus im Körper einer Studie zufolge ebenso gut kon-trollieren wie die bisher übliche tägliche Einnahme von Tabletten. Das hat ein inter-nationales Forscherteam an der «Sommer-HIV-Konferenz» in Paris berichtet.Sollten Zulassungsstudien die im Fachblatt «e Lancet» veröentlichten Er-gebnisse bestätigen, könnte erstmals eine Injektionstherapie gegen HIV auf den ten sich vermehrt, ihren Beitrag zu dem Ziel zu leisten, bis 2030 die Neuinfektionen im Vergleich zu 2016 um 90 Prozent zu senken und die Zahl der Todesfälle um zwei Drittel zu reduzieren. «Zahlreiche Länder haben es geschat, den Impfschutz gegen Hepati-tis B auszuweiten», so WHO-Generaldirek-tor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die Zahl der Neuinfektionen sei zurückgegan-gen. «Wir müssen diesen Fortschritt durch besseren Zugang zu Diagnostik und era-pie weiter vorantreiben.»Markt kommen, die nur alle vier Wochen nötig wäre. Unabhängige Experten spre-chen in einem «Lancet»-Kommentar von einem Meilenstein in der Geschichte der HIV-erapie.Bei der HIV-Behandlung nehmen Pati-enten derzeit täglich oral drei Wirkstoe ein, die die Viruslast im Blut unter die Nach-weisgrenze drücken können. Seit einigen Jahren gibt es Kombinationspräparate, so-Weiter haben 87 Prozent der unter-suchten Länder Ziele festgelegt, um Hepati-tis zu beseitigen, und mehr als 70 Prozent haben mit der Umsetzung nationaler Stra-tegien begonnen. Fast die Hälfte der Staa-ten will die Krankheit beseitigen, indem sie allen Betroenen Zugang zu einer Behand-lung ermöglicht.Das Problem sei, dass «bestenfalls nur jeder zehnte Betroene weiss, dass er oder sie mit Hepatitis inziert ist», sagte GHP-Direktor Hirnschall. Er bezeichnete diese Situation als «inakzeptabel» und rief die Staaten dazu auf, ihre Anstrengungen und ihr Engagement fortzusetzen. Insgesamt lit-ten 2015 325 Millionen Menschen an einer der beiden schwersten Formen von Hepati-tis, den Typen B und C. Fast 1,35 Millionen erlagen ihrer Erkrankung.Gegen Hepatitis C gibt es erst seit weni-ger als vier Jahren die ersten wirklich wirk-samen Medikamente, die das Virus inner-halb von drei Monaten eliminieren können. Aber nur sieben Prozent der Patienten ha-ben Zugang zu diesen Medikamenten und die Zahl der neuen Fälle steigt. Die Entwick-lung von Generika hat unlängst dazu bei-getragen, den Preis für die horrend teuren Medikamente zu senken. Dennoch bleiben sie in den Industriestaaten sehr kostspielig.Immerhin: Die WHO hat eines der Generika nun präqualiziert, bei dem die dreimonatige Behandlung nur rund 280 US-Dollar kostet. Die WHO fordert zudem, die Prävention bei Risikogruppen zu verbessern.dass Betroene nur noch eine Tablette pro Tag benötigen. Die nun getestete Injektions-therapie könnte die Behandlung weiter ver-einfachen: Patienten bräuchten – im Fall der Zulassung – nur noch alle vier Wochen eine Dosis, allerdings als intramuskuläre Injek-tion. In der Studie, die in den DACH-Län-dern vor allem die Sicherheit der erapie prüfte, nahmen rund 300 Teilnehmer zu-nächst 20 Wochen lang wie üblich drei Gemäss WHO weiss nur jeder zehnte Betroffene, dass er mit Hepatitis infiziert ist.

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27CR U I S E R SEPT EMBER 2017NEWSNATIONAL & INTERNATIONALA N Z EI G E29 ForscHunGHiv & Alter Body Esthetic Ästhetische Behandlungen in Zürich bodyestehtic.ch / 044 381 20 20 Alle Behandlungen unter ärztlicher Leitung Hyaluronsäure Filler z.B. Nasolabialfalte / Lippen je 400.- Penisverdickung 400.- Botulinumtoxin z.B. Stirn / Augen je 180.- Zornesfalte 200.- Kryo – Fett weg mit Kälte z.B. Bauch / Lenden je 199.- (inklusive Endermologie) Dauerhafte Haarentfernung SHR z.B. Achseln 69.- Rücken / Schulter 329.- ANZEIGESTERBEN WAR GESTERN: alTern miT HiVSchwelle bei 60 gesetzt, dann hätten wir viel weniger Patienten einschliessen können. Ein bedeutender Vorteil dieser Studie ist die grosse Zahl an Teilnehmern sowie deren Zu-sammensetzung, die repräsentativ ist für die HIV-positiven Personen in der Schweiz. Das wird sich in den Resultaten spiegeln.Liegen bereits Resultate vor?Nein. Die erste Testreihe wurde erst im Spätsommer 2016 bei allen Teilnehmern abgeschlossen.Wie geht eine solche Untersuchung vonstatten?Für alle Tests bei einem Studienteilnehmer benötigen wir einen ganzen Tag. Wir neh-men Blut- und Urinproben (nüchtern) ab, messen die Knochendichte, fahren eine ko-ronare Computertomograe und erfassen mittels neuropsychologischer Testung die geistige Fitness. Bei der Verlaufsuntersu-chung nach zwei Jahren führen wir zusätz-lich ein Interview zu den Ernährungsge-wohnheiten durch.Damit festgestellt werden, ob Menschen mit HIV schneller altern als die Allgemein- bevölkerung, muss mit einer negativen Kontrollgruppe verglichen werden … Für die Herzkranzgefässe-Untersuchung haben wir eine HIV-negative Kontroll- gruppe. In dieser erfassen wir zusätzliche Informationen wie Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Medika-menteneinnahme, körperliche Tätigkeit und weitere Informationen.Doch für die gesamte M+A-Studie haben wir keine HIV-negative Kontroll-gruppe. Das wäre logistisch und nanziell eine grosse Herausforderung. Zudem wäre es grundsätzlich schwierig, eine geeignete Vergleichsgruppe zu nden.Werden Sie die Frage, ob HIV das Altern beschleunigt, beantworten können?Ich hoffe es. Unsere Resultate werden ein wichtiger Mosaikstein sein zur umfassen-den Beantwortung dieser Frage. Helen Kovari ist Oberärztin mit erweiterter Verantwortung an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich. Als HIV-Spezialistin ist sie sowohl in der Betreuung von Patienten wie in der Forschung tätig. Im Rahmen der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie leitet sie zurzeit zwei Studien, die sich mit dem Alterungsprozess HIV- positiver Personen sowie dem Einfluss von HIV auf die Leber beschäftigen.* Das Interview ist in ausführlicher Form in den «Swiss Aids News» des Bundesamts für Gesundheit (BAG) nachzulesen.Wirkstoe als Tabletten ein, um die Virus-last im Körper zu senken. Danach führten knapp 60 Patienten diese Behandlung fort, während jeweils 115 Teilnehmer zwei Wirk-stoe im Abstand von vier und acht Wochen intramuskulär injiziert bekamen. Nach knapp zwei Jahren (96 Wochen) war die Viruskontrolle bei der Injektionsthe-rapie sogar etwas ausgeprägter als bei der konventionellen Tabletten-Einnahme. Bei rund 90 Prozent der Betroenen wurde das Virus dauerhaft unterdrückt – sowohl bei In-jektionen im Abstand von vier Wochen wie auch von acht Wochen. Häugste Nebenwir-kung waren Schmerzen an der Einstichstel-le, die im Mittel nach drei Tagen abklangen.Die Ergebnisse zeigten, «dass eine lang wirkende, injizierbare, antivirale e-rapie über einen langen Zeitraum sowohl hocheektiv sein als auch gut vertragen werden kann», so Joseph Eton von der University of North Carolina in Chapel Hill in einer «Lancet»-Mitteilung. Zulassungs-studien für die Injektionstherapie laufen bereits – allerdings nur für den Abstand von vier Wochen. Die achtwöchige Injektion hatte bei vier Teilnehmern nicht angeschla-gen. Eine seltenere Anwendung könnte dazu führen, dass Patienten sich zuverlässi-ger an erapien halten. Dies würde sowohl die Kontrolle des Aids-Erregers verbessern als auch die Entstehung von Resistenzen gegen Wirkstoe erschweren.«Diese Resultate verdienen grosse Aufmerksamkeit», schreiben Mark Boyd von der University of Adelaide und David Cooper von der University of New South Wales in Sydney in einem «Lancet»-Kom-mentar. «Eine antivirale Injektionstherapie ist umso attraktiver, je seltener sie injiziert werden muss.» Die Studie biete einen mar-kanten Meilenstein in der Entwicklung von HIV-erapien.Spritze statt Tabletten: Sollte die neue Darreichungsform zugelassen werden, würde die Zahl der HIV- Infektionen noch weiter und schneller zurückgehen.

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28CR U I S E R SEPT EMBER 2017INTERVIEWREGENBOGENFAMILIENREGENBOGENFAMILIEN UND POSTMODERNE ROLLENBILDERVON ANNE ANDRESENDie Skypeverbindung wirft ein pixeli-ges Livebild aus einem Wohnzim-mer in einer bayerischen Kleinstadt in mein Zürcher Büro. Zwischen Livia und Tatjana grinst fröhlich Jascha, sechs Mona-te, in die Kamera. Die Grosse, Mathia, ist schon 1 ½ und gerade in ihrer Spielgruppe. Bis sie heimkommt, haben wir Zeit, uns aus-zutauschen, danach ist bei Familie Schoeler wieder Action angesagt. Ihr seid zu dritt! Wie schön, euch zu sehen! Ich schaue nicht nach Berlin? Livia: (lacht) Wir passen sicher besser nach Berlin als nach Oberbayern. Aber ich habe eine Festanstellung in München bekom-men, und deshalb sind wir hierher gezogen.Wie würdet ihr beiden eure Familie beschreiben?Livia: Ich glaube, wir sind locker, lustig und entspannt.Tatjana: Genau. Heute Morgen war Mathia um 4.30 Uhr wach und wir haben Milchreis gekocht. Wir nehmen es, wie es kommt, und legen keine Termine auf den frühen Mor-gen. Wir starten erst, wenn jeder im Tag an-gekommen ist.Livia: Andere würden es vielleicht struktur-los nennen, wir nennen es gelassen (lacht).«ICH HABE MICH SCHON MAL ERTAPPT, DASS ICH MICH GEFRAGT HABE: KANN MAN JASCHA JETZT DRAUSSEN MIT DEM ROSA LAUFRAD HERUM-FAHREN LASSEN?»Livia mit Baby Jascha, im Kinderwagen Mathia, daneben Tatjana. Die Frage «Wer ist denn hier die Mutter?» bekommt die Regenbogenfamilie auf der Strasse öfter gestellt.

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29CR U I S E R SEPT EMBER 2017INTERVIEWREGENBOGENFAMILIENLivia: Wobei ich glaube, dass unsere Kinder dann schon anders aufwachsen, da wir sehr selbstverständlich damit sind. Wir machen kein ema aus Rollen, daraus, dass wir zwei Mütter sind, und wir ärgern uns auch nicht über Unverständnis.Das klingt ja zunächst sehr entspannt! Gab es Zeiten, in denen das anders war? Habt ihr euch je gefragt, ob es überhaupt möglich ist für euch, Kinder zu bekommen?Tatjana: Ich wusste schon immer, dass ich mit 27 Mama werden will und habe das Ver-trauen gehabt, dass es dann schon irgend-wie gehen wird.Livia: Bei mir war das anders. Ich habe mich schon gefragt: «Wie soll das gehen, wie ma-che ich das?»Tatjana: Wir haben dann eine Art Plan ge-macht, in dem wir alle Etappen festgehalten haben. Bis wann wir eine Methode nden, wann wir mögliche Spender treen und so weiter. Obwohl ich ihn lieber als «Men-schen, der uns geholfen hat» bezeichne.Also habt ihr alles lange und genau geplant?Tatjana: Ja, ich glaube, das muss man. Wo-bei man auch spielerisch damit umgehen sollte und vertrauen haben, dass es schon geht, wenn man will. ➔Tatjana: Unsere Regeln lauten «nicht hauen, nicht beissen», aber sonst darf man alles ausprobieren. Die Kinder bringen ihr Tem-perament ja schon mit. Und wir probieren uns natürlich auch aus als Eltern. Wir ler-nen alle voneinander.Ihr habt jetzt einen Jungen und ein Mädchen. Macht ihr Unterschiede? Seht ihr welche?Tatjana: Mathia ist sehr wild, Jascha eher der ruhigere. Mathia spielt mit Autos und Jascha schmust gerne mit Kuscheltieren. Also eigentlich gegensätzlich, wenn man in Rollenbildern denken will. Aber schon be-vor wir Kinder hatten, haben wir uns eigent-lich nie in Rollenbildern deniert. Auch nicht als Frauen, die auf Frauen stehen. Wir sind uns einfach begegnet.Livia: Wir schauen, was die Kinder wollen. Mathia singt zum Beispiel gerne und wir unterstützen sie darin.Livia: Ich habe mich schon mal ertappt, dass ich mich gefragt habe: Kann man Jascha jetzt draussen mit dem rosa Laufrad herum-fahren lassen? Aber wir würden eigentlich gerne einen Schritt weiter sein.Tatjana: Post-Rollenbilder.Bei Heteropaaren führen Rollenvorstellungen oft zu Diskussionen, man muss sich neu defi-nieren, wenn man Familie wird. Wer ist bei euch mehr bei den Kindern?Tatjana: Ich habe einen Monat nach der Geburt wieder angefangen zu arbeiten, weil ich das brauche. Ich bin sehr gerne bei den Kindern, aber die Mischung macht mich froh. Livia: Ich bin jetzt eineinhalb Jahre zu Hause und mache das sehr gerne. Wir tei-len es so, wie es für uns gut ist. Aber natür-lich kommen so Fragen wie: Wer ist denn bei euch der Papa? Ich wurde sogar gefragt, als ich schwanger war. Im Gespräch ging es um den Heiratsantrag, den habe ich ge-macht. Dann hiess es: Bist du denn der Mann bei euch?Tatjana: Wenn man uns öfter zusammen auf der Strasse sieht, dann kommen die Fra-gen. Wer ist denn hier die Mutter? Und wenn wir dann sagen: Beide, dann fällt den Leu-ten oft alles aus dem Gesicht. Oft kommt di-rekt: Wie habt ihr das gemacht?Wie reagiert ihr auf solche Fragen? Macht euch das wütend?Tatjana: Nein, da haben wir noch ganz an-dere Dinge erlebt. Das ist ja auch etwas, was beantwortet sein will, nehme ich an. Man sieht es ja eben doch noch nicht so oft auf der Strasse.Livia: Aber dich, Anne, würde ja eben auch keiner fragen «Wie habt ihr euer Kind ge-macht?» und ich nde es schon unver-schämt, wenn das sofort aus reiner Neu-gierde und in der Öentlichkeit kommt. Und vor den Kindern haben wir ja nochmal eine andere Verantwortung, was wir vor denen sagen. Tatjana: Wir zeigen schon unsere Grenzen auf. «NATÜRLICH KOMMEN SO FRAGEN WIE: WER IST DENN BEI EUCH DER PAPA?»«WIR MACHEN KEIN THEMA AUS ROLLEN, DARAUS, DASS WIR ZWEI MÜTTER SIND, UND WIR ÄRGERN UNS AUCH NICHT ÜBER UNVERSTÄNDNIS.»

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30CR U I S E R SEPT EMBER 2017INTERVIEWREGENBOGENFAMILIENgen, anstatt zu meckern, und anfangen, neue Modelle vorzuleben.Livia: Es wäre toll, wenn auch in den Me-dien das ema viel selbstverständlicher aufgegrien würde. Dass es keine Filme mehr geben muss, die explizit zwei Mütter zum ema haben, sondern dass in einem Film zu einem ganz anderen ema einfach eine Familie mit zwei Müttern oder Vätern vorkommt. Dass es eine Selbstverständ-lichkeit ist.Tatjana: Man sollte generell weniger in Rollenbildern denken. Zwischen uns vieren gibt es in jede Richtung eine Lehr-Lern-Beziehung. Immer im Hier und Jetzt. Wir wollen uns begegnen, anstatt Rollen aus-zufüllen. «ES WÄRE SCHÖN, WENN MAN IRGENDWANN SAGEN KANN, ES IST EGAL, OB ES ZWEI MÜTTER ODER VÄTER SIND, WEIL ES GENAUSO GUTE ODER AUCH SCHLECHTE ELTERN SEIN KÖN-NEN WIE ANDERE.»Livia: Auf jeden Fall muss man klar sein in dem, was man möchte. Da ist ja auch noch der Vater. Auch der hat gesagt, er tut das nur für jemanden, der ihm sympathisch ist. Das sind ja auch seine Kinder, das ist ja nicht nichts. Da kann er ja auch sagen: «Mit euch will ich das nicht.»Inwiefern ist der Vater Teil der Familie?Tatjana: Uns war es wichtig, dass die Kinder ihn kennenlernen können, wenn sie möch-ten. Auch für eventuelle spätere gesund-heitliche Fragen ist das wichtig.Livia: Wir schreiben uns zu Geburtstagen, zu Weihnachten und hören auch zwischen-durch voneinander. Wir möchten auch zei-gen, dass wir ihm dankbar sind, weil wir wirklich sehr glücklich sind, aber erzieheri-schen Einuss hat er keinen. Nur wir bei-den sind die Eltern und er sozusagen unser Helfer.Denkt ihr, eure Kinder brauchen auch männ-liche Bezugspersonen, trotz postmoderner Rollenbilder?Livia: Wir haben für beide Kinder männ-liche und weibliche Paten ausgesucht. In erster Linie geht es uns aber darum, den Kindern tolle Leute vorzustellen, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie eine Berei-cherung für unsere Kinder sind. Und na türlich auch, dass sie jemanden haben, mit dem sie emen besprechen können, mit denen sie zu uns nicht kommen wollen.Aus euren Erfahrungen im Alltag: Was muss sich noch ändern? Was wünscht ihr euch für die Zukunft?Tatjana: Man müsste die Rollen mehr auf-weichen, was wir ja auch versuchen zu tun. Es wäre schön, wenn man irgendwann sagen kann, es ist egal, ob es zwei Mütter oder Väter sind, weil es genauso gute oder auch schlechte Eltern sein können wie andere. Ich wünsche mir, dass man im Gegenüber das Gemeinsame sieht und nicht das Trennende. Wir sollten einfach bei uns selbst anfangen und Wege aufzei-

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31CR U I S E R SEPT EMBER 2017Egal, ob du etwas verkaufst, etwas(oder jemanden) suchst: Hier bist du richtig.MARKTPLATZKLEINANZEIGENKLEIN- ANZEIGENSO FUNKTIONIERT ES OnlineDu kannst dein privates Inserat ganz einfach auf www.cruisermagazin.ch aufgeben. Ein Online-Inserat kostet CHF 80.–. ChiffreWenn du lieber Briefpost erhalten möchtest, schickst du uns dein Inserat mit CHF 100.– per Post, wir drucken dein Inserat dann mit Chiffre Nummer und leiten deine Briefpost ungeöffnet während 5 Wochen weiter. Bitte vergiss deinen Absender nicht, sonst kann die Post nicht weitergeleitet werden. Alle Inserate müssen jugendfrei sein.Günstig zu verkaufenVerschiedene Lederhosen und Kombis. Lederjacken, hohe Leder- Gamaschen: alte und neue Modelle. Ausserdem Leder und Gummi-Stiefel, Lederschürzen und Chaps v. Schmied. Alles gebraucht aber in gutem Zustand.Anfragen via Chiffre: Cruiser, Jul1009, Clausiusstrasse 42, 8006 ZürichSchöne Jugendstil-Wohnung in Zürich City zu vermietenPer 1. Oktober wird im Universitätsquartier, fünf Gehminuten vom Central, eine komplett renovierte 3-Zimmer-Jugend stil-wohnung frei. Etwa 70m2, hohe Stukkaturdecken und gepflegte Parkettböden. Die Wohnung ist im Parterre (leicht erhöht), sehr ruhig und bietet einen lauschigen Hinterhof zur Mitbenützung.Vermietung vorzugsweise an eine Gay-Einzelperson oder ein Gay-Paar. Mietzins: CHF 2950 / Monat plus CHF 132 NK. Interessenten melden sich bitte mit den üblichen Angaben für Besichtigung bei: clausiuszh@gmx.chBilder der Wohnung findest du online auf www.cruisermagazin.ch / kleinanzeigenPartyMAENNERZONE.COMSAMSTAG 23. SEPTEMBER 2017AB 22 UHR I MIT DJ I EINTRITT FREI!MZ_Bock_Heroes_Ins_Cruiser_Sommer_2017.indd 1 10.08.17 00:15

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32CR U I S E R SEPT EMBER 2017A N Z EI G E30 C R U I S E R S o m m E R 2 017ANZEIGEARCADOS schwuler Buchladen40 Jahre, April 1977 – 2017lesen | schreiben | weiterbildenRheingasse 67 | 4005 Basel Telefon 061 681 31 32Dr. GayDR. GAYDr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe Schweiz. Die Fragen werden online auf www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschul-ten Beratern beantwortet dort deine Fragen, welche in Auszügen und anonymisiert im «cruiser» abgedruckt werden.Hallo PatrickUnfälle können passieren. In deinem Fall ist das Kondom abgerutscht und du hast weniger als eine Minute ohne Kondom ge-ckt. Ungeschützter Analverkehr gilt als hohes HIV-Risiko. Ein wichtiger Faktor für die Risikoeinschätzung ist aber auch die Dauer der Exposition. Je länger sie dauert, desto höher das Risiko. In deinem Fall war die Dauer kurz. Dennoch war es ein Risiko. Wenn du Klarheit möchtest, empfehle ich dir einen HIV-Test machen zu lassen. Die-ser ist bereits 15 Tage nach Risiko möglich. Wende dich für Test und Beratung am bes-ten an den Checkpoint (mycheckpoint.ch). Analverkehr ohne Gummi mit einer HIV-positiven Person, welche unter wirk-samer Therapie ist und bei der keine HI- Viren im Blut nachweisbar sind, ist sicher. Sogar sicherer als ein Kondom, weil eben Kondompannen ausgeschlossen sind. Der «Schutz durch erapie» gilt als Safer Sex. Mehr zum ema #undetectable ndest du auf drgay.ch/undetectable. Alles Gute, Dr. GayIch hatte vor ein paar Tagen eine Risikosituation und bin total verunsichert. Beim Analverkehr ist das Kondom abgerutscht und ich habe es erst knapp eine Minute später bemerkt. Ich war dabei der Aktive. Mein Sexpartner sagte, er hätte vor etwa zwei Monaten ungeschützten Sex mit jemandem gehabt, der HIV-positiv ist, aber unter der Nachweisgrenze liege. Wie hoch ist das Risiko, dass er sich da angesteckt hat? Und wie hoch ist mein Risiko? Patrick (29)Hallo Karl Das Trinken von Urin ist bezüglich HIV ungefährlich. Du solltest aber auf den Urin deines Mannes verzichten, wenn er krank ist (z.B. Harnwegsinfekt oder Blasenent-zündung), um eine mögliche Infektion zu vermeiden. Sexuell übertragbare Infektio-nen (STI) die über Urin übertragen werden können, sind Hepatitis B (und unter Um-ständen auch A), sowie Tripper. Ich rate dir, dich gegen Hepatitis A und B impfen zu lassen. Wende dich dafür am besten an den Checkpoint: mycheckpoint.ch. Alles Gute, Dr. GayIch trinke jeden Tag den Urin meines Mannes. Wir finden das beide richtig geil. Dabei macht er mir meistens direkt in den Mund und ich trinke alles. Meine Frage: Kann das für mich schädlich sein? Karl (33)DAS KONDOM IST ABGERUTSCHT. WAS JETZT?VON VINICIO ALBANIRATGEBERDr. g AYIST URINTRINKEN GEFÄHRLICH?RATGEBERDR. GAYDR. GAY Dr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe Schweiz. Die Fragen werden online auf www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschul-ten Beratern beantwortet dort deine Fragen, welche in Auszügen und anonymisiert im «cruiser» abgedruckt werden.VON VINICIO ALBANI MEIN FREUND VERABREDET SICH HINTER MEINEM RÜCKEN ZU SEX.Ich habe erfahren, dass mein Part-ner einen Schuh- und NS-Fetisch hat. Wir haben darüber geredet, aber es ist nicht mein Ding. Seither ist das Thema tabu. Jetzt habe ich gesehen, dass er mit Männern, die seine Vorlieben teilen, chattet. Muss ich mir Sorgen machen? Wenn ich ihn darauf anspreche, wüsste er, dass ich seine Nach-richten gelesen habe. Was soll ich tun? Daniel (21)Hallo DanielRedet über eure Bedürfnisse und Wünsche. Es wundert mich, dass du bereit bist, das ema totzuschweigen. Was erwartest du? Etwa, dass dein Partner dir zuliebe darauf verzichtet? Wenn ihr nicht redet, sind die Chancen gross, dass er seinen Fetisch heim-lich auslebt. Neben gegenseitigem Vertrau-en ist Kommunikation eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine funktionierende Beziehung. Klar, wenn du ihn ansprichst, weiss er, dass du seine Nachrichten gelesen hast. Vielleicht solltest du dir bzw. ihm die-sen Fauxpas eingestehen. Du kannst aber auch versuchen, ihn ohne dieses Geständ-nis zur Rede zu stellen. Denn eines steht fest: Solange du es nicht mit ihm klärst, be-ndest du dich im Bereich der Spekulatio-nen. Es besteht die Gefahr, dass du dir über Sachen den Kopf zerbrichst, die vielleicht gar nicht so sind, wie du denkst. Also: Wirst du mit ihm reden und die Sachen klären oder weiterhin spekulieren, spionieren und misstrauisch sein? Die Entscheidung liegt bei dir.Alles Gute, Dr. GayKANN HIV ÜBER SPERMA IM TASCHENTUCH ÜBERTRAGEN WERDEN?Anfang dieses Jahres hatte ich eine Sexdate im Freien. Wir haben uns gegenseitig gewichst und er hat mir auf den Ärmel meiner Jacke gespritzt. Ich habe es mit einem Papiertaschentuch abgewischt und dieses dann weggeworfen. Etwa fünf Minuten später war ich auf dem Heimweg und musste die Nase putzen. Dafür verwendete ich mein Stofftaschentuch. Nun frage ich mich, ob womöglich Sperma-reste an meiner Hand oder am Taschentuch waren. Ich bin eigent-lich sicher, dass es nicht mit Sperma in Kontakt kam. Aber was wäre wenn? Ist eine Ansteckung mit HIV so möglich? Und noch eine zweite Frage: Mein neuer Freund steht darauf, seine Sneakers voll-zuspritzen. Besteht ein HIV-Risiko, wenn ich die Sneakers später lecke oder ficke? Bernhard (45)Hallo Bernhard«Was wäre wenn»-Fragen bringen dich nicht weiter. Am besten du hältst dich an die Tatsachen. Aber selbst theoretisch scheint mir eine Ansteckung auf dem von dir be-schriebenen Weg kaum denkbar. Sperma-reste an der Hand oder am Stotaschentuch wären ungefährlich, weil a) die Menge für eine Ansteckung auf diesem Weg zu klein ist und b) das HI-Virus an der Luft relativ rasch an Infektiosität verliert. Dies beantwortet auch deine zweite Frage. Das Lecken oder Ficken der Sneax ist unter diesen Umstän-den ungefährlich. Noch etwas in eigener Sache: Du hast das fragliche Taschentuch weggeworfen. Ich rate dir, zukünftig beim Cruisen im Freien auf Littering zu verzich-ten. Das ist kontraproduktiv und führt schlussendlich dazu, dass Cruising-Orte geschlossen werden. Vielen Dank.Alles Gute, Dr. GayDr. Gay

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33CR U I S E R SEPT EMBER 2017KOLUMNETHOMMEN MEINT«GIB MIR DEINEN SAFT – ICH GEB’ DIR MEINEN!»Peter Thommen über Präventionsuntiefen und warum er ein ambivalentes Verhältnis zu dem von der Hip-Hop-Gruppe «Fantastischen Vier» besungenen «Saft» hat.VON P E TER T HO M M E NIn den 80er-Jahren, den Zeiten von HIV/AIDS, haben wir gelernt, dass ein ‹lebens-spendender› Saft auch den Tod bringen kann. Viele ‹todeten› dann auch bis in die 90er-Jahre dahin. In dieser Zeit gingen alle anderen bei sexuellen Handlungen über-tragbaren Krankheiten irgendwie verges-sen. Darum müht sich die Prävention heute so ab, uns diese wieder in Erinnerung zu rufen. Die Nebenwirkungen der anti- viralen Medikamente sind nicht zu über-sehen – auch wenn mann sie nicht wirklich sehen kann. Das rasche äussere Älterwer-den ei niger HIV/AIDS-erapierten blieb mir per sön lich nicht verborgen. Gut, dass man heute auch mit HIV so alt werden kann wie die anderen.In der Folge rollte die Bareback-Welle heran – bis heute. Eine zornige Reaktion auf vernünftigen Safersex. Darauf reagierte die Prävention mit ‹nicht moralisieren›. Sie verlegte sich darauf, die Risiken zu vermin-dern – wie bei der Drogenprävention. Und trotzdem wurden die anderen sexuell über-tragbaren Infektionen wieder sichtbar, wenn sie auch nicht gleich zum Tod führen. Wir sehen: Neben den riskanten Sexual-praktiken gibt es weitere gesundheitliche Risiken, denen wir uns aussetzen. Von Alko-hol und anderen Chems ganz zu schweigen. Verschwiegen werden auch die ganzen tiefenpsychologischen und psychodynami-schen Abläufe in Männern. Sie weisen auf grössere Zusammenhänge hin als nur Zorn und sie bergen auch Risiken. Sperma hat eine zentrale Bedeutung für Knaben und Männer. Sei es der erste Saft, mit dem einer glaubt, zum Mann zu werden, oder derjeni-ge des anderen, den mann haben möchte. Also weit über Zeugungsvorstellungen hin-aus, was ich hier alles mal weglasse. Mein Verhältnis zum Sperma hat sich mit den Jahren verändert, in denen ich Er-fahrungen hatte und auch darüber gelesen habe. Beim jungmännlichen Einstieg war es dégoutant. Dann war ich süchtig danach. Dann verlor der Saft seine immense Bedeu-tung für mich, über seine Zusammenset-zung aus Wasser, Eiweiss und Salz hinaus. Besonders im Internet sehe ich, wie viele sich an Säfte klammern, sich an ihnen abar-beiten und sich von ‹Sahnespendern› beein-drucken, ja sogar dominieren lassen. Diese Homepages stellen nur dar, sie geben aber keine Antworten auf ungestellte Fragen. Eltern, Schule und die Sexualanleitungen in Büchern auch nicht. Alles erscheint wie ein grosses und vielfältiges Paradies. Ich be-zeichne das als grosses sexuelles Elend. Darum sind Fetische so beliebt: Weil sie nicht erklärt werden, sich aber mit vieldeu-tigen und hohen Energien auaden und suchtartige Identitätserlebnisse bieten. Als rätselhafte Botschaften kultivieren sie indi-viduelle Glaubensvorstellungen wie in Reli-gionen. Und genau darin liegen die Untiefen der Präventions- und Informations-Proble-me mit Männern und ihrem Saft.Der äusserliche Umgang mit diesem Produkt weist auf die innere Persönlich-keitsentwicklung vom Knaben zum Mann. Saft ist die intuitive ‹Vertretung› eines Mannes, ohne ihn als kompliziertes Wesen aus Liebe ganz fressen zu können. Seiner damit habhaft zu sein, auch wenn der Mann weg ist, oder einen anderen damit trösten zu können, bei zeitweiliger Abwe-senheit. Mir ist bald klargeworden, dass die Menge und deren Verteilungsort sym-bolische Bedeutung erhält.Dass Glaubensvorstellungen die gröss ten Hindernisse für Veränderung und Erkenntnis sind, wissen die meisten Men-schen. Ich verstehe, warum Safersex als moralisierend empfunden werden kann und warum so viele an ihrem Saft und des-sen Weitergabe oder Eroberung intensiv hängen. Beinahe unmöglich ein Tabu zu setzen und unbedingt wichtig, dieses Tabu endlich zu brechen. SAFT IST DIE INTUITIVE ‹VERTRETUNG› EINES MANNES, OHNE IHN ALS KOMPLIZIERTES WESEN AUS LIEBE GANZ FRESSEN ZU KÖNNEN.

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34CR U I S E R SEPT EMBER 2017BLICK ZURÜCKCRUISER VOR 30 JAHRENCruiser feiert sein 30-jähriges Bestehen. Daher blicken wir während des ganzen Jahres an dieser Stelle auf die alten Ausgaben zurück.FLASH- BACKUnd was war sonst noch so los im September 1987? Die damalige «Agenda» verrät es. Nicht nur der «Cruiser» näherte sich dem ersten Jubiläum, auch der «Macho» feierte. Schaut man die Inserate der damaligen Ausgabe an, ist der Laden der einzige, den es heute noch gibt.Cruiser «5 1987» ist am 1. September erschienen. Im damaligen «Editorial» von Thomy Schallenberger ist zu lesen:

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35CR U I S E R SEPT EMBER 2017SLIPPERYSUBJECTSgaycity.chgaycity.chWhere to go in the little big cityInteresse in diesem Inserat aufgeführt zu sein? Anfragen an: info@zbiro.chCRANBERRYBar Metzgergasse 3www.cranberry.ch15TIP TOP BARDie Schlager BarSeilergraben 13www.tip-top-bar.ch Dienstag – Samstag ab 18.30 Uhr14PARAGONYAWellness ClubMühlegasse 11www.paragonya.ch12TIP TOP BARPREDIGERHOFbistro – barMühlegasse 15www.predigerhof.ch13MACHOCity ShopHäringstrasse 16www.macho.ch11LEONHARDS-APOTHEKEStampfenbachstr. 7www.leonhards.apotheke.ch044 252 44 2010LES GARÇONSBar/TanzbarKernstrasse 60www.garcons.chTäglich geöffnet ab 18.30 Uhr3MÄNNERZONEShop & BarKernstrasse 57www.maennerzone.ch4MOUSTACHEDie Sauna für MännerEngelstrasse 4www.moustache.ch(Nachtsauna jeden Fr / Sa)1HUUSMAAKafi – Reschti – BarBadenerstrasse 138044 241 11 18www.huusmaa.chSa & So Brunch 10:00 – 15:002MED. DENT. KLAAS FRIEDELHeinrichstrasse 239Mit Tram ab 4/13/17 bis Escher-Wyss-Platzwww.swissdentalcenter.ch 043 444 74 005MA E N NE R Z O N E . C HDANIEL H.Bar-RestaurantMüllerstrasse 518004 Zürich044 241 41 78www.danielh.ch8PARACELSUSApotheke & DrogerieLangstrasse 122paracelsus@bluewin.ch044 240 24 059INFINITYBar + Lounge auf zwei EtagenZähringerstrasse 118001 Zürich www.infinity-bar.chTäglich geöffnet ab 17 Uhr 16auf zwei EtagenANORY Massagen, Haarentfernung,Skincare und Beratungen.Winterthurerstrasse 708006 Zürichwww.anory.ch 043 810 09 2217www.anory.ch 043 810 09 22CHECKPOINTGesundheitszentrumKonradstrasse 1www.checkpoint-zh.ch044 455 59 107BEAUTY LOUNGE FOR MENHaarentfernung, Kosmetik, Anti-Aging und BodyformingKalkbreitestrasse 42www.marciomf.ch 079 533 41 016Gaycity_Cruiser_Sommer_2017.indd 2 26.06.17 21:21

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