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Prominent CRUISER Edition März 2010
Big Brother
Die gefühlte 127ste Staffel der Container-Soap
ist wieder auf Sendung und die Crème de la
Crème der Unterschicht wittert die fette Kohle
mit Option auf einen Callcenter-Job. Carlos Fas-
sanelli war mit seinem eingetragenen Partner
Harald mit von der Partie. Beide schwul, doch
das ist längst kein Skandal mehr. Beide offen
HIV-positiv, da wird’s brenzliger. Zwar wollen
sie Berührungsängste abbauen, doch bereits
nach einem Tag suchte ein Mitkandidat das
Weite. Wenn sie tränenüberströmt über Kombi-
Therapien sprechen, sind Exhibitionismus und
Voyeurismus kaum noch erträglich. Unbezahl-
bare Vorbilder? Billige Provokation? Tabubruch
um jeden Preis? Die Containertüren sind zu
und alle Fragen offen. Der Sender RTL2 lobt das
Fingerspitzengefühl von Zuschauern und Pres-
se, die Hasstiraden in Internet-Foren sprechen
eine andere Sprache. Das öffentliche Interesse
hat den Fokus zeitweilig ganz auf Silikon-Cora
und Porno-Horst gerichtet. So blieb nach dem
Rauswurf von Harald seinem Partner Carlos
nichts anderes übrig, als mal mächtig auf den
Putz zu hauen und verbale Attacken vom Sta-
pel zu lassen. Worte wie «Scheiss-Zuschauer»
sind deutlich und beweisen, dass auch HIV-po-
sitive Schwule total normal und unterirdisch
sein können. RTL2 lässt übrigens ausrichten, die
Big Brother-Einschaltquoten seien so hoch wie
schon lang nicht mehr. (RG&DD)
Sandra Bullock
Als Aktrice Sandra Bullock dank «Speed» über
Nacht zum Superstar avancierte, wurde sie
als Nachfolgerin von Julia Roberts gehandelt.
Nur, die Roberts liess sich nicht vertreiben und
Bullock kam vom Image der romantischen Ko-
mödiantin nicht weg. Anspruchsvolle Rollen
ergatterte sie zwar, jedoch meist, weil sie als
Produzentin fungierte. Nun scheint sich das
Blatt zu wenden. Julia Roberts ist derzeit lie-
ber Mutter statt Holly woodstar, somit ergat-
tert Sandra dankbar deren Rollen und jüngst
eine Oscar-Nomination als beste Darstellerin
in dem Drama «The Blinde Side». Das macht die
mittlerweile 46-Jährige übermutig. So liefert sie
sich mit der ebenfalls nominierten Kinolegende
Meryl Streep einen witzig-ironischen Schlagab-
tausch. Laut Gala kommentierte Bullock dies
folgendermassen: «Als es rauskam, hinterliess
ich Meryl eine Sprachnachricht, die besagte:
Du musst jetzt immer aufpassen. Ich schneide
dich». Dann schickte Meryl mir Orchideen und
wünschte mir den Tod, also schickte ich ihr
eine Kiste Schnaps und wies sie an, auf die weis-
se Unterschicht zu trinken.» Mit dieser Aktion
möchte Sandra Bullock vielleicht davon ablen-
ken, dass diese Nomination nicht ihre einzige
ist. Denn zeitgleich ist die Brünette auch für den
Razzie-Award im Gespräch – als schlechteste
Schauspielerin in «All about Steve». Die Chan-
cen stehen gut, dass Sandra Bullock nun beide
Preise gewinnt. Julia Roberts hat „nur“ den Os-
car bekommen. (DD)
Alice Schwarzer
Die Ikone der deutschen Frauenbewegung
spricht einmal mehr Klartext. Im Prinzip spricht
sie nicht, sondern schreibt. Ihre jüngsten Worte
sind an Bushido gerichtet, welchen man getrost
als homophoben wie horizontarmen Skandal-
rapper bezeichnen darf, der im aktuellen Ki-
nofilm «Zeiten ändern sich» eine schwere Rolle
spielt: sich selbst. Alice Schwarzers Reaktion
ist eine Antwort auf Bushidos Attacke gegen
die Feministin. In einer Talkshow sinnierte
der Rapper über ein fiktives Streitgespräch bei-
der. Unter anderem phantasierte er folgenden
Schlusssatz an Frau Schwarzer zusammen:
«Ganz ehrlich, fick dich ins Knie, du Fotze».
Der hat gesessen. Und die Retourkutsche folgte
in Form eines offenen Briefes auf Schwarzers
Website der EMMA. Und dieser tut weh: «Bushi-
do, du bist irgendwie zerrissen. Zwischen dieser
deutschen, ergebenen Mutter und diesem tune-
sischen, abwesenden Vater. Der war schwach,
aber stark genug, deine Mutter regelmässig zu
verprügeln.» Er habe daraus keine Lehren gezo-
gen, so Schwarzer. Auch er verachte die Frauen,
und «wir sind für dich nur Fotzen, die man von
hinten fickt». Zum Schluss wird Bushido als
kleinbürgerlicher Spiesser betitelt, der null Re-
spekt verdiene. Dass Bushido nur provozieren
und Werbung für seinen Film machen wollte,
ist sonnenklar. Den Gefallen wolle sie ihm nicht
tun. Dummerweise zu spät. Trotzdem, Schwar-
zers Worte machen Sinn und sollten sich ange-
sehene Schauspieler verinnerlichen, welche in
Bushidos Film auftreten. So spielen u.a. Moritz
Bleibtreu und Hannelore Elsner in dem Mach-
werk mit. Akteure, denen man ein gewisses
Mass an Intelligenz zugetraut hätte. Aber auch
die benötigen wohl wieder einen Hit an der Ki-
nokasse. (DD)
Tokio Hotel
Facebook kann eben doch mehr als alte Schul-
freunde wiederfinden, denen man eigentlich
nie mehr hätte über den Weg laufen wollen.
Facebook kann 30 000 Leute für einen interna-
tionalen Jogging-Hosen-Tag mobilisieren. Face-
book macht Stars. Jüngstes Beispiel: eine Brezel.
«Kann diese Brezel mehr Fans als Tokio Hotel
haben?», fragte der Wiener Student Martin Sa-
morajski. Ja, sie kann. Bereits nach zehn Tagen
war der Tokio Hotel-Fanclub, der immerhin fast
400 000 Mitglieder hat, überrundet. Die Brezel
befindet sich in guter Gesellschaft mit einer
Essiggurke, die gegen Nickelback antrat und
einem Zwiebelring, der es mit Justin Bieber auf-
nehmen wollte, in diesen beiden Fällen aller-
dings chancenlos. Die Schar der melancholisch
aufgebrezelten Comicfiguren der Emo-Szene
ist aufgebracht und nun noch trauriger als oh-
nehin schon. Auch mit den Verkaufszahlen der
neuen Tokio Hotel-CD sieht es eher düster aus.
«Die Träume verbrennen, die Liebe friert ein,
wir schreien zusammen allein», singt Bill da.
Hoffentlich kann ihn seine neue Freundin ein
bisschen trösten. Freundin? Irgendwie schwer
vorstellbar, aber er ist halt emosexuell. Nach
metrosexuell und retrosexuell mal wieder eine
interessante Wortschöpfung, die das Spiel mit
dem Androgynen bezeichnet. Übrigens wurde
Bill vom Magazin FMH bereits zweimal in die
Liste der «Unsexiest Women Alive» aufgenom-
men, als einziger Mann. Traurig ist auch, dass
man jetzt nie mehr eine Brezel essen kann, ohne
an Tokio Hotel denken zu müssen. Und noch
eine traurige Meldung: Mit der Trennung von
Thomas Borer und Shawne Fielding verliert die
Schweiz das einzig wahre Glamour-Promipaar.
Wo jetzt hier der Zusammenhang ist? Shawne
Fielding hat das Aus öffentlich gemacht auf – wo
sonst? – Facebook. (RG)