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Cruiser Sommer 2018

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CR U I S E R SOMMER 2018s t a r k . s p a n n e n d . s t o l z .cruiserRICHTIG GENDERNEin LeitfadenHEISS, HEISSER… SOMMERPack die Badehose einMAMMA MIA!Alles über das ErfolgsmusicalDAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINSOMMER 2018 CHF 8.10

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Denk daran: Ein Kondom schützt dich vor HIV. #undetectable – Menschen mit HIV unter erfolgreicher Therapie stecken niemanden an. Und: PrEP schützt dich genauso gut vor einer HIV-Infektion wie ein Kondom. Also: Geniess den Sommer und behalte einen kühlen Kopf. Alle Infos auf drgay.ch und myprep.ch.protect your summerProud toprotect your summerProud to

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3CR U I S E R SOMMER 20184 SOMMER-SPECIAL BADEMODE DAMALS & HEUTE7 KOLUMNE MICHI RÜEGG8 MAMMA MIA! ALLES ÜBER DAS ERFOLGSMUSICAL12 KOLUMNE ANDREAS LEHNER13 KULTUR BUCHTIPP14 RICHTIG GENDERN EIN LEITFADEN17 LIFESTYLE BRUSTHAARE18 KULTUR BLUE BALLS 201820 NEWS & KULTUR NATIONAL & INTERNATIONAL 24 KULTUR JOHANN STRAUSS28 KOLUMNE MIRKO29 RATGEBER DR. GAY30 SERIE WAS MACHT EIGENTLICH …32 SERIE HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR35 SOMMERWÜNSCHEIMPRESSUMCRUISER MAGAZIN PRINTISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.mediaInfos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.chChefredaktor Haymo Empl Stv. Chefredaktorin Birgit KawohlBildredaktion Moel Maphy, Astrid Affolter. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber.Art Direktion Astrid AffolterAgenturen SDA, DPA, KeystoneAutor_Innen Vinicio Albani, Haymo Empl, Daphne Hafner, Birgit Kawohl, Marco Krefting, Andreas Lehner, Moel Maphy, Mirko, Hannes Rudolph, Michi Rüegg Korrektorat | Lektorat Birgit KawohlAnzeigen anzeigen@cruisermagazin.chChristina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30WEMF beglaubigte Auflage 11 539 Exemplare (2016)Druck Druckerei Konstanz GmbHWasserloses DruckverfahrenREDAKTION UND VERLAGSADRESSECruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürichredaktion@cruisermagazin.chHaftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende Angaben auf www.cruisermagazin.chDer nächste Cruiser erscheint am 7. September 2018Wir vom Cruiser setzen auf eine grösstmögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie die Auseinander-setzung mit diesen Themen. Wir vermeiden darum sprach-liche Eingriffe in die Formulierungen unserer Autor_Innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen abweichen. Geschlechtspronomen werden entsprechend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet die entsprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide «Transgender Network Schweiz».EDITORIALLiebe Lesende*Wer den Cruiser jeweils ordentlich studiert, weiss, wie schwer wir uns in der Redaktion immer noch und immer wieder damit tun, allen Geschlechtern gerecht werdende Formulierungen und Anreden zu finden. Manche Mitmen-schen machen sich diesbezüglich aber immer noch wenig Gedanken. Was Betroffenen wehtut und wie man sprachliche Patzer vermeiden kann, damit beschäftigt sich Hannes Rudolph in seinem Leitfaden.Erwartungsvoll sieht die Redaktion dem Sommer entgegen und unser Cover- boy (plus der Posterboy!) machen sicher allen Lesern Lust auf die warme Jahreszeit und ihr wichtigstes Kleidungsstück, der Badehose. Was in und hinter der Badehose steckt, verraten wir in einem historischen Rückblick.Mit der Badehose taucht in der warmen Jahreszeit in den Printmedien un- weigerlich das Sommerloch auf, welches sich in den letzten Jahren immer mit Artikeln über «Carlos» ankündigte. Und was den Heteros ihr Carlos, ist die Werdinsel in der Gay-Szene. Gut haben wir beim Cruiser Michi Rüegg, der damit den Sommer in seiner Kolumne ausruft.Wir wünschen viel Spass bei der Lektüre der Sommerausgabe und lesen uns hoffentlich gut erholt in zwei Monaten wieder!Herzlich; Birgit KawohlStellv. ChefredaktorinINHALTCover Model: Léon / Foto: Patrick Mettraux

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4CR U I S E R SOMMER 2018SOMMER-SPECIALBADEMODE DAMALS & HEUTECruiser und Mode? Eigentlich untypisch. Aber das Coverfoto der Sommeraus gabe hat die Redaktion dazu inspiriert, einmal über das wichtigste Kleidungsstück der heissen Jahreszeit nachzudenken. «Pack die Badehose ein»VON B I R G I T K AW OHLSo sicher wie im Frühjahr die Frage kommt, welche Diät es denn dieses Jahr sein soll, um die überzähligen, sich mit Weihnachtsguetsli angefutterten Pfunde loszuwerden, ebenso sicher taucht kurz danach die Überlegung auf, welche Bademode denn wohl dieses Jahr die an-gesagte ist: kurz oder lang, enganliegend oder weit atternd, uni oder mit graschen Mustern?Die Männer in der Antike hatten es da noch gut (also die reichen zumindest): Sie konnten sich am Abend Trauben und Hühnchen in den Mund fallen lassen, lies-sen sich von ihren willigen und nach dem eigenen Geschmack ausgesuchten Sklaven massieren und – und hier gerät der (schwu-le) Mann im Jahr 2018 schnell in Schnapp-atmung – sassen oder lagen nackt in den Badeanstalten der Metropolen. Leider hat diese Sitte die Antike nicht überlebt. Nach-Jüngling aus «Der Kreis» von 1946. Damals galt das Motto, je knapper, desto heisser. Die Jünglinge heute zeigen weniger, wie das aktuelle Bild demonstriert.Z)ery4r/77e/7/erGeorgesyk/a/îOH^/an

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5SOMMER-SPECIALBADEMODE DAMALS & HEUTEA N Z E I G E Body Esthetic Ästhetische Behandlungen in Zürich bodyesthetic.ch / 044 381 20 20 Alle Behandlungen unter ärztlicher Leitung Hyaluronsäure Filler z.B. Nasolabialfalte / Lippen je 400.– Penisverdickung 400.– Botulinumtoxin z.B. Stirn / Augen je 180.– Zornesfalte 200.– Kryo – Fett weg mit Kälte z.B. Bauch / Lenden je 199.– (inklusive Endermologie) Dauerhafte Haarentfernung SHR z.B. Achseln 69.– Rücken / Schulter 329.– dem das Baden im Mittelalter als gesund-heitsgefährdend galt und damit völlig aus der Mode kam, machte es die ab dem 19. Jahrhundert in den Badeanstalten eben-falls anwesende Damenwelt vonnöten, dass Mann sich beim Bade bekleidete. Zunächst geschah das mit Badeanzügen aus Trikot-sto – denitiv unerotisch –, bald hielt man den oberen Teil davon nicht mehr für not-wendig und beliess es bei einem mehr oder weniger knappen Höschen.Aber was nun wann wie angesagt ist und welcher Erotikfaktor damit jeweils aus-gestrahlt wird, das ist nicht nur in der schwulen Welt eine ewige Frage. Während kluge Betriebswissenschaftler in Bezug auf die Rocklänge von Frauen einmal die Koin-zidenz von wirtschaftlicher Lage eines Staa-tes und der angesagten Länge von Röcken festgestellt haben – je besser die Wirtschaft läuft, desto kürzer die Röcke – wäre eine sol-che Feststellung für die Badebekleidung si-cherlich zu kurz gedacht. Zum einen ist die Badehose immer auch dem modischen Wandel und sportlichen Bedürfnissen un-terworfen – will man darin nur liegend gut aussehen oder soll sie auch bei einem Sprung ins kühle Nass ihren Sitz und ihre Passform beibehalten? –, andererseits be-rührt sie viel stärker sexuelle Vorstellungen, Wünsche und Begierden. Kann man daraus vielleicht folgern, dass die Wahl der Hose vielmehr vom Ort und vom Anlass abhängig ist, an dem sie getragen wird?Zwischen Dreiecksbadehosen und MankinisWährend es sich in der Familienbadi sicher-lich ziemt, in einer alle erotischen Körper-teile ausreichend bedeckenden Hose daher-zukommen, kann dies in einer Männerbadi geradezu das Todesurteil bedeuten. In wei-ten Badeshorts wird man dort in einem Sekundenbruchteil zu einer persona non grata. Die knappen Dreiecksbadehosen, die in den 20er-Jahren des vergangenen Jahr-hunderts aufkamen und damals mehr als einen Skandal auslösten, sind spätestens seit den von der Kunstgur Borat etablier-ten Mankinis häug auch nur noch ein mü-des Schulterzucken wert. Von diesem Son-derfall Mankini einmal abgesehen, wird eine Badehose – und damit ihr Träger – umso interessanter, je mehr Sto weggelas-sen wird. Aber natürlich nur, wenn der Träger dann auch den entsprechenden Body vorzeigen kann.Die Badehose an und für sich scheint dabei prädestiniert zu sein, Fantasien zu we-cken, was sich bei einer Recherche in der Zeitschrift «Der Kreis» bestätigte. Denn dort lassen sich überproportional oft Erzählun-gen nden, in denen Badehosen vorkom-men. So schildert ein unbekannter Autor im Jahr 1949 ein Ferienerlebnis, in der jemand «mit seiner kleinen, frechen Badehose be-kleidet» ist. Eine «freche» Badehose! Steht die Badehose hier für ihren Träger? Macht die Knappheit der Hose diesen zu einem Frechling? Der Autor scheint ob der gerin-gen Grösse der Badebekleidung eine gewisse Erwartungshaltung an ihren Träger zu knüpfen. Ähnlich geht es dem Erzähler einer Kurzgeschichte von J. Lerbeer aus dem Jahr 1956, in der der Mann seiner Lüste «sich eine leuchtend rote Badehose anzieht und irgend-einem Glücklichen [...] die Gunst seiner Lie-be schenkt». Das Leuchten der Badehose ➔

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6CR U I S E R SOMMER 2018SOMMER-SPECIALBADEMODE DAMALS & HEUTEsieht der Leser geradezu auf das Leuchten der Augen des so Beglückten überspringen und dann ist diese Hose auch noch rot – die Farbe der Liebe! Wenn hier nicht erotische Gedanken geweckt werden, dann kann mit dem Leser etwas nicht stimmen. Badehosen sind nicht nur zum Baden daDass die Badehose aber auch immer wieder einmal ihrem eigentlichen Zweck entfrem-det wurde, zeigt ein Foto von Willard im «Kreis» von 1964. Hier geht es um das e-ma Fasching und der Leser bekommt einen sich lasziv an ein Karussellpferd lehnenden Jüngling in einem Penissichtschutz mit der Bildunterschrift «Holzpferd, Tüll und Schwer mutspo und fast ohne Badehose ...» präsentiert. Hier dient das Kleidungsstück oenbar lediglich dem Verhindern eines Nacktfotos und der Leser kann sich so un-gehemmt am Restkörpers des Darstellers erfreuen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, was weitere Fotos von sehr gut gebauten und trainierten Modellen in der Zeitschrift bestätigen.Dass der «Kreis»-Leser generell spar-sam bekleidete Modelle bevorzugte, ergab auch eine Umfrage unter den Abonnenten des Magazins im Jahr 1958. Je ausgezogener die Modelle waren, desto beliebter waren sie bei den Lesern. Übertragen auf die Bade-hosen-Frage lässt sich also schliessen, dass, wenn schon überhaupt ein Kleidungsstück notwendig schien, es dann doch bitte ein möglichst kleines sein sollte, und da ist eine (knappe) Badehose sicherlich nicht die schlechteste Wahl. Zumal das Schwimmen in – erotischen – Schwulenlmen sowieso einen hohen Stellenwert hat, wie Martin Mühlheim in der Cruiser-Sommerausgabe des vergangenenen Jahres bereits festge-stellt hat. Vieles gibt es also vor einem Badibe-such in Bezug auf die Wahl des Outts zu bedenken, letztendlich sollte man aber ent-spannt bei der Badehosenwahl sein und sich zu Herzen nehmen, was Roland Her-lory, der Geschäftsführer der Badehosen-marke Vilebrequin, im Jahr 2016 in einem Interview sagte: «Das Muster [einer Bade-hose] muss zur Seele passen.» Nicht nur das Muster, sondern auch Farbe und Schnitt kann man da sicherlich ergänzen. Tätowiertundfrischfrisiert,unddieArmeeingeschmiert,auchfastohneBadehosebleibtdiegerngeübtePose!Aus der Zeitschrift «Der Kreis», 1954. Foto: Studio Arax, Paris.Bild oben rechtsFrei nach Roland Herlory: Das Muster, die Farbe und der Schnitt müssen zur Seele des Trägers passen.Bild unten rechts Aus der Zeitschrift «Der Kreis», 1967. Foto: Euromale, Nicolaas Maisstraat, Amsterdam.

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7CR U I S E R SOMMER 2018KOLUMNEMICHI RÜEGGDie Insel der SittsamkeitPassend zur Titelgeschichte wundert sich Michi Rüegg über die neue Zürcher Prüderie und macht sich Gedanken zu Fallobst und die letzten nicht verbotenen Annehmlichkeiten des Lebens.VON M I C H I R Ü E G GSpätestens, wenn die reifen Zwetsch-gen auf der Wiese liegen, ist Sommer. Auf der Zürcher Werdinsel fallen sie jedoch nicht von den Bäumen, sondern radeln aus Wiedikon, Aussersihl und Alt-stetten heran. Früher waren die meisten Zwetschgen au naturel, also unbehandelt. Seit einigen Jahren verhüllen sie sich wieder. Es ist seltsam, je lauter die Rufe nach Burkaverboten erklingen, desto weniger nackte Menschen sonnen sich an den altbe-währten Plätzen. Verhüllungsverbote zie-hen Enthüllungshemmungen nach sich.Allerdings muss man der Bademode Respekt zollen, sie hat in den vergangenen Jahren riesige Fortschritte erzielt. So man-che Zwetschge zeigt sich nun lieber in den üppig gepolsterten ES-Slips, die grosszügig das Vorhandene aufpushen. Eine grosse, rundliche Fata Morgana tut sich zwischen den Schenkeln auf. Die Enttäuschung folgt erst daheim, bei ihm oder bei ihm, wenn das Höschen fällt.Richtig. Daheim. Denn von den Bäu-men können die Zwetschgen nur schon des-halb nicht fallen, weil da kaum noch Bäume sind. Die Stadt fuhr mit dem Riesenrasen-mäher einmal übers Wäldli und schlug das Ding kahl. Seit zwei Jahrzehnten besuche ich die Insel, immer war da ein kleiner Wald. Jetzt sieht die Stelle aus wie getrimmtes Schamhaar. Man sieht, da ist noch was, aber es ist äusserst licht.Grosse Schilder weisen nun darauf hin, dass auf der Wiese Nacktsein erlaubt sei. Das ist allein schon deshalb interessant, weil Nacktsein eigentlich nirgendwo verbo-ten ist. Nicht mal Sex im Freien ist verboten. Man sollte sich dabei einfach niemandem zeigen, den das stören könnte. Zürich hat’s wieder einmal geschat, etwas zu erlauben, was nicht verboten war und etwas zu verbie-ten, was erlaubt ist.Wobei, mich hat das ja nie gestört, wenn früher irgendwo der Busch rüttelte und ich schüchtern die Umrisse zweier kopulieren-der Bären sichtete. Kam eh sehr selten vor. Oenbar waren derlei Schauspiele nachts um zwei häuger, sagt man. Aber normale Men-schen wie ich schlafen um die Zeit. Aller-dings soll es entrüstete Nachbarn geben, die just um diese Zeit mit ihrem Fi eine Runde drehen mussten, genau durchs Wäldli. Da-mit sie sich danach darüber empören konn-ten, was sie dort mitansehen mussten. Nach der Logik der Stadtverwaltung darf Sex im Freien vor allem an einem Ort nicht existieren: in den Köpfen der Ord-nungshüterinnen und aller Ordnung lie-bender Menschen. Es geht nicht darum, ob jemand im Gebüsch pimpert. Es geht dar-um, sich sicher zu sein, dass er’s nicht kann. Deshalb entfernt man das Gebüsch.Aber auch das ist nicht so schlimm, schliesslich geben sich auch die Zwetschgen heutzutage freiwillig der Prüderie hin. Sie sitzen auf ihren Tüechli und spielen das neu-este Sommergame: Man schaut auf Grindr, wer alles in der Nähe ist und bespricht die Typen dann mit der besten Freundin neben-an. Dazwischen konversiert man zu den Lieblingsthemen, die da sind: Welche Diät mache ich als nächstes, wer hat neuerdings ein Sixpack – und wieso iegt Marcel jedes Wochenende nach Berlin? Haben die wirk-lich die geileren Fäuste dort oben?Zum Glück gibt’s wenigstens den Bier-mann, der extra aus dem Aargau anreist und gekühlte Dosen zu äusserst konsumen-tenfreundlichen Preisen verkauft. Es wird wohl nicht lange dauern, und die Polizei hat auch ihn im Visier. Denn Bier verkaufen ist bestimmt verboten. Darauf verwette ich mein nicht vorhandenes Höschen. «Zürich hat’s geschafft, etwas zu erlauben, was nicht verboten war und etwas zu verbieten, was erlaubt ist.»«Jetzt sieht der Wald aus wie getrimmtes Schamhaar.»

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8CR U I S E R SOMMER 2018MAMMA MIA!ALLES ÜBER DAS ERFOLGSMUSICALABBA Musical Mamma Mia auf SchweizerdeutschDiesen Sommer präsentieren die Thunerseespiele mit Mamma Mia! erstmals ein weltberühmtes Musical in schweizerdeutscher Sprache. Wir haben uns mit Dominik Flaschka und Gigi Moto über den ABBA-Knaller unterhalten.Mamma Mia! auf Schweizerdeutsch wartet mit einem tollen Cast auf: Gigi Moto, Monica Quinter und Patricia Hodell.IN T E R V I E W: H AY M O EMPLDonna und Sophie sind Auswande-rinnen – woher sie ursprünglich stammen, das bestimmt das Land der jeweiligen Auührung. So würzt das Kreativ-Team der unerseespiele das ABBA-Musical mit einer Portion Swissness und verleiht dem modernen Alltags-Mär-chen ein neues Gewand. Für die Umset-zung des dritten Dialekt-Musicals nach «Gotthelf» und «Dällebach Kari» setzen die uner Musicalmacher auf ein erfolgrei-ches Duo: Dominik Flaschka und Roman Riklin. Sie waren bereits für die Schweizer Musicals «Ewigi Liebi», «Mein Name ist Eu-gen» und «Ost Side Story» mitverantwort-lich und übertragen nun Mamma Mia! ins Schweizerdeutsche. Foto Dominik Flaschka: Raphael Hadad

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9MAMMA MIA!ALLES ÜBER DAS ERFOLGSMUSICALDominik, «Mamma Mia!» ist ein klassisches Jukebox-Musical und wirklich überraschen kann man mit dieser Produktion niemanden mehr. Für dich auch nicht mehr eine wirkliche Herausforderung, oder?Ich bin überzeugt, dass wir die Zuschauer mit unserer Fassung für un überraschen können. Immerhin bringen wir das Stück erstmals auf Schweizerdeutsch. Das wird ein riesiger Spass, der ans Herz geht. Der trockene Humor unseres Dialekts eignet sich wunderbar für eine Musical-Komödie wie Mamma Mia!Die riesige Seebühne ist ebenfalls eine Neuheit für dieses Musical. Eine tolle Kulis-se, die perfekt zum Inhalt des Musicals passt.Wie bist du auf dieses Projekt gekommen, wessen Idee war das?Ich kenne die Verantwortlichen der uner-seespiele seit vielen Jahren. Wir waren schon seit längerer Zeit im Gespräch für eine mögliche Zusammenarbeit. Seit «West Side Story» habe ich alle Produktionen der unerseespiele gesehen. Als mich der aus-führende Produzent Markus Dinhobl im März 2017 anfragte, die Regie für Mamma Mia! in un zu übernehmen, wusste ich noch nichts vom Plan «Mamma Mia! auf Schweizerdeutsch». Nach weiteren Gesprä-chen sagte ich gemeinsam mit Roman Riklin auch die Übersetzungsarbeiten zu.Zur Übersetzung: Diese dürfte nicht einfach gewesen sein und wir hoffen sehr, dass das Stück frei von Germanismen ist…Wir sind für die schweizerdeutsche Fassung von Mamma Mia! ganz ins Berndeutsche eingetaucht. Alle Songs sind auf Bern-deutsch, unsere drei Hauptcharaktere Donna, Tanja und Rosi und natürlich auch Donnas Tochter Sophie stammen aus dem Bernbiet. Nur die potenziellen Väter von Sophie sind keine Berner. Bei der Adaption vom Schweizerdeutschen in den Berner Dialekt hat uns Ben Vatter – ein absoluter Berndeutsch-Experte – tatkräftig unter-stützt. Dabei haben wir die berühmten Hooklines wie «Dancing Queen» oder «Mo-ney, Money, Money» – wie vom Verlag vorge-geben – natürlich behalten. Diese Erken-nungsmerkmale der ABBA-Songs ergänzen sich wunderbar mit den schweizerdeut-schen Texten. Einfach so als kleiner Sneak peek: «The Winner Takes It All» wurde in der hochdeut-schen Version mit «Der Sieger hat die Wahl» übersetzt und Marianne Rosenberg trällerte «Nur Sieger steh’n im Licht». Wie ist dein schweizerdeutscher Song-Titel?«e Winner takes it all» ist ein wunderbares Beispiel. Ich nde, dass es Roman Riklin und Ben Vatter gelungen ist, mit der Überset-zung in «Der Gwinner isch der Star» ein ➔ Foto Dominik Flaschka: Raphael HadadA N Z E I G EEngagiert für LGBTPinkCop Schweiz8000 Zürichinfo@pinkcop.chwww. pinkcop.chMitglied werden:www. pinkcop.ch● PinkCop bietet lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender Polizistinnen und Polizisten eine Community● PinkCop sorgt für mehr Akzeptanz von LGBT‘s innerhalb der Polizei ● PinkCop sorgt für den Hemmungsabbau der LGBT-Community gegenüber der Polizei● PinkCop organisiert Projekte und Kampagnen und ist in der LGBT-Community breit vernetzt

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10CR U I S E R SOMMER 2018adäquates Pendant zum englischen Ori-ginal zu entwickeln. Natürlich ist es nicht immer einfach, geeignete Reime zu nden. Vor allem, wenn die Vorgabe des Verlags lautet, den Inhalt eins zu eins und nicht ein-fach sinngemäss ins Schweizerdeutsche zu übertragen. Da hatten Roman und Ben ei-nen wirklich kniigen Job mit den Songs, den sie meiner Ansicht nach bravourös gemeistert haben!Du hast dich bestimmt intensiv mit den Kom-positionen – vor allem auch mit den Texten – von Björn Ulvaeus sowie Benny Andersson auseinander setzten müssen / dürfen: Wie wirken diese auf dich?Mit den Kompositionen der Lieder haben sich natürlich in erster Linie Roman Riklin – der alle Lieder übersetzt hat – und Iwan Wassilevski – der musikalische Leiter der unerseespiele – auseinandergesetzt. Na-türlich habe auch ich mich intensiv damit beschäftigt, wenn auch vor allem zur Vorbe-reitung der Inszenierung. Speziell im Musi-cal Mamma Mia! ist die Platzierung der Lieder sehr clever. Die Lieder halten die Handlung nicht auf, sondern treiben diese weiter. Das macht Mamma Mia! meiner Ansicht nach zu einem der besten Compi -la tion-Musicals, das derzeit auf dem inter-nationalen Markt ist. Und es ist sicher auch Teil seines Erfolgs. Zudem sind die von Benny Andersson und Björn Ulvaeus kom-ponierten ABBA-Songs absolut zeitlos. Ich liebe die Melodien – sie erinnern mich an meine Jugend.Eine Open-Air-Bühne ist nicht der Hechtplatz: Wie gehst du mit diesem Umstand um und was ist besonders spannend an einer Open-Air-Inszenierung?Nachdem ich bisher rund 65 Indoor-Pro-duktionen verantworten durfte, ist Mamma Mia! in un meine erste Freiluftinszenie-rung. Ich freue mich sehr auf diese Heraus-forderung. Ich habe ein tolles Team und ei-nen sensationellen Cast an der Seite. Die Proben sind gut gestartet und wir freuen uns sehr, das Stück ab Mitte Juni auf der See-bühne zu adaptieren und ihm den letzten Schli vor der Premiere am 11. Juli zu geben.Gigi Moto als Rosi Das unschlagbare Trio aus «Donna und die Dynamos», das in jungen Jahren die Party-welt unsicher machte, kommt auf der grie-chischen Insel nach vielen Jahren wieder zusammen, um Sophies Hochzeit zu feiern. In der uner Inszenierung wird die feurige Tanja von der Bernerin Patricia Hodell verkörpert. Sie stand in un bereits 2011 als Frau Jenny in «Dällebach Kari» auf der Bühne und begeisterte das Publikum 2010 als Ammännin in «Gotthelf». Ihr Openair-Debüt in un gibt Gigi Moto als Rosi, die reife Geniesserin der «Dynamos». Die Zürcherin mit der souligen Stimme ist schweizweit als Sängerin be-kannt. In un feiert das Musical mit den ABBA-Hits ausserdem seine Open Air-Welt-premiere.Gigi, du spielst die Rolle der Rosi Mulligan. Die Figurenzeichnung ist weder im Film noch im Original-Musical besonders stark. Wie hast du Rosi Leben eingehaucht?Die Rosi ist zwar eine Nebenrolle, sie ist aber meiner Meinung nach in allen Versio-nen eine starke Persönlichkeit und sehr lebendig – das kommt auch im Schweizer-deutschen gut zur Geltung. Sie ist quirlig, bodenständig, hat einen trockeneren Hu-mor und keinen sehr guten Geschmack, was Kleider angeht. Im Zusammenspiel mit ihren Freundinnen trägt sie einen witzigen Teil in die Runde. In unserer Inszenierung sind alle Rollen wichtig und das Zusam-menspiel massgebend. Gewisse Nebenrollen braucht es, damit die Hauptrollen die Mög-lichkeit haben, sich voll in Szene zu setzen. Du bist vor allem Musikerin – musst aber auch schauspielern können. Was fällt dir bei «Mamma Mia!» schwerer? Und weshalb?Den Gegensatz, den meine beiden Welten als Musikerin und Schauspielerin mit sich bringen, nde ich besonders interessant. Wenn ich als Musikerin auf der Bühne ste-he, bin ich ganz ich selbst. Im eater darf ich jemanden verkörpern, der unter Um-ständen ganz anders ist als ich. Das ist ein spannender Prozess. Dabei gebe ich mich total in die Hände des Regisseurs. Ich mag es, eine Rolle im Team zu erarbeiten. Aber es ist natürlich auch immer mit viel Nervo-sität verbunden: Wie kommt meine Inter-pretation einer so berühmten Rolle wie die von Rosi beim Publikum an? Diese Frage kann erst nach der Premiere beantwortet werden. Das muss man in der Probenarbeit aushalten können.Du hast dich bei den Proben intensiv mit den Kompositionen von Björn Ulvaeus sowie Benny Andersson auseinander setzten müssen / dürfen: Was ist dein musikalisches Fazit?Ich bin mit den Songs von ABBA aufgewach-sen. Als Teenager habe ich die Lieder mitge-trällert, später fand ich die Band eher etwas stier. Heute weiss ich durch die intensive Auseinandersetzung meines Mannes mit den ABBA-Songs und viele Diskussionen darüber, dass Björn Ulvaeus und Benny Andersson sehr schlau getextet, die Songs clever komponiert und phonetisch wirklich sensationell ausgearbeitet haben. Sie blieben dran bis zum Schluss und haben nie einen Song einfach so in die Tonne getreten, nur weil sie grad nicht auf einen grünen Zweig kamen. Das ist wirklich bemerkenswert.Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet?Die grösste Herausforderung ist das Bern-deutschlernen. Wir spielen das Stück ja auf Schweizerdeutsch. Donna, Tanja und Rosi kommen aus dem Bernbiet und auch alle Lieder sind auf Berndeutsch. Das ist für eine Zürcherin nicht ganz leicht (grinst). Wenn das «e» zum «ä» wird, muss man ganz genau überlegen, wie man das Wort ausspricht. Bei den Liedern geht das schon ganz gut. Rich-tig schwierig sind für mich die Sprechtexte. Zum Glück werden wir von unserem Bern-deutsch-Coach Ben Vatter unterstützt. Wie erklärst du dir den weltweiten Erfolg von Mamma Mia?Ich denke, dass die ABBA-Songs ein wichti-ger Teil des Erfolgs sind. Mamma Mia! ist ausserdem eines der besten Compilation-Musicals, die es gibt. Die starken Frauen, die im Mittelpunkt stehen, sind glaubwür-dig und tolle Identikationsguren. Der Witz des Musicals und das Tempo tragen sicherlich ebenfalls zum Erfolg bei. MAMMA MIA! auf der Seebühne in Thun 11. Juli bis 30. Augustwww.thunerseespiele.chVorverkauf bei www.starticket.ch«Das wird ein riesiger Spass, der ans Herz geht. Der trockene Humor unseres Dialekts eignet sich wunderbar für eine Musical-Komödie wie Mamma Mia!»MAMMA MIA!ALLES ÜBER DAS ERFOLGSMUSICAL

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12CR U I S E R SOMMER 2018KOLUMNEANDREAS LEHNERVON A NDR EA S L E H N E RDie grosse Um_ordnung war eine Per-formance auf dem Helvetiaplatz in Zürich. Unter anderem spielten die Anwesenden ein Spiel: Die Privilegienpyra-mide. Alle stehen um ein Dreieck. Es wer-den Fragen zu Gender, Einkommen, Haut-farbe, sexueller Orientierung etc. gestellt. Bei einem «Ja» musste man einen Schritt nach vorne gehen. Das Ganze wurde von ei-nem benachbarten Dach gelmt. Spannend irgendwie. Für mich hatte dieses Spiel zwei Probleme: Erstens trug ich ein rotes Tischi, welches auf der Übertragung aus der Menge leuchtete. Und zweitens wäre ich fast aus dem Dreieck wieder hinausgelaufen vor lauter Privilegien. Zum Glück bin ich schwul und werde nichts erben. Diese Tatsache hat mich gerettet. Wenigstens zweimal nicht «Ja» sagen müssen. Soweit so gut. Aber was heissen all die-se Privilegien für mein Leben? So ganz aus-serhalb der laufenden Debatten? Ich kann’s euch sagen: Genau gar nichts. Suizidversuch mit 19, Panikattacken mit 40 und so weiter und so fort. Oder wäre der Verlauf meines bisherigen Lebens einfach schlimmer gewe-sen als Weniger-Privilegierter? Oder wirbelt einem die Zugehörigkeit zu einer Minder-heit per se das Leben durcheinander? Die Diskussion um Privilegien ist wichtig. Und richtig. Und dass ein Privile-gien-Aufbau auf der einen Seite einen Ab-bau auf der anderen Seite bedingt, versteht sich von selbst. Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Der Kampf ist noch nicht gewonnen. Und so langsam lerne ich, dass «solidarisch Fernbleiben» vielleicht dazu gehören muss. Privilegien gibt’s nicht nur im Ge-schlechterkampf. Nein. Es gibt auch den Pri-vilegiengraben zwischen Mitteleuropa und Afrika. Zwischen Amerika und Osteuropa. Auch hier gibt es noch viel zu tun. Und zwar nicht auf die bekannte koloniale Art. Auch hier muss ich lernen, dass «solidarisches Fernbleiben» manchmal mehr helfen könn-te als gutgemeinte Unterstützung der Weis-Privilegien, Angst und SommerapérosUnser Kolumnist macht sich Gedanken über den Umgang mit eigenen Privilegien und wie sie sich im Leben eines schwulen Mannes zeigt. Ein Aufruf zu mehr Sommerapéros.sen für die Mitglieder aller weniger privile-gierten Ethnien, die längerfristig das Leid nur vergrössert. Denn so haben die «Ge-schenke» des europäischen Kapitalismus zum Beispiel afrikanische Märkte zerstört.Genauso wie Afrika selber stark ist und sich selber helfen kann, so sind auch Frauen* genügend stark, um für ihre Rechte zu kämpfen. Und trotzdem muss ich bereit sein, wenn es darum geht, mit anzupacken. Ich freue mich auf viele Sommerapé-ros. Um mit den Menschen* um mich herum genau über solche emen zu reden. Dies ohne zu streiten. Dafür mit viel Zuhören. Und auch mit einmal Nachgeben. Damit wir dann – nach dem Kampf – wieder zusam-men an der Idee einer Gesellschaft weiter-arbeiten können. Zusammen. Dann viel-leicht solidarisch miteinander. Ich wünsche einen guten Sommer! Die Diskussion um Privilegien ist wichtig. Und richtig. Und dass ein Privile gien-Aufbau auf der einen Seite einen Abbau auf der anderen Seite bedingt, ver-steht sich von selbst.

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13CR U I S E R SOMMER 2018KULTURBUCHTIPPBUCHTIPPSteven Amsterdam: Einfach gehen. Unionsverlag Zürich 2018.Preis CHF 33.90 ISBN 9783293005273Ein junger Mann zwischen Leben, Liebe und Tod. Kann er seiner unheilbar kranken Mutter ihren letzten Wunsch erfüllen?VON B I R G I T K AW OHLDer erwachsene Evan sorgt sich rüh-rend um seine Mutter Viv, eine ehe-malige Lehrerin, die an Morbus Par-kinson erkrankt ist. Vivs behandelnder Arzt hat eine neue Behandlungsmethode aus-probiert, die zu einer Besserung ihres Zu-standes führen soll. Nachdem sich zunächst nichts tut, verbessert sich ihr Zustand dann plötzlich so, dass sie das Pegeheim verlas-sen und wieder auf eigenen Füssen stehen kann. Doch dann kommt es zu einem Rück-schlag und schliesslich sogar zu einem Hirnschlag, der sie endgültig aus der Selbst-ständigkeit herauskatapultiert. Evan steht vor der Frage, ob er den Wunsch seiner Mut-ter erfüllen soll, die immer gesagt hat, bevor sie noch einmal in ein Pegeheim gehe, möchte sie lieber sterben.Dabei hilft es Evan, der ausgebildeter Krankenpeger ist, dass er bereits auf einer Station für begleitetes Sterben von un-heilbar Kranken sowie bei einem privaten Sterbedienst gearbeitet hat. Trotzdem ist es natürlich etwas ganz anderes, jemand Fremdem auf seinem letzten Weg zu assi s-tieren oder aber der eigenen Mutter den Becher mit dem Gift zu reichen. Kompliziertes PrivatlebenPrivat ist Evans Leben nicht weniger kom-pliziert. Er führt eine Dreierbeziehung mit Simon und Lon, wobei diese beiden ein fes-tes Paar sind, das auch zusammenwohnt. Evan ist dort zwar ein gerngesehener Gast sowie ein sehr willkommener Sexpartner, doch ihm selbst fehlt das Selbstverständnis, sich zu den beiden völlig zugehörig zu füh-len. Sowieso kann er, und das liegt an seiner Erziehung durch die ebenfalls keine Hilfe annehmen könnende Viv, seine Probleme weder bei Simon und Lon noch bei jemand anderem wirklich abladen. Wenn er es einmal tut, erhält er Unterstützung, aber irgendwie macht ihn das nicht sicherer in seinem Umgang mit seinen Mitmenschen. Interessant ist, dass hier, wie man es sonst wohl bisher nirgendwo so sachlich und objektiv gelesen hat, eine Dreierbezie-hung für alle Beteiligten zu funktionieren scheint. Evan hat jemanden, mit dem er Sex haben kann, ohne viel Risiko eingehen zu müssen. Zugleich hat er aber auch die Si-cherheit, dass, wenn er einmal keine Lust hat oder einfach nach dem Sex abhaut, die beiden ja noch einander haben, er also nie-manden alleine lässt. Die allgemein verbrei-tete Ansicht, dass bei Dreierbeziehung im-mer alle Beteiligten leiden müssen, wird hier absolut auf den Kopf gestellt. Dies mag mit Sicherheit auch daran liegen, dass die drei Männer ihre Beziehung vollkommen oen und liebevoll ausleben. Hieran könnten sich viele – egal ob in einer Zweier- oder Dreier-beziehung lebend – ein Beispiel nehmen.Zwei Handlungsstränge bestens verknüpftDem Roman gelingt es, beide Handlungs-stränge mit Leben zu füllen und so ist man als Leser, ähnlich wie der Protagonist, im-mer wieder hin- und hergerissen zwischen der lebensentscheidenden Frage «Wann ist der richtige Zeitpunkt zu gehen?» und dem einfachen menschlichen Bedürfnis nach Zuneigung, Verständnis, Unterstützung und – ja, natürlich auch – nach Sex. Der Be-reich des frei gewählten Zeitpunkts für den eigenen Tod, der bei der heutigen Entwick-lung der demograschen Verhältnisse und dem an und für sich steigenden Wunsch nach Eigenentscheidung für alle Teile des Lebens vor allem im Bereich der Kranken- und Pegedienste, aber längst nicht nur dort, von grösster Wichtigkeit ist, wird an verschiedenen Episoden deutlich gemacht. Dabei werden diese Beispiele jedoch nicht in einer additiven Weise aneinandergereiht, dem Autor gelingt vielmehr eine geschickte Einbettung in den Gesamtkontext, sodass nie Langeweile aufkommt, sondern eher immer wieder eine neue Welle von Mit-gefühl in Bezug auf die unterschiedlichen Lebensschicksale hochschwappt. Und so lässt der Roman seine Leser letztendlich mit der schicksalsschweren Frage zurück: Wie möchte ich sterben? Was wünsche ich mir für meine Liebsten und was sich diese von mir? Ganz nebenbei regt er noch ein Nachdenken über die Akzep-tanz von Hilfe und Liebe an. Und das ist weit mehr, als viele Romane aus diesem Jahr ge-schat haben. Interessant ist, dass hier, wie man es sonst wohl bisher nir-gendwo so sachlich und objek-tiv gelesen hat, eine Dreierbe-ziehung für alle Beteiligten zu funktionieren scheint.Einfach ist es nie zu gehen

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14CR U I S E R SOMMER 2018RICHTIG GENDERNEIN LEITFADENWas darf ich überhaupt noch sagen? Ein Lehrgang in sechs LektionenWarum man «behindert» und «schwul» nicht als Schimpfwörter benutzen soll, ist den meisten von uns klar. Aber was ist sprachlich eigentlich ok – und warum? Und wer entscheidet das?Wie redet man wen an und wie wird ein Text so formuliert, dass dieser verständlich bleibt? Keine einfache Aufgabe, oder?

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15CR U I S E R SOMMER 2018Wie Menschen genannt werden, sollten diese selbst entscheiden können. Diese Wahlfreiheit sollte sich auch in der Sprache niederschlagen.VON H ANNES RUDOLPHLektion 1: Die Perspektive ist entscheidend «Aber die Leute meinen doch gar nicht Schwule, wenn sie ihre Klassenarbeit schwul nden!» Ich sitze mit überwiegend cis hetero Menschen am Tisch. Ja, natürlich. Schwul ist – so verwendet – einfach ein Syno-nym für «uncool» und «nervig». Aber DAS ist eben ein Problem. Ich grinse und sage: «Meine Nachbarin hämmert den ganzen Tag, das ist sooo hetero! Und gestern wollten wir wandern, und es hat nur geregnet – voll hetero.» Plötzlich merken die Kolleg*innen, dass ihr Hetero-Sein dadurch doch irgend-wie schlechtgemacht wird.› Dinge, die dich selbst nicht betreffen, wirken oft weniger schwerwiegend als Dinge, die dich betreffen. Darum vorsichtig mit Aussagen wie: «Da seid ihr doch zu empfindlich!»Lektion 2: Wer darf entscheiden, wie Leute genannt werden?Neulich in einer Kommentarspalte – es ging um Kinder mit Trisomie 21 und irgendein omas wetterte: «Wieso darf ich nicht mon-goloid sagen?» Gegenfrage: Wieso willst du es denn sagen? Wenn Leute, die einer Min-derheit angehören, auf eine sprachliche For-mulierung bestehen, dann hat das in der Regel einen Grund. Du musst ihn nicht ein-mal wissen. Leute, die es betrit, haben meist mehr Ahnung von dem ema – und sie spüren die Auswirkungen des Sprach-gebrauchs, den sie kritisieren am eigenen Leibe. Auch wenn du bei «Mohrenkopf» nicht an schwarze Menschen denkst: Men-schen, denen das auf dem Schulhof nach-gerufen wurde, denken anders darüber. Und – ebenfalls wichtig: Du hast kei-nen Anspruch darauf, dass sie es dir erklä-ren. Niemand hat Anspruch darauf, dass eine andere Person ohne Gegenleistung ihre Zeit investiert, um einem etwas zu er-klären, was man sich auch selbst anlesen könnte. Dazu kommt, dass Angehörige von Minderheiten sehr oft in die Rolle gedrängt werden, sich und «ihr ema» zu erklären. Das ist anstrengend und ungerecht. Menschen so zu nennen, wie sie das möchten, ist eine simple Frage von Respekt. Jede*r, der*die mal einen unschmeichelhaf-ten Spitznamen verpasst bekommen hat, weiss, wie es nervt und wehtut, wenn Leute ignorieren, wie du genannt werden willst. Wenn die genaue Wortwahl keinen Unter-schied macht, wieso darf ich zu dir nicht Stefan sagen, wenn du Markus heisst? Für mich ist das genau das Gleiche. › Wie Leute genannt werden, entscheiden die Leute, die es betrifft. Lektion 3: Sichtbarkeit von GeschlechternLehrerinnen und Lehrer, LehrerInnen, Lehrer*innen – können sich nicht mit «Leh-rer» alle gemeint fühlen, die den Lehrberuf ausüben? Nein. Warum, das zeigt die For-schung: Wenn Kinder «Wissenschaftler» zeichnen sollen, malen sie Männer mit weis-sen Haaren. Wenn sie «Wissenschaftlerin-nen oder Wissenschaftler» zeichnen sollen, werden auch Frauen gezeichnet. In einer Welt, in der in der Öentlichkeit viel mehr Männer vorkommen, in Zeitungen, im Fernsehen, in Romanen, in einer Welt, in der nur in etwa jedem achten Kinderbuch die Heldin ein Mädchen ist, ist es wichtig, nicht nur Männer sprachlich abzubilden. Jedes Mal, wenn ich (ohne zu wissen, wer mein Flugzeug iegt) sage: «Der Pilot kommt sicher gleich.», verstärke ich das Bild eines männlichen Piloten. Wie stark das ist, wird klar, wenn ich sage: «Die Pilotin kommt sicher gleich.» Irgendwer wird mich sofort darauf hinweisen, dass es keine Frau sein muss. Und mit Sternchen oder Unterstrich gendern bedeutet, auch Leute anzuspre-chen, die weder Mann noch Frau sind.› Wenn alle Geschlechter angesprochen werden sollen, gibt es drei gute Optionen: Neutrale Formen (Publikum, Gäste, Leute, Personen, Menschen etc.), Genderstern (Astronaut*innen, Helfer*in, Ärzt*in) oder Gender-Gap (Maler_in, Betroffene_r, Schüler_in). Lektion 4:Sichtbarkeit von LGBTIQA und anderen«Das mit den Buchstaben nimmt ja kein Ende! LGBTIQA… Warum müssen Men-schen ständig neue Gruppen ernden?» Aus Sicht von (cis) Schwulen und Les-ben mag das etwas anstrengend sein. Für bisexuelle und trans Menschen, für Leute die asexuell oder aromantisch sind und für andere queere Leute ist Sichtbarkeit aber wichtig. Wenn Leute dir nicht glauben, dass das, was du bist, überhaupt existiert, dann ist es existenziell, dass du vorkommst – in den Medien, in politischen Forderungen usw. – Zum Beispiel ist aus dem IDAHO (International Day Against Homophobia) erst der IDAHOT (plus trans), dann der IDAHOBIT (mit inter und bi) geworden und irgendwo im Netz habe ich auch schon mal eine Schreibweise mit «A» entdeckt. Es ist mühsam – aber wichtig. Falls du schwul oder lesbisch bist, kannst du es vielleicht ➔ Menschen so zu nennen, wie sie das möchten, ist eine simple Frage von Respekt.RICHTIG GENDERNEIN LEITFADEN

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16CR U I S E R SOMMER 2018RICHTIG GENDERNEIN LEITFADENnachvollziehen, wenn du dich an den ersten Film mit einem gleichgeschlechtlichen Kuss erinnerst, den du je zu sehen gekriegt hast: Wow, das sind Leute, die auch gleich-geschlechtlich lieben!› «Mitgemeint» sein funktioniert nicht. Gruppen, die weniger sichtbar sind, müssen genannt werden, um nicht vergessen zu werden.Lektion 5: Sprache prägt Weltbilder«Ach, du warst früher mal eine Frau?». Äh, nein. Ich habe früher als Frau gelebt, weil bei meiner Geburt alle dachten, ich sei ein Mädchen. Spitzndig? Nein. Oft sind sprachliche Feinheiten in ihrer Auswirkung von grosser Bedeutung. Wenn ich sage, ein trans Mann war mal eine Frau, dann setze ich Ge-schlecht gleich mit der biologistischen Zu-ordnung und der damals gelebten Rolle. Wenn ich hingegen sage, er wurde für eine Frau gehalten, akzeptiere ich, dass nicht die Zuordnung bei der Geburt entscheidet, was für ein Geschlecht eine Person hat. Da viel zu wenige Leute wissen, dass Identität (also das Wissen darüber, wer ich bin) das Ge-schlecht bestimmt und nicht die Zuord-nung, die bei der Geburt anhand der sicht-baren Geschlechtsteile gemacht wird, ist dieser sprachliche Unterschied sehr wichtig. Anderes Beispiel: Wenn ich Witze darü-ber mache, dass in der Herren-Fussball-Nati viele Urschweizer sind, dann sage ich damit: Ein Fernandez und ein Shaqiri sind irgend-wie keine richtigen Schweizer. Will ich das? Und wenn ich meinen Kollegen, der sich nicht vom 3-Meter-Brett traut, als Mädchen necke, sage ich, dass Mädchen feige oder sonst minderwertig sind. Will ich das? Aus dem Grund benutze ich auch Homo- oder Transphobie nicht mehr: Menschen, die Pho-bien haben, können nichts für ihre Angststö-rung (und sind dafür auch nicht zu kritisie-ren). Wer queeren Menschen feindlich und ablehnend begegnet, aber schon. Darum treender: Homo-, Bi-, Transfeindlichkeit. › Sprache festigt Weltbilder und Sichtweisen, die bestimmten Leuten Schaden verursachen. Es lohnt sich also, Sprachgebrauch zu hinter-fragen und bei Kritik zuzuhören.Lektion 6: Kritik, Abwehr und Fehlerfreundlichkeit«Das ist ja alles gut und recht – aber wer soll sich das merken? Und überhaupt, lasse ich mir nicht gern Sachen vorschreiben. Spra-che ist nun mal, wie sie ist und lässt sich nicht auf Befehl verändern. Und man kann es ja eh niemandem mehr recht machen.»Sei ganz beruhigt. Im Moment ben-dest du dich in einer komfortablen Mehr-heit, wenn du all diese Dinge nicht beach-test. Das Ignorieren von Dingen, die sich Minderheiten schon lange wünschen, ist noch immer mehrheitsfähig. Wie könnte es sonst sein, dass Begrie wie Indianer und Eskimo immer noch überall auftauchen? Wenn ich dich bitte, deinen Sprachgebrauch zu überdenken, dann bin ich nicht der Staat. Ich kann folglich auch keine Zensur aus-üben. Das Sprachveränderungsargument lasse ich auch nicht gelten. So schnell wie Kopftuchmädchen und Flüchtlingswelle im Sprachgebrauch gelandet sind, so leicht lassen sich auch andere Wörter etablieren. Indem Menschen sie benutzen.Na klar: Niemand wird gern kritisiert und niemand sagt gern etwas, mit der Angst, dass der Ausdruck vielleicht unabsichtlich verletzend ist. Es ist aber so: Kein Mensch weiss alles. Alle machen ab und zu Äusserun-gen (auch Witze), die verletzend sein können, die Menschen unsichtbar machen oder die unbeabsichtigt bestimmte schädliche Struk-turen bestätigen und stärken. Das ist nicht zu ändern. Kritik bedeutet aber nicht, dass du als Person nicht in Ordnung bist. Fehler sind erlaubt. Cool wäre aber, auf Kritik nicht mit Abwehr zu reagieren sondern zu versuchen, bestimmte Dinge zu verstehen und zu ver-ändern. Der Versuch zählt. Und bei Sprache ist vieles Gewohnheit. Also probiere es ein-fach. Und habe Mut zu scheitern.› Alle machen Fehler. Das ist nicht schlimm. Schlimm ist nur, auf Kritik pampig zu reagieren. Zuhören, danke sagen und sich korrigieren – und alles wird gut, versprochen. In einer Welt, in der in der Öffent lichkeit viel mehr Männer vorkommen, in der nur in etwa jedem achten Kinderbuch die Heldin ein Mädchen ist, ist es wichtig, nicht nur Männer sprachlich abzubilden.

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17CR U I S E R SOMMER 2018LIFESTYLEBRUSTHAAREAuf 2,5 Zentimeter bringt es ein Brusthaar im Schnitt. Davon dürften diesen Sommer deutlich mehr zu sehen sein – denn Brustbehaarung liegt im Trend. Cruiser hat für den nachfolgenden Bericht eine ganze Armada an Experten aufgetan – aber lest selbst. VON M ARC O K REF T I N GDie Männerbrust wird wieder mehr zu einer haarigen Angelegenheit. Die Zeiten metrosexueller Glätte à la David Beckham sind vorbei. «Aktuell bewe-gen wir uns in eine neue Hippie-Ära. Der perfekt glatte überstylte Prototyp der 1990er-Jahre trit endgültig nicht mehr den Modegeschmack», sagt Constantin Herr-mann, Beauty-Director des Stil-Magazins «GQ Gentleman's Quarterly». «In den kom-menden Jahren werden viele ästhetische Elemente der späten 60er- und frühen 70er-Jahre wiederkehren.» Heisst: Es wird auch wieder mehr Körperhaar kommen. «In Wer-bung, Filmen und – wenn man das Glück eines regelmässigen Haarwuchses hat – auch auf der eigenen Brust.»Wildwuchs wie einst bei Tom Selleck, welcher optisch an ein plattgelegenes Meer-schweinchen erinnerte, ist aber auch nicht angesagt. Auch die Hersteller von Rasierern und Zubehör stellen einen «Trend zur In-dividualität» fest, wie es bei Braun und Gil-lette heisst. «Der eine mag das Brusthaar eher getrimmt, während der andere eine glatte Brust bevorzugt.» Das ema Körper-rasur sei zu einer Frage des Lifestyles ge-worden und mittlerweile ein fester Bestand-teil der (männlichen) Pege-Routine. Wobei die Firmen naturgemäss jene Kunden im Visier haben, die lieber einmal mehr zum Rasierer greifen.Laut einer repräsentativen Studie der Uni Leipzig (wir vom Cruiser wundern uns manchmal doch, was an Unis so alles er-forscht wird…) entfernten 2016 zwölf Prozent der Männer Haare am Oberkörper. Vor allem in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen war diese Art der Körperpege beliebt, dort war es mehr als ein Viertel (27,7 Prozent) der be-fragten Personen, die zum Rasierer grien.Gillette verweist auf eine eigene Stu-die, wonach 56 Prozent der Männer in der D/A/CH Region ihren Körper enthaaren. Viele machten das nicht nur aus ästheti-schen Gründen, sondern auch aus hygieni-schen: «Schweiss, Hautzellen und schlechte Gerüche setzen sich im Körperhaar fest und lassen die Frische schnell verschwinden.» Da Seife nach der Haarentfernung doppelt so lange halte wie auf unrasierter Haut, bringe die Haarentfernung einen Frische-vorteil von bis zu 24 Stunden.Trend und GegentrendWenn nun das Brusthaar wieder spriesst, sieht die Psychologin Ada Borkenhagen der Uni Leipzig darin eine Art Gegentrend: Auf das recht androgyne Äussere mit jünglings-hafter Glattheit folgte zuerst der Bart, nun das Brusthaar. «Das kommt aus der Schwu-lenszene, wird aber inzwischen auch bei he-terosexuellen Männern schick.» Tendenziell folgten eher junge Männer in Grossstädten der Mode zum gestutzten Brusthaar. «Aber auch auf Ältere, die jung erscheinen wollen, hat der Trend übergegrien.» Ein weiterer Grund: Heterosexuelle Frauen hätten bei Tätowierungen aufgeholt, sagt Borkenhagen. Brusthaar tauge da für Männer als Abgrenzungsmerkmal. Ein Re-vival des Rückenhaars droht ihrer Einschät-zung nach übrigens nicht: «Das erinnert zu sehr an Aen», meint die Expertin. «Dann ist die Grenze zwischen den Arten nicht mehr gewährleistet.»Nichtsdestotrotz gibt es beim ema Brusthaar einiges zu beachten. Ein durch-schnittliches Brusthaar werde ungefähr 2,5 Zentimeter lang, sagt «GQ»-Stilexperte Herrmann. «Wer die Länge an sich mag, braucht nicht zu trimmen.» Ansonsten trage Mann Brusthaar länger als auf dem Bauch, idealerweise kürzer als zwei Zenti-meter. Die Schultern bleiben in jeder Ver-sion völlig haarfrei. Auch die Brustwarzen sollten gerne freigehalten werden. «Zuge-wuchert wirken sie unsexy.» Wer ein Vorbild suche, werde bei Schauspielern fündig: «Bradley Cooper trägt das aktuell vielleicht schönste Brusthaar, gefolgt von Jason Statham.»Ausserdem mahnt Herrmann: «Oen zur Schau getragene Brusthaare sind eben-so wie eine völlig blankrasierte Brust immer noch sexuelle Attribute.» Wir vom Cruiser nden also: her damit! Ein Hoch aufs Brusthaar Bei diesem Exemplar hier im Bild stimmt das Gesamtkonzept, eigentlich völlig egal, ob mit Brusthaar oder ohne.

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18CR U I S E R SOMMER 2018KULTURBLUE BALLS 2018Rufus Wainwright wird am diesjährigen Blue Balls Festival auftreten. Der Künstler sorgt im angelsächsischen Raum seit Jahren für Furore, jetzt macht er einen Zwischenstopp in Luzern.VON D A P H N E H A FNERWährend sich die Musikwelt immer schneller dreht, die Events immer grösser werden und ein Hype den nächsten jagt, bleibt sich das Blue Balls Fes-tival treu. Das heisst: Musik und Kunst mit Seele - während neun Tagen rund um das Luzerner Seebecken. Seit über 20 Jahren präsentiert das Festival handverlesene Talente und Entdeckungen – über zwanzig von ihnen spielen zum ersten Mal in der Schweiz. So etwa Keir, das diesjährige Blue Balls-Face oder Delgres und Black Pistol Fire. Auch bei den bereits bekannten Acts ist die künstlerische Qualität wichtiger als kommerzieller Erfolg: Die Indie-Helden Eels, Kritiker-Liebling Rufus Wainwright oder der neue Blues Star Gary Clark Jr. mögen alle weder die Charts anführen noch die ganz grossen Hallen füllen – dafür haben sie mit ihren Konzerten noch kaum einen Musikfan kaltgelassen.Highlight für die LGBT*-CommunityRufus Wainwright ist für die LGBT*-Com-munity ein Highlight, aber nicht nur. Denn der Star wurde von der New York Times für seine «genuine originality» in mehreren Artikeln immer wieder gelobt und gehypt, in den USA und Grossbritannien hat ich Rufus Wainwright längst als einer der ganz grossen Singer / Songwriter seiner Genera-tion etabliert. Der in New York geborene, in Montreal aufgewachsene Singer-Songwriter hat sie-ben Studioalben, drei DVDs und drei Live-Alben veröentlicht, darunter das fan tas-tische, für den Grammy nominierte «Rufus Does Judy» in der Carnegie Hall, das seine gefeierte «Judy Garland-Tribute-Performan-ce» im Londoner Palladium festhielt, und das Album «Release e Stars», das in Kana-da und Grossbritannien Gold erhielt.Und einfach noch so fürs Herz und den Kitschfaktor: Bei einem Konzert in der Berliner Passionskirche lernte Wainwright seinen heutigen Lebensgefährten, den Berliner eaterproduzenten Jörn Weis-brodt, kennen und im Februar 2011 kam Wainwrights Tochter zur Welt; die Mutter ist Lorca Cohen, die Tochter von Leonard Cohen. Musik- und Kulturspektakel mit Starbesetzung und hohem Gay-Faktor Rufus Wainwright: Ein Künstler, der auf vielen Bühnen zu Hause ist.BLUE BALLS FESTIVALDas Blue Balls Festival ist mit mehr als 100 000 Besuchern eines der grössten Musik- und Kunst-Festivals der Schweiz; qualitativ herausragend und einmalig.Das internationale Festival präsentiert an neun Tagen über 100 Events: Blues-, Jazz-, Soul-, Funk-, World-, Rock- und Pop-Konzerte, Foto-grafie, Street-Art, Video, Film und Talks. Das Ambiente rund um das Luzerner Seebecken mit dem KKL Luzern, dem Pavillon Open-Air und den Late Night Shows im Hotel Schweizerhof machen es einzigartig. Es findet vom 20. – 28. Juli 2018 statt, alle Infos und Tickets auf der Webseite: www.blueballs.ch

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LEGENDE. REBELL. GENIE. DAS AUSSERGEWÖHNLICHE LEBEN DES ALEXANDER McQUEEN.23. AUGUST NUR IM KINOascot-elite.ch“Tief bewegend, authentisch und packend.”I-D“Höchst elegant und fesselnd.”VARIETY“Ein grandioser Film fürs Auge und die Seele.”THE SUN

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20CR U I S E R SOMMER 2018NEWS & KULTURNATIONAL & INTERNATIONALABBA – DAS COMEBACK. UND WARUM WIR ABBA DANKBAR SEIN KÖNNEN & SOLLTEN.Wir wissen ja: Abba bereitet sich auf ein Comeback vor. Die älteren Cruiser-Lesen-den aus der LGBT*-Szene sind entsprechend seit Monaten ganz aus dem Häuschen. Die Schweden gehören zu den weltweit erfolg-reichsten Musikern aller Zeiten und haben mittlerweile auch einen festen Platz in der Musikgeschichte inne. Irgendwie sind sie vor allem in der LGBT*-Szene beliebt, ob-schon sich ABBA nie sonderlich kämpferisch diesbezüglich gab. In ihrem Heimatland werden die Vier fast wie Nationalheilige verehrt und auch der Begri Schweden-Pop bildete sich erst in ihrem Windschatten. Wie es begann: Am Abend des 6. April vor 40 Jahren wurde im Brighton Dome ein Lied aufgeführt, das unvermutet die Ge-schichte der Popmusik veränderte. Man ahnte nicht, dass Historisches vor sich ging als die vier Schweden, die in Euroglam-Raumanzügen herumhüpften, auftraten. Vielmehr schienen sie ein typisches ESC-One-Hit-Wonder zu sein. Schon alleine der für britische Ohren starke Akzent der Frauen («Napoleon deed surrenda») war für viele Kritiker ein absolutes No-Go. Tja. Es kam anders: «Waterloo» startete nicht nur die Kar riere der – die Beatles ausgenommen – erfolgreichsten Popgruppe der Welt, son-dern auch die Popindustrie eines Landes. Und die Nachfrage nach Abba hält heute noch an. «Waterloo» bildete lediglich den musikalischen Urknall ihres Erfolgs. Allerdings war der Erfolg nicht einfach Zufall, sondern es steckte viel harte Arbeit dahinter. Abba wurde zuvor als Schwedens Eurovisionsbeitrag von 1973 mit dem Song «Ring Ring» abgelehnt; aber das Stück ver-kaufte sich gut im Ausland und ermutigte die Band, 1974 mit einer Nummer zurück-zukommen, die einen musikalischen Don-nerkeil liefern sollte, statt eine Mid-Tempo-Ballade zu bieten.Kritiker nicht begeistert«Waterloo» wurde geschrieben, als die Abba-Männer, Benny Andersson und Björn Ulvaeus, zusammen am Klavier jammten. Sie hatten eine tolle Melodie und brauchten einen dreisilbigen Titel, der nicht übersetzt werden musste – die Texte waren zunächst zweitrangig. Stig Anderson, der Manager der Gruppe, dachte an «Honey Pie», kam dann aber auf «Waterloo». Es war perfekt für den Eurovision Song Contest; der Text ent-stand anschliessend an einem Nachmittag. Die Verachtung, mit der Kritiker Pop-songs behandelten, war damals so gross, dass nur wenige erkannten, was Abba rich-tig machte. Man nahm die Musik ernster als alle anderen und machte den Schlager zur Kunstform. Ihr Studio, Polar Music, wurde das schwedische Pendant zu Abbey Road. Sie feilten an Gesangsharmonien und Ris. Ein gut erkennbarer Chor war aber nicht genug, so suchte man einprägsame Motive und ein sofort erkennbares Intro. Das «oom pa-pa» in «Super Trouper», das «ah-haaa» in «Knowing Me, Knowing You» – das sind die kleinen Dinge, die süchtig und Spass ma-chen. Diese kleinen Tricks wurden später dann von Künstlern wie Madonna und den Sex Pistols kopiert.Die CD «Abba Gold» ist statistisch gesehen in einem von zehn britischen Häusern zu nden; die Songs sind Hymnen für alle Lebenssituationen – rund um den Globus. Und sicher hat schon jede LGBT*-Person sich in diversen Lebenssituationen mit den Texten von Abba identizieren kön-nen oder müssen. Und deshalb danken wir auch nach 40 Jahren noch immer Abba für die Musik und freuen uns, auf das was da noch kommt. Und bangen auch ein biss-chen, denn: was, wenn durch das Comeback der Mythos zerstört wird?News & KulturEines der bekannten ABBA Bilder: Die Gruppe in ihren Anfangszeiten im Jahr 1970.ABBA im Jahr 2016 bei einer privaten Party in Stockholm, es wurde «Me an I» aus dem Album «Super Trouper» gesungen. Im selben Jahr waren die Ikonen erstmals nach 30 Jahren gemeinsam im Rahmen eines «Mamma Mia»-Jubiläums wieder auf der Bühne, allerdings ohne zu singen.

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21CR U I S E R SOMMER 2018NEWS & KULTURNATIONAL & INTERNATIONALRASIERTES V ALS COOLSTER BART DES JAHRES?Der Bart-Hype ndet kein Ende, doch dieses Jahr soll die Behaarung im Gesicht angeb-lich in eine neue Form gebracht werden. «Wer richtig lässig aussehen will, rasiert sich ein V vom Kinn bis zu den Schläfen», schreibt das Männer-Stilmagazin «GQ» in seiner Juli-Ausgabe. Nach all den Zausel-bärten der vergangenen Jahre sei der Drei-tagebart zurück, er dürfe aber keinesfalls überkorrekt aussehen, als wäre er mit dem Lineal rasiert worden. Die V-Form sei der «der coolste Bart des Jahres». Als prominen-ter Träger gilt der französische Schauspieler Gaspard Ulliel, bei uns vor allem bekannt aus dem Film «Saint Laurent» aus dem Jahr 2014. Ulliel spielte dort den Modeschöpfer Yves Saint Laurent.Zurück zum Bart: Die Anweisung zur Neuinterpretation des Bartschattens lautet wie folgt: «Mit dem Trimmer die Fläche un-terhalb der Mundwinkel frei rasieren. Nur der Patch unter der Lippenmitte bleibt stehen. Der Eekt: Das Kinn wirkt breiter – und der Bartträger maskulin.» Wir geben das nun einfach so wieder wie es bei «GQ» steht und kommentieren nicht weiter.Schauspieler Gaspard Ulliel hat angeblich den coolsten Bart des Jahres. © DPAA N Z E I G EMeine Cruiser-Bestellung Jahresabo Inland CHF 65 Jahresabo Ausland EUR 80 Gönner Jahresabo CHF 250Einsenden anCruiserClausiusstrasse 42, 8006 Zürichwww.cruisermagazin.chDAS GRÖSSTE SCHWEIZER GAY-MAGAZINstark.stolz.10 AUSGABEN FÜR NUR CHF 65. Der Cruiser kommt in neutralem Umschlag direkt in deinen Briefkasten. Einfach Coupon ausfüllen und einschicken oder online bestellen unter www.cruisermagazin.ch/aboName | VornameStrasse | Nr.PLZ | Ort | LandE-MailGeburtsdatumUnterschriftspannend.© Patrick MettrauxCruiser_Abo_Inserat_2018_2019_def.indd 1 18.04.18 09:49

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22CR U I S E R SOMMER 2018NEWS & KULTURNATIONAL & INTERNATIONALERSTER HIV-SCHNELLTEST FÜR ZU HAUSE ZUGELASSENHIV-Tests zur Eigenanwendung, sogenann-te HIV-Selbsttests, dürfen per sofort in der Schweiz verkauft werden. Im Interesse der öentlichen Gesundheit und auf Empfeh-lung der Eidgenössischen Kommission für sexuelle Gesundheit (EKSG) und des Bun-desamtes für Gesundheit (BAG) hat die Heilmittelbehörde Swissmedic die Abgabe solcher HIV-Selbsttests bewilligt. Andreas Lehner ist stellvertretender Geschäftsfüh-rer der Aids-Hilfe Schweiz und Leiter des Programmes MSM. Er steht der Abgabe solcher Heimtests positiv gegenüber: «Wir begrüssen die Zulassung von Heimtests in der Schweiz, selbst wenn es noch eine Weile dauern wird, bis diese wirklich im Markt verfügbar sind. Gerade für Routinetests eig-net sich dieser Test der dritten Generation sehr gut, auch wenn er nur ein Risiko, wel-ches mindestens drei Monate zurückliegt, sicher erkennt. Wer Risikosituationen be-reits nach sechs Wochen sicher ausschlies-sen will, ist bei einem Checkpoint oder einer anderen Teststelle nach wie vor besser auf-gehoben. Diese verwenden alle einen Test der vierten Generation. Und bieten eine Be-ratung an», erklärt Andreas Lehner gegen-über dem Cruiser.Im Dienste der GesundheitIn der Schweiz durften HIV-Tests bisher nur in einem professionellen Umfeld, beispiels-weise von einem Arzt oder in einem Spital, durchgeführt werden. In Zukunft kann je-der und jede, wie dies bereits in mehreren anderen Ländern der Fall ist, mit einem so-genannten Selbsttest zuhause überprüfen, ob er oder sie sich möglicherweise mit HIV angesteckt hat. Das Bundesamt für Gesund-heit (BAG) und die Eidgenössische Kommis-News & KulturBisher wurde der HIV-Test beim Checkpoint oder beim Arzt gemacht, neu geht dies auch zu Hause. Allerdings ist die Durchführung nicht ganz einfach.sion für sexuelle Gesundheit (EKSG) erwar-ten, dass der einfachere Zugang zu HIV- Tests mehr Menschen dazu bewegen wird, eine allfällige HIV-Infektion abzuklären – im Interesse der öentlichen, aber auch der eigenen Gesundheit. Andreas Lehner sieht dies ebenso: «Die Vision unserer Arbeit ist die Elimination von HIV. Um dies zu errei-chen, ist ein einfacher Zugang zu einem Test unabdingbar.»Bisher waren die «Checkpoint» An-laufstelle für Fragen rund um sexuelle Ge-sundheit. Ändert sich dies nun? «Nein. Wir gehen davon aus, dass die Arbeit in den Checkpoints nicht nachlässt. Denn die Be-ratung ist vielen Menschen wichtig. Auch denke ich, dass Menschen, die einen Heim-test gemacht haben, trotzdem im Check-point einen zweiten Test machen oder sich zumindest beraten lassen», erklärt Andreas Lehner auf Anfrage des Cruisers weiter. «Das A und O eines Heimtests ist die rich-tige Anwendung. Auf Beipackzetteln wird dies sehr gut erklärt.Nicht alle Krankheiten werden erfasstTrotzdem würden gewisse Menschen sicher-lich Mühe bekunden, erklärt Andreas Lehner weiter. Und die Interpretation des Resultats könne auch Schwierigkeiten be-reiten. «Vor allem, wenn jemand nervös ist oder Angst hat», gibt Andreas Lehner zu bedenken. «Und nach wie vor können an-dere sexuell übertragbare Krankheiten wie Chlamydien, Syphilis und Tripper mit dem Test nicht erfasst werden. Gerade Syphilis und Tripper sind in der Szene auf dem Vor-marsch. Da rum sind die Checkpoints in der Schweiz nach wie vor gute Anlaufstellen», so Lehner weiter. «Bei einem HIV-Test beim Checkpoint wird im Falle eines reaktiven Resultats direkt vor Ort eine erste Strategie mit dem beratenden Arzt erarbeitet, ausser-dem ist auch entsprechende Betreuung gewährleistet. Alles in allem ist der Schnell-test eine gute Möglichkeit, für Menschen, die öfters Risiken eingehen, aber denitiv nicht die beste Wahl». Weitere Infos zu Beratungsstellen gibt es auf www.drgay.ch

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Danya Care GmbH, Badenerstrasse 621, 8048 Zürich, Telefon: +41 (0)44 401 04 07, Mobil: +41 (0)76 393 48 48 Wir vermitteln und beraten Fachleute. Wir unterstützen Sie, damit Ihnen die richtige Wahl leichter fällt. Wir paaren in unserer Tätigkeit Erfahrung, Wissen, Methodik und soziale Kompetenz. Wir setzen uns für Ihre Interessen ein und streben langfristige Partnerschaften an. Wir garantieren absolute Diskretion. Kurzum: Wir sind die geeignete Stellen- vermittlung für Ihren Wunschjob.Für unsere Kunden in der Langzeitpege (mehrere Häuser in der Stadt und im Kanton Zürich) sind wir auf der Suche nach motivierten und qualizierten Fach-kräften. 80 % – 100 % Dipl. Pegefachperson HF/AKP/DNII Fachpersonen Gesundheit (FaGe)Ihre Hauptaufgaben sind: Professionelle Pege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit sämtlichen in der Betreuung und Pege eingebundenen Stellen.Sie verfügen über: Eine abgeschlossene Diplomausbildung HF, DNII, AKP, FaGe Belastbarkeit, Flexibilität, Teamfähigkeit Berufserfahrung in der Geriatrie- und Lang-zeitpege PC-Anwenderkenntnisse Wir bieten: Zuverlässige(r) und attraktive(r) Arbeitgeber Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten 5 Wochen FerienFühlen Sie sich angesprochen? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung!Ihre vollständige Bewerbung mailen Sie bitte an: info@danyacare.chDie Vermittlungs- spezialisten für Pegefachpersonal Danya CareDanya CareA N Z E I G E

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24CR U I S E R SOMMER 2018KULTURJOHANN STRAUSSEine liebenswerte Abrechnung mit Johann StraussDas Casinotheater Winterthur wagt sich an Johann Strauss’ «Die Fledermaus». Ohne Geigen und Plüsch, dafür mit Tobias Bonn & Christoph Marti. Bestens bekannt als die «Geschwister Pfister».VON H AY M O E M PLDas Casinotheater bringt den Klassiker in einer Form auf die Bühne, die Lieb-haber und Hasser von Operetten glei-chermassen zu begeistern vermag. In einer witzig-schrägen Bearbeitung der «Fleder-maus» bedienen sich Kai Tietje (musikali-sche Leitung) und Stefan Huber (Regie) res-pektlos aller musikalischen Klischees, verar- beiten die Hits des Walzerkönigs zu Swing und Tango oder lassen die berühmte Ouver-türe als A-cappella-Nummer erklingen. In der Geschichte um Vergnügungssucht, Scha-denfreude und elende Besäufnisse singen, spielen und betrügen Tobias Bonn und Christoph Marti (Geschwister Pster) als übersättigtes Ehepaar Gabriel und Rosalin-de, während Stefan Kurt (Papa Moll) als dau-erbesoener Gefängniswärter Frosch durch das Geschehen stolpert. Musik und Figuren wirbeln wild durch sämtliche Epochen, von der Belle Époque bis zur Hippie-Zeit.«Die Rache der Fledermaus» ab 30. August im Casinotheater Winterthur. Cruiser verlost 5 x 2 Tickets für eine Vorstellung nach Wahl (nach Verfügbarkeit) Schreibe einfach ein Mail mit Name, Adresse und Betreff «cruiser» bis zum 31. Juli 2018 an kontakt@casinotheater.ch. Viel Glück!

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25KULTURJOHANN STRAUSSCruiser hatte die Gelegenheit, im Vor-feld ein Gespräch mit den Hauptakteuren, Tobias Bonn und Christoph Marti, zu führen.Cruiser: Tobias, welche Rolle spielst du und was hat diese für einen Charakter?T.: Ich spiele Gabriel von Eisenstein, einen in seinem Städtchen angesehenen Klein-bürger, der zwar zufrieden verheiratet ist mit seiner Frau Rosalinde, aber doch eine gewisse Sehnsucht nach Abenteuern hat. Ein bisschen simpel gestrickt ist er wohl auch; jedenfalls lässt er sich ohne Probleme von seinem Freund Dr. Falke dazu überre-den, ohne das Wissen seiner Frau auf einen Ball zu gehen und damit in Falkes Falle zu stapfen.Christoph, gleiche Frage: Wen spielst du und wie ist die Figurenzeichnung?C.: Ich spiele Rosalinde, die Gattin des Herrn von Eisenstein. Sie hatte vor einigen Jahren, als sie noch nicht mit ihm verheira-tet war, eine leidenschaftliche Romanze mit einem Sänger namens Alfred. Dieser steht nun ausgerechnet an dem Abend, als ihr Mann eine achttägige Arreststrafe antreten soll, vor der Tür und macht ihr singender-weise den Hof. Einerseits ist das äusserst ungünstig für sie, denn sie ist sehr auf ihr Ansehen und ihre gesellschaftliche Stel-lung bedacht und möchte unter gar keinen Umständen kompromittiert werden. Ande-rerseits ist die Aufregung naturgemäss so-fort die allergrösste. Ist sie zu Anfang des Stücks eher noch ein Heimchen am Herd, wird sie später, auf dem Ball des Prinzen Or-lofsky im zweiten Akt als ungarische Grän verkleidet und maskiert, einen feurigen Csardas zum Besten geben und davon sin-gen, dass sie ihrem Mann, sollte sie ihn krie-gen, die Augen auskratzen und sich von ihm scheiden lassen wird.Spielt ihr diese Figuren als die «Pfisters»?T.: Nein, das geht nicht. Eisenstein ist eine ganz andere Person als Toni Pster. C.: Ich sehe die Psters in dem Zusam-menhang eher als Marke. Das Team um Regisseur Stefan Huber, Kostümbildnerin Hei ke Seidler und dem Choreographen Dan-ny Costello sind allesamt sehr Pster-an, sie sind mit unserer Arbeit und unserem Stil seit vielen Jahren bestens vertraut. Aber inhaltlich haben Ursli und Toni Pster in der Fledermaus wirklich nichts verloren. ➔Tobias und Christoph als «Geschwister Pfister» wie man sie bestens kennt.A N Z E I G EWIR SIND LESBISCH, SCHWUL ODER BI. WIR SIND TRANS ODER QUEER. WIR MACHEN UNS STARK – FÜR UNSERE RECHTE.DEIN BEITRAG FÜR DIE COMMUNITY: WERDE HAZ-MEMBER.WWW.HAZ.CHWir bieten Beratungen, Gesprächsgruppen, Treffpunkte, kulturelle und kulinarische Aktivitäten, unsere Schwubliothek, unser Magazin und vieles mehr für lesbische, schwule, bisexuelle, trans und queere Menschen und deren Familien und Freund*innen. Wir kämpfen mit Kampagnen für die Anliegen der LGBTQ-Community und gegen jegliche Diskriminierung.QUEERZÜRICH210x138_Inserat_HAZ.indd 1 11.01.18 12:35

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26CR U I S E R SOMMER 2018Auf der Bühne spielt ihr das Paar Gabriel und Rosaline. Privat seid ihr ebenfalls ein Paar; ist das eher hilfreich oder hinderlich?T.: Dass wir uns so gut und so lange kennen und schon so viel miteinander gearbeitet haben, ist bei den Proben und während der Vorstellung hilfreich. Wir wissen fast immer sofort, was der andere meint und wir müs-sen kein Blatt vor den Mund nehmen. Ein Nachteil kann sein, dass wir die Arbeit und die manchmal damit verbundenen Sorgen oder Ärgernisse automatisch auch mit nach Hause nehmen.C.: In der Arbeit überwiegen ganz klar die Vorteile. Privat kann es, vor allem in Endproben, wenn es auf eine Premiere zu-geht, schon manchmal eng werden. Da stos-sen wir dann an unsere Grenzen und das ist manchmal nur sehr schwer auszuhalten. Wir haben aber eine ausgezeichnete Streit- und vor allem Wiedervereinigungskultur und möchten es nicht anders haben, keiner von uns. Frei zu sein und selbstbestimmt arbeiten zu können, ist in unserem Beruf ein grosser Luxus. Das gibt man nicht ein-fach so her, nur weil es wieder mal gekracht hat. Nein.Hat eigentlich jemals Tobias eine Frauen- rolle gespielt? Warum spielt immer Christoph Marti die weiblichen Rollen?T.: Ab und zu spiele auch ich Frauenrollen. Zuletzt war ich zum Beispiel mal als Anne-liese Rothenberger zu sehen («Servus Peter – Oh là là Mireille») oder als Alice Kessler («Die Geschwister Pster in der Toskana») und jetzt gerade wieder als Hilde Czapek in unserem Heurigenabend. Das macht mir schon auch Spass, aber Christoph kann in diesen hohen Schuhen einfach besser lau-fen als ich…C.: Ich hatte während meines Anfän-gerengagements von 1988 bis 1990 an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin einen Regisseur, der mir während der Proben im-mer wieder die Anweisung gegeben hat: Christoph, du musst männlicher werden. Er war selber schwul und hat es ganz sicher nur gut gemeint. Ich wusste aber damals schon, dass das völlig sinnlos ist und über-haupt nichts bringt. Wie denn, wie soll denn das gehen? Ein kleiner Durchbruch kam dann Anfang der 90er-Jahre an der Berliner Schaubühne, als mich Luc Bondy in einer Urauührung eines Stücks von Botho Strauss als Frau besetzt hat. Er muss wohl gespürt haben, dass tief in mir eine grosse Schauspielerin schlummert. Inzwi-schen werden mir fast ausschliesslich Frauen rollen angeboten, ich nde es prima! Sie sind allesamt grösser und interessanter als das, womit man mich damals als Anfän-ger besetzt hat. Ach ja, und deutlich besser bezahlt sind sie auch. Der Regisseur von damals ist leider in der Zwischenzeit ver-storben und hat nicht mehr mitbekommen, wie sehr sich mein Durchhalten und mein Mirtreubleiben bezahlt gemacht haben.Ihr wart früher oft in Zürich, in diesem Jahr habt ihr in Bern gespielt und sehr oft in Deutschland. Merkt man auf der Bühne die Kantonsnuancen? T.: Manche Klischees ndet man auf Tour-nee tatsächlich bestätigt, aber entscheiden-der für die Stimmung im Zuschauerraum ist doch eher das Stück, das wir spielen und das eater mit seinem Stammpublikum, als die Stadt, in der wir gerade sind.C.: Ich habe in Bern gerade wieder die Erfahrung gemacht, dass das Berner Publi-kum eine grosse Bereitschaft mitbringt, sich mit einem ernsten ema – es ging um Transidentität – auseinanderzusetzen. Das Berliner Publikum ist durch das enorme kulturelle Angebot in der Stadt verwöhnt und dementsprechend ungeduldiger. Da werden Urteile tendenziell schneller gefällt.Wie kam es zu diesem Engagement?T.: Das Casinotheater Winterthur ist ja seit vielen Jahren ein regelmässiger Gastspielort für uns Psters. Wir kommen gerne hierher und haben immer schon mal darüber ge-sprochen, in einer Hausproduktion mitzu-wirken. Konkret haben dann der Regisseur Stefan Huber und der musikalische Leiter Kai Tietje die Idee für die Fledermaus ge-habt und die Initiative ergrien. Wie soll die «Rache der Fledermaus» verstan-den werden? Als Parodie? Als Neuinszenie-rung? T.: Also eine Neuinszenierung ist es natür-lich sowieso (das Stück ist ja in dieser Fas-sung und Besetzung vorher noch nicht ge-spielt worden). Die grosse Herausforderung ist hier, dieses bekannte Werk in so einer ungewöhnlichen Besetzung zu präsentie-ren. Die Musik ist von einem grossen Or-chester auf fünf (allerdings sehr vielseitige) Musiker umgeschrieben worden, alle Rollen, inklusive Chor und Ballett, werden von nur neun Darstellern übernommen. Aber die Fi-guren und die (ziemlich geniale) Geschich-te wollen wir natürlich schon so spielen, wie sie mal gedacht waren…C.: Mit der Parodie haben wir es ja nicht so, dafür lieben wir die Originale meist viel zu sehr. Sei es als Peter Alexander und Mireille Mathieu oder wie jetzt bei un-serem Abend mit Wiener Heurigenliedern als Hilde und Richard Czapek, wir verste-hen unsere Arbeit eigentlich immer als Ver-beugung vor den Originalen. Der Spott und die Komik entstehen dadurch, dass wir zwar die Arbeit, nicht aber uns selber allzu ernst nehmen. KULTURJOHANN STRAUSS«Frei zu sein und selbstbestimmt arbeiten zu können, ist in unse-rem Beruf ein grosser Luxus.»Tobias und Christoph sind auch privat ein (herziges) Paar.

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gaycity.chgaycity.chWhere to go in the little big cityInteresse in diesem Inserat aufgeführt zu sein? Anfragen an: info@zbiro.chCRANBERRYBar Metzgergasse 3www.cranberry.ch16TIP TOP BARDie Schlager BarSeilergraben 13www.tip-top-bar.ch Dienstag – Samstag ab 18.30 Uhr15PARAGONYAWellness ClubMühlegasse 11www.paragonya.ch13TIP TOP BARPREDIGERHOFbistro – barMühlegasse 15www.predigerhof.ch14MACHOCity ShopHäringstrasse 16www.macho.ch12LES GARÇONSBar/TanzbarKernstrasse 60www.garcons.chTäglich geöffnet ab 18.30 Uhr3HUUSMAAKafi – Reschti – BarBadenerstrasse 138044 241 11 18www.huusmaa.chSa & So Brunch 10:00 – 15:002CHECKPOINTGesundheitszentrumKonradstrasse 1www.checkpoint-zh.ch044 455 59 108PARACELSUSApotheke & DrogerieLangstrasse 122paracelsus@bluewin.ch044 240 24 0510DANIEL H.Bar-RestaurantMüllerstrasse 518004 Zürich044 241 41 78www.danielh.ch9INFINITYBar + Lounge auf drei EtagenZähringerstrasse 118001 Zürich www.infinity-bar.chTäglich geöffnet ab 17 Uhr 17auf drei EtagenANORY Massagen, Haarentfernung,Skincare und Beratungen.Winterthurerstrasse 708006 Zürichwww.anory.ch 043 810 09 2218www.anory.ch 043 810 09 22LEONHARDS-APOTHEKEStampfenbachstr. 7www.leonhards.apotheke.ch044 252 44 2011MOUSTACHEDie Sauna für MännerEngelstrasse 4www.moustache.ch(Nachtsauna jeden Fr / Sa)14BAROMETERDie Lounge-Bar im Kreis 4Brauerstrasse 48www.barometer.barDi-Do: 16-01, Fr+Sa: 17-03MED. DENT. KLAAS FRIEDELHeinrichstrasse 239Mit Tram 4/8/13/17 bis Escher-Wyss-Platzwww.swissdentalcenter.ch 043 444 74 006BEAUTY LOUNGE FOR MENHaarentfernung, Kosmetik, Anti-Aging und BodyformingKalkbreitestrasse 42www.beautyloungeformen.ch 079 533 41 0175MEN BODYWORKMassagen & Tantra für MännerSchiffbaustrasse 9awww.menbodywork.ch076 222 66 88Gaycity_Cruiser_Juni_2018.indd 2 08.05.18 16:30

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28CR U I S E R SOMMER 2018KOLUMNEMIRKOGläubige Tops und Bottoms verpassen etwasVON M I R KOSo chli am cruise durch das Internet, am chille, mit eme Bier näbe mir und streng auf das Display stierend. So falle ich sicher nöd auf, obwohl’s schon ko-misch ist, ich bin, wie alle anderen, unter Leuten und doch gehe ich durch die Pix auf Grindr, obwohl ich eigentlich ja auch eifach chönnti umeluege, denn gsächti villicht ou no s Gsicht zum uftunete Bodybildli da i dem Prol, das müsste gehen, denn der ist nur gerade sächs Meter vo mir wäg, aber jetzt, wo n ich uuege, gseh n en doch nöd, jedefalls nd ich das Sixpack nöd i mire Um-gäbig. Ach, ich geniesse einfach mal die Sonne, die Füsse im Fluss und ja, s isch scho mega im Summer z Züri, wenn mer’s gärn eng het, wenigstens. Wenn s die richtige sind, wo mir znöch chömed, han ich kein Problem, aber weisch, was mich do eine gfrogt het, nei, leider nöd de wo sin Ober-schenkel an meinen drückt, da an der Lim-mat, dem hätte ich gerne die paar Tropfen Wasser, die aus sim nasse Haar über de Rug-ge glaufe sind, ab sire Huut küsst, nei, nöd de, sondern dä do uf dere App. Der fragt mich, ob ich Top oder Bottom sei, Alte, hey, zerscht müsst ich noch was ganz anderes klären, zum Bispil, ob ich dich überhaupt sexy nde und ob dini Stimm mir passt oder so. Ja, Sack. Ich ha denn gschribe: I would bottom myself so hard! Aber das würd i sicher ma-che, wenn i chönnt, chasch glaube. Wenn’d Spass wöttsch ha mit mir, dänn würd ich dir, falls Top bisch, s gliche rate. Oder viel-leicht würden wir’s dann auch umgekehrt mache. Uf jede Fall, weisch, ich verstah’s nöd. Es hat ja nun auch nicht so vil Jungs wo superhot sind, warum söllsch du denn kei Sex mit mir welle, nur will ich grad e domi-nante Tag ha? (Lach.) Also ich habe gar kei Troubles mit eme Bro umezmache, auch wenn er Hetero isch, warum soll ich dann bei dene, wo schwul sind, noch zwischen Top und Bottom unterscheiden. Weisch, vil-licht will ich einfach Fun haben mit Män-nern, das langt doch, da muss ich mich doch zu nüt bekenne, das macht’s nur unnötig schwierig. Ah ja, falls du jetz kei Sex mit mir willsch, wenn i grad ufem Stächertrip bi, denn händ mir ja villicht nöchst mol mehr Glück und s passt. Aber warum warten, wir können ja au mol luege, wo mir hüt ane chö-med zäme. Weisch, es wäre ja dann was zwi-schen uns, zwei Type, nöd zwei Maschine, wo nur eis Programm druf hend. Hey, Mann, ich ha Fründe, die sind schon lange zusammen, aber beide sind voll gläubige Tops und beide haben gerne Katzen und Hunde, aber irgendwie klappt das bei de-nen. Frog mi nöd wie, aber das cha mir egal sii, für sie passt’s. Das ist gut genug. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich nicht mal so recht, weshalb ich jetz schwul sött si. So, weisch, vo wäge Identität und so. Und denn han i e erapie nötig, wenn ich denn wieder nichts mehr mit Männer will oder was? Alte, können wir das alles einfach mal trashen, bitte. Weisch, was de anderi, dä vom Grindr, wo als erschts wissen wollte, ob ich Top oder Bottom bin, weisch, was der mir dann geschrieben hat? Mit Irren mache er sowieso nichts. Echt jetzt. Das meinte ich ja, vielleicht wär’s ja wichtiger, zersch mol useznde, ob mer einander überhaupt ver-steht. Aber dann, wenn’s nöd passt, de an-deri no beschimpfe, isch nöd nötig. Wahr-scheinlich hät er mich no e Schwuchtle gnennt, oder so, wenn i gschribe hätti, ich sei Bottom. Hesch Problem, Mann? Du machst dir das Leben selber nicht einfacher. Mir cha’s ja gliich si. Ich säg nur. Wir reden hier nicht über die iranische Atombombe, Mann, es goht um Sex, das wär das, wo mer nöd muess funktioniere, sondern öppis aus-probiert und das macht, was einem grad gfallt und was für alli im Moment passt, wo zuefällig grad mit dabei sind. Wenn’d Spass wöttsch ha mit mir, dänn würd ich dir, falls Top bisch, zum Bottoming rate.Wir reden hier nicht über die iranische Atombombe, Mann, es goht um Sex.

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29RATGEBERDR. GAYDr. GayVON VINICIO ALBANIWARUM WOLLEN SCHWULE IMMER NUR SEX OHNE BEZIEHUNG?Mein Verhältnis zu Männern ist ziem-lich gestört. Manchmal habe ich Angst vor sexuellen Handlungen, weil ich mich dabei verlieben könnte, ob-wohl ich ein Beziehungsmensch bin. Ich bin unsicher, ob das am Alter liegt oder ob ich für die Schwulenszene einfach zu verklemmt bin. Mir scheint, als würden die meisten Schwulen Sex ohne Liebe immer bevorzugen (zum Beispiel auf Grindr oder Planetromeo). Manchmal tut es weh, anders zu ticken als die meisten. Ich habe Angst, niemals einen Freund zu finden, weil ich in meinem Alter immer nur als «Frischfleisch» gesehen werde. Ich hoffe auf einen Rat von dir. Noah (16)Hallo NoahEs ist nicht immer einfach, sich in der schwulen Welt zurechtzunden. Gerade die Digitalisierung und die dadurch entstehen-den Möglichkeiten, immer und überall Sex haben zu können, machen die Sache nicht unbedingt leichter. Du sehnst dich nach Liebe und Geborgenheit. Das ist normal, menschlich und völlig ok. Selbst wenn es so wäre, wie du schreibst, dass alle anderen Schwulen ausschliesslich Sex ohne Gefühle bevorzugen (was nicht der Fall ist), musst du dich deshalb nicht unbedingt ebenso ver-halten, wenn du das nicht möchtest. Ich bin überzeugt, früher oder später wird dir ein Junge über den Weg laufen, der ähnlich tickt wie du und bei dem die Chemie stimmt. Warum also nicht versuchen, mehr auf physisch echte Begegnungen zu setzen und Online-Plattformen nur in einem begrenz-ten Masse zu besuchen? Grindr, Planet-romeo und Co. sind in erster Linie Plattfor-men, über die sich Menschen für Sex treen. Sicher gibt es Ausnahmen, aber machen wir uns nichts vor: Es geht hauptsächlich um schnell verfügbaren Sex. Und sollte es eben mal nicht so sein, tret euch zuerst auf neu-tralem Grund, zum Beispiel in einem Café. Ansonsten: Gehe aus, tree Leute, engagie-re dich in schwulen Vereinen oder Selbst-hilfegruppen. So lernst du reale Jungs ken-nen, die vielleicht nicht nur auf das Eine aus sind. Vergiss dabei aber nicht, dass du auch sexuelle Bedürfnisse hast. Sex ist nichts Schlechtes. Er kann anonym und schnell genauso geil und toll sein, wie wenn Gefüh-le im Spiel sind. Es kommt darauf an, was deine Erwartungen sind, wie deine Einstel-lung ist und was du willst. Die Regeln, die A N Z E I G Efür dich gelten, bestimmst nur du selbst. Lass dir dafür so viel Zeit, wie du brauchst. Solltest du persönlichen Rat benötigen, wende dich an das Beratungsangebot von «Du bist du»: https://du-bist-du.ch/Alles Gute, Dr. Gay BIS WANN IST SYPHILIS NACH DER BEHANDLUNG ANSTECKEND?Ein Kollege von mir hat Syphilis und ist in Behandlung. Er meint, wenn er mich küsst, bläst oder rimmt, sei das nicht ansteckend. Stimmt das? David (22)Hallo DavidSyphilis kann auch beim Blasen, Rimmen oder sogar beim Küssen übertragen werden. Nach der Behandlung gilt grundsätzlich eine Wartefrist von sieben Tagen, bis der Betroene wieder Sex haben kann, ohne jemanden anzustecken.Alles Gute, Dr. GayDR. GAYDr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe Schweiz. Die Fragen werden online auf www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschul-ten Beratern beantwortet dort deine Fragen, welche in Auszügen und anonymisiert im «cruiser» abgedruckt werden.5 C R U I S E R S o m m E R 2 0 17sliPPerySub j eCtSVoN MARTIN MüHLHEIMC oming-out-Filme gibt es mittlerweile viele, und entsprechend unterschied-lich kommen sie daher: leichtfüssig- komisch wie der britische Klassiker Beautiful ing (1996), eher nachdenklich wie das brasilianische Kleinod Seashore (2015), bisweilen auch zutiefst tragisch – so im israelischen Drama Du sollst nicht lieben (2009), das in der ultraorthodoxen Gemein-de in Jerusalem spielt.Angesichts solcher Unterschiede er-staunt es umso mehr, mit welcher Regel- mässigkeit uns Coming-out-Filme Jungs oder Männer zeigen, die – alleine, zu zweit oder in Gruppen – schwimmen gehen. Nun könnte man das natürlich als Zufall oder Neben-sächlichkeit abtun. Bei genauerem Nachden-ken zeigt sich allerdings, dass sich gleich mehrere Gründe für diese erstaunliche Häu-gkeit nden lassen.Nackte Haut ohne allzu viel SexEine erste, nur scheinbar oberächliche Er-klärung ist, dass (halb)entblösste Körper sich nicht bloss auf der Leinwand, sondern auch auf Filmpostern und DVD-Covern äus- serst gut machen. Schwimmszenen bieten ein perfektes Alibi für das Zeigen von nack-ter Haut: Sex sells, wie es so schön heisst.Warum «Alibi»? Weil man – gerade bei Filmen mit jungen Protagonisten – aufpas-sen muss: «Sex sells» mag zwar zutreen, aber allzu explizite Sexszenen können schnell mal zu hohen Altersfreigaben füh-ren. Dies wiederum möchten Filmemacher in der Regel vermeiden: Filme, die erst ab 18 freigegeben sind, lassen sich nämlich weni-ger einfach vermarkten. Auf Amazon.de zum Beispiel werden Filme mit Altersfreiga-be 18 nur an nachweislich volljährige Perso-nen verkau – und gerade für Coming- out-Filme, die sich auch an ein junges Publi-kum richten, ist dies sicher kein wünschens-werter Eekt.Schwimmszenen bieten hier eine per-fekte Kompromisslösung: Man kann nackte Haut lmisch ansprechend inszenieren, da-bei aber allzu heisse Techtelmechtel tugend-ha vermeiden (beispielsweise, indem der Wasserspiegel immer über der Gürtellinie bleibt, wie im niederländischen Film Jon-gens, 2014). Um das Rezept knapp zusam-menzufassen: Man nehme eine grosszügige Portion feuchter Erotik, eine vorsichtige Pri-se Sex – und um Himmels Willen kein Körn-chen Porno. Eingetaucht ins TrieblebenMan täte den lesBischwulen Filmemache-rInnen aber unrecht, wenn man ihre erzäh-lerischen Entscheidungen allein auf nan-zielles Kalkül reduzieren wollte. Es gibt nämlich auch ästhetisch-symbolische Grün-de, die Schwimmszenen für das Genre inter-essant machen. Da wäre zunächst die Funktion des Wassers als Symbol für das Unbewusste. Dieses Unbewusste, so weiss man spätestens seit Sigmund Freud, hat viel mit der Triebna-tur des Menschen zu tun – und so erstaunt es nicht, dass Hauptguren auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität sozusagen symbo-lisch in die Tiefen des Unbewussten eintau-chen müssen, um ihr gleichgeschlechtliches Begehren zu entdecken. Figuren in der SchwebeDarüber hinaus hat die Filmwissenschale-rin Franziska Heller in ihrem Buch über die Filmästhetik des Fluiden (2010) gezeigt, dass schwimmende Figuren immer wieder als «schwebende Körper» inszeniert werden: o in Zeitlupe und seltsam herausgelöst aus dem sonst zielstrebig voranschreitenden Erzählprozess. Dieser Schwebezustand wie-derum ist eine wunderbare visuelle Meta-pher für die Phase kurz vor dem Coming-out: Man ist nicht mehr der oder die Alte, aber auch noch nicht ganz in der neuen Identität angekommen. Ein Film macht das Schweben sogar explizit zum ema: In Kinder Gottes aus dem Jahr 2010 zeigt Romeo dem neuro-tisch-verklemmten Johnny, wie befreiend das «Floating» im Meer sein kann.Neben der Inszenierung von Schwebe-zuständen und dem Wasser als Symbol für das Unbewusste ist drittens das Motiv von ➔ Filme, die ersT ab 18 FreiGeGeben sind, lassen sicH nämlicH WeniGer einFacH VermarKTen.ANZEIGE«Was geht mich meine Gesundheit an!» Wilhelm Nietzsche Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.Stampfenbachstr. 7, 8001 Zürich, Tel. 044 252 44 20, Fax 044 252 44 21 leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.chIhr Gesundheits-Coach.rz_TP_Leonhards_Apotheke_210x93.3_Cruiser_4c_280317.indd 1 28.03.2017 10:07:37

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30CR U I S E R SOMMER 2018Sexy Stiefel für DragqueensDas Musical «Kinky Boots», das in Deutsch-land in Hamburg läuft, erzählt davon, wie der Erbe einer Schuhfabrik diese vor dem Ruin rettet, indem er sexy Stiefel für Drag-queens und Travestiekünstler herstellt. Seit 2013 läuft es erfolgreich in New York und wird auch weltweit aufgeführt. «Das war Freiheit», sagt Lauper. «Es war eine Mög-lichkeit, mal nicht ich selbst zu sein, und einfach nur Songs zu schreiben.»Bereits in den 1990er-Jahren hatte sich die Sängerin immer wieder für die Rechte der LGBT*-Community stark gemacht und wurde dafür sogar oft belächelt. Erst viel später kam dann die Wende: Lauper wurde für ihre humanitäre Arbeit gefeiert, insbe-sondere als Verfechterin der LGBT*-Rechte in den Vereinigten Staaten, ihre wohltätigen Bemühungen wurden 2013 gewürdigt, als die Sängerin als besonderer Gast zur Amts-einführung von US-Präsident Barack Oba-ma eingeladen wurde.Wrestling-Managerin, Schauspielerin und SängerinLauper ist ein Energiebündel, tanzte schon in den 80er-Jahren durch MTV-Videos und versuchte sich neben der Musik als Schau-spielerin, Wrestling-Managerin und Aktivis-tin für Rechte von Schwulen und Lesben. Mehr als 50 Millionen Alben hat Lauper ver-kauft, allein ihr Debüt-Album «She's so un-VON M O E L M A P H YSchon auf Cyndi Laupers Debüt-Al-bum waren Hits wie «Girls just want to have fun» und «Time after time» – inzwischen Klassiker der LGBT*-Commu-nity. Lauper ist 40 Jahre später immer noch erfolgreich – und kämpft trotz allem weiter um Anerkennung. Am meisten bedeutet Cyndi Lauper aber der Erfolg ihres Broad-way-Musicals «Kinky Boots». «Du kannst alle Preise der Welt haben, aber ich habe die Auszeichnung für das beste Musical bekom-men und das bedeutet mir alles», sagte die Musikerin, die letzten Monat, am 22. Juni, 65 Jahre alt geworden ist, jüngst dem britischen «Telegraph». «Mein ganzes Leben lang hat meine Plattenrma zu mir gesagt: ‹Du bist Cyndi Lauper, du kannst nicht solche Songs schrei ben.› Sie wollten, dass ich immer und immer wieder ‹Girls just want to have fun› schreibe. Ich wollte das nicht.»Die US-amerikanische Sängerin und LGBT*-Aktivistin Cyndi Lauper bei der Premiere des von ihr geschriebenen Drag-Musicals «Kinky Boots». © DPA«Man sagt, dass nach einem Atomkrieg nur noch Kakerlaken und Cher übrigbleiben würden. Und ich wäre dann wahrschein-lich die Vorband von Cher.»SERIEWAS MACHT EIGENTLICH …In unserer Serie stellen wir Ikonen aus vergangenen Dekaden vor, berichten über gefallene Helden und hoffnungsvolle Skandalsternchen aus längst vergangenen (Gay-)Tagen. Dieses Mal: LGBT*-Ikone Cyndi Lauper.Ikonen von damals

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31CR U I S E R SOMMER 2018usual» von 1983 mit Hits wie «Girls just want to have fun» und «Time after time» verkauf-te sich weltweit mehr als 16 Millionen Mal. 2016 brachte sie ihr bislang letztes Album «Detour» auf den Markt und tourt seitdem wieder durch die Welt. Bis September sind Konzerte in Kanada und den USA angekün-digt, ob sie auch in die Schweiz kommen wird, war Cruiser bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt.Deutschschweizer WurzelnGeboren wurde Lauper im New Yorker Stadtteil Queens. Schon mit fünf Jahren be-geisterte sie sich für Musik: Zum Sound der Musical-Platten ihrer Mutter tanzte sie durch die Wohnung, mit zwölf lernte sie von ihrer Schwester Gitarre spielen. Im gleichen Alter begann sie, sich die Haare zu färben und extravagante Kleidung zu tragen. Ihre italienischstämmige Mutter trennte sich früh vom Vater mit Deutschschweizer Wur-zeln. Die Situation ihrer Mutter, die als Kell-nerin arbeitete, um ihre drei Kinder durch-zubringen, bedrückte die jugendliche Cyndi. Sie oh in die Weiten der Musik, hörte Musik von Judy Garland, Billie Holiday, Ella Fitzge-rald und den Beatles. Als junge Frau versuch-te sie sich über die Jahre in verschiedenen Coverbands und sang Lieder von Jeerson Airplane, Led Zeppelin und Bad Company.Bis heute präsentiert sich Lauper in ausgefallenen Verkleidungen auf der Büh-ne, die Haare sind derzeit pink gefärbt. «Ich musste auf der ganzen Welt auftreten ohne Band, also habe ich mir Requisiten mitge-nommen und Performance-Kunst daraus gemacht. Ich bin keine gute Tänzerin und wollte nicht einfach nur herumstehen wie ein Idiot bei Solos. Also habe ich meine Beine live im Fernsehen mit Farbe besprüht, das fanden die Leute zum Schreien.» Trotz allem ging es Lauper immer um ernsthafte Anerkennung – als Musikerin und als Frau – die sie lange nicht bekam. «Mein Ärger darü ber hat mich angetrieben. Ich will ein-fach nur ernst genommen werden.»Ruhe ndet Lauper zu Hause. Seit 1991 ist sie mit dem gleichaltrigen Schauspieler David ornton verheiratet, das Paar hat einen Sohn. Früher fand dieser die Mutter peinlich, «mittlerweile ist er stolz auf mich».Auch nach mehr als 40 Karrierejahren denkt Lauper nicht ans Aufhören – sieht das aber auch selbstironisch. «Man sagt, dass nach einem Atomkrieg nur noch Kakerla-ken und Cher übrigbleiben würden. Und ich wäre dann wahrscheinlich die Vorband von Cher.» Cindy Laupers Debüt-Album von 1983.Cyndi Lauper in London, 1983. Foto: Terry Lott, Sony Music Archive, Getty ImagesDie Outfits von Cindy sind etwas angepasster als früher, ihr Wesen ist es aber nicht.Aktivistin für Rechte von Schwulen und Lesben.

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32CR U I S E R SOMMER 2018Dichter schiesst auf seinen GeliebtenVON A L A I N S O R E LAnfang Juni 1944 im Zweiten Welt-krieg. Die Franzosen hören in ihrem von den Deutschen besetzten Land die britische BBC in London, denn sie war-ten sehnlichst auf eine ganz bestimmte An-kündigung. Eine verschlüsselte BotschaftUnd dann, tatsächlich, ist aus dem briti-schen Rundfunk plötzlich Folgendes zu hören: «Hier ist London. Die Franzosen sprechen zu den Franzosen. Hören Sie zu-erst einige persönliche Mitteilungen.» Un-vermittelt folgt jetzt die erste Strophe des «Herbstliedes» des französischen Dichters Paul Verlaine: «Les sanglots longs / des vio-lons / de l’automne / Blessent mon coeur / d’une langueur / monotone». Auf Deutsch: «Die langen Schluchzer / der Geigen im Herbst, / sie verletzen mein Herz, die Seuf-zer, / mit ihrer monotonen Länge – ganz, ganz fest.» Im Kampf gegen die BarbareiEs ist die Losung, die verschlüsselte Bot-schaft an die Résistance, die französische Widerstandsbewegung, die im Klartext lautet: «Wir kommen.» Am 6. Juni 1944 be-ginnt mit der grossangelegten Landung der Westalliierten der Anti-Hitler-Koalition an der französischen Küste die Operation Overlord (Deckname für die Landung), der Kampf dieser Armee gegen Unterdrü-ckung, Ausbeutung, Drangsalierung und millionenfache Ermordung von Menschen durch die Nationalsozialisten. Freiheit und Humanität fassen im Gefolge dieser alliier-ten Landung wieder Fuss in Europa. Neben Der französische Lyriker Paul Verlaine verliess wegen seines Dichterkollegen Arthur Rimbaud seine Frau und den neugeborenen Sohn. Die Beziehung war so leidenschaftlich, dass sogar Schüsse fielen.Frédéric Bazille «Bildnis des Paul Verlaine» aus dem Jahr 1867. SERIEHOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR

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33A N Z E I G Esie 1871 in Paris zusammenführt; vom wie Verlaine hochbegabten Rimbaud sind zu dieser Zeit auch bereits Gedichte veröent-licht worden. Über das erste Zusammen-treen schreibt der Literaturwissenschaft-ler Hans Mayer: «Als Rimbaud kommt, präsentiert sich ein grosser blonder Junge vom Lande, ungeschickt und listig, kraftvoll und attraktiv.» Als Verlaine seiner ansichtig wird, ist es um ihn geschehen. Und nun bescheren die beiden Dichter einander Himmel und Hölle, Glückseligkeit und Ei-fersucht, ekstatische Liebe und endlosen Streit. Aber wie auch immer: Es ist prall-volles Leben. Für den 27jährigen Verlaine gibt es kein Halten mehr. Er verlässt 1872 seine kleine Familie – seine Frau wird sich später scheiden lassen – und zieht mit Rimbaud he- rum. Sie lassen sich volllaufen und haben ➔ vielen anderen Verfolgten und Gepeinigten dürfen auch die Homosexuellen wieder hof-fen, der Albtraum werde bald vorbei sein.Paul Verlaine selbst gehörte in seinem Jahrhundert zu dieser Gruppierung. Gebo-ren wird er am 30. März 1844, hundert Jahre vor den dramatischen Ereignissen in Euro-pa. Wie viele Schwule hot auch Verlaine zuerst, er könne ein «normales», heterose-xuelles Leben führen. Sohn eines Oziers, besucht er in Paris die Schule. Früh beginnt er, Gedichte zu schreiben. Ein Jurastudium bricht er ab und kommt schliesslich bei der Pariser Stadtverwaltung unter. Psychisch ist er in dieser Zeit instabil, und er trinkt. Dann aber scheint er die Kurve zu kriegen, er heiratet 1870 und praktisch gleichzeitig erscheint ein Gedichtband von ihm. Im Jahr darauf wird der Sohn Georges geboren.Sie schenken sich Himmel und HölleAber schon bald meldet sich sein Eros sehr, sehr heftig und zwar in der Gestalt des zehn Jahre jüngeren, am 20. Oktober 1854 gebo-renen Arthur Rimbaud aus Charleville, einer Grenzstadt zu Belgien. Es ist die Lyrik, die Ein grosser, blonder Junge vom Lande.Arthur Rimbaud war ein französischer Dichter, Abenteurer und Geschäftsmann. Heute gilt er als einer der einflussreichsten französischen Lyriker.SERIEHOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATURLGBT* News – jederzeit und überall.www.cruisermagazin.ch

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34CR U I S E R SOMMER 2018könnte vertuscht werden, wenn – ja, wenn Verlaine, aufgebracht, weil Rimbaud nun die Trennung will, nicht erneut die Wae auf ihn richtete. Er wird festgenommen und zu einer Strafe von zwei Jahren Gefängnis verurteilt. DiCaprio ist RimbaudEs kommt zum Bruch. Jeder verlässt den Lebenskreis des andern. Beide aber ver-ewigen sich gegenseitig in ihren Werken und leuchten darin auch die Abgründe ih-res Verhältnisses aus. 1995 wird dieses Ver-hältnis verlmt werden: «Total Eclipse – Die Aäre von Rimbaud und Verlaine», mit Leonardo DiCaprio in der Rolle des Arthur Rimbaud und David ewlis in jener des Paul Verlaine. Rimbaud wird spätere Schriftsteller, Musiker oder Sänger wie Van Morrison, Bob Dylan oder Henry Miller beeinussen. Selber aber gibt er die Literatur auf. In sei-nem späteren Leben wird er ein erfolgrei-cher Geschäftsmann und stirbt am 10. No-vember 1891 qualvoll an Knochenkrebs. Verlaine, als Landwirt glücklos, bleibt der Poesie treu bis zum Tod am 8. Januar 1896, ndet Ansehen und Anerkennung. Beide haben erlebt, was Verlaine in der letzten Strophe seines «Herbstliedes» geschrieben hat: «Und ich gehe, das ist der Sinn. / Liefere mich dem Sturm aus, / der mich treibt, hierhin und dorthin. / Wie ein welkes Blatt im Gebraus.» pausenlos Sex. Es wird angenommen, dass Verlaine sich unterwirft, aber sich dann doch nicht alles gefallen lässt, ausbricht, dann aber ehentliche Bitten um Rückkehr erhält, nachgibt – und alles beginnt von vor-ne. Ein Versuch Verlaines, in die bürgerliche «Normalität», also zu seiner Familie, zurück-zukehren, ist angesichts der Leidenschaft zwischen beiden Männern unmöglich.Sie verlassen Frankreich und ziehen nach London, ein erstes und dann, nach ei-ner Trennungsphase, ein zweites Mal. Spä-ter reisen sie zurück nach Brüssel. Dort kul-miniert die Situation zwischen den beiden Betrunkenen in einer Kurzschlusstat Ver-laines: Verlaine gibt zwei Schüsse aus dem Revolver auf Rimbaud ab, der am Handge-lenk verletzt wird. Rimbaud wird im Spital ohne viele Fragen verbunden, die Sache Sie lassen sich volllaufen und haben pausenlos Sex.Das Verhältnis von Paul Verlaine und Arthur Rimbaud wurde 1995 von Agnieszka Holland unter dem Titel «Total Eclipse – Die Affäre von Rimbaud und Verlaine» verfilmt. In der Hauptrolle der junge Leonardo DiCaprio.Mehr oder weniger versteckt findet sich das Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, der Politik, in antiken Sagen und traditionellen Märchen – aber auch in Wissenschaft, Technik, Computerwelt. Cruiser greift einzelne Beispiele heraus, würzt sie mit etwas Fantasie, stellt sie in zeitgenössische Zusammenhänge und wünscht bei der Lektüre viel Spass – und hie und da auch neue oder zumindest aufgefrischte Erkenntnisse. In dieser Folge: zwei französische Dichter in einem Liebesverhältnis mit Gewalt-exzessen.SERIEHOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR

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35CR U I S E R SOMMER 2018SOMMERWÜNSCHEWir wünschen einen schönen Sommer!Die Redaktion vom Cruiser verkriecht sich nun für die Sommerpause. Wir sind ab 7. September wieder zurück und freuen uns auf viele neue, spannende und queere Geschichten. * Leihkind der Schwester** Grund, warum das Kind ausgeliehen wirdMirko verbringt den Som-mer damit, die Pläne fürs Studium weiterzuschmie-den, falls er Zeit dazu hat zwischen seinen Dates.Michi Rüegg verbringt den Juli, indem er im Wohnmo-bil quer durch Frankreich gondelt. Im August liegt er im Utoquai.Hannes Rudolph bleibt daheim und ist bei Tempe-raturen über 25 Grad vor-wiegend unter Wasser an-zutreffen. Wandert, velot oder stand-up-paddelt um, über oder in Schweizer Seenlandschaften.Alain Sorel wird aus seiner von Sonnenglut und Hitze belagerten Festung ausbre-chen und sich in Städte be-geben, in denen er mit einem erfrischenden Regen und Sturmwind rechnen darf.Peter Thommen wird eine Handvoll Bücher lesen, dann und wann auch am Rhein spazieren gehen und seine Blogs pflegen.Yvonne Beck wird sich als Gipfelstürmerin in eid-genössischen Gefilden erproben, nachdem sie in den USA das Hiken für sich entdeckt hat.Andreas Lehner wird in Berlin an einem Treffen der Präventionsfachleute sein, dort mit seinen ukraini-schen und weissrussischen Freunden diskutieren, essen, trinken und lachen.Vinicio Albani wird seine neue Liebe geniessen und dort, wo es noch erlaubt ist, Sex unter freiem Him-mel haben.Anastasiya Udovenko geht baden. Und zwar so, wie man das früher ge-macht hat: Am Mittelmeer mit allem Drum und Dran.Astrid Affolter wird den Duft der Provence und die Farben des Meeres genies-sen, davor und danach den Zürcher Stadtsommer.Andreas Faessler hofft auf endlich heuschnupfen-freie Monate, damit er sei-ne vollgestopfte Agenda wieder besser lesen kann.Haymo Empl geht mitPart ner, Kind* und Kegel**auf Züri-Stadtbaditour und versucht endlich den einen oder anderen Cruiser-Buchtipp zu lesen.Birgit Kawohl freut sich auf eine Velotour in, um und vielleicht sogar nach Amsterdam. Ansonsten studiert sie, wo immer es sich anbietet, die diesjäh-rigen Badehosen-Trends.Moel Maphy guckt, ob es dieses Jahr endlich klappt mit einem Engagement in einer TV-Serie und wird daher in Los Angeles schmach tende Blicke gen jeden werfen, der so nach Fernsehproduzent aussieht.

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